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Full text of "Beiträge zur Kritik der französischen Karlsepen. Mit Vorwort von E. Stengel"

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AUSGABEN UND ABHANDLUNGEN 

AUS DEM 

GEBIETE DER ROMANISCHEN PHILOLOGIE. 



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AUSGABEN UND ABHANDLUNGEN 



AUS DEM 

GEBIETE DER ROMANISCHEN PHILOLOGIE. 

VlltÖFfENTUCHT 

VON 

E. STENGEL. 



IIL 

BEITRÄGE ZUR KRITIK DER FRANZÖSISCHEN 
KARLSEPEN. 



MARBURG. 

N. G. ELWERT'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG. 
1881. 



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BEITRÄGE ZUR KRITIK 

DER 

FRANZÖSISCHEN KARLSEPEN. 



VON 

H. PERSCHMANN, W. REIMANN, A. RHODE. 
MIT VORWORT VON E. STENGEL. 



f 

MARBURG. 
N. G. ELWERTSCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG. 
1881. 



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Vorwort. 



EHe in diesem Heft vereinigten Arbeiten sind in der gleichen 
Reihenfolge, in welcher sie hier stehen, bereits als Dissertationen 
unserer philosophischen Facultät erschienen, die erste und letzte 
ihrem ganzen Umfang nach, die mittlere mit Ausnahme der 
interessanten und umfangreichen Anmerkungen. Auf meine Bitte 
hat Dr. Reimann ausserdem für dieses Heft zu allen drei 
Arbeiten ein Register abgefasst, um Punkte allgemeineren oder 
dem eigentlichen Thema fernerliegenden Interesses, welche in 
denselben zur Sprache gebracht oder berührt worden sind, schärfer 
hervorzuheben. Zweck dieses Vorwortes ist es, nicht sowohl 
die Mängel und Verdienste der einzelnen Abhandlungen hervor- 
zuheben — das überlasse ich lieber der unbefangenen Kritik — 
als den Leser kurz über das, was sie bieten wollen zu orientiren 
und einige eigene Bemerkungen hauptsächlich zur ersten Arbeit 
hinzuzufügen. 

Alle drei Arbeiten beschäftigen sich mit Epen der Karls- 
sage und rechtfertigt sich damit ihre Vereinigung unter dem 
Gesammttitel : »Beiträge zur Kritik der französischen Karlsepen. € 
Im übrigen sind sie freilich unabhängig von einander, ja ihrer 
Anlage und ihrem Ziel nach grundverschieden. 

Perschmann hat es mit der Stellung der ältesten Bs. 
des Rolandsliedes (0) innerhalb der gesammten Ueberlieferung 
zu thun. Diese und die damit zusammenhängenden Fragen 
haben schon so viel Staub aufgewirbelt, dass Gefahr vorhanden ist, 
der freie Blick der Forscher könne darunter leiden, oder habe 

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L 



VI 

schon darunter gelitten. l ) Perschmann wollte daher vorurtheilsfrei 
zunächst den Thatbestand feststellen und dann die sich daraus er- 
gebenden Schlüsse ziehen. Er untersucht deshalb möglichst 
Fall für Fall, berücksichtigt aber nur die Stellen, in welchen 
die andere Ueberlieferung (mindestens je ein Vertreter von zwei 
nach Rambeaus und meiner Ansicht unabhängigen Redactionen) 
geschlossen 0 gegenüber tritt 2 ) und behauptet, dass an keiner 
dieser Stellen 0 der andern Ueberlieferung vorgezogen werden 
müsse, an vielen Stellen ihr sicher nachstehe. Besonders 
durch Herbeiziehung der Parallelstellen sucht er das Letztere 
zu erweisen und 0 gegen sich selber zeugen zu lassen. Man 
sollte meinen, dass die mittelst eines solchen Verfahrens 
gezogenen Schlussfolgerungen, wenn ihre Prämissen nur im 
Einzelnen zutreffen, zwingend seien. Doch ist ein namhafter 
Rolandskritiker, den L. Gautier Epop. fr. III 2 542 nicht als 
'jeune 6rudit 4 hätte bezeichnen sollen, nämlich F. Scholle offenbar 
anderer Ansicht. Sein nach Veröffentlichung von P/s Arbeit 
erschienener jüngster Aufsatz (Gröber's Zeitschr. IV., 2. 3.) lie»e, 
falls die darin vorgetragenen Ansichten sich bewahrheiteten, 
den Werth der Parallelstellen nicht nur sehr zweifelhaft, sondern 
geradezu negativ erscheinen. Scholle hebt nämlich hervor, wie leicht 
es den Sängern altfranzösischer Epen war, aus einem 10 Silbler 



1) Ich erlaube mir hier die bezeichnende briefliche Aeusserang eiltet 
in allgemeinem Ansehen stehenden Collegen, dessen Namen ich Mtflrltoh 
verschweige, herzusetzen : 'Ich gestehe, dass ich mich schon seit zu langer 
Zeit in den Oxf. Text hineingelebt habe, als dass ich so viele, wenn auch 
noch so berechtigte Eingriffe in die von ihm gebotene Ueberlieferung 
ohne einigen Widerstand annehmen könnte, indessen die Wahrheit ist 
mir werther als die Oxf. Hs., und wenn einmal die ganze Lehre in einer 
Ausgabe verkörpert vor mir stehen wird, so soll es mich freuen alter 
Voreingenommenheit zu entsagen*. Sobald nur die Förster 'sehen Abdrücke 
erschienen sind, werde ich versuchen, eine derartige kritische Ausgabe 
herzustellen. 

2) S. 8. Z. 21 ist statt 'gegenüber zurücksteht' einlach 'gegenüber 
steht' zu lesen. Freilich ist P. noch dieser und jener Fall entgangen, 
den er hätte behandeln müssen. 



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durch leichte ISodification einen neuen zu fabrixiren, oder aus 
dem eisten Theil eines und dem zweiten eines andern 
einen dritten 10 Silbler herzustellen und will beobachtet haben, 
dass fast alle Pluszeilen und Plusüraden, welche sowohl eine oder 
mehrere Hss. gegenüber 0 y wie 0 gegenüber einer oder mehreren 
anderen Hss. bieten, auf eine derartige Entstehung hindeuten. 
Fast kein derartiger Zusatz enthält nach Scholle einen neuen 
Gedanken, fast alle können daher füglich ausgelassen werden. 
Auslassungen dürfen daher in solchen Fallen nur dann für eine 
der Rolands- Redactionen angenommen werden , wenn die Zu- 
sätze der anderen nicht ähnlichen oder gleichen schon ander- 
weit vorhandenen Zeilen entsprechen. 

Es sei mir verstattet, Schölle's Theorie von meinem Stand- 
punkt aus etwas zu beleuchten. Ich will mich hier nicht 
auf eine Widerlegung der Ansicht einlassen , dass jene Zusätze 
keine neuen Gedanken bieten. Für viele trifft es ja sicherlich 
zu. Aber ist darum Scholle's Schlussfolgerung berechtigt? Ich 
meine nicht. Finden sich doch unter den Zeilen von 0, welche 
als Zusätze nach Scholle nicht aufzufassen sind, nicht wenige, 
die ebensowenig neue Gedanken und ebensowenig neue Form 
aufweisen, wie die anderen, und ist es doch gerade charakteristisch 
für den Stil des ältesten Epos, dass in monotoner Weise der- 
selbe oder ein ähnlicher Gedanke an verschiedenen Stellen sich 
auch in denselben oder wenigstens in einen sehr ähnlichen 
Ausdruck kleidet. Das einzige Erforderniss , welches zu stellen 
wir berechtigt sind, ist, dass die betreffenden Zusätze keinen 
Widersinn in sich schliessen; ob sie an der Stelle, wo sie stehen, 
nothwendig sind, darüber steht nicht unserem Geschmack, 
sondern dem der Hörer des 11. Jahrh. das Urtheil zu 8 .) Dass 



3) Allerdings vermieden es auch die mittelalterlichen Dichter, Verse 
and Verstheile derart zu wiederholen, dass dadurch eine Härte oder ein 
Widersinn entstand; anders die tTeberarbeiter und Schreiber. Sie bekunden 
im Gegentheil die Tendenz, die von dem Dichter mit Fug und Recht 
verwandten ähnlichen Bedewendungen einander vollkommen anzugleichen. 
Ich wOl hier nur einen recht drastischen Fall aus dem Alexis anführen, 

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aber diese gegen Wiederholungen von halben und ganzen Zeilen 
wirklich nichts einzuwenden hatten, geht aus Gedichten wie dem 
auf den h. Alexius zweifellos hervor. Die fünfzeilige Strophe des- 
selben gestattet nicht die Echtheit derartiger Zeilen anzuzweifeln. 

von L 17 c 'Dane an eisit danz Alexis acertes' begegnet der erste Vera- 
theil schon 15d, wo aber nach AP 'Dune en eist fors ( mit Po. zu emendiren 
ist, und das um so eher als die entsprechenden Verbalformen ebenfalls 
das Praesens zeigen. Hier hat also der Schreiber L die ursprüngliche 
Lesart von 15 d 1 durch 17 c 1 ersetzt. Dieselbe Absicht bekundet der 
Schreiber P in 43a, wenn er L 'Eist de la nef durch 'Dunt issi de la neF 
ersetzt. Noch deutlicher tritt das gleiche Verfahren L 17 c 1 zu Tage. 
Die Lesart L ist mehr als anstössig, da es doch einer Betheurung mittelst 
'acertes' dafür wahrlich nicht bedurfte, dass Alexis aus dem Schiffe 
herausging. Die andern Hss. bieten denn auch 'aterre' statt *acertes* und 
Pa. adoptirt ihre Lesart. Offenbar floss hier also dem Schreibor von L der ihm 
vorschwebende zweite Verstheil von 80b in die Feder, wahrend ihm 
vielleicht, als er 80b* seinerseits niederschrieb, 17c* einfiel und das den 
Flexionsfehler 'danz* statt 'dan 4 , der freilich auch 23d begegnet, in 30b* 
veranlasste. Die gleiche Beminiscenz führte die Ersetzung von 'saint* 
durch 'danz 1 in L 114c herbei. Dass hier 'saint' allein am Platze ist, geht 
daraus hervor, dass sonst Alexis von 67 b, d. h. vom Augenblicke seines 
Todes an, in L stets 'saint' titulirt wird, wahrend er vorher nur 'danz* 
als Titel führt. Auch die Schreiber der späteren Hss. haben diese 
Scheidung streng beobachtet, doch hat P gleich zu 75b 'danz* gegen 
'sainz' LASM und umgekehrt 39a. Der Jongleur hingegen, welcher die 
Tiradenredaction S verfertigte, ersetzte fast durchweg 'danz* durch 'sains' 
(ersteres hat er nur 20b ;23d beibehalten), nirgends aber 'sainz' durch 'danz*, 
offenbar, weil er als Laie sich auch den lebenden Alexis nur als Heiligen vor- 
stellte. Sehr beachtenswerth ist übrigens, dass diese Wirkung des 
Analogiegesetzes sich in vorstehenden Fällen immer nur bei je einem 
Abschreiber oder Ueberarbeiter geltend macht. Die Möglichkeit, dass 
sie sich auf mehrere von einander unabhängige Schreiber gleichzeitig 
erstrecken könne, d. h. also, dass mehrere Schreiber eine und dieselbe 
Aenderung am Originaltext selbständig vornehmen konnten, ist in solchen 
Fällen allerdings nicht zu läugnen, wird sich aber sicherlich nur höchst 
selten und in untergeordneten Punkten (vgl. S.XVU Anm., S.41 Z. 2462) 
thatsächlich verwirklicht haben. Solche Ausnahmen bestätigen daher nur 
die Regel, wonach gleiche Fehler eine gemeinschaftliche Vorlage -vor- 
aussetzen, während Scholle für den Roland jene Möglichkeit, allerdings 
unter Zuhilfenahme secundärer mündlicher Einflüsse in regelrechte Wirk- 
lichkeit umsetzt, um sich so dem lästigen Zwang jener Re_gel auf das 
leichteste entziehen zu können. 



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IX 



Wie soll man sich aber auch vorstellen, dass verschiedene 
Sanger oder Schreiber a tempo beim Vortrag oder beim Ab- 
schreiben sich an ähnliche andere Stellen des Gedichtes erinner- 
ten und mit Hülfe derselben die gleiche Zeile, die gleiche Tirade 
fabrizirten und an gleicher Stelle interpolirten? Scholle sucht 
diese bedenkliche Schwierigkeit in Zeitschr.IV, S. 213 durch ein 
Nebeneinander mündlicher und schriftlicher Fortpflanzung zu 
erklären. Ein von einem Sänger verfertigter Zusatz fand Beifall 
und wurde deshalb von irgend einem Hörer in eine ihm 
zur Verfügung stehende Hs. eingetragen , deren Text sonst von 
der Redaction jenes Sängers völlig unabhängig war. Dass diese 
Erklärung auf den oder jenen einzelnen Fall passen könnte — 
der positive Beweis ist allerdings nicht geführt und dürfte auch 
schwer zu führen sein — , will ich gern zugeben, dass sie aber 
für alle oder nur für die Mehrzahl der vielen Zusätze zutreffe, 
erscheint schon wegen der von Scholle selbst betonten inhaltlichen 
Unbedeutsamkeit vieler Zusätze höchst unwahrscheinlich. Dass 
das Unwahrscheinliche unter besonderen Umständen einmal ein- 
tritt, macht es darum aber im allgemeinen nicht wahrscheinlicher, 
berechtigt keineswegs zur Annahme, dass auch das Unwahr- 
scheinlichste so und so oft eingetreten sei. 

Es ist unwahrscheinlich, wenn auch möglich, dass zwischen 
Z. 24 und 25 0, welche nach Perschmann zu lauten hätten: 
'Blancandrins fut molt savies Chevaliers De vasselage fut asez 
aprisiez 4 erst nachträglich und selbständig oder durch secundäre 
Beeinflussung eine Zeile eingeschoben wurde, in V A : 'Blanga 
oit la barbe et lo vis cler 4 in n 2: *hvitr af haeru 4 , in dR 426 ff: 
4 vor alter muoser neigen, 427 sin bart was ime gevlohten, 428 
also er ze hove wole tohte 4 , in dS 1001 4 der was alt unde grä 
. . . 106 im was gevlohten sin bart 4 in AK 406 , 54 *Sin alder 
dat was reyne und vrye 4 , möglich namentlich deshalb, weil der 
Zusatz OFT 7 fehlt und in V* n dRSK zwar im allgemeinen 
derselbe , aber doch überall Verschieden ausgedrückt ist , auch 
leicht durch Z. 48 veranlasst werden konnte; aber unwahr- 
scheinlich bleibt es doch und zwar um so mehr, als statt 



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Z. 48 OF«! 'Et par la barbe ki al piz me ventelet\ dR 506: 
4 sö mir thirre min bart» =« &K 407, 65 auch VV bieten: 4 E 
par ma barbe dont Ii pels est mestez' also auch ihrerseits an- 
deuten, dass Blancandrin als alter Mann aufzufassen ist. Stand aber 
eine das besagende Zeile nach Z. 24 0, so brauchte die Angabe Z. 48 
nicht ausdrücklieh wiederholt zu werden. Z. 48 = 0 V 4 dR scheint 
mir daher geradezu die Einfügung einer Zeile nach Z.S5 zu befür- 
worten. Wie lautete diese Zeile aber? Nur zwei Worte von 
V 1 'Blanga' und 4 barbe' sind, das eine durch n dS, das andere 
durch dRS gesichert, das Assonanzwort von F* ist fehlerhaft, 
kann also nicht verwandt werden. Ich conjicire: 'Blanche ot 
la barbe, recereelet le chiefc mit Bezug auf dRS und 3161 O*, 
vgl. auch Alexander- Bruchst. Z. 67. Scholle lässt die Uqber~ 
einstimmung von dR unbeachtet und behauptet nicht ganz rich- 
tig, den ersten Halbvers von F 4 habe auch n; der Vers von F* 
ist nach ihm enstanden aus 317a 1 , 3503 1 + 1159*. Aber ab- 
gesehen davon, dass der zweite Halbvers von F* jedenfalls 
unrichtig ist, somit selbstverständlich dem Verfasser von F 4 oder 
von dessen Vorlage zu verdanken ist, könnte der erste Halbvers 
ebenso gut aus 117* entstanden sein, zumal auch 118 0: HJent 
ad le cors et la cuntenance fier 1 naoh F* F: ,Cler ot le vis 
le cors grant et plenier* nach dR 683 'sin antluzze was 
wunnesam« lautet (F 4 und n haben ihn gar nicht). 

Wie sehr ich es aber für wahrscheinlich halte, dass einzelne 
Ueberarbeiter neue Verse nach Scholleschem Recept verfaast 
haben , und dass selbst der Verfasser der mittelst der Ueber- 
lieferung erschliessbaren Rolandsliedredaction auf ähnliche Weiae 
manches seinem ihm wahrscheinlich nur mündlich bekannten 
Originale hinzufügte (ich erinnere an das, was Dönges über die 
Traumgesichte Karls, Perschmann über das Hornblasen Rolands 
ausgeführt haben, und namentlich auch an die evidente 
Benutzung der Tir. 2 seitens des Verfassers der Tir. 189 == 
Z. 2570 ff.), so wenig kann ich mich doch entschliessen, an- 
zunehmen, es hätten mehrere Sänger selbständig die gleichen 
Zusätze an gleicher Stelle auf obige Weise hinzugedichtet, oder 



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XI 



auch nur, es seien die von Scholle als Zusätze bezeichneten 
zahlreichen Verse und Tiraden in verschiedene Hss. durch 
secundäre Beeinflussung nebenhergehender mündlicher Tradition 
geratben, es repräsentire also die jedesmal kürzeste Fassung 
auch da die älteste, wo mehrere Redactionen mit ausfuhrlicherem 
Text ihr gegenüber stehen. Der von mehreren sonst unab- 
hängigen Hss. gebotene, ausführlichere Text stand vielmehr 
dann meiner Ansicht nach durchweg auch in der Vorlage der 
kürzeren Fassung, nur dass diese letztere vielleicht hier und 
da — ebenso selten etwa wie Gelehrtenconjecturen unserer 
Tage — spätere Eindringlinge nach eignem Gutdünken glücklich 
beseitigt haben mag und so hier und da der älteren 
Fassung entsprechen könnte, ohne doch direct aus ihr ge- 
flossen zu sein. Die nächste Aufgabe der Rolandsliedkritik 
ist aber nicht, sollte ich meinen, die Urgestalt des Rol. her- 
zustellen — was sicher immer nur in sehr bescheidenem Maasse 
gelingen wird — sondern die Gestalt, auf welche die uns er- 
haltene Ueberlieferung zunächst führt Dass diese in erster 
Linie zu erschliessende Vorlage eine schriftliche war, hat 
Perschmann S. 28 und vor ihm schon Th. Müller wahrscheinlich 
gemacht; was Scholle dagegen vorbringt, (Zeitschr. IV. 214) ist 
nach seiner eignen Ansicht zu hypothetisch. Für die einzelnen 
Hss. wird eine schriftliche Vorlage schwerlich in Zweifel gezogen 
werden; für 0 ergiebt es ausdrücklich die Versetzung der Z. 
2242. Doppelquellen für einzelne Hss. anzusetzen, ist jedenfalls 
zulässig, so für K(vgl. u. S. 92, Anm.) ; für V 4 dagegen wohl nur in- 
sofern, als V 4 die 'Vengeance Roland 4 statt des Schlusses von 
0 adoptirte, ganz ebenso wie der Roman de Roncevaux. Diese 
gewichtige Neuerung, welche V 4 mit ß gemeinsam hat, zwingt 
aber keineswegs zur Annahme einer gleichen Vorlage beider auch 
für die ersten 3682 Zeilen von 0, es wird vielmehr die Beliebt- 
heit dieses secundären Schlusses zur Zeit der Abfassung von ß 
und V 4 beide selbständig veranlasst haben , den alten Schluss 
des Gedichtes zu beseitigen. Die Vengeance Roland ist jeden- 
falls ebensowenig als Werk des Verfassers von ß wie des Ver- 
fassers von V 4 aufzufassen. 



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Ich will hier nur noch an einer wetteren Stelle. Scholle's 
Ansicht prüfen: S. 205 meint Scholle nach 494 0 »zeigt sich 
deutlich , dass in V 4 V n wirklich ein Einschub stattgefunden 
habe. Sie haben einen Vers, wonach kein Heide auf das, was 
Marsilies sagt, antwortet. Das passt nicht zu v. 495 0: 'Apres 
parlat ses filz envers Marsilie', n: 'Da sprach Langalif , F 4 
Tuti primiran responde Ii nef 1 . V bemerkte den Verstoss gegen 
den Sinn und schrieb daher: 'Fors son neveu'.c Man sollte 
hiernach meinen, Scholle hielte die Lesart V (und V) für die 
meist geänderte, aber nein, er betrachtet die Pluszeile vielmehr 
als durch Z. 22 eingegeben, während Z. 23 1 0 F 1 V auch 
'Fors Blancandrin' bietet, gerade wie 495 nach V( V) 'Fors son 
neveu' und nur durch Zufall nach Scholle Z. 23 V 4 n ausgefallen 
ist. Was hindert uns aber daran , 494» 495 folgendermassen 
zu reconstruiren : 'N'i at paien qui un sol mot ja die Fors 
Adelrot qui ert Ii nies Marsilie' und anzunehmen, dass sie in 
dieser oder in einer ähnlichen Fassung, wenn nicht in der ur- 
sprunglichen, doch in einer derselben nahestehenden Redaction 
gestanden haben 4 )? Die Härte, welche durch unmittelbare 
Aufeinanderfolge von 494 u. 495 0 entsteht, ist fühlbar genug, 
da sonst zwei derartige Reden nicht so ohne weiteres an einander 
gereiht werden. Man vergleiche nur ausser 22 ff., 192 ff. in 0, 
zu welch letzeren Versen unsere das Pendant abgeben. Die 
Ueberlieferung geht für 495 so stark auseinander, dass wir auf 
Conjiciren angewiesen sind, denn nichts ist verfehlter, als sich 
in der Absicht, den Text von 0 durch die übrige Ueberlieferung 
zu bessern, allzu ängstlich an eine einzige andere Redaction, 
z. B. an V\ zu halten, statt nur an die durch mehrere Redactionen 
gesicherten Elemente, welche dann angemessen zu ergänzen 
sind. Wer einseitig Lesarten von 0 durch solche von V* oder 
von einer andern Hs. ersetzen zu müssen meint, der wird aller- 

4) Die Combinationschwierigkeit, welche sich aus der Ueberein- 
stimmung von n und dB ergiebt und durch die Lesart von dS 2647: 4 Do 
sprach sin oeheim Algalisee' noch verschärft wird, bat Perschmann unten 
S. 15 bereits beseitigt. Scholle thut ihrer gar keine Erwähnung. 



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xm 

dings oft nur schlechtere Lesarten einführen , oder den Werth 
der andern Ueberlieferung bedenklich unterschätzen. 

Es mag hiermit sein Bewenden haben. Ich glaube die Ansicht 
Scholle's, welche Punkt für Punkt zu widerlegen nicht meine 
Absicht sein kann, hinreichend beleuchtet zu haben und möchte 
nur noch nebenher auf einige andere Aeusserungen desselben 
Gelehrten, welche irreführen könnten, hinweisen. Scholle wirft 
Rambeau mehrfach vor, dass er seine ganze Untersuchung auf 
eine nicht bewiesene Ansicht gründe. Das ist unberechtigt, 
denn R. hat sowohl die positiven Beweise, welche seine Arbeit 
zu Tage förderte (die 0 und F 4 gemeinsamen fehlerhaften Ass.) 
angeführt, als auch negativ dargethan, dass keine grammatisch 
bedenkliche Assonanz von 0 nach dem von ihm vertretenen Hss.- 
Verhältniss im Text belassen zu werden braucht. R. hat ferner 
behauptet, und für einzelne Fälle erwiesen, dass bei vorsichtiger 
Handhabung der Ueberlieferung auch eine Reihe alter Assonanz- 
wörter wieder herzustellen sind, welche 0 beseitigt hat und 
dass gegen keines der auf solche Weise wieder hergestellten 
Assonanzwörter irgend welche berechtigte Bedenken erhoben 
werden könnten. Scholle konnte also R. höchstens vorwerfen, 
er habe seine Untersuchung auf eine nicht allseitig erwiesene 
Ansicht gegründet und es war seine und anderer Gegner R.'s 
Aufgabe, die letztere Behauptung desselben durch Beibringung 
wenigstens einiger sie entkräftender Fälle zu widerlegen. Was 
bisher m dieser Hinsicht vorgebracht ist, hat mich indessen nur 
davon überzeugt, dass es mit den beiden Hss. Fund P, welche an 
einigen Stellen Doppeltexte bieten, nicht ganz in Ordnung ist, 
dass sie wohl aus zwei Vorlagen geschöpft haben werden; 
doch bietet V, welche Hs. ja so eng mit V verschwistert ist, 
nach meinen bisherigen Beobachtungen keinen Anlass zu 
ähnlichem Verdacht. Zur richtigen Beurtheilung von V aber 
wird es gut sein, den Förster'schen Abdruck der Originalhs. 
abzuwarten, während die meisten bisher auf den durchaus 
unzuverlässigen Abdruck des Anfangs in MichePs Ausgabe oder 



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wie ich nuf die nach Förster'* Angabe ungenau« Piuriser Copie 
angewiesen sind. 

Scholle wirft Rambeau ferner vor, er überschätze den Werth 
der Reimredaction , doch giebt er gelbst Zeitschr. IV. t 195 
für eine Anzahl Reimtür., welche sich leicht aus den betreffenden 
Assonantfir. herstellen Hessen, zu, dass sie wenig vom Original 
abwichen. Wo sie es also ohne Reimzwang doch thun, 
da sind ihre Abweichungen sorgfaltig gegen 0 abzuwägen, 
aber auch sonst wird man das nicht unterlassen dürfen. Scholle 
scheint sich das Verfahren des Reimbearbeiters nicht recht klar 
gemacht zu haben, sonst würde er die Heranziehung seines 
Machwerks zu eingehender Vergleichung auch für den Fall völlig 
neuen Reimes nicht als unmöglich erklärt haben. Umstellung 
und Erweiterung sind ja die beiden Hauptmittel des wenig ge- 
schickten Reimschmiedes, selbst die alten Asson&wwörter sind 
daher und zwar öfter und getreuer von ihm im innern der 
Zeilen aufrecht erhalten, als man a priori zu glauben geneigt 
ist. Ich hoffe, dass Scholle bei zusammenhängender Vergleichung 
der Reim* und Assonan$hearbeitung dje Unterschätzung des 
kritischen Werthes der ersteren ebenso aufgeben wird, wie er 
in seinem letzten Aufsatz (Zeitschr. IV,, 195) bereits den kritischen 
Werth von n weit höher taxirt, als noch im naclist vorhergehenden 
(IV., 11), wo folgender Satz zu lesen ist; »Wenn auch mehrere 
der Reimredactionen gegen 0 und F 4 übereinstimmen, so be- 
weist dies nicht, dass ihre Quelle, die bei der Umarbeitung in 
Reime vorlag, von 0 und F* wirklich abwich. Dies würde 
kaum der Fall sein, wenn auch noch eine der Uebersetzungen 
zu ihnen stimmte. Diese könnten sehr wohl eine aus 0 stammende 
Vorlage gehabt haben, in der aber dprch theilweise oder voll- 
standige Umarbeitung in Reime schon grosse Abweichungen 
hervorgebracht waren«, während Scholle sich jetzt 195 dahin 
ausspricht, dass eine eingehende Vergleichung nioht nur mit 
F*, sondern auch mit n auch da stattfinden kam*, wo die 
Reimredaction aus Reimbedürfnjss den Originaltext stark ver- 
ändert hat. Ich hoffe auch, dass der erste der oben besprochenen 



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XV 



• 

Fälle Scholle davon überzeuge , dass dB trete des Charakters 
einer gereimten Ueberßeteung, zu einer Vergleichung einzelner 
Verse wohl geeignet ist und schliesse diese schon übermässig 
lang gewordene Erörterung mit dem Wunsch, man möge einige 
grammatische u. orthographische Versehen Perschmanns nicht zu 
streng beurtheilen und im Auge behatten, dass bei derartigen Recon- 
structtonen auch Geübtere öfters straucheln ; jedenfalls vergesse 
man nicht, dass seine Emendationen nur Vorschlage sind und 
dass nur solche Bedenken der von P. verflochtenen Ansicht 
gefahrlich sein können, die das Verfahren selbst betreffen. 5 ) 

5) Anmerkungsweise möchte ich hier noch die in Horninga interessantem 
Aufsatz in den Rom. Stadien IV. S. 236 ff. angeführten Fälle des neutralen 
Pron. il, welche das Rolandslied aurweisen soll, einer näheren Prüfung 
unter Herbeiziehung der üeberlieferung, welche Horning unberücksichtigt 
Hess, unterziehen. 2308 0 lauten: 'Ii emperere en Renceval parvient 
2390 II nen i ad ne veie ne senter 2400 Ne voide tere ne alne piain 
pied 2401 Que tl n'i ait o rranceis o paien. 1 (Man beachte die harte 
Wiederholung von 'II nen i ad 4 und 'il n'i ait 4 , die fehlende Silbe in 
2400 und die harte Ellipse in 2401 (wo 'mort' zu ergänzen ist). V* 2559 ff. 
hat dafür: «Li eniperer est al camp reparier 2560 II no Ii traue ne via 
ni senter 2661 Ne tant de tere che soit un plen pie mesurer 2562 Quil 
niliojst pains o cristier* (Man beachte, dass 2560', 2561 s 2563 1 ohne weiteres 
nicht in riohtige franz. Yerstheile umgeschrieben werden können), PLCV V 
weiohen stark ab, doch klingt PL mit : 'Desoi au champ', deutlich an V 4 2559 
an, ebenso Oi 'En reinoeuault treuve destourbier' an 7*2560, * 87 liest: 
'Ixtlu sf&ar kom Karlamagnüs konungr til Runzivals ok reift aldrigi sva 
alnar langt efta f>vers fötar, at eigi fyndi hann dau&an heiftinn mann 
eja kristinn* (n stützt offenbar, O 2398, 2400* 'alne' und V* 2562* gegen 
O 2401«), dB 6952 ff. liest: 'tbö kernen sie ze Runseval 6953 sie vunden 
ane theme wale 6954 sft vile there taten, 6955 thaz fuoz niemen nemahte 
gebieten 6956 ane thie baren erthe' (dB 6953 giebt V* 2560 1 , dB 6956 
giebt 02401 »wieder). Hiernach dürfte folgende Reconstruction von 2399— 2401 
angemessen sein (2398 O bleibt): 'El camp ne troeve ne veie ne sentier 
Ne voide tere ne alne ne plein pied N'i veie (vgl. 'veist' = 'licist F 4 2562) 
mort paien u crestien.' Unter keinen Umstanden ist eines der beiden 
neutralen il von O als durch die Üeberlieferung gesichert zu betrachten* — 
Auch 2418 O 1 'II nen i ad' darf nicht als gesichert angesehen werden, 
obwohl auch PLO '11 n*i a prince' lesen, da diese Lesart ebenso wie die 
von O aus der von V* 2611 überlieferten: 'Iiioes n'i oit' entstanden 
sein kann und gegen die letztere nichts einzuwenden wäre. — Ebenso 



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XVI 



Die zweite Arbeit, die von W. Reimann, handelt von 
der Chanson de Gaydon. Die Ch. de G. nimmt wegen der 
vermittelnden Rolle, welche sie in der uns überlieferten Fassung 
zwischen den nationalen Epen der älteren Zeit und den Karls- 
Romanen der späteren spielt, eine bedeutsame Stelle in der 
Geschichte des französischen Epos ein. Die Abenteuerlust, welche 
für Huon de Bordeaux, so wie er auf uns gekommen ist, bereits 
als Hauptmotiv aller Heldenthaten vom Dichter selbst anerkannt 
wird , ist hier zwar auch schon eine recht starke Triebfeder, 
aber hauptsächlich nur für die sich zeitweise in den Vordergrund 
drängende Nebenfigur des Ferrant und in Episoden, welche 
mit dem Hauptinhalt des Gedichtes zu deutlich contrastiren, 
als dass man nicht versucht wäre, sie für spätere Zusätze oder 

steht es 2467 1 ö, wo 'Nen i avoit' conjicirt werden darf, welches V A V 
zu 'II o'i avoit' umgestaltete, während die andern Hss. noch stärker ab- 
wichen, (in 2467 1 ist offenbar 'ne bärge ne ca)and' zu lesen). Sämmtliche 
4 Fälle eines neutralen ü bei avoir, fallen also für das Rolandslied weg, 
ebenso der Fall in 192* 0: 'il nus i cuvient guarde' wofür 'ci nns 
cuvient grant garde' eingesetzt werden darf (die Ueberlieferung geht 
auseinander). Anders steht es mit neutralem 41' bei 'est 1 ; hier ist es für 
2349 , 2561 O gesichert in der Ausdrucksweise '11 nen est dreiz que', 
ebenso 1443, 1684 (3742, 3904, 3907) 0 in der Wendung: 'II est eecrit', 
nicht gesichert dagegen sind Wendungen, wie : 1743 'si est il asez tnieU, 
884 '11 est jugiet', wo noch 7*837 n 18: 'Tuit sunt jugiet' zu ändern ist, 
3522 'Cument qu'il seit', 61 'issi poet il ben estre', was zwar von V* 62 
(Horning führt irrthümlich V k 78 an) gestützt wird, aber gleichwohl 
durch 'bons conseilz i poet estre' zu ersetzen Bein wird mit Rücksicht 
auf V 1 V 'bon coseilHer avez' und n 2 'petta er ftöfträd', 3913 'II ne 
poet estre 1 . In den wenigen durch die Ueberlieferung gesicherten Fällen 
könnte man zur Noth annehmen, dass das jüngere 'il' von den ver- 
schiedenen Schreibern selbständig an Stelle des synonymen aber zu ihrer 
Zeit bereits veralteten 'co* gesetzt worden Bei. 

Als Resultat ergiebt sich uns also, dass das neutrale 'il* in der, 
mittelst der Ueberlieferung festzustellenden, älteren Fassung noch kaum 
vorhanden war, ein Resultat, welches sowohl eine consequente Herbei- 
ziehung der Ueberlieferung bei allen grammatischen Untersuchungen 
von neuem empfiehlt, wie auch meine Werthschätzung der Redaktionen 
ß, y, d und der Hs. V* für die Rolandsliedkritik wiederum, wenn auch 
nur indirekt, bestätigt. 



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xvn 



Erweiterungen zu halten ; ausserdem sind die Abenteuer Ferrant's 
verglichen mit denen, welche Huon zu bestehen hat, ein Kinder- 
spiel. Es fehlt bei ihnen vor allem noch der ganze orientalische 
Wunderapparat. Auch in der Zeichnung der Personen selbst 
Ifisst sich leicht die vermittelnde Stellung Gaydon's erkennen, und 
endlich giebt auch die in dieser Chanson zu beobachtende 
gleichzeitige Verwendung von Assonanz und Reim zu denken. 

Die Herausgeber des Gaydon hatten zur Erklärung dieser 
von ihnen nur theilweise erkannten Zwitternatur des Gaydon 
nur wenig beigebracht, 'und es Hess sich sogar mit Fug und 
Recht bezweifeln, dass sie bei Aufstellung ihres Textes richtig 
verfahren, die beste Handschrift wirklich zu Grunde gelegt 
hätten. Reimann hat sich der dankenswerthen Mähe unter- 
zogen, alle diese Punkte klar zu stellen. Das verwickelte 
Quellen verhältniss des Gaydon darzulegen, verlangte eine sehr 
umfassende Leetüre, und diese ergab eine Menge interessante, 
zum Theil überraschende Berührungspunkte verschiedener Ge- 
dichte, nicht nur mit Gaydon, sondern auch unter einander. 
Die Zahl der citirten Berührungspunkte wird sich bei fort- 
gesetzter und wiederholter Leetüre ohne Zweifel noch ansehnlich 
vermehren lassen, aber auch schon die jetzt beigebrachten Fälle 
werden wesentlich dazu beitragen, dass den bisher noch fast ganz 
unaufgehellten Wechselbeziehungen der Karlsepen und Artus- 
romane sorgfaltiger nachgespürt werden wird. In dieser Be- 
ziehung wird R/s Arbeit also den Ausgangspunkt für eine ganze 
Reihe weiterer Untersuchungen bilden, deren einige auch bereits 
von Mitgliedern des hiesigen romanischen Seminars in Angriff 
genommen sind. Hier möge nachträglich auf eine von 
Reimann erst später notirte Berührung zwischen Chevalerie 
Ogier 11288 ff., 11769 ff. und Fierabras pr. 957 ff. fr. 525 ff. 
hingewiesen werden. Es handelt sich an beiden Stellen um 
eine heilkräftige Salbe, welche aus dem Besitz eines Heiden 
in Folge eines Zweikampfes in den eines Christen übergeht. 
Der vielen Berührungspunkte, die Fierabras mit Roland aufweist," 
will ich hier nicht gedenken, doch möchte ich ausdrücklich 



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XVffl 



hervorheben , dass das Rolandslied auf die späteren Epen 
einen bisher durchaus nicht gebührend gewürdigten Einfluss 
ausgeübt hat. (Vgl a. R S. 40 Anm.) 

Die Arbeit A. Rhode's endlich beschäftigt sich mit einem 
Abschnitt der so umfangreichen und in so vielen Beziehungen 
interessanten Lothringer~Qe*te und bildet in gewisser Hinsicht eine 
Fortsetzung zu Hub's Untersuchung, indem sie da, wo Hub abbrach, 
einsetzt, d. h. bei dem Zusatz der Hss. NT zu der ersten, aber keines- 
wegs ältesten Branche der Geste, zur Ghanaern de Herrn. Dieser 
Zusatz ist Ton dem Dichter der Redaction NT hinzugefügt in 
der Absicht, Henris und Garin enger mit einander zu verknüpfen. 
Rhode zeigt, wie diese beiden Gedichte eigentlich so gut wie 
nichts mit einander zu thun haben, wie der Dichter des Henris 
nur einige Namen aus Garin herüber genommen hatte« und 
wie der Gompilator, welcher beide in ein Gedicht zu vereinigen 
suchte, nur wenige der gröbsten Widersprüche zwischen ihnen 
beseitigen konnte oder wollte, statt dessen aber mit wahrhaft 
erschreckender Naivität den Eingang des Garin für seinen Zu* 
satz plagiirte. Diese Untersuchung stellt daher nicht nur die 
ziemlich venvorrenen Ansichten, welche bisher über das Ver- 
hältniss von Henris und Garin aufgestellt waren, richtig, liefert 
nicht nur den Nachweis, dass Dum&il die Hs. N bedenklich 
überschätzt hat , sondern gewährt uns auch einen erwünschten 
Einblick in das Verfahren der altfranzösischen Gompilatoren 
überhaupt. Eine Fortsetzung von Rhode's Arbeit, den Eingang 
von Garin und die verschiedenen Umarbeiten desselben betreffend, 
ist bereits in Angriff genommen. 

Hier mögen noch zwei die Lothringer -Geste betreffende 
Notizen Platz finden. Die erste betrifft die Redaction welche ich 
1879 in Metz einer flüchtigen Durchmusterung unterwart; wobei 
ich die interessante Entdeckung machte, jiass in derselben nicht 
nur Henris, Garin, Girbers, sondern auch Yonet*) enthalten ist 

6) Dieae Branche beginnt BL 306» mit folgender Vorbemerkung: 
Et pour oe apres ee fait (nach Völlendüng der froheren Theile) je Phl'B 
detttis nornmes ait sarefeie* retranes revirete et angriff» phmeon 



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XK 

Ich tferefehte, in weitere darauf bezügliche Erörterungen einzu* 
treten, da der Text demnächst Gegenstand einer eingehenden 
Untersuchung eines meiner Zuhörer werden wird. 

Die zweite Bemerkung betrifft das Darmstädter Fragment des 
Hervis, welches Dr. B. Schädel im Jahrbuch f. rom. u. engl. 
Lit. Bd. XV. & 465 abgedruckt hat. Schon Hub hatte hervor- 
gehoben, dass der Abdruck wohl mancherlei Ungenauigkeiten 
der Hs. gegenüber aufweise, Herr stud. Rothermel bestätigte 
diese Vertnuthung durch eine in Darmstadt vorgenommene 
Collation, bei flüchtigem eigenen Besuch der Darmstädter Hof- 
bibliothek überzeugte ich mich selbst davon und bat , die zwei 
Blätter hier photographisoh aufnehmen lassen zu dürfen, was 
mir von dem Bibliotheksvorstand Herrn Hofrath Dr. Walther 
bereitwilligst gestattet, und durch alsbaldige Uebersendung an 
unsere Universitätsbibliothek in dankens werther Weise ermöglicht 
wurde. Nachstehend theile ich die Abweichungen des Schädelschen 

ancienne jstoire voullume liure et cronique desirant et appetant pour 
sauoir mon quelle fat la fin du roi Gilbert et de Tonnet son filz paireill- 
ement de Hernault de Gerin et de Maluoisin. Et ce janiaix ce esmeust 
plus 1a mortelle guerre laquelle tant de fois ce auoit racommencie come 
en la precedante istoire aueis oy. Et samble que non et que a cest 
heure la fin en ddust estre faicte paroe quil avoie du tout subiugues 
et destmit leur annemis et ny auoit plus nulz grant personnaige de la 
partie du dit Fromon. Mais las il ne ce auisoit point dung filz qui 
auoit Hernault lequelle on appelloit Lowey qui estoit cousin a roy Gilbert 
mais il estoit nepueulx a Fromondin et par lequelle ce reameust la guerre 
et la generalle deatruction de ce noble lignaige comme cy apres votis 
serait dit. Et pource apres ce que jeus asseis serchiez jez trouveis en 
avlcune ancienne jstoire et cellon aulcuns aultre aeteur ce quil en avint 
et coment parmi le dit Lowis et par le conseille de dame Ludie sa niere 
ce reesmeut de nouvaulx la guerre la quelle ne print jamaix fin tant 
quil en yeust nes vng en vie et que tout en fut destruit. Gar enfin en 
moururent tous ezceptes le roy Gerin le quelle cen allait tenir a baix 
en exille et ne sceut janiaix homme que deuint comme en lisant yous 
trouYareis ce vous le Youlles oyr. Et jay ce que le liure ycy deuent 
nommeis le Lourein Guerin nen mest rien touttesfois aultre jstoire des- 
pandant de cest come jez dit deuent le mort(?) et aultre jstorien en ont 
escript toutte en la fourme et manier ou aumains en substance come la 
teneur sensuit 



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XX 



Abdruckes von der Hs. auf Grund meines photographischen 
Abzuges mit und bemerke nur noch, dass die Hs. im 14., 
nicht im 13. Jahrb. geschrieben ist und dass die Blätter derzeit 
die Bibliotheks- Nummer: 3133 tragen. 

I» 1 Qnt ie vanrei — 4 Cains — 0 dont ie — 10 Elle le — 11. 14 
16 Q 1 - 16 .p'p. — 17 Dono — 19 bamdi — 21 fbira a ligni — 24 roüur 
Initial 27 Deu vgl jeu P> 21, II» 27 ceu II» 8, IIb 18 — Ib 2 .XL. - 
8 tos — 14 Q* — 15 iwrit q* tenist — 22 gnt (ohne a) parante - 25 
Q* — 26 mäbres — II» 1 Ha troit om — 2 mYt — 3 apelle 9 iai - 
5 par — 10 .LX. — 14 Ou . . . apaleir vgl quareiz P> 17 — 16 moe e. 

— 23 Por biauirf q' tant - 24 sitez — 29 OB font - IIb 2 anmofene 

— 8. 16 q» — 13 oereetes — 14 .1. mes <)ter — - 17 tanremant a plort 

— 22 sieet. 

Marburg, den 26. Januar 1881. 

JE. Stengel. 



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Die Stellung 

von 

n der Überlieferung 

des 

altfhmzösischen Rolandsliedes. 



Von 

H. Perechmann. 



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Einleitung. 



Der Werth der Oxforder Hs. (0) ist seit ihrer Auffin- 
dung für die Textkritik der Chanson de Roland sehr verschie- 
den beurtheilt worden. Die extremen Ansichten vertreten 
Boardillon ') und Ottmann. Ersterer hält 0 für das modernste 
aller erhaltenen französischen Mss. des Rolandsliedes und 
setzt es ins XIV. Jahrhundert *), während er es zugleich in- 
haltlich (a. a. 0. p. 76) für 'le plus grand ramas de sottises qu'on 
puisse voir' erklärt. Letzterer ist dagegen geneigt')? den 
Schreiber von 0 oder dessen unmittelbarer Vorlage *zum Ro- 
landsdichter selbst zu befördern. 1 

Es dürfte unnöthig erscheinen, die Ansicht Bourdillons 
zu widerlegen, da schon aus paläographischen Kriterien 0 
nicht viel später als 1200 geschrieben sein kann, von den 
Herausgebern sogar allgemein dem XII. Jahrhundert bestimmt 
zugewiesen wird,' und 'le ramas de sottises 9 in V 4 4 ) oder im 
Roman de Roncevaux zweifellos als 'plus grand 1 zu bezeichnen 
ist Auch Ottmanns Ansicht ist bereits von ihm selbst in 
seiner im gleichen Jahre erschienenen Dissertation *) gemildert, 
indem er zugestanden hat, dass 0 diese und jene Entstellung 



1) Le Roman de Roncevaux tradult en Francais par Jean-Louis Bonr- 
dlllon, Dijon 1840. Introd. p. 75 f. 

2) Er sagt a. a. O. : Loln d'dtre, comme il (sc. Michel) Je df t da Xlle 
siede, ce manuscrit est da XIV»; je le regarde mßme comme le plus mo- 
derne de tone et entr' autres preuves que je pourrais donner a l'appui, je 
me bornerai k nne Beule, qui me paratt sans repüqne etc. 

3) cf. Jen. Lit. Zeitg. 1879. No. 13. p. 178 — 9. 

4) loh bezeichne die Hss. nnd Versionen, wie Stengel in der Jen. Lit 
Zeitg. 1878. p. 632b vorgeschlagen hat. 

5) Hugo Öttmann, Die Stellung von V 4 in der Uoberliefernng des alt- 
französischen RolandsliedM. (Tnang.-Dlss ). Mnrbnrg 1879. 

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2 



des Textes aufweise, wofür* man auch nur auf die Correcturen 
und Rasuren der H&, sowie auf die mancherlei evidenten 
Flüchtigkeitsfehler des Schreibers hinzuweisen brauchte 1 ). 

Von den Verfassern kritischer Ausgaben der chansons de 
Roland ist in Praxi weder der eine noch der andere dieser 
beiden Standpunkte eingehalten worden , sondern, indem sich 
alle mehr oder weniger streng an 0 anschliessen, geben sie 
doch gleichzeitig die Fehlerhaftigkeit derselben zu und besei- 
tigen sie entweder mit Hilfe der anderen Versionen oder 
durch Conjecturalkritik. 

Dieses schwankende Verfahren der Herausgeber lässt es 
wünschens werth erscheinen, die Stellung, welche O in der 
Ueberlieferung einnimmt, einer genauen Erörterung zu unter- 
ziehen ; denn erst nach einer solchen wird es sich bestimmen 
lassen, welche Lesarten von 0 angezweifelt werden dürfen, 
welche durch die anderer Redactionen zu ersetzen sind und 
in welchen Fällen zur Conjectur Zuflucht zu nehmen ist. Die 
unzweifelhaft vorhandenen Fälle, wo die gesammte, uns über- 
kommene Ueberlieferung bereits Fehler aufweist, sind hierbei 
zunächst ausser Acht zu lassen; vielmehr ist vorläufig mr 
zu ermitteln, ob in einigen Fällen die gesammte oder nahezu 
ganze Ueberlieferung 0 gegenüber zurückstehen rnuss, in 
anderen den Vorzug verdient. Es stehen sich auch hier zwei 
Auffassungen scharf gegenüber, nämlich die von Müller in 
seiner III. Ausgabe der chans. de Rol. bestimmt ausgespro- 
chene einerseits, und die von Stengel, Rambeau, Förster ver- 
tretene andrerseits, welche letztere Gautier in seiner neuesten 
Ausgabe sich zu eigen gemacht hat und auch durchgeführt 
haben will 8 ), 

Nach Müllers Ansicht zerfällt die ganze Rolandsüberlie- 
ferung in zwei Redactionen, a und ß> welche ihrerseits aus 

1) Nicht alle derartige Falle lassen sich durch die nicht minder ent- 
stellte Ueberlieferung bessern, so z B. 2448. 416. 686. 1960. 2075. 2309 
0, ebenso 490. 1962. 3424 O V\ wo nur durch Conjectur geholfen werden 
kann. 

2) Thatsache ist jedoch, dass Gautier sich praktisch an kein bestimm- 
tes System gehalten bat, sondern ziemlich willkürlich, wie in seinen frühe- 
ren Ausgaben, bei der Textconstitution verfahren ist; cf. 877. 1615. 2297. 
66* 870. 894. 1261. 1297. 1914. 1954. 1916. 2322. 915. 1005. 2978. 

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3 



gemeinsamer Vorlage stammen. Die Redaction a soll von 0 
allein; ß von V\ den gesammten Hss. der Reimredaction *) 
und den ausländischen Bearbeitungen repräsentirt werden. 
Müller nimmt also an, dass wenigstens einige isolirte Les- 
arten von 0 vor der gesammten andern Ueberlieferung vor- 
gezogen werden müssen *)• 

Stengel, Rambeau, Förster 3 ) vertreten dagegen die An- 
schauung, dass die gesammte Ueberlieferung in 4 oder 5 
Redactionen zerfalle; dass a durch 0 und 7 4 ; ß durch die 
Hss. der Reimredaction; y durch die nordische; d durch die 
deutsche und holländische Bearbeitung (welche letztere aber 
vielleicht auch als Redaction e aufzufassen wäre) repräsentirt 
werde. Sie sind also der Ansicht, dass keine isolirte Lesart 
von 0 (selbst wenn sie durch V* unterstützt wird) einer von 
Vertretern wenigstens zweier der erwähnten Redactionen ge- 
botenen vorgezogen werden dürfe. 

Im Folgenden beabsichtige ich nun auf Grund des voll- 
ständigen Thatbestandes beide Ansichten zu prüfen. Ich werde 
also sämmtliche Fälle, in welchen 0 allein (oder OV 4 ) meiner 
Auffassung nach der gesammten Ueberlieferung, oder einer 
Combination mehrerer Redaktionen gegenüber zurücksteht, 
zusammenstellen. Von solchen Fällen, wo eine wirkliche Com- 
bination von wenigstens 2 Redactionen gar nicht vorhanden 
ist, d. h. also, wo die sämmtlichen Hss. völlig auseinander- 
gehen, sind nur einige, welche bei dem allgemeinen Interesse 
der durch sie angeregten Diskussion nicht wohl mit Still- 
schweigen übergangen werden durften, besprochen worden. 
Ebenso sind auch von den zahlreichen Fällen, in denen bei 

1541 etc. gegen cf. 979. 39. 123. 238. 600. 932. 1080. 1534. 51. 230. 
612. 824. 884. 958,9. 1488. 198. 1756 etc. 

1) Oder 2 Reimredactionen, wie Müller in Gröbere Zeitschr. III, 443 
erklärt. 

2) Auf die weiteren Complicationen dee Hss. Stammbaums, welche 
durch Müllers Annahme einer oder mehrerer Nebenquellen ausser der Haupt- 
quelle jeder Hs. entstehen, braucht hier keine Bücksicht genommen zu 
werden. 

3) Förster spricht sich über das Yerhiltniss der ausländischen Be- 
arbeitungen zu den anderen Redactionen nicht aus; cf. Gröbers Zeitschr. II, 
164 Anmerkung. 

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4 



fehlender anderer Ueberlieferung V* und die Beimredaction 
O widersprechen (obwohl ich sie alle gesammelt habe) nur 
einige, besonders interessante erörtert , da es mir jetzt nicht 
sowohl darauf ankommt, das Verhältniss von 0 zu V 4 fest- 
zustellen, als vielmehr das Verhältniss von 0 zur gesammten 
andern Ueberlieferung; oder mit anderen Worten, da ich zu- 
nächst eine Entscheidung der Frage, ob die gesammte Ro- 
landsüberlieferung in zwei oder mehrere Redactionen zu zer- 
legen ist, herbeiführen möchte. 

Ich habe meist die Ueberlieferung lediglich citirt, ohne 
den Wortlaut derselben anzugeben, da sonst die Arbeit einen 
zu grossen Umfang erhalten hätte. Die meisten Texte sind 
ja auch Jedermann zugänglich, oder werden es binnen kurzer 
Zeit sein, da Ausgaben der noch unveröffentlichten Hss. der 
Beimredaction von 6. Paris und Wend. Förster schon lange 
in Aussicht gestellt sind. Ich benutzte für meine Arbeit die 
von Prof. Stengel angefertigten Copien im rom.-engl. Seminar 
zu Marburg. 

Ursprünglich hatte ich eine andere Anordnung des Stoffes 
beabsichtigt, indem ich zuerst die Fälle besprechen wollte, io 
welchen die Assonanz und Silbenzählung der Verse, dann die, 
in welchen die Reihenfolge der Zeilen; die, in welchen die 
Anzahl der Verse und endlich die, in welchen Sinn und Aus- 
druck des Textes der Ueberlieferung von 0 abweicht Ich 
habe diese Anordnung indessen aufgegeben, da sie manche Un- 
zuträglichkeiten durch Zerreissen innerlich zusammengehöriger 
Stellen mit sich brachte und sich wenig practisch nützlich 
erwies. Nur ganz gleiche Fälle habe ich im Zusammenhang 
besprochen, durch Verweise aber angedeutet, wo mir analo- 
ger Thatbestand vorzuliegen schien. Die Arbeit war im We- 
sentlichen abgeschlossen als Scholle's Artikel über das Ver- 
hältniss der verschiedenen Ueberlieferungen des afr. Rolands- 
liedes zu einander' (Zeitschr. IV, 7 — 35) erschien. Da die 
von mir vertretene Anschauung durch Scholle's Ausführungen 
keineswegs erschüttert worden ist, so habe ich mich begnü- 
gen müssen, nur bei wesentlichen Differenzen nachträglich 
darauf Bezug zu nehmen. 



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Z. 11 tduss statt 'en un verger suz Tumbre' 0 gelesen 
werden: 'suz une olive . . . a lumbre' nach T*F Vn 484, n 
dR 397—9. Abgesehen davon , dass der Ausdruck in 0 an 
dieser Stelle einen gar wenig befriedigenden Sinn giebt, ist 
in demselben eine tiefer gehende Unterscheidung nicht zum 
Ausdruck gekommen. Z. 80. 93. 203. 366. 577b. 2571. 2705 
ist 'olive' überall gesichert nur mit Bezug auf die Sarazenen 
gebraucht, während Z. 114. 165. 168. 500* 1 ). 2357. (= V% 
2375*. 2884 'pin* nur als Baum der Franzosen erwähnt wird. 
Ferner muss in Uebereinstimmung hiermit Z. 383 nach V 4 
V'Yn: l phT und Z. 501. 609 nach V 4 V V: ,olive' eingesetzt 
werden. Ein einziges Mal (407) ist 'pin' in 0 Sarazenenbaum, 
wo es aber mit den anderen Hss. durch ( d'or fin' zu ersetzen 
ist 1 ). Mü/, Gau. 7 bleiben ZZ. 11,383,501,609 bei O. 

Z. 24 u. 25 0 müssen nach V*Wn geändert und etwa 
gelesen werden : 'Blancandrins fut molt savies Chevaliers, De 
vasselage fut assez aprisiez'. Zur weiteren Stütze dieser Les- 
art sind zu vergleichen Z. 636. 898*. 1516*. 1683*. 1872*. 
Mü. a , Gau. 7 lesen wie 0. 

Hinter Z. 30. 128. 183 0 muss jedes Mal eine Zeile ein- 
gefügt werden, welche in V* V Vn d B erhalten ist. Es ist 
freilich sonderbar, dass 0 sie an allen drei Stellen, welche 
so evident parallel gebaut sind, unterdrückt ; an vielen Stellen 
unseres Gedichtes spielen jedoch die Rosse eine hervorragende 
Rolle unter Geschenken, cf. 479. 756. 1000 etc. Zur Ver- 
vollständigung dieses Parallelismus ist in 0 nach Z. 39 eine 

1) Ein Sternchen (*) rechts oben neben den Zahlen deutet an, dass 
da» Wort, am welches es sich handelt, in der betreffenden ^eile gesichert ist. 

2) Diese Beobachtung hat Prof. Stengel zuerst in der Jen. Lit. Ztg. 
1878. p. 633 mitgetheilt ; ich habe hier nur die sämmtlichen Falle zusam- 
mengestellt. 



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6 



weitere Zeile zu ergänzen, welch von 7*7 T VndB überlie- 
fert wird; et 297* 432. 472*. 820. 2680* 3399. Aus der 
auf diese Weise reconstruirten Passage Z. 38 — 41 ergiebt 
sich, dass nach Z. 136 0 4 und nach 190 0 2 Zeilen ausge- 
fallen sind, welche nach V*TVndB ergänzt werden müssen. 
Ebenso nothwendig erweist sich eine Zusatzzeile nach 46 0, 
denn die ausdrücklich wiederholte Anrede Z. 15. 47. 70 lässt 
auf eine Z. 61*. 77* ähnliche beistimmende Bemerkung der 
Barone nach 46 0 schliessen. 

Z. 35 hat V 4 : 'In cest pars ele set agni ester* für 'En 
ceste tere ad asez osteiet' 0 in einer ie-Tir. Wenngleich nun 
V* noch von n 485,6 mit seinem „nun ist er 7 Jahre hinter 
einander hier gewesen" gestützt wird, so muss man doch die 
Assonanz 0 für allein richtig erklären und beibehalten, wäh- 
rend im übrigen noch V'n zu bessern sein wird. Es lag 
nahe, den präcisen Ausdruck von 0 durch das vage Verbum 
substantivum zu ersetzen, zumal 'osteiet' von 'estet' lautlich nicht , 
zu weit absteht und dem 'estet* in Z. 2* 266* etc. verwandt ist I 

Z. 37' ist durch Anwendung des bestimmten Artikels in 
O um eine Silbe zu lang geworden, welche nach V*VV von j 
Mü.', Gau. 7 beseitigt worden ist. Auch n und dB geben diesen 
Ausdruck gewöhnlich ohne Artikel. Aus Z. 53*. 152. 2860*. i 
3745 und V* 122 (= O 136) lässt sich entnehmen, dass der ' 
Gebrauch des Artikels in dieser Redewendung facultativ war. 

Z. 39 muss statt 'Serez ses hom' 0 mit V V 1 V gesetzt | 
werden 'Ses hom serez' und statt 'honur' 0 mit V*n 489,9 dB 
481 'amur'. Aus Z. 86. 121. 136\ 2897. 3460*. 3770. 3801. 
3893. 3810 ersieht man, dass im Rol. 'honur' niemals in Ver- 
bindung mit 'ben' oder ,feid' formelhaft gebraucht wird, son- 
dern dass nur 'paf amur e par ben' und 'par am. e par feid f 
so stehen. Hinter Z. 39 ist nach V* V'VndB eine Zeile ein- 
zuschalten. Mü.', Gau. 7 bleiben streng bei 0. j 

Z. 45 ist für Tonur ne la deintet' 0 nach V*Wn 485,13 
'd'Espaigne la d.' mit Bezug auf 59*. 697. 1029* zu lesen. 
Mü.», Gau. 7 bleiben bei 0. 

Z. 51 ist 'quant' 0 nach V* V V zu entfernen, weil da- I 
durch die asserirende Verbindung von Z. 49 —51 zerstört I 
wird. Mü. 3 , Gau. 7 bleiben bei 0. 

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7 



Z. 58 ist 4 les testes' O mit Mü.% Gau.' nach 7« 7' 7 
»485,** durch 'la vie' zu ersetzen und 'perdent' in die Ass. 
zu bringen. 

Z. 66 bietet O zwei Namen 'Machiner e Maheu', wo nach 
V*n 485,27, dB 275 f.: 'Baciel e Mattheu' einzusetzen ist. Mtt.', 
Gau. 7 bleiben bei O. 

Wo inhaltliche Bedenken nicht zugleich gegen eine Zeile 
von O erhoben und geltend gemacht werden können, kann 
das Fehlen derselben in den anderen Hsr. allein ihre Unecht- 
heit nicht darthun. Vielmehr können derartige Zeilen sehr 
wohl beibehalten werden, wenn sie auch für das Original des 
Rol. nicht als gesichert zu betrachten sind. Es könnten da- 
her folgende isolirte Zeilen von 0 in einer kritischen Ausgabe 
der Chanson de Roland stehen bleiben: 87. 115 (cf. 168»). 
326(?). 413. 442. 1264. 1266. 1419. 1500. 3239. — Obwohl' 
2411 0 mit ungesichertem 'respundiet' in ie-Tir. (während Z. 
632 'respundit' in i-Tir, gestützt steht) sonst fehlt, so ver- 
langt doch das wohl gesicherte 'Deus dist Ii reis' der fol- 
genden Zeile, welches bestimmt auf eine Unterbrechung 
der Rede Karls hindeutet, die Beibehaltung der 0-Zeile. 

Z. 123 muss man 'e dist al rei' 0 durch eine passendere 
Anrede mit Vv'VndR entweder 'dreiz emperere' oder'Beau 
sire reis' wiedergeben. Unter folgenden 33 Fällen der Anrede: 
27. 196. 220. 232. 265. 329. 337. 387. 416. 428. 456. 496. 
676. 766. 776. 832. 863. 876. 920. 962. 2441. 2487. 2685. 
2688. 2754. 2790. 2831. 3414. 3630. 3709. 3908. 3824. 3841 
findet sich die Form unserer Zeile noch 13 mal in 0, aber 
nur 4 mal gesichert, nämlich Z. 232 (wo indessen Naimes Karl 
gar nicht ausdrücklich anredet) 832 (VC haben 'sire, beau 
sire roi') 920. 962; sonst ist die Anrede 'Dreiz emperere' oder 
'Beau sire reis' (oder 'Sire, Sire amire' für die Sarazenfürsten). 
Mü. 3 , Gau. 7 bleiben bei 0. 

Nach 168 0 muss eine Zeile gesetzt werden, welche 
F 7 7n überliefern, und welche mit Bezug auf Z. 115. 407*. 
452*. 609. 2652*. 2804* ihre Berechtigung hat 

Z. 171 ff. 0 herrscht eine starke Verwirrung in den Namen ; 
leider fehlt 7* gänzlich. Ich möchte mich dahin entscheiden, 
dass folgende Zeile mit V'VdR 1179 — 82 am besten vor- 



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8 



auszuschicken ist: 'Geffreid d'Anjou c sun frere Tierri' et 2883 
(wo statt 'henri' 0 mit V 4 ß 'Tierris' zu setzen ist) 3818 (wo 
Tierri' zu ergänzen ist) 3806. 3819. Ausserdem ist 171* nach 
WdB ( 6ui de Gascoigne* herzustellen. Mü. 3 , Gau. 7 bleiben 
bei O. 

Aus Analogie zu Z. 20*. 742* muss eine Zeile nach 180 O 
mit V'WndR ergänzt werden; auch kann bei dem deut- 
lich hervortretenden Parallelismus mit Z. 249 — 51* eine von 
V'VVn gebotene Zeile. 4 Par ceste barbe vus n'irez pas uan' 
nach 271 0 nicht entbehrt werden. Hinter 282 0 muss in O 
ebenfalls eine in V* V 1 Vn erhaltene Zeile ausgefallen sein, 
welche mit Z. 245. 292. 253. 320 etc. parallel ist. Endlich 
sind auch hinter 307 0 mehrere Zeilen in 0 7* ausgelassen, 
welche V VnAR 1390 ff. erhalten haben, und mit denen ein 
Parellelismus zu Z. 746 ff. bewirkt wird. Mtt. a , Gau. 7 haben 
alle diese Zeilen nicht. 

Z. 197 0 fehlt dem ersten Hemistich eine Silbe. Am 
besten wird nach V'VVn 'Bien ad' einzusetzen und 'pleins' O zu 
tilgen sein, während Mü. 3 und Gau. 7 ohne Noth 'pleins 1 O 
gegen 'Bien' V'V'V aufrecht erhalten. 

Z. 198 lese ich statt 'coiuibles' 0 noch V Vn 488,25, 
dB 1211: 'Morinde'. Mü. 3 , Gau. 7 bleiben bei O. 

Z. 202' 0 hat zwei Silben zu wenig. Nach V*V*Vn 488,27 
muss mit Mü.', Gau. 7 zunächst 'vos' und nach Vn (dB P V) 
Mi' eingefügt werden. Ferner bieten V V 'envoia' für 'veiat' 
0, welches letztere Verb nicht für 'schicken' stehen kann. 

Z. 230 muss 'apres ico 1 0 nach VV'Vnin 'devant Carlun' 
geändert werden, sowie auch in 264. 774 0. Mü. 3 , Gau. 7 
bleiben überall bei 0. 

Z. 238 lese ich statt ( ses humes veneuz' 0 nach V*VV 
(n 489,15) ( li donjon abatuz\ Mü.', Gau. 7 bleiben bei der Les- 
art von 0, die Ottmann (p. 4) vertheidigt, weil 'donjon' sonst 
nicht in 0 belegt ist 

Z. 240 ist 'pecchet fereit' 0 durch 'granz torz sereit' nach 
V*V*Vn 489,17 (usoend) zu bessern cf. 833*. 1950. Mü.*, Gau.' 
lesen wie 0, fügen aber mit Recht eine von Vn 489,19 dB 
1228 — 30 gebotene Zeile ein; nur hätten sie dieselbe nach 
240 0 einfügen müssen, zumal auch 0 an dieser Stelle eine 



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. 9 



Lücke zeigt. Allerdings ist die ohnehin metrisch fehlerhafte 
Z. 251 dann auch mit V*V'V zu ändern in : 4 Se par ostages 
vos yoelt faire en sour', wodurch sie mit 242 0 in Verbindung 
gebracht wird. 

Z. 243 ist statt 'dient franceis' 0 mit V* V Vn 489,22 
Tranceis respundent' zu lesen. Letzterer Ausdruck kommt 
im Hol. an folgenden Stellen immer als Einleitung einer Ant- 
wort vor, wie Ottmann (p. 4) richtig bemerkt : 2440*. 2487*. 
2685* 2688*. 3558*. 946. 2754. 3400. 3414. 3630. 3761. 
3779. 3837. 3951. 3982. - Dient 'franceis' (oder 4 D. paien') 
steht gesichert in 18 Zeilen: 61. 77. 278. 334. 450. 467. 
1501. 1536. 1547. 1561. 1585. 1609. 1669. 2060. 2115. 2146. 
3275. 3299, wo 'dient' aber nur 2mal im Sinne von 'respundent' 
angewandt ist. Zu der ersten Gruppe von Fällen muss 
ohne Zweifel auch unsere Zeile gerechnet werden. Mü. 3 , Gau. 7 
lesen wie 0. 

Z. 248 0 und 259 0 wird man als Gontractionen je zweier 
ursprünglicher Zeilen anzusehen haben, deren Elemente noch 
deutlich in F 1 F 7 Vn 489,26 zu erkennen sind. Mü. 3 , Gau. 7 
bleiben bei 0. 

Z. 260 ist statt 'ne vos ne iP 0 nach V*VVn 490,5 'nesun 
de vos' zu lesen. Ottmann vertheidigt die Lesart von 0, 
welche Mü.', Gau. 7 beibehalten , weil sie viel lebendiger sei ; 
doch zeigt auch 0 806. 3344* die weniger lebendige Wendung. 

Z. 264 'levet del renc' 0 ist in einer an-Tir. wenigstens hart ') 
auch spricht dagegen V*: 'est venut davanti' = V 9 Vn 490,6. 
Nur dR 1332. 'Üf stuont Turpin' scheint 0 zu stützen, wie 
Ottmann (p. 20) glaubt, obschon bei so nahe verwandten Sy- 
nonymen und dem sehr freien Wortlaut der deutschen üeber- 
setzung kaum daran zu denken ist. Ausserdem muss man 
berücksichtigen, dass gerade die Wendung 'venir avant' im 
Rolandsliede in ähnlichen Situationen sehr gebräuchlich ist, 
cf. Z. 218*. 280*. 860* 943*. 

Z. 267 0 muss vor 266 0 gestellt werden, wie V*W 
dB 1346 — 49 verlangen, und wodurch auch der gramma- 



1) cf. Rambeau, über die als echt nachweisbaren Assonanzen des Ox- 
forder Textes der chans. de Kol. Halle 1878. p. 69 Anmkg. 



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10 v 



tische ÄDSchluss enger wird ; denn letztere Zeile enthält deu 
Grund der Mühsalen und Gefahren, welche Karls Barone er- 
dultet haben. Dem Sinne nach muss man sogar vor Z. 266 
ein 'car' oder ( que' ergänzen. Mü. 3 , Gau. 7 bleiben bei O. 

Z. 270 0 enthält 2 Zeilen des Originals, welche nach 
V* V Vn etwa herzustellen sind: 4 Si Ii dirai alques de mun 
semblant, Si voil vedeir ses murs e sun talant'. Durch diese 
Kürzung wurde der Sinn der O-Zeile noth wendigerweise unklar; 
denn das doppelte Moment in Turpins Worten, dass er einer- 
seits Marsiliun seine Meinung sagen, andrerseits aber zugleich 
erfahren will, was jener gegen Karl im Schilde führt, tritt 
nicht mehr hervor. Mü. 8 , Gau. 7 haben nur 1 Zeile und zwar 
hat Gau. 7 die erste der obigen Zeiten, wofür Mü/: 'Si conuistrai' 
etc. vorschlägt. 

Z. 274 ist Trane chevaler' 0 nicht so gut wie 'Seignur 
barun' V\ 'S. Franzois' F 7 F, 'Godir höfdingar' n 490,12. Gegen 
die Lesart von 0 spricht ausserdem die Beobachtung, dass in 
folgenden Zeilen: 180*. 244. 252. 740. 1127*. 1165*. 1176* 
3281*. 1472*. 1854. 1863. 1925. 1937. 2106. 3769. 3015. 
2805. 3768. 2657. 1045. 3281. 3406. 3750. 15. 79. 943. 2509. 
2986. 3335. 3722. 2742. 2857. 3339* 3627, wo entweder der 
Kaiser zu seinen Baronen, oder ein Baron zu den übrigen 
und dem Kaiser redet, sich nicht ein einziges Mal die in 
unserer Zeile von 0 gebrauchte Anrede wiederfindet. Mü.', 
Gau. 7 bleiben bei 0. 

Hinter Z. 276 0 wird eine Zeile nach V^V^Vn zu ergän- 
zen sein: 'Se mestiers est bien se poisse cumbatre'. Diese 
Zeile erscheint um so nothwendiger, wenn man Z. 275* nach 
den anderen Handschriften in ( un barun de barnage' emendirt. 
Mü. 1 , Gau. 7 lassen die Z^ile aus. 

Statt der beiden Zeilen 278,9 0 müssen nach V*V*Vn 
3 Zeilen in folgender Reihenfolge eingeführt werden: ( Se lui 
laissez (OV*) bien iert faiz eist messages' {VOV 4 : Stellung K 7 ) 
279. 'Dient Franceis nos ni savum plus savie' {V Vn V*0) 
278. 'Seli reis voelt, bien est dreiz qu'il i alge' V*nV. Auf 
diese Weise ist das von 0 gebotene falsche Assonanzwort 
'faire' seinem Begriffe nach in der von V gebotenen Fas- 
sung aufrecht erhalten und Schölle's Ansicht, dass faire' 



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11 



als solches beizubehalten sei, widerlegt. Dass sowohl 0 wie 
V und n die letzten Worte Rolands, welche V 7 V* und dR 
1368 ff. bezeugen, unterdrücken, darf bei der sonstigen Ver 
schiedenheit derselben als zufällige Uebereinstimmung ange- 
sehen werden. In V ist der Vers 279 nur versetzt, in Vi 
dagegen mit kleiner Aenderung, welche indess an das erste 
Hemistich der unterdrückten Schlusszeile erinnert, an der 
richtigen Stelle bewahrt worden. In der Vorlage von V V 
standen daher alle 3 Zeilen. In n scheint Z. 279 einfach be- 
seitigt oder vor die Schlusszeile der Tirade gesetzt zu sein. 
In OF* wurde die entstellte Z. 279* mit 278» vertauscht, 
und die ganzen ZZ. 278,279 in 0 umgestellt, wesshalb 

auch der letzte Vers ausgelassen wurde. Mü. s bleibt bei 
0, während Gau. 7 trotz 'faire' (in a-Tir.), trotz des höchst 
anstössigen Gebrauchs von 'laissier' (279), den er im 
Glossaire auch gar nicht aufführt, und trotz des entgegen- 
stehenden Zeugnisses V*Vn, die beiden von 0 gebotenen Zei- 
len beibehält und nur nach F* umstellt, auch die dritte voi» 
V'V gebotene Zeile zufügt 

Z. 286 ist statt *por qu'iP 0 mit Mü.*, Gau. 7 nach V*n 
490,24 ( por co qu'il' zu lesen. 

Z. 287 0 muss wie in V*V 7 Vn vor Z. 285 gerückt wer- 
den. Gleichzeitig wird aber auch eine Aenderung im Aus- 
druck vorgenommen werden müssen, indem statt 'desfi les ci' 
(=W) 0 nach (V*) V'V 'je le desfi' zu lesen ist; l les' ist 
nicht, wie Ottmann (p. 21) will, beizubehalten, denn es ist 
eben bisher nur von Roland die Rede gewesen. Z. 285 wird 
natülich 4 Ne' 0 nach V*Wn in l et' zu verwandeln sein. 

Warum hier Mü. B und besonders Gau.' bei 0 verbleiben 
zu müssen glauben, ist nicht einzusehen ; um so weniger als 
beide die hier vorliegende starke Tiradenumstellung von 0 
(T, 21 — 25) anerkennen. Die von Mü.» zu Z. 285 für diese 
letztere angeführten Gründe sind durchschlagend; nur hätten 
Mü.' und Gau. 7 auch die Consequenzen der Umstellung im 
einzelnen ziehen sollen. Z. 301, welche 0 auf Z. 297 folgen 
Hess und dadurch in die Mitte der Tirade brachte, konnte 
an der Spitze einer Tirade nicht mit 'Et' heginnen wie in 0. 
Hier wird: ( Guenes se taist e fut mult anguisables' nach n 



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12 



zu bessern sein. Auch die folgende Zeile wurde vom Um- 
steller entstellt Zunächst wird nach ndR 1383: 'Vers Bol- 
lant vint, fierement le reguardet' einzufügen, danach mit 
V'Vv 302 zu ändern sein: 'Del col desfiblet Ii cuens ses pels 
de martre'. Das auffällige 'grandes' (cf. Eichelmann ') p. 24) 
wird danach beseitigt, 3980 begegnet in 0 'od ses granz 
pels de martre 9 ). Endlich ist noch ein weiterer Vers einzu- 
fügen : 'Ireement getet les (cf. 464 0) en la place 9 (cf. 764). 

Z. 300 0 fehlt überall sonst und ist wohl als ungeschick- 
ter Zusatz eines Ueberarbeiters zu betrachten. Das Asso- 
nanzwort 'estoet' steht hier zum dritten Male in derselben 
Tirade, welche mit der vorhergehenden Zeile ursprünglich 
abschloss. Mü. 3 , Gau. 7 behalten die Zeile bei. 

Die Zusatzzeile nach 305 0, welche sich in V'VVdR 
1651 — 54 findet, muss als eine berechtigte Vervollständigung 
der Schilderung von Gueneluns Person angenommen werden. 
Mü. 3 , Gau. 7 nehmen sie nicht auf. 

% Z. 310 u. 31 1 0 : 'repaire' : 'contrire* in a . . e Tir. Diese 
beiden Zeilen sind wahrscheinlich aus einer ursprünglichen 
entstanden , für welche V A VV das richtige Assonanzwort 
'damage' zeigen = 'skadi' n 491,15 und ähnlich dB 1397. 
Das Assonanzwort 'repaire' 0 wird jedenfalls am Ende des 
ersten Hemistichs der ursprünglichen Zeile gestanden haben; 
cf. Ramb. a. a. 0. p. 20. 96 und Müller in Gröberns Zeitschr. 
III, 450. 

Die Zeilen 349 — 56 0 müssen nach Z. 365 gestellt wer- 
den; denn das Weinen und Klagen der Angehörigen Guenelun's 
was in ersteren geschildert wird, kann erst die Consequenz 
der in den folgenden Zeilen erzählten Zurückweisung der 
angebotenen Begleitung und wirklichen Abreise Gueneluns 
sein. Die anstössige Darstellung von O ist freilich noch von 
keinem Herausgeber beanstandet worden. — Natürlich be- 
dingt die Umstellung auch eine kleine durch die Ueberlie- 
ferung gebotene Textveränderung. Z. 357 wird nämlich nach 
VVn: 'Dient si hume' gelautet haben. 



1) Ueber Flexion und attributive Stellung de» Adjectlvs etc. Mar- 
burg 1879. 



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13 



Z. 359 0 = 276 V 4 und 2861 O = 3044 V*: 'chevalier' 
in $-Tir. rouss fehlerhaft sein; denn 'Chevalier' steht in ie- 
Tir.in folgenden 20 Zeilen: 24* 99* 110. 752*. 802* 1143* 
1311* 1518 (0,P*)- 1673 (0,^). 1688*. 1877* 2067* 2214* 
2415* 2478* 2541*. 2669 (0, V*) 2797*. (3870. 3890). Trotz- 
dem wollen Mü.' und Ottmann (cf. Jen. Lit. Ztg. 1879. p. 178) 
wegen der obigen beiden, nicht gestützten Fälle schon für 
das Original des Rolandsliedes Mischung von ie- und e-Tir. 
annehmen, wogegen Ramb. (p. 21. 126), Gau. T und schon vor 
ihm 6. Paris (cf. Romania II, 198) 'bacheler' für die richtige 
Lesart an den 2 genannten Stellen halten. Sie stützen ihren 
Vorschlag für Z. 2861 auf die Hs. G: 'bacheler'; für beide 
Zeilen deutet 'drengr' n jedenfalls auf ein Synonymon von 
'chevaler* hin, wenn es auch nicht, wie Rambeau anzunehmen 
scheint, für eine durchaus angemessene Wiedergabe des alt- 
französischen 'bacheler 1 gelten kann. Weiterhin kommt in Be- 
tracht, dass kurz vorher in einer von P 4 ,/?,n,d gebotenen 
Zusatzzeile nach 342 0 (also in derselben e-Tir.) das nordische 
'manna' von F 4 272 durch 'basale' (= 'bacheler') ausgedrückt 
wird. Der Grund, den Müller a. a. 0. gegen die Statthaf- 
tigkeit von 'bacheler' in den 2 fraglichen Zeilen geltend machen 
will, ist durchaus zurückzuweisen; denn eine genauere Be- 
trachtung der beiden Stellen ergiebt, dass gerade 'bacheler' 
in der Bedeutung 'junge Männer 1 im beabsichtigten Gegen- 
satz zu 'che valer' = 'erprobte Ritter 1 am Platze ist. In Z. 2861 
wird nämlich erzählt, wie sich die Waffengenossen Rolands 
und dieser selber in ihrem jugendlichen Uebermuthe 'auf- 
spielen' (= 'vanterent'), die glänzendsten Heldenthaten aus- 
führen zu wollen. Zur Stütze dieser Auffassung sind ferner 
zu vergleichen Z. 113* 3020*. 3197 (und Auberi cf. Tobler, 
Mittheilungen aus altfrz. Hss. Leipzig 1871. p. 160. Z. 9 ff.). 
Für Z. 359 aber ist der Gegensatz zu Z. 44 zu beachten, wo 
Blancandrin es für besser hält, dass die Söhne der Saraze- 
nenfürsten, seinen eigenen inbegriffen, die Köpfe verlieren, 
als dass die Fürsten selbst Ehre und Ruhm einbüssen soll- 
ten; Guenes dagegen will lieber allein sterben, als so viele 
hoffnungsvolle, französische Jünglinge mit sich ins Verderben 
ziehen : Der Dichter hat hier also wohl die barbarische Mo- 



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14 



ral der Sarazenen mit der christlichen Humanität contrastiren 
lassen wollen. 

Z. 384 1 ist mit V*Wn 493,30, dR 1840: 'vint i Rollant' 
zu lesen statt 'vint i ses nes' 0. Mü. s , Gau. 7 bleiben bei 0. 

Z. 414 0: 'lempereur' in ön-Tir. ist das einzige derartige 
Assonanzwort in Tir. 33 (cf. Ramb. p. 195); daher besser mit 
Mü. 3 , Gau 7 : 'Marsiliun' V*VVn 494,15 (perron F*). 

Z. 420 ist statt 'respuns' 0 mit V 4 VV raisun (oreisun) 
zu lesen. 'Respuns*, das sich nur an unserer Stelle im Rol. 
findet, ist hier jedenfalls sinnlos, während 'raisun 1 in der Be- 
deutung von 'Rede' hier wohl passt und auch sonst im Rol. 
begegnet cf. 68*. 193*. 219 (07*)- 487 (OF*,). 875* 1231*. 
2863*. 3325*- 3784. Mü. 3 , Gau. 7 bleiben bei 0. 

Z. 423 0 ist statt *Par lui orrez' nach V* V 1 Vn 494,20: 
Tar lui savrez 1 zu lesen, während Mü. 3 , Gau. 7 bei 0 bleiben. 
'Nu vernim thu' dR 2011 kann 0 nicht stützen. 

Nach Z. 431 0, welche mit VdR 2027 in 'Que vus tur- 
nez vers la crestientet' zu ändern sein wird, würde ich mit 
nV A eine Zeile einfügen: 'E Maumet, laissiez le vostre deu\ 
danach mit V'VdR 2036 eine weitere: 'Juintes voz mains, 
seiez ßis commandez'. Ebenso noch 432 u. 433 0 mit V'V'V 
ndR je zwei weitere Zeilen. Nach 432 0: 'L'altre meitiet, a 
Rollant ad dunet, Mult orguillus panjunier i avrez'; nach 
433 0, in welcher mit V 7 V gegen OF 4 'otrier ne vulez' um- 
zustellen ist: 'En Sarraguce venra od sun barnet, Fera le 
siege tant qu'ait pris la citet\ Mü. 8 , Gau 7 bleiben bei 0. 

Z. 444 muss es heissen Tune meitiet' VVVdR 2070 statt 
'cuntre dous deie' 0, was Ottmann (p. 19) für ursprünglicher 
hält Man beobachtet aber zu Ungunsten Ottmanns, dass 
'cuntre d. d.' sich nur an dieser Stelle in 0 findet, während 
der 'alltägliche' Ausdruck noch einige Male vorkommt cf. 
1205. 1264. 1484* 3433* Mü. 3 , Gau. 7 bleiben bei 0, letzterer 
schreibt aber 'deiz' statt 'deie\ 

Z. 459* 0 muss nach V*V'Vn geändert werden: 'pur pour 
de morir' (cf. 828*); denn 'se tant ai de leisir' 0 ist ein 
deutlicher Lückenbüsser, anders Z. 141*. Durch die Lesart 
der üeberlieferung wird auch wirkungsvoll an Gueneluns Rede 
in Z. 290,1* erinnert Mü.', Gau. 7 bleiben bei 0. Im ersten 



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15 



Hemistich muss ebenfalls nach V* V 1 V mit Mü. 3 , Gau/ 4 jo' 
entfernt werden. Für den Roland war ja die Aussetzung des 
Personalpronomens als Subject noch nicht nothwendig ')• 

Z. 485 0 nimmt die Wirkung des Briefinhaltes vorweg, 
welche in passender Weise von der Ueberlieferung erst nach 
487 0 eingeführt wird; denn an eine Wirkung der vorauf- 
gehenden Bede Gueneluns kann hier nicht wohl gedacht 
werden, da Marsiliun's Zorn gegen Guenelun schon verraucht 
war. Statt 485 0 bieten V* VVndR folgende 2 Zeilen: 'Mar- 
silie8 sout assez d'arz e de livres, Escolers fut de la lei paie- 
nime\ Der Inhalt dieser Zeilen motivirt die Z. 487, wonach 
Marsilies sich zum Lesen keines Giere bedient, wie andere des 
Lesens unkundige Herrscher. Auch in anderen Chansons 
z. B. in den Lothringern, wird die Schulbildung der Helden 
ausdrücklich erwähnt Mü.\ Gau/ lesen wie 0. 

Es kann auch kein Zweifel an der Echtheit der 3 Zeilen 
obwalten, welche in V*VVndR hinter 487 0 folgen: Tlure 
des oilz, sa barbe blanche tire En piez se drece, a halte 
voiz escrie: Oez, seignur, cum mortel estultie', obwohl sie 
Mü. 9 und Gau. 7 ignoriren und Ottmann (p. 5) in höchst subjec- 
tiver Weise dagegen argumentirt; denn schon der Mangel jeder 
Einführung der Rede Marsiliuns in 0 deutet auf eine Lücke hin. 

Z. 495 scheint eine Gombinationsschwierigkeit vorzuliegen, 
indem gegen 'filz' 0 von VVV 'nies', von n 496, 'Algalif und 
von dB 2133 l öheim' geboten wird. Zunächst darf aus der 
Lesart von n und dB kein Schluss auf eine gemeinsame Vor- 
lage derselben gezogen werden; denn der deutsche Dichter 
kann 'öheim' gesetzt haben, weil er 'nevuld' seiner Vorlage 
falsch deutete, da ja im Mhd. ( neve ( bekanntlich = c 6heim' sein 
kann und auch umgekehrt 3 ); ausserdem war den Schreibern 
noch erinnerlich, dass der Algalif Z. 453 das Wort ergriffen 
hatte, um Guenelun gegen die unwürdige Behandlung von 



1) et H. Mor/, Wortstellung Im altft.Rol&ndsltede, Rom.Stnd. Hft. XI, 
202 Ä. — Morf bat bei Auswahl der Beispiele (p. 204) O allein benotet. 

2) et Mhd. Worterbach von Muller & Zarncke unter neve nnd öheim. 
Im Afr. resp. Prov. scheint 'nncles' nnd 'cnsins' öfter verwechselt zu wer- 
den, so im prov. Fierabras: 2472, 2612. (= fr. 2fil4, 2784) und im Ansels 
de Mes. 



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1« 



Seiten Marsilions in Schatz zu nehmen ; endlich war es jetzt 
der Algalif, dessen Auslieferung in dem von Karl an Marsi- 
lun gerichteten Briefe verlangt wurde (Z. 493) — was liegt 
näher, als dass der Algalif, welcher dies hdrt, persönlich für 
seine Sicherheit eintreten und sofort an Guenelun Rache neh- 
men will. Mit Berücksichtigung dieser Momente ist die 
irrige Darstellung von n und dR leicht erklärlich. Dass die 
Lesart O hier besser sei, als die von F*F'F kann ich Ott- 
mann (p. 5) nicht zugeben. Gerade eine Vergleichung von 
Z. 495 — 98. 860—72. 874 — 78 und besonders 1190 — 94 
lehrt mit Evidenz, dass der 'Neffe' Marsiliuns ein vorlauter, 
prahlerischer Gesell war (nicht ein 'Held', wie Ottmann glaubt), 
während Jurfalens, Marsiliuns Sohn, überhaupt eine mehr 
als secundäre Rolle spielt. 504 0 nimmt er an der Berathung 
Theil, ohne ein Wort zu reden, Z. 1 904 schlägt Roland ihm 
den Kopf ab. Mü. s , Gau. 7 bleiben bei 0. 

In Z. 495 O scheint schon 'apres 1 hinlänglich anzudeuten, 
dass einige Zeilen vorher ausgefallen sein müssen, welche 
V 4 V'Vn bieten. Weder Mü. 3 noch Gau. 7 haben sie. 

Z. 497: Tant ad erret' 0 muss mit Mü.', Gau/ in: Tant 
vos a dir nach V'V'V emendirt werden. 

Nach 505 O müssen mit V* V VndR 2 Zeilen ergänzt 
werden, obwohl keine stricte Uebereinstimmung betreffs der 
Namen in der Ueberlieferung herrscht. Mü.', Gau. 7 haben 
nichts. 

Z. 508 0 = 444 F 1 : (= t ameneiz') 'amene* in ei-Tir. Die 
Form des Imperativs von 'mener' kann in dieser Zeile nicht richtig 
sein, weil Z. 357 4 menez' in e-Tir. richtig gebraucht ist WV 
geben hier 'amenerois', was Rambeau (p. 24. 170) einsetzen 
will. Dagegen kann indessen zweierlei geltend gemacht werden: 
1) scheint n 496,12 durch sein ( fär J>ti eptir fionum' den Im- 
perativ in 0 zu stützen, doch kann durch zahlreiche Paral- 
lelstellen konstatirt werden, dass das Futurum statt des Im- 
perativ gebräuchlich war cf. 37*. 79*. 80*. 81* 250* 255* 
260* etc.; 2) ist fraglich, ob die ungekürzte Form 'amenerois' 
für 'amerroiz' zulässig sei da in Z. 3204* ( merrez' erscheint, 

!) cf. U. Freund, Ueber die Verbal flexion im AHfranzöstechen (Inang.- 
Disaert.). Marburg 1878. p. wo analoge Contrartionen aufgezählt werfen. 

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17 



eine Form, die sich bei genauerer Betrachtung unserer Zeile 
in der photographischen Wiedergabe von Stengel sogar auch 
patäographisch als möglich ergiebt und desshalb unbedenk- 
lich an unserer Stelle eingeführt werden kann. Ich lese dem- 
nach: ( Dist Palgalifes e vus Ti ammerreiz'; während MQ. 3 , 
Gau. 7 bei O bleiben, nur dass Mü.» 'Ii* liest, was Förster 
(Zeitschr. II, 167 zu Z. 9) durch ( lui' ersetzt sehen will. Da9. 
von OW gestützte Ti' (oder 'Ii') = 'illum ibi* ist zwar hart, 
liesse sich aber vielleicht in 'ci P ändern, worauf ( ca lo f V* 
führt. — Was die Aenderung 'Palgalifes' anlangt, welche Mü,* 
Gau? stillschweigend und Ottmann (p. 21) ausdrücklich miss- 
billigen, so ist sie als durch nV*VV gestützt, nicht zu um- 
gehen und darf nach der ganzen autoritativen Stellung des 
Algalifen bei Marsiliun auch nicht beanstandet werden cf. 453*. 
493*. 505* (wo V 4 Vf Vn den Algalif gegen 0 an erster Stelle 
nennen). Man beachte auch, dass Dönges 1 ) die nicht un- 
wahrscheinliche Vermuthung ausgesprochen hat, dass der Al- 
galif and Baligant ursprünglich eine und dieselbe Persön- 
lichkeit gewesen sei. 

Z. 608 und 509 0 sind ohne eine von V^JTVndR ge- 
botene Zeile: 'Li Sarrazins i 'st corruz ad espleit") logisch 
unvereinbar. Mü. 3 , Gau. 7 haben sie nicht, bessern aber, ohne 
sich dafür auf V*V zu berufen, Z. 509 1 den flexi vischen Fehler 
von OV 4 ; der Sinnfehler in 0 (Guenes = Nom.) wird durch 
V*VVn ohnehin beseitigt. 

Z. 511 0 ist dem Sinne nach höchst anfechtbar, denn 
'seinz dreit' ist ein ganz pleonastischer Zusatz zu ( tralsun'. 
Ottmann's Polemik gegen die Originalität von V*VV scheint 
mir sehr wenig gegründet. Falsch ist zunächst seine Auf- 
fassung von 'entrois- PF, wo er 'ois' für ursprüngliches 'eis' 
hält, was in diesen Hss. hätte 'eus' heissen müssen cf. Z. 612. 
Ich fasse 'entrois' nur als eine Entstellung von 'endroiz* und 
somit als Stütze für 'dreit' 0 ('in dreite' V A ). Ohne Zweifel 
muss aber mit V A V 1 V 'en' statt 'seinz' O gelesen werden, so dass 

1) E. Dönges, die Baligantepisode im Rolandsliede (Inang.-Dlssert). 
Marbnrg 1880. p. 47. Anm. 126. 

3) oder: ( l eurt a grant espleit*. 

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18 



der adverbiale Aasdruck 'en dreit' als gesichert erscheint 
und als Verstärkung von ( la' anzusehen ist, von dem er aus 
metrischen Gründen durch einige Wörter getrennt werden 
musste. 'La endreit' ist analog zu ( or en dreit' zu fassen. 
Mtt.\ Gau. 7 bleiben bei 0. 

Z. 515 O muss nach V i V 1 V(nd) gebessert werden trotz 
.Ottmanns Argumentation (a. a. 0. p. 6), wozu Belege aus 
unserem und gleichzeitigen Epen fehlen. Aus dem Rolands- 
liede folgt nur, dass Marder- und Zobelpelze gleich werth- 
voll erachtet wurden; denn Z. 3940 trägt der Kaiser selbst 
bei feierlicher Gelegenheit einen Marderpelz. Uebrigeis muss 
die Zeile 515 im Zusammenhang mit den beiden folgenden ge- 
bessert werden, da das hier einzusetzende Assonanzwort von 
0 erst Z. 517 geboten wird und dort einen vollständigen 
Widersinn ergiebt, wie derselbe recht deutlich aus der Art 
wie Gau. 7 übersetzt in die Augen springt. Es wird nämlich 
515 — 17 O zu lesen sein: 'Cez pelz de martre (V 4 VV) vus 
duins (Vi VV 4 ) pur amendise (VVO) | Plus (FO en valt 
Tors que ne funt eine cent livre | Hoi cest jur (P* cf. 2107*. 
2751*) primes (V*V cf. 2845 0) l'uevre (VV) est faite et 
complie'. 

Hinter 517 0 bieten schliesslich V* VndR die Elemente 
zu 2 weiteren Zeilen, welche zur bessern Veranschaulichung 
der Situation dienen und daher sehr wohl am Platze sind 
Diese beiden Zeilen mochten folgende Fassung gehabt haben: 
'AI col (V*V) le cunte les pent (F) Ii reis Marsilies (V*dB) 
| Pois Tad assis (F 4 n) delez Bei (n) suz Polive' (Fi). 

Z. 520 0 : 'saeez' in 6-Tir. = n 496,25: 'fcat skaltu viU' 
gegen 429 F 4 'G. cri por ver = G. por veir creez' F 7 F. Dass 
die Assonanz in 0 mit der Verbalform 'saeez' falsch ist, wird 
wohl allgemein zugegeben werden, auch darf man den Aus- 
druck von n nicht als Stütze für dieselbe Verbalform betrach- 
ten, da es eher für 'savrez' spricht. Nicht einmal den Ver- 
balbegriff als solchen kann n hier stützen, da es leicht selb- 
ständig 'glauben* durch 'wissen' ersetzen konnte. Vielmehr 
bieten F 4 F 7 F das Richtige, welche Lesart auch Mü.\ Gau. 7 in 
den Text einsetzen und wofür sie sich auch noch auf Z. 692 
0, wo V* ebenfalls 'cri por ver' liest, hätten berufen können. 



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19 



Einzelne Zeilen sind noth wendig hinter 521 0 nach V* ViVn 
mit Gau. 7 ; hinter 1977 0 nach V^VdBhV mit Gau. 7 , hinter 
2175 0 nach V*VVCn mit Gau. 7 ('AI vent le met, pur bien 
Ierefreidier'); hinter 2226 0 nach V*ßhL mit Gau. 7 Die bis ■ 
jetzt genannten Zeilen fehlen bei Mü.*. — Z. 1389 fehlt in 0 
und ist nach V*ßhVdR mit Mü. 3 , Gau. 7 einzufügen. 

Z. 526 0 hat eine Silbe zu wenig, die Mü. 3 , Gau. 7 durch 
Conjectur ergänzen, indem sie mit Anlehnung an die Paral- 
lelverse 541. 554: 'Tanz colps ad pris' lesen, doch ist 541 
unecht und die Ueberlieferung ersetzt mit grösster Ueberein- 
stimmung die ganze Zeile 526 durch: 'Hegnes cunquis, par 
sa grant poestef = V^V^VndB, gegen welche Lesart nichts ein- 
zuwenden ist cf. 3032*. 3408* (OF*P). 

Z. 528 0: 'osteier' in 6 -Tir. gegenüber 'reposer' V 4 V = 
'muothen und ruowen' dB 2237,8, obschon mit anders ausge- 
drücktem Gedanken. Mü. 3 schlägt mit Recht vor die Lesart 
von V+VdM zu adoptiren. — • Dieselbe Zeile wiederholt sich 
wörtlich in 543 0 (cf. Ramb. a. a. 0. p. 128) 556 0. Warum 
es nach Ottmann (p. 7) unmöglich sein soll, dass 529 0 = 
439 F* (nicht 438 V A wie Ottmann) auf die nach V^VdR 
reconstruirte Zeile 528 folgte, vermag ich nicht einzusehen, 
da der Gedanke 'Carl ist kein Derartiger' sehr wohl dahin 
ergänzt werden kann: 'dass er sich ausruhen wolle'. 

Z. 537 — 49 0 = 446 — 457 V* (= Tir, 42) fehlt sonst 
und stimmt bis auf die Assonanzwörter wörtlich mit Tir. 43 
tiberein. Mü. 3 , Gau. 7 behalten sie bei. Ueber ihre Unechtheit 
ist bereits gehandelt worden von Ottmann (p. 26) und Stengel 
(Lit. Bl. I germ. u. rom. Phil. No. 3). 

Nach 588 0 muss mit V 4 V^V eine Zeile: 'E vus aiez 
tute vostre ost bandie' eingeschaltet werden, weil Guenes 
bestimmt auf die 3 Kämpfe Marsiliuns hinweisen will. Genau 
ist diese Disposition nur in n erkennbar und beobachtet, cf. 
Ottmann p. 15. Mü. 3 , Gau. 7 haben nichts. 

Tir. 46 0 (Z. 596 ff.) ist nach V A V 1 Vn lt am unrechten 
Platze und gehört vor Tir. 45. Die Vorlage der gesammten 
Ueberlieferung. scheint allerdings bereits den Anfang von 
Tir. 46 verstümmelt geboten zu haben; denn es fehlt jede 
Andeutung, dass Marsilies eine neue Frage an Guenelun richtet 

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20 



und dieser ihm erwidert. Vielleicht lauteten die ersten Zei- 
len der Tir. 46 ursprünglich: 'Bei sire Guenes, dist Ii reis 
dites m'or, | Qui porreit faire que Rollant i fust morz [ Guenes 
respunt, sire 50 ferai jo | Lors perdra Carles le destre braz 
del cors | Si remeindreit sis merveillus esforz | Jamais en chief 
n'avreit corune d'or'. Bei diesem Wortlaut wäre es verständ- 
lich, warum Marsilies Guenelun küsst. Z. 580, deren zwei- 
tes Hemistich fehlt, wird wohl unter Anlehnung an n und 
an 'cummencet' 602 OV 4 zu ergänzen sein: 'Recummence Mar- 
silie\ da ja eine Pause in der Unterredung eingetreten war. 

Z. 600 ist statt 'Tere majur* 0 nach F*n 497, 10 : Trestute 
Espagne* zu lesen, was dem Sinne nach auch von WdR 
2466 bestätigt wird. Für die Richtigkeit dieser Aenderung 
spricht ferner, dass Tere majur' im Rol. Trankreich' bedeutet cf. 
518* 952*. 1489* 1616 (= V 4 ) 1784*. 1985 (Trance dulce' 
0 = l T. majur 1 F*). 907. Mü. 4 , Gau.'' bleiben bei 0. 

Z. 602 wird dem Sinne durch die Lesart 0 offenbar ge- 
schadet; man rouss daher mit WndB: 'comanda' statt 
'cumencet' OV* und mit Mü. 3 , Gau. 7 : 'uvrir' V^VVndR statt 
'venir' 0 lesen. 

Z. 603 f. sind in 0 verderbt und lauteten vielleicht: (603) 
'Co dist Marsilies, Guene (V 4 ) qu'en partum mais | (604) Cun- 
seilz n'est pruz dunt hum a Chief de trait (V^W 4 ) | Bei sire 
reis (in V 4 VV steht irrthümlich 'Guene* statt 'reis', wohl 
ein alter Fehler, welcher durch den schnellen Wechsel der 
Anrede entstand) dites que jo ferai, | (605) La mort Rollant 
me jurrez entresait (wie Gau. 7 ) | En rereguarde cum trover 
le porrai (V 4 V 1 V) | Desur ma lei vus jur quel combatrai 
(F* V 1 Vn) | E se ne muir, certes, jel tuerai' (F*n). Z. 603 
und 604 sind von Mü.' und Gau. 7 anders reconstruirt, 
604* trotz V 4 V l V nicht eingeführt, 605 1 von MO.* ohne 
Rücksicht auf V 4 V 1 V belassen, was Ottmann (p. 8) da- 
mit vertheidigt, dass Guenes den Tod Rolands nicht schwören 
könne, sondern nur seinen Verrath, doch ist eben Rolands 
Tod in Marsiliuns Meinung die nothwendige Consequenz des 
Verrathes, und ist daher dieselbe gleich selbst statt der Ur- 
sache genannt. Man vergleiche übrigens Z. 1457 0, was Ott- 
mann (p. 10) gegen V 4 C(P) vertheidigt. Ebenso hat sich Mü* bei 



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21 



Becoo8tructioD von 605 Ä nicht eng genug an VW ange- 
schlossen und 605 bc gar nicht eingeführt, während Gau. 7 für 
605** einfach die Lesart V 1 7 adoptirt 

Z. 610 'livre avant' 0 7 gegen 'livre grant' V 4 = n 498,, 
ist wohl nur als zufällige Uebereinstimmung zu betrachten; 
denn einmal steht in 0 'ant' von 'avant' auf Rasur, andrer- 
seits konnten leicjit mehrere Schreiber selbständig zu 'livre' 
das Adjectiv 'grant' hinzufügen. Da aber die Stellung ( L 
grant', wie sie 7* bietet und der Vers verlangen würde, an- 
stössig wäre (cf. Eichelmann p. 29), so wird die Lesart 7m 
abzuweisen sein. Mü. 3 , Gau. 7 bleiben desshalb mit Recht bei 0. 

Z. 612 lese ich statt 'Co ad juret' 0 mit Mü. 3 nach V*\ 
'Sur lui jurat' = 'desor eus' 7, 'iluec* V 1 und dB 3371, n 498*. 
Gau. 7 bleibt bei 0. 

Z. 642 0 muss durch 4 andere Zeilen nach V*V*Vn er- 
setzt werden, welche um so nöthiger sind, als 645 — 6 0 ge- 
strichen werden müssen, mithin die ganze Tirade 52 nur aus 3 
Zeilen bestehen würde. Ich schlage folgende Fassung der 4 Zeilen 
vor: 'Li reis (On) Marsilies (7 4 7*7n) apella (OFT 7 ) un 
paien (V 4 ) | Co fut (f"n) Valdins (7*7 7 n0), ses maistre tre- 
soriers') (7*0n) | En tute Espagne (F*7n) nest (7 4 7t) hom 
qui seit plus vieils (nV 1 ) | II Ii demande (7 4 n) cum avez 
(estes?) espleitiet' (7*7*). | Weder Mü/ noch Gau- 7 nehmen 
von dieser erweiterten Lesart der Ueberlieferung Notiz. 

Hinter Z. 655 führen Mü/, Gau. 7 nach V 4 TVdR 2727 
folgende Zeile ein : 'De meie part Ii livrez XX ostages', welche 
durchaus nothwendig erscheint, da doch die 'ostages' nicht in 
dem 'grant aveir' einbegriffen sein können; nur hätten Mü.', 
Gau. 7 au 8 entgegengesetzten Erwägungen die entsprechende 
ungesicherte Zeile 646 0 beseitigen sollen. Mü. 8 und 
Gau 7 behalten aber Z. 645 u. 646 bei, Gautier lässt ihnen 
gar noch 6 Zeilen nach 7 4 folgen, welche in der Fassung 
7« durchaus überflüssig sind, da ihr Inhalt in der fol- 
genden Tirade wiederkehrt, wie das schon Ottmann (p. 27) 



1} Statt 'tresorler* bietet V 'chamberlens' and dB 2707 : 'Kameraren' ; 
das letztere darf wohl alt freie Uebersetzung von 'tresorler', veranlasst durch 
Belmnoth, anfgefasst werden. 



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22 



andeutet Es ist aber zu beachten, dass die Fassung von V* 
in keiner Weise gestätzt ist, vielmehr aus F nur hervorgeht, 
dass Marsilies ähnliche Worte zu seinem Schatzmeister sagte, 
welche nach 643 O einzufügen wären. Doch sind dieselben 
zu sehr entstellt, als dass wir mehr, als die eine Zeile, welche 
auch V* bietet: 'Jamais niert jurs que ne vus duins del mien', 
welche sich jedoch nicht unmittelbar an 643 0 anschloss, re- 
construiren können. Ottmann hat Unrecht, den Zusatz von 
V* dem Verfasser von V* selbst zuzuschreiben; denn er konnte 
bereits in der Vorlage von OV* gestanden haben und von 0 be- 
seitigt sein, wie ja auch nach 549 0 Verse in P* stehen, 
welche in 0 fehlen, während offenbar die Vorlage von OV* 
sie hatte (cf. Stengel, Literaturblatt, Sp. 106). Wenn Ott- 
mann ferner die Benutzung einer Doppelvorlage seitens F* 
als erwiesen erachtet, weil V* 575 ( jur' liest, ebenso wie 
Vv zu 653 0, während es (V*) an letzterer Stelle mit 
0 'anz' biete, so übersieht er einmal, dass V*V ^jor' in 
ganz andrer Bedeutung verwenden; zum andern aber, dass 
575 P 'jor' als echt anzusehen ist, da es auch V 1 an jener 
Stelle bietet. 

Z. 662 0: 'Galne' in fe-Tir. gegenüber 'valente' P = 
'valence' V, während mitMü. 3 , Gau. 7 und wegen Z. 199*. 931* 
1291 4 Valterne'= K 7 * 499,, anzusetzen ist. Während aber 
Scholle (Zeitschrift IV, 9) hieraus auf eine gemeinsame Vor- 
lage von P und V schliessen will, könnte P aus Unkennt- 
nis von 'Valterne' 'valente' als Part Praes. eingeführt haben, 
während V selbständig das ihm bekannte 'Valence 1 einsetzte. 
Uebrigens ist nicht zu leugnen, dass V } wo es von seiner 
nächstverwandten Hs. P abweicht, öfter aus einer P nahestehen- 
den Nebenquelle geschöpft habe f ) (cf. Stengel, Literaturblatt 



1) Ebenso Ist wohl die Combtnation V*V zu 258 O (cf. Ottmann p. 2) 
zn betrachten, wo im Anschloss an Vn, ai6 OV* 207 OV* und 484* 
{OVV) wohl statt O (V*) zu lesen ist: ( Se 11 reis voelt, prez sni alge al 
palen', während V* mit V allein nothigen würden so lesen : *Mais jo Iral, 
se vns me l'otriez | £ seP reis voelt, car aler i puls mielz', also eine neoe 
Zelle einzuschieben nnd eine nähere Beziehung von V zun anzunehmen. Der 
zweite von Ottmann a. a. O. angeführte Fall 308 O dürfte hingegen anders 
aufzufassen sein. F T n haben hier selbständig den von OFVi gebotenen 



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28 



1880. Sp. 107). An unserer Stelle wird die Benutzung einer 
V* verwandten Nebenquelle für V noch dadurch wahrschein- 
licher, dass V zu 199* und 931* 0 ^alterne' kennt* was 
übrigens auch V* Z. 1291 zeigt und Z. 931* zu 'Valanterne' 
entstellt hat. 

Z. 664 würde ich statt 'cent anz' 0 nach V'V'Vn 499, 10 : 
*set anz 1 setzen. Mü.\ Gau. 7 lesen wie 0. 

Z. 698 ist statt 'co dist Ii reis' 0 besser nach V 4 VVn 
499,»: ( Carles respunt' zu lesen, weil Guenelun den Kaiser 
angeredet hat, cf. ad 243. Mü. 8 , Gau. 7 lesen wie 0. 

Von V*V*Vn wird nach 706 O eine weitere Zeile über- 
liefert, welche unter Berücksichtigung von 717 0 mit Mü. 3 , 
Gau. 7 zu ergänzen ist. 

Nach 722 0 ist eine Z. 837 ähnliche Zeile: 'Qu' entre ses 
puinz Ii est fraite e croissie' (V*V haben zwar 'brisee', doch 
darf dieses nicht in 'brisie' geändert werden, und hat V so- 
mit hier wie anderwärts aus der Vorlage von V* geschöpft) 
einzuschalten mit V*VVdR 3037, und Z. 723 nach V A V 7 V in 
'cuntre le cieF zu ändern. Mü.', Gau. 7 bleiben durchweg 
bei 0. 

Statt 727 0 bieten V'V'VdR 3069 f. folgende 3 Zeilen: 
( £n dous chaeines teneit un urs mult mal (cf. 2557*) | Si dure- 

Vera aasgelassen. Die Anrede mit 'tu', welche V 4 verlangt, stimmt zur 
sonstigen Anrede- Gueneluns an dieser Stelle, während die anpersönliche Er- 
widerung Rolands (314 0, übrigens nicht getützt! eher wäre die person- 
liche Anrede nach nW als gesichert zu betrachten) ganz im Einklang 
mit dessen sonstiger Sprache gegen Guenelnu steht. — Dagegen gehören z. 
B. hierher Z. 1803. 1807. 1984, in welchen Benutzung der Vorlage V 4 
seitens V» vorliegt, wahrend aus 1980 sich eine nahe Verwandtschaft von 
Fa zu O zu ergeben scheint. Ferner hat wohl auch P* ans der Vorlage von 
V 4 geschöpft, wie aas Z. 1979 and vielleicht auch ausZ. 1986 zu folgen scheint. 
Z. 1984 O (P») : 'Jamals niert hnm(e) kl tnn coro cautreuaillet' gegen V 4 ( Fa) : 
Taut mar veistes proece e vasselage', erglebt sich die Fehlerhaftigkeit der Les- 
art V 4 (ya) anmittelbar aus Tautologie mit der voraufgehenden gesicherten 
Zeile. — Z. 1980 O (Va): '11 sancs tuz clers' gegen V 4 (Pa): 'Ii sancs ver- 
meils* ist letztere Lesart als gesichert zu betrachten, weil sie auch von V 7 
geboten wird. Schliesslich steht 1979 O(Fa): 'Teint fut (l'a) e pers' als 
bessere Lesart der von V* (P*) gebotenen: 'Tot le vit teint' entgegen 
(vgl. Fler. pr. 1962, Ar. 1928). Z. 1103, wo V 4 Fa ein richtiges Assonanz- 
wort gegen 0 V P) bieten, hat Rambeau (p. 23) erledigt, nur sind dort V 
und F» zu vertauschen. 

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24 



ment Ii morst el destre braz, | Que jusqu' a Tos Ii a trenchiet 
la char.' Mü.\ Gau. 7 bleiben bei 0, Gau. 7 fügt nur Z. 727 b 
ein. 

Z. 734 0 ist hier im Hinblick auf die zwei späteren 
Träume als eine ungehörige Zwischenbemerkung anzusehen. 
W haben aber am Schluss der Tirade etwas ähnliches, wess- 
halb die Zeile nicht beseitigt werden kann; sie bestätigt in- 
dessen die Ansicht von Dönges (Anmkg. 65), wonach dieser 
ganze zweite Traum erst nachträglich den Z. 2556 ff. nachge- 
bildet sein soll. 

Z. 761 —65 0 (Tir. 61) fehlen sonst und stehen, wie 
Mtt.' mit Recht bemerkt, im Widerspruch mit Rolands Cha- 
racter, insbesondere mit dessen Auftreten in der vorher- 
gehenden Tirade, vgl. z. B. 762 mit 753 0. Die Zeilen sind 
also Zusatz von 0. Gau. 7 glaubt dagegen, sie gehörten ur- 
sprünglich nach 750 0, als Schluss der Tir. 59. 

Hinter 791 0 scheint nach V*ßndR eine ganze Tirade zu 
fehlen. Sie enthält die ausführliche Beschreibung davon, wie 
sieb Roland auf einem Hügel rüstet Gau. 7 fügt sie ein, 
während Mü* und Ottmann (p. 26) ihre Echtheit bestreiten, 
wobei letzterer hauptsächlich geltend macht, dass es sehr un- 
klug von Roland gewesen wäre, nicht gerüstet zu sein, da 
noch keine Nachhut für das französische Heer bestellt ge- 
wesen wäre. Nach Mü. 3 hingegen ist die Waffnung hinreichend 
durch 792 0 angedeutet Der ursprüngliche Text ist hier von der 
Ueberlieferung zu sehr entstellt, um mit Sicherheit hergestellt 
werden zu können; doch dürfte P*n ihn im Ganzen getreu 
wiedergeben , nur ist Z. 726 V* nach 728 zu rücken und V* 
überhaupt mehrfach mit Hilfe von nViVC zu bessern, was 
Gau. 7 nicht beachtet hat 

Nach 796 0 ist mit V*VVn der Ausfall einer Zeile mit 
den Namen Ive et Ivorie' zu konstatiren, welche auch Z. 2406* 
vorkommen. Mü. 3 , Gau. 7 fügen sie ein. 

Z. 798 a 0 muss durch 4 li Gascuinz Engeliers' nach F*F» 
VCn 501, IO dB 3267 mit Mü. 1 , Gau. 7 ersetzt werden, et 1503* 
1289* 2407*. 1494* 

Z. 824 1 0 verlangen V*VVC n 501,* die Einfügung von 
'que'. Mü. 8 , Gau. 7 nehmen es nicht auf. 



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25 



Z. 825 0 ist eine Reminiscenz von 773*; 1195 O von 597*, 
1203, 1272, 1286; 1497 0 von 1249 0 (wo jedoch wohl als 
zweites Hem. zu lesen ist 'e fait sun colp brandir' cf. 1509. 1957. 
3929. Mü.\ Gau. 7 ändern 'mort' in 'molt', doch findet sich 
letzteres nicht hei 'brandir', welches durch C an unserer 
Stelle gesichert ist Z. 1203 0 meinte der Schreiber wohl 
auch ( fait Ii brandir sun colp', eine ähnliche Verwechselung 
et 866); endlich ist 2565 0 nur Reminiscenz von 2236*. Mü. 8 , 
Gau. 7 behalten sämmtliche Zeilen, obwohl nur 0 sie bietet, 
bei, doch setzt Mü. 8 2565 in []. 

Z. 837 ist für 'depecout' 0 mit V 4 ß: 'debrisoit' = 'braut 
i sundr' n 502,, zu lesen cf. 1359* 3386*. 1200. 1205. 2313*. 
2340*. Mü. 3 , Gau 7 bleiben bei 0. 

Der Umstand, dass V 4 die beiden Zeilen 838 — 9 0 durch 
drei ausdrückt, die zweite mit derselben fehlerhaften Assonanz 
wie 838 0, während die zwei anderen richtige Assonanzwörter 
aufweisen, und ferner der Umstand, dass V'V Elemente von 
838 0 uad Anklänge an entweder 839 0 oder V A bieten, lässt 
vermuthen, dass die erste und dritte Zeile von V die alte 
Lesart am getreusten refleettrt, welche etwa lautete: 11 a 
jugiet mun nevud en Espaigne | Entre tel gent qui guaire ne 
l'ename' 

Z. 845 ist *en ad oud' 0 zu ändern in 'en a pris V* VC 
n 502„ ('hefir J»egit')« Mü. 3 , Gau. 7 bleiben bei 0, doch vgl. 
man 876* 3059*. 3210. 

Ueber 865 0 verweise ich auf Stengers Ausführungen im 
Lit-Blatt für germ. u. rom. Phil. No. 3, p. 106 l 

Z. 866 1 0 ist nach V'WnhV analog zu 876*. 3210* 
zu bessern, während die Variante im Hem. II. 'cef V* = 'hals 1 
(höfad B, b) n 503,3 gegen 'slah' h V 40 = dB 3555 = 'colps' 
P (cf. 1203, wo 0 eine gleiche Verwechselung hat) als ein 
Versehen zu betrachten sein wird, cf. 1948, wo 0 'cor statt 
'colp' (7*) bietet und 3200*. Mü.*, Gau. 7 bleiben ganz bei 0. 

Z. 870 muss statt 'porz d'espaigne' 0 mit Mü. 3 , Gau. 7 nach 
V V YdB 3609 : *porz d' Aspro' gelesen werden. 'Porz d'espaigne' 
findet sich noch 1103 0 fälschlich in einer a..e-Tir., wo 



1) c£ Grober'« Zeitschrift III, 443. 



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26 



nach Vv 'p. d'Aspre' zu lesen ist; ferner 824 (= V 4 ) and 
1152* Für dieselbe Sache wird auch gebraucht 'porz de 
sizer' 583 0 (=V*), 719 (= V% 2939 (= F 4 ). An unserer Stelle 
spricht noch für die Richtigkeit der von 0 abweichenden Les- 
art, dass 'tute Espaigne' der voraufgehenden Zeile dadurch 
als zwischen den & porz d'Aspre' und 'Durestant' liegend näher 
bestimmt wird. 

Z. 877 mu88 für 'XII de vos baruns* On 503, 10 , 7*7 61* 
nach V*V 7 V mit Mü. s , Gau 7 : ( XI d v. b.' gesetzt werden, was 
sachlich allein richtig sein kann. Doch ist der gemeinsame 
Irrthum von Onh bei dem häufigen Gebrauch der Zahl 'zwölf 
im RoL zu leicht begreiflich, um darum eine gemeinsame 
Vorlage annehmen zu müssen. 

Z. 834 1 0 ist nach V'VvOn 503, u zu ändern in Tuit 
sunt jugiet\ Mü.*, Gau. 7 thun es nicht. 

Z. 889 0: 'brigant' in a-Tir. kann nicht richtig sein. 
V 4 ß,ndh bieten sämmtlich mehr oder weniger abweichende 
Formen des ursprünglichen Namens 'BrigaT, welchen Mü.% 
Gau. 7 unter Bezugnahme auf Z. 1261 mit Recht einsetzen. 
Interessant ist zu beobachten, dass 7* an beiden Stellen 
'BorgaT liest (cf. Ramb. p. 24. 87). 

Z. 894 muss für 'Balaguez' 0 nach V*ßn 504, i, mit 
Mü. 3 , Gau. 7 'Balaguer' gelesen werden (cf. 63. 200*). 

Hinter 907 0 (dessen erstes Hemistich mit VtV zu än- 
dern sein wird: 'Remaindra nos\ während Mü. 9 , Gau. 7 nur 'ai 1 
von 0 unterdrücken) bieten V*ßn AJB34,5 eine weitere Zeile: 
'Encor avrum France dulce a regner' ('regner' kommt als 
Verb im RoL freilich nicht vor, also vielleicht trotz V* kB 
eher: 'de France le regnet'). Mü. 8 , Gau. 7 haben sie nicht. 

Z. 913 1 0 fehlt eine Silbe, welche nach V*VCn 504,i6ÄF 
157 durch Ergänzung von 'humes' erlangt wird. Mü.', Gaa.' 
bedienen sich dieser Emendation nicht, sondern lesen mit Be- 
rufung auf Z. 1041. 3039: 'XX mille sunt', während G. Paris 
(Rom II, 106) 'XX mille d'humes' vorschlug. Ans einer Ver- 
gleichung folgender gesicherter Stellen ergiebt sich G.Paria 9 
Vorschlag jedoch als unstatthaft, indem nach 'mille' niemals 
ein 'de' folgt; cf. 13. 410. 842. 548. 561. 565. 587. 682. 
1041. 1454. 2728. 2907. 2932. 3039. 3046. 3063. 3085. 3124. 



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27 



3461. 3053. 3070. 3078. 3219. 3402. 3530. 2578. — Id zwei 
Zeilen (3019. 3196), wo von 0 'de' geboten wird, weist* es die 
Ueberlieferung zurück. Der allerdings anstössige Hiat muss 
für den Hol. zagegeben werden, wie das eine einschlägige 
Untersuchung von B. Schneider zeigen wird. 

Z. 915 ist statt ( ne se pieignet' 0 mit Mü. 3 , Gau. 7 nach 
Vtßn 504,i7: 4 ne s'en plaigne' zu setzen (cf. 834* 2915*). 

I. 930' möchte ich mit Rücksicht auf 599\ 2684*. 3236* 
3538* 3639 'Jamais en Chief, nach V*Vn 503,28 zu lesen 
vorschlagen. Jdü. 3 liest 'teste' statt 'chief , während Gau. 7 bei 
0 bleibt. 

Z. 932 a ist nach V*V (V 7 )n 505 A zu ändern in: Riehes 
hom de sa tere'. Mü. 3 , Gau. 7 bleiben bei 0. 

Z. 958—9 0, die Mü. 3 unverändert beibehält, haben nach 
Vßn 505, w etwa folgenden Wortlaut: 'Femme nel veit, qui 
vers loi n'esclargiet, | U voeille u nun, qui n'a talent de rire'. 
Zu 959 1 vgl. 1419. 2168*. 2043*. 1626 (= V 4 ) 2220*. 3170*. 
Gau/ emendirt auch, hält sich aber nicht streng genug an 
die Ueberlieferung. 

Z. 975 0 ist 'munigre' in ei..e-Tir. entschieden falsch ; 
kann aber gelehrte Schreibart für gesprochenes 'Muneigre' 
sein. Diese Schreibart stammt aus der Vorlage der geaamm- 
ten Ueberlieferung, da ( nigre' in allen Texten wiederkehrt 
(Seholle, Zeitschr. IV, 15 irrt, wenn er 'valneire' als Schreib- 
art von V*n angiebt). 'Muneigre' geht nun, wie Ottmann 
(p. 19) annimmt, auf 'Monegros' zurück und musste als Lehn- 
wort vokalische Stütze erhalten. Später nahmen einige 
Schreiber an Munigre' Anstoss, da sie, die etymologische Be- 
deutung des Wortes erkennend, dasselbe als französisches 
Assonanzwort in ei . . e-Tir. für unrichtig hielten, weil es 
ihrer Auffassung nach 'muneir' lauten musste. Sie ersetzten 
daher ,munigre' durch 'valnigre = 'Valneire'. So verfuhren 
unabhängig von einander der Schreiber von V* und von tu 
Es lag übrigens bei dieser Au&tssung um so näher 'munigre' 
als einfache Entstellung von 'Valneire 9 anzusehen, da man 
letzteres als Synonym von 'Valterne' auffassen konnte, welches 
Wort in der That Hs. b von n eingesetzt hat 1 )* Ich löse also 

1) Man vgl. auch 'Valnigra' Fierabraccia IV2 8,7 und 'Valnoble' fr. 
Fier. 5871, ferner 'Montcler» st. 'Valuler' Hs. 1632 zu Euf. Ogter 514. 

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28 



die Combinationsschwierigkeit obiger Zeile im entgegenge- 
setzten Sinne wie Rambeau, Mü.' und Gau. 7 Ganz abwt- 
weisen ist Scholiens Zeitschr. IV, 15 wiederholte Vermuthang, 
dass Tir. 78 und 79 ursprünglich zusammen eine i . . e-Tir. 
gebildet hätten (cf. Ramb. p. 169). Interessant ist der vor- 
liegende Fall besonders desshalb, weil er zur Annahme einer 
geschriebenen Vorlage der gesammten Rolandsüberlieferung 
führt, ebenso sprechen dafür andere alte Fehler, so 2158 O: 
'desmailliet' = 7 4 F7£, welches durch Gonjectur in C und 
weniger glücklich in P beseitigt ist, vgl. auch 604*. Doch rnuss 
mansich vorsehen, überall, wo die Ueberlieferung unklar ist, alte 
Fehler wittern zu wollen, wie das Müller zu thun geneigt ist Nur 
dann, wenn, wie in obigen Fällen, Vertreter von wenigstens 
zwei sonst unabhängigen Redactionen ausdrücklich schwerwie- 
gende Fehler gemeinsam aufweisen, sind wir berechtigt, die- 
selben als der alten Vorlage entstammend anzunehmen. 

Z. 979 0 : 'esteit' in ei . . e-Tir. gegen 4 se sevre F 4 = 
'dessevrer' V,n 506, 7 : ( A fcvi landi er hann er foeddr.' Hfl.* 
conjicirt : 'humes esfreiet', was jedenfalls mit Rücksicht auf die 
Verse 1977*- 2009* 3467* der von V*V 7 bezeugten Lesart 
weichen muss. Rambeau (p. 169 f.) hält sie auch für wahr- 
scheinlich und Gau. 7 setzt sogar die unveränderte Lesart von 
V* in den Text, wiewohl dadurch der Zusammenhang ganz 
unverständlich wird. Ich vermuthe folgende ursprüngliche 
Lesart: 'En cel (cf. On) pais (cf. V'V'C) dunt (cf. OOn) Ii 
buns (cf. V'VV 4 ) cuens (cf. V 7 ) 6e sevre'; woraus hervorgeht, 
dass hier nicht, wie Ottmann (p. 3) und Scholle (Zeitsdlr. 
IV, 21) annehmen, On zusammen gegen V*ß stehen. 

Z. 990 1 ist die in 0 fehlende Silbe mit Mü.', Gau. 7 nach 
V*V 7 n 506,u und hB 47 durch 'per' zu ergänzen. 

Z. 1005 ist statt 'est' 0 mit Gau. 7 nach V'V'VhB 77 und 
wegen *virent' der folgenden Zeile ft fu' zu setzen. Mü. s thut 
es nicht. 

Z. 1009 0 fehlt in sämmtlicben anderen Hss. und kann 
demnach entbehrt werden. Der Vers ist ausserdem wegen 
der Härte der Gäsur anstössig, welche durch die Emendation 
Mü. 3 , Gau. 7 'ester' statt 'estre' nicht gehoben wird; 'Estre* 



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29 



würde übrigens sonst wohl ebenso am Platze sein cf. 332 0. 
2929 OF\ 

Z. 1017 0: 'haut muntez' in ö-Tir. entschieden verderbt, 
übrigens von jüngerer Hand wohl mit Anlehnung an 1028 
auf Rasur nachgetragen. V* hat 'altor^'alcor' FT^autor' 
C= 4 h«d einni' n 506,ift. Daher ist mit Mü.', Gau. 7 nach 
V A ß 'halcur' als Assonanzwort einzuführen, zumal dasselbe 
3698 O belegt ist (cf. Hamb. p. 196. 204). 

Z. 1021 ist 'bruur' O mit Mü. 3 nach V*V 7 C in 'brunur' 
zu bessern, was V in 'bondor' entsteint hat. Gau. 7 bleibt 
bei 0. 

Z. 1024 0: 'traitur* in ö-Tir. wäre als Wort selbst un- 
anfechtbar; doch verlangt der Sinn, die Grammatik und der 
Parallel vers 844* die Lesart von V* 4 traisor' = 'tralsunF'FC 
= 'hefir fyriraetlat' n 506,2». Die Anfrage Mussafia's 
(Zeitschr. IV, 105 Anmkg. 3), ob es nicht anginge ie felon 
traitor' zu lesen, ist doch wohl durch die klare Hss. Combi- 
nation erledigt Dass dadurch die Mischung zwischen reinem 
und nasalem o vermehrt wird, kann keine Bedenken wach- 
rufen, da dieselbe im Roland nicht zu leugnen ist (cf. Ramb. 
p. 182—205). Ob mit Mü.' ( ad faite tralsun' oder mit Gau. 7 
'ad feit la tralsun' oder nach Z. 844*: ( en ad feit traXsun' 
zu setzen sein wird, ist hier nebensächlich; doch scheint das 
letztere allein gestützt, da auch 1820 0 weder die Rection 
des Particips, noch der Artikel gesichert ist; denn 0V l ver- 
langen Rection, C den Artikel, während V'VPL fehlen: man 
könnte daher auch ( il a fait tralsun' conjiciren. Die von 
Mussafia angezogenen Stellen 178. 3748 fehlen in der Ueber- 
lieferung, während der Mangel der Rection des Particips und 
des Artikels nach 844* erlaubt ist. 

Statt 0 Tir. 84—6 (Z. 1049—1081) mit den Assonanzen 
auf : 6 , e an haben die andern Hss. 

folgende Tir. auf 

V*: 6, (— ) an + 6e 

Vi: 6, V, ?, an ? ? 

V: 6, an, 6e, V, (ez), (— ) + 6e + er 
P:(-) V, (ez), (-) + 6e + er 

C:(-) V,(ez), + & ? 

w: 6, e, (— ) 4- 6e 

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30 



Vi fehlt in C. Hofmann's Copie, auf welcher Stengel's 
mir verliegende Abschrift beruht, hier leider bis auf die 6* und 
an-Tir. Ich kann daher die Angabe in Müller's Anmkg. zu Z. 
1059, was Vi anlangt, nicht controlliren, doch ging wohl 
auch hier wie in 0 der an-Tir. eine 6-Tir. vorauf, welche 
nicht, wie Mü/ a. a. 0. angiebt, in VPC fehlt; wohl aber 
fehlt, was Mü. 3 nicht sagt in PC die an-Tir. Eine Umstel- 
lung hat, wie aus obiger Zusammenstellung ersichtlich ist, 
in der Ueberlieferüng nicht stattgefunden, vielmehr eine Kür- 
zung der vier Tiraden zu drei (resp. zwei), so dass in 0 die 
6e-, P» die 6-, n die an-, PC die 6- und an-Tir. fehlen und {y*)V 
nicht nur alle 4 Tir. bieten, sondern ebenso wie P (C hat 
hier eine willkürliche Lücke) noch eine fünfte, aus der an-Tir. 
fabricirte auf den Reim 'er' hinter der 6e-Tir. anfügen. Nur 
V nahm die in seiner Vorlage nach der 6-Tir. stehende an- 
Tir. heraus und setzte sie eigenmächtig unmittelbar nach der 6- 
Tir. (was sich schon daraus ergiebt, dass 7fttr diese an-Tirade kei- 
nen assonirenden, sondern einen mit V 1 wörtlich übereinstimmen- 
den Text bietet), Hess dann aber hinterher einen assonirenden 
Doppeltext der ass. 6e-Tir. folgen, während die reimende 6e-Tir., 
wie in ganz/9, erst auf die 6-Tir. nach einem voraufgehenden langen 
Einschub hinter der reimenden 6- und an-Tir. hinterherfolgt 
Die in 0 fehlende assonirende 6e-Tir. mochte folgenden der 
Fassung V* nahestehenden Wortlaut gehabt haben: t Cum- 
paign Rollant, car sunez la mesl6e | Si Torra Carles de France 
l'emperere | Socorrat nus en l'estrange cuntree | Respunt Rol- 
lant, ne placet deu le pere | Ne Marien, la sue dulce mere | Ainz 
i ferrai de Durendal m'espee | Que tresqu'al puign en iert 
ensanglent6e | Fellun paien, mar virent la jornee | Mielz voitt 
morir que France en seit blasm6e\ Diese Schlusszeile wird 
durch die Antwort Oliviers 1082 als echt ausdrücklich be- 
zeugt. 

Müller'8 Angabe in den 'Nachträgen', dass PViVC aus 
der 6-Tir. nur zu Z. 1065 — 69 entsprechende Zeilen böten, 
und dass die voraufgehenden Zeilen ihrer ez-Tir. der assoni- 
renden 6-Tir. entsprächen, trifft nicht zu; denn P 1639—45 
und die genau entsprechenden Stellen in VC {Vi fehlt mir 
ja leider) decken sich weit eher mit 1059 — 62 0, als mit 



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31 



1051—53 Oy abgesehen davon, dass ja in V*V ein der 6-Tir. 
entsprechender Text^ allerdings an weit früherer Stelle, er- 
halten ist, welcher in P mit dem Anfang verloren ging und 
in C zugleich mit einer Anzahl anderer Tiraden ausgelassen wor- 
den ist. Wollen wir daher für den ursprünglichen Roh, wie auch 
mir wahrscheinlich zu sein scheint, nur drei Aufforderungen und 
drei Antworten Oliviers und Rolands zugeben, so wird gerade 
die 6e - Tir. aufrechtzuerhalten und die 6-Tir. als Werk des 
Interpolators der Baligantepisode aufzufassen sein. Der Inter- 
polator hat übrigens auch die 6-Tir. bedeutend erweitert ; denn 
F 4 , V 7 i ÜR 3066, hL 6 — 8, hV205fi nöthigen statt 1052 0 
zu lesen : 'Si l'orrat Garles qui est passant as porz (cf. 1071. 
1752°) | Je vus plevis que retornerat s'ost (cf. 1072) | Soccor- 
rat nus, e il e ses esforz' (cf. 1061). Mir scheint njir die erste 
dieser Zeilen ursprünglich echt Durch Streichung von 1059 
bis 69 o und Kürzung der an-Tir. (1074, 1076, 1078—80 0 
sind zu streichen, zumal dadurch die an-Tir. rein wird), wie 
der vorstehenden 6e-Tir. (in welcher die drei dem letzten Vers 
voraufgehenden Zeilen als späterer Reimzusatz erkenntlich 
sind, und in welcher Z. 2 und 3 zusammen ursprünglich lau- 
ten mochten: 'Soccorrat nus de France l'emperere', wird eine 
wirksame Steigerung erzielt und jede unnütze Wiederholung 
vermieden. Olivier fordert Roland auf l le cor, l'olifant, la 
menfe' zu blasen; — Roland erwidert: ich würde thöricht 
handeln, nicht gefalle es Gott, nicht gefalle es Gott und der 
Jungfrau Maria. 

Z. 1074 0 muss nach V 4 ß gegen Mü. 3 , Gau. 7 gestrichen, und 
die folgende Zeile in: 'Que pur paien ja seie jocomant'mitGau.? 
geändert werden, wodurch die Schwierigkeit, welche Mü.» 
darin findet, *ne' von Z. 1075 0 mit unserm Verse in Zu- 
sammenhang zu bringen, gehoben wird, und seine für den 
Kol. anstössige Emendation sich als unnöthig erweist. 

Z. 1080' ändere ich nach V 4 ß: ( se deu piaist vassalment'. 
Gegen Ottmann's Argument (p. 9) braucht man nur auf 868*. 
1336. 3108* hinzuweisen. Mü. 3 , Gau. 7 bleiben bei 0. 

Z. 1152 lese ich statt 'passet' 0 nach V*ßn 508,n, 
'entrez* cf. 365. 747. 2709.* 2855 ('cfotrez V*P statt 'venuz 1 



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32 



0, was die Assonanz verletzt), während Mü.*, Gau.* bei 0 
bleiben. 

Z 1215 ist statt 'datliun balbiun' 0 mit Vm 509,n: 
'Dathan et Albirun' zu lesen, was Mtt.' thut. Die Lesart von 
ß und dB 4218: 'Dathau e Abiron 9 bestätigt die Richtigkeit 
von V 4 w; doch haben dB und ß hier unabhängig von ein- 
ander 'Albirun' in 'Abiron* verändert. 'Abiron' in den Text 
zu setzen, wie Gau.? nach G6nin thut, ist unzulässig, da ja 
auch 'baZbiun 1 0 für 'Albirun* spricht. 

Z. 1261 ist statt 'Engelers' 0 wegen 174. 1289. 1575* 
1580* 1379,80* 2186* und nach ßn 510,*, dB 4495, hL, 
hV mit Mü.*, Gauj: 'Gerins' zu lesen, weil dieser der Waffen- 
gefährte 'Gerers' ist. 

Z. 1297 ist 'Gualter* 0 sachlich unmöglich, obwohl schein- 
bar von Hs. a in n gestützt, während jedoch B,b besser 
'Hatun' bieten. Es ist jedenfalls mit Mü.\ Gau.* nach VY 
'Otes' herzustellen = 'Astolfo' V\ 'Hatte' dB 4852. 

Z. 1327 ist 4 cors ; 0 nach V*nhV 520 in 'chief zu än- 
dern, während dB 5063 'beim' bat. Mü. 3 , Gau.? conjiciren 
'coife\ 

Z. 1353 0 fehlt dem zweiten Hemistich eine Silbe, weil 
0 'Malun' statt 'Malsardn' dB 5562 = 'Massaron' n w = t Man- 
cheroene' hV 527 gesetzt hat. Die Combinationsschwierigkeit, 
welche in V< 'Falsiron' = 'Fauseron' TVCL vorzuliegen 
scheint, muss als zufällige angesehen werden, weil sachlich 
diese Lesart unmöglich ist, denn 'Falsarun' ist schon 1213—30 
getödtet worden. Wenn die richtige Form des Namens 'Mal- 
sarun' = dBnhV war, wie auch Mü.*, Gau. 7 und Rambean 
(p. 25) annehmen, so lag es, da dieser Name sonst nicht 
mehr vorkommt, flüchtigen Schreibern nahe, ihn mit dem be- 
reits zwei Mal dagewesenen und fast gleichklingenden Namen 
'Falsarun' (879*. 1213*) zu verwechseln. 

Z. 1372 ist mit ßn: 'trenchet Ii reime' (et Z. 2572) zu 
verbessern und mit CV*n 51 1 ,23 zur Ergänzung des zweiten Hem. 
l la' einzufügen. Wegen des ersten Hemistichs cfr. 1326 0 und 
Z. 1995, wo zu lesen sein wird: 'Sil fiert (OV) sur (OPLCV 



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33 



gegen 4 en' F 4 7) reime (OVVL) 1 ) qui ad or est gemmez' 
{PLV<V et 1373. 2288. 2500). Dagegen erscheint 1602. 
3250 0 Hiat, doch ist die Lesart nicht gesichert. 

Z. 1386,7 0 fehlen sonst und bilden einen massigen Zu- 
satz. Die erste Zeile besteht noch dazu fast aus lauter Flick- 
wörtern; gleichwohl behalten sie Mü.*, Gau. 7 bei. 

Z. 1411 0 muss wegen des falschen Assonanz - Wortes 
'esperance' in en . . e-Tir. (cf. Hamb. p. 52) als unechter 
Zusatz beseitigt werden, da die Zeile ausserdem in allen an- 
deren Hss. fehlt und da dem Verständniss und dem Zu- 
sammenhange von Tit. III und 112 durch ihre Auslassung 
nicht im Geringsten geschadet wird. Mü. 3 behält die Zeile 
unverändert in seinem Text bei, während Gau. 7 'espairnance' 
statt 'esperance' 0 conjicirt. 

Nach 1437 0 konstatiren die Hss. V*ßn eine grössere 
Lücke von 3 Tiraden, welche sich zugleich als eine Verletzung 
des zu Z. 1320 f. 1396 f. und 1412 f. bestehenden Parallelis- 
mus herausstellt Auch MO.' glaubt, dass ein Theil dieser 
3 Tiraden dem Original angehörte; Gau.' bietet eine in man- 
cher Hinsicht anfechtbare Reconstruction derselben. 

Z. 1447 0 fehlt überall und darf als unnöthiger Zusatz 
angesehen werden. Mü. 3 , Gau. 7 behalten ihn bei. 

Hinter 1448 0 folgen nach V*FCL TVdB zwei Tiraden; 
Mü. 3 meint, dass etwas Aehnliches dem Original angehört 
habe; Gau. 7 fügt sie ein. 

Z. 1469 ist für 'regretent' 0 mit Gau. 7 nach Y 4 CP£Ä 7 543 
'reclaiment' zu setzen cf. 2886. Mü. 3 bleibt bei 0. 

Z. 1488 ist statt 'espee' 0 nach V 4 ß und mit Bezug auf 
629* mit Mü. 3 gegen Gau 7 'elme' zu lesen. 

Z. 1505 ist für 'duinst' 0 nach V'ßnhV 591,2 'laist' zu 
setzen. Mü. 3 , Gau. 7 lesen wie 0. 

Z. 1534 lese ich statt 'des arguns' 0 nach V 4 Cn 514,n: 
( al sablun'. Ebenso wird man 1229 zu emendiren haben. 
Mü 5 ., Gau. 7 bleiben in beiden Fällen bei 0. 

1) Wegen Elision des Artikels vor *elme* cf. B. Schneider in seiner 
demnächst erscheinenden Arbeit über die Flexion der Substantivs im Afir. 

3 

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84 



Z. 1541 muss statt 'Ii bers' nach V*ßn mit Mft.% Gau. 9 
( le paien' gesetzt werden. 

Nach 1559 0 ist mit V*ßn eine Zeile: Tieine sa banste 
el camp Tad abatut' zu ergänzen, die zu 1534. 1498. 1295*. 
1287*. 1273* 1250*. 1239. 1204 parallel ist. M<1\ Gau. 7 haben 
sie nicht. 

Z. 1615 fehlt in O und muss nach 7 4 Pn" mit Hü 3 , 
Gau. 7 eingeführt werden. 

Mit den Tir. 127 und 128 (Z. 1628 ff.) beginnt, wie n'° 
ausdrücklich hinzufügt, der dritte Kampf des Marsiliun gegen 
die französische Nachhut unter Rolands Führung, so dass die 
Anordnung von 0, nach welcher diese zwei Tiraden mitten 
in den zweiten Kampf hineingeschoben werden, zu verwerfen 
und die von V'V'VPn mit Mü 3 , Gau. 7 zu adoptiren ist 
Ebenso muss ferner mit Mü. Ä , Gau. 7 . Tir. 125 vor 126 O ge- 
rückt werden. 

Z. 1556 0 = V 4 mit einer überschüssigen Silbe im I. He» 
mistich, fehlt zwar in der anderen Ueberlieferung, darf aber 
darum schwerlich beseitigt werden. Freilich ist der Vers in 
der Fassung OV* nicht aufrecht zu erhalten; die Emendation 
von Mü. 6 , Gau. 7 ist jedoch bedenklich, einmal weil 'oreille' da- 
nach neutraler Plural wäre, welcher Gebrauch erst nachge- 
wiesen werden müsste cf. 732. 1918. 2260, andrerseits weil 
der Artikel auch vor den anderen Substantiven dieser Stelle 
steht und dort beibehalten werden muss. Ich schlage dess 
halb zu lesen vor: Tetit le cbief e les oreilles falves'. 

Z. 1705 ist 'vergoigne* 0 nach V'ßn 517,2 und mit Be- 
zug auf 1082* 1346*. 1718*. 681. 1063* 1174*. 1546 durch 
'blasme' zu ersetzen. Mü. 8 , Gau. 7 behalten die Lesart von O bei 

Z. 1741 ist ( cuntraliez' 0 mit Gau. 7 durch 'curruciez' 
nach Vßn 517,19 zu ersetzen; denn 'cuntralier' kommt erat 
1737* vor, wo es Mü. 8 auch in der Form 'cuntrarier' hat 

Hinter 1752 zeigt O nach VTVPC eine Lücke von einer 
Tirade. Sie enthält die Aufforderung Türpins, Roland zum 
Blasen seines Hornes zu bewegen. Die gegen ihre Echtheit 
erhobenen Bedenken Müllers und Ottmanns (p. 16) sind aller- 
dings ziemlich zutreffend, sprechen aber nicht dagegeir, dass 
die Tirade nicht in der, wie schon gezeigt, mehrfach inter- 



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86 



polirten Vorlage der geeammten Roland-Ueberüeferung ge- 
standen haben könnte. Ueberdies will mir doch scheinen, 
als müsste diese Tirade für den ursprünglichen Rol. auf- 
recht erhalten und statt dessen die Zeilen 1743 — 51 0 be- 
seitigt werden. 1752 1 0 würde dann zu ändern sein: ( Dist 
Parcevesques, qui s'aperceit qu'ad tort: | Mais nepurquant, 
se sonez est Ii cors etc. — Turpin würde mithin anfänglich 
glauben, dass Rol. und OL den früheren Streit fortgesetzt 
hätten, und Rol. sich noch immer weigere, sein Horn zu 
blasen. Erst durch Oliviers Zustimmung (1752) würde Tur- 
pin die veränderte Situation begreifen und demnach passend 
in einer neuen Tirade seine eben ausgesprochene Ansicht 
rectifiziren. Die Anfangszeile dieser neuen Tirade ist nur zu 
errathen. Man beachte übrigens, dass 1743* fehlerhaft ist. 

Z. 1756 ist 'Granz XXX 'Uwes' 0 nach PFVw 518,2 in 
'Gr. XV V «u ändern. Mü. 8 , Gau. 7 lesen wie 0. 

Z. 1765 wird statt ( qu'il tient, loie' 0, wie Mü.a, Gau. 7 
lesen, wohl besser nach V'ßdR 6066 — 69: 'qu'il sonet, la 
voiz' su setzen sein. 

Z. 1830 — 41 0 (=Tir. 140) ist offenbar der zweitvor- 
hergehenöen 6-Tir., welche in 0 und den Ausgaben mit der 
nachfolgenden on-Tir. zusammengezogen ist, obwohl V*V* deut- 
lich zwei Tiraden bieten, und der Sinn die Scheidung fordert, 
an- und nachgebildet cf. besonders 1834 — 7 und 1812 — 15. 
Mü.«, Gau.' behalten sie bei. Die ersten Verse geben nach Z. 
1807 eine unnütze Situationsmalerei. Was soll überdies 1833 
heissen? Gau. 7 übersetzt mit Förster: 'Und alle erwidern dem 
Olifant' Förster iZeitschr. II.) zu 31 93,4 fasst 'racater' = 'blasen' 
und bezieht sich auf Parten. 1814, doch steht dort 's'en racate\ 
welches 'erlöst, erheitert, vergnügt sich damit' bedeutet. 3194 
ist in der Fassung 0 nicht gesichert; P* bringt 'ses 
cumpaignun racatant' d. h. es braucht 'racater' activisch ; die 
anderen Hss. weichen ab oder fehlen. Man kann daher aus 
dieser Stelle die Bedeutung des Wortes nicht erechliessen, 
zumal es nicht gerade angemessen erscheint, sich hier Gui- 
nemans Gefährten Babel, den Inhaber von Rolands Schwert, 
als ein 'grairie der' blasend vorstellen zu müssen. — Eher 
ist zn vormuthon, dass hier stand: 'Les colps Bollant racate 

3* 

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36 



sis cumpainz' (d. h. 'ersetzt sein Gefährte'). Man beachte auch, 
da8S 3195 ff. genau 3018 ff. nachgebildet sind. 

Z. 1848 0 fehlt sonst und steht im Widerspruch mit den 
umstehenden Zeilen. Durch die Emendation und Uebereeteung 
Gau. 7 wird die Zeile nur noch anstössiger. 1849 O ist me- 
trisch fehlerhaft und auch dem Sinne nach als Jongleuraus- 
ruf anstössig. Mü. 8 , Gau. 7 berichtigen die Zeile metrisch durch 
Unterdrückung von 'humes'; VC dagegen fordern die pas- 
sende Lesart: 'Mort sunt si hume, n'i ad fors sul seisante'. 

Z. 1894 0 bietet ein falsches II. Hemistich. Mtl. 3 bessert, 
indem er 'desfagun' (welches er jedoch nicht weiter belegen 
kann) statt 'descunfisun' 0 setzt ; Gau. 7 liest nach Hofmann's 
Vorschlag 'escundiscun'. Ich würde eher nach V*V ( raen$un' 
zu emendiren vorschlagend 

Z. 1914. 1943. 1954 ist 'Marganices' 0 mit Mü.», Gau.' 
nach V*ßnhV in Talgalifes' zu bessern. 

Z. 1915 4 al frere' 0 muss nach V k Vv mit Mtt. 9 , Gau. 7 
in 'Alferne' geändert werden. 

Z. 1924 0 ist nach P VL n 520,4 mit Mü.', Gau.* *ki' 
einzufügen. 

Z. 1980 lese ich statt 'parmi' 0 (= Mtt. 8 ) mit Gau. 7 nach 
V'VPhV 1121: 'fors de'. 

Z. 2001 bietet 0 eine überschüssige Silbe, weil es den 
Gedanken unpersönlich ausdrückt, während nach V*V*PC 
AJU164 und mit Gau. 7 'jo sui Rollanz' gesetzt werden muss. 
Mü.8 liest dagegen *$o est ja Rollanz', offenbar in Anlehnung 
an 2047 0, wo Mü. 8 und Gau. 7 bei 0 bleiben, obwohl auch 
da V*ß HR 342 die unpersönliche Ausdrucksweise durch die 
persönliche ersetzen und das mit um so grösserem Recht, als 
2046*. 2049*. 2053* durchweg die erste Person aufweisen. 
Der Hiat von 'co est' ist demnach an unserer Stelle besei- 
tigt; ebenso lässt er sich beseitigen 334 0. Hier ist 'co estre' 
hart, weil 'estre' bereits 332 O Assonanzwort ist, ohne frei- 
lich weder dort noch hier gesichert zu sein. PP'F lassen 
unter Hinzunahme von Z. £384*. 3100* vermuthen, dass 834* 
O lautete: 'E deus veire paterne', Z. 1350 ist ausser dem 
Hiat 'co est' die falsche Flexion von Carle = obl. 8g. an- 
stössig (cf. 1234 0). Es wird nach V*ß 1349* und 1350 zu 

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87 



ändern sein: 'nostre gent sereit salve | Se pleust den, qu'or ci 
fust Ii reis Carles'. 1774 0 ist nicht gesichert, überdies steht 
'co* von jüngerer Hand auf Rasur und ist daher wohl mit Vi V 
'grant merveille est' zu bessern. 2628 0 ist 4 co est' in 'co 
für nach V*ViVC zu ändern. Zuzulassen ist der Hiat nur 
1310, da 'chernuble' nach 1325* in Assonanz gesichert ist, 
und 'ce est' auch VivPn (C 'cest* mit einer Silbe zu wenig) 
lesen (7* bietet allerdings 'Co fu'). Da dieses jedoch der 
einzige Fall des Hiats bei 'co est' im Roland ist, so wird der- 
selbe wohl als alter Fehler anzusehen und vielleicht die Con- 
jektur von 7* zu adoptiren sein. 

Z. 2025 ist 4 a la tere' 0 mit Mü.'* Gau.' zu ändern in 
'cuntre Orient' Vß = & i austr 1 n 520, ?5. Ebenso wird auch 
in 2013 O zu ändern sein, wo es Mü. s , Gau. 7 unterlassen. 

Z. 2054 muss statt 'enteodut' 0, wie Mü.» liest mit Gau. 7 , 
nach V A V*VChR 349: 4 conneu' gelesen werden. 

Z. 2066* O hat eine Silbe zu wenig. Es muss dafür mit 
V*VPhV 291 gesetzt werden: 4 fut mult ardiz e fier\ während 
Mü. 3 , Gau. 7 lediglich 'molt' in 0 einfügen. 

Z. 2096 1 muss die in 0 fehlende Silbe mit Mü/, Gau. 7 
nach V*P durch 'sainz' ergänzt werden. hL 189 klingt 
4 goede' an 4 bon* C an. 

Z. 2112 lese ich statt 'sunent' 0 nach Viß dB 6681,2: 
4 bruient\ Mü. 3 , Gau. 7 bleiben bei O. 

Z. 2113 0 ist besser nach V*CPLdB 6697 £ zu ändern, 
obwohl Ottmann (p. 14) die Lesart von 0 vertheidigt, indem 
er sich auf Z. 2114 als Stütze beruft Ich frage aber, wie 
stimmt dazu der Inhalt von Z. 2116 und 2146 und überhaupt 
das ganze Verhalten der Heiden im Folgenden. Mü.', Gau. 7 
bleiben bei 0. 

Z. 2122 ist für 'rendent un estor' 0, was Mü. 8 , Gau.' 
stehen lassen, nach V'ßhL 227,8 'funt un assalt 7 zu lesen. 

Z. 2144 0 kann das metrisch falsche II. Hemistich durch 
V*L(P) berichtigt werden, wonach es lautete: ( fel seit qui 
vus faldra'. n 221,*o drückt den Gedanken anders aus, doch 
dürfte sein 'er nti flyr tr& ödrum' eher Y*{P)L, als die Les- 
art 0 stützen. Durch Vergleichuftg der Zeilen 1048* jnd 



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88 



3417* wird die Richtigkeit ersterer Lesart ausser allen Zweifel 
gestellt Mü. 8 streicht nur 'ben', Gau. 7 'seit' von 0. 

Z. 2146 0 wurde dem ersten Hemistich durch Umstellung 
eine Silbe entzogen; 7*7 7 7w bieten es richtig und M<L J , 
Gau. 7 adoptiren es. Zur weiteren Stütze könnten zahlreiche 
Parallelverse ad Z. 248 verglichen werden. 

Z. 2202 kann der unrichtige Vers von O mit Hilfe von 
CPL emendirt werden, welche die Nebenform 'cuntre' für 
'encuntre' 0 setzen. Das tautologische 'Entro ses bra$ 7* 
wird nicht durch n 322, 15 und hL 260 gestützt, da diese 
Ausdrücke nur 'embracet' 0 wiedergeben. 

Z. 2208 9 0 ist zu kurz; die Redactionen gehen hier aus- 
einander, n 522,t« deutet mit O (cf. Z. 798. 1581. 1582) 
auf 'al riebe duc Reinier', wie Mü.» liest; dagegen weisen 
7*C"al prod conte Reinier' und ViVPLdB 6741 4 al bon 
conte R.' auf, welche letztere Lesart Gau. 7 annimmt hL 259 
hat nur 'graven'. Da nun aber 7*7 im folgenden Verse 
•proz' aufweisen, so darf die Lesart 'bon' unberücksichtigt 
bleiben und das 'guoten' von dB als selbständige Aenderung 
aufgefasst werden. Da ferner 0 sehr wohl 'duc* für 'prod 
conte' eingeführt haben kann, ohne dass in seiner Vorlage 
'riches duc 1 stand, so liegt kein Grund vor, wegen des 'rika 
hertuga' von n auf ein ursprüngliches 'riche duc' zu schliessen, 
vielmehr stand dieses nur in der Vorlage von », deren Schrei- 
ber es unabhängig von O einführte, da es ein synonymer 
Ausdruck von 'prod conte' ist. Man beachte, dass 'duc' und 
'conte' beständig auch in n verwechselt werden, und dass 
'riches 1 ein fast ebenso geläufiges Epitheton ist wie 'proz'. 

Z. 2209* bessern Mü.», Gau. 7 den metrischen Fehler in 
0 nach 7 4 . Mü. 8 liest 'de Genes e Rivier', Gau. 7 : 'tresqu'a 
Games el Rivier'. Zunächst ist aber 'val' 00 beizubehalten, 
ferner darf 'dernier' C nur als Entstellung von 'de Runier' 
0 angesehen werden. Demnach wird nur 'e le val' 0 statt 
'del val' 0 zu setzen sein. 

Z. 2213 O muss getilgt werden; denn das Assonanzwort 
dieser Zeile 'esmaier', welches erst zwei Zeilen vorher steht 
und die bis auf 'glutun' vollständige Uebereinstiinmung un- 
serer Zeile mit 2211 lässt sie als eine konfuse Wiederholung 

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so 



erscheinen. Doch wird vor Z. 2211, welche, da von n ge- 
boten, aufrecht zu erhalten ist, eine neue Zeile einzuschieben 
sein; 'E pur osbercs desrumpre e desmaillier', welche zu- 
sammen mit 2210 die kriegerische Tüchtigkeit Oliviers schil- 
dert, der gegenüber in 2211—12 dessen ritterliches Handeln 
gegen Feind und Freund gerühmt wird. 

Es ist weder nöthig noch empfehlenswert*), mit Hamb, 
(p. 21) Z. 2210* und Z. 2211 zu einer Zeile zusammenzu- 
ziehen. Durch unsere Herstellung erledigt sich auch, was 
Ottmann (Jen. Lit Ztg. 1879 p. 178) und Müller (Ztschr. III, 
446) zu dieser Stelle bemerkt haben. 

Z. 2235 0 erweist sich auch schon durch das Assonanz- 
wort verdächtig, welches Z. 2239 in derselben Tirade wieder* 
kehrt und darf als überflüssige Wiederholung eines beliebten 
Gedankens (cf. Z. 2185. 1851. 2632) angesehen werden. 
Mü.8 und Gau. 7 'behalten die Zeile. 

Z. 2242 ist aus ganz äusserlicher Ursache schon hinter 
Z. 1825 in O geratben, während es die Ueberlieferung und 
mit ihr Mü. Ä , Gau. 7 an der richtigen Stelle bieten. 

2260 kann 'cerveP 0 nicht 'la' vor sich haben, sondern 
ist wie in C als Maskulin zu behandeln. Die Form 'la cer- 
vel(l)e\ welche V< V* VPL bieten, kann nicht als Assonanzwort 
in einer minnlichen e- (=&) Tir« stehen; 'la cervele' findet 
sich im Rol. drei Mal: 1366* 2248.* 3617* dagegen 'Ii cervel' 
nur zwei Mal: 1764. 1786 und zwar von OV^VC gegenüber 
( la cervele* V*PL und 3928 in 0 allein. In letzteren drei 
Fällen kann es jedoch ohne Weiteres durch 4 la cervele' er- 
setzt werden, während 2248 'la cervele' als Assonanzwort ge- 
stützt ist Daraus Hesse sich allerdings folgern, dass der 
weibliehe Gebrauch des Wortes im Rol. allein gesichert sei; 
doch dürfte auch die männliche Form, welche in unserer Zeile 
allein richtig sein kann, dennoch zuzulassen sein. Aber schon 
in der Vorlage der gesammten Rol .-Ueberlieferung stand 
fälschlich dafür 'cervele', wie das 'la cervel' 0 hinreichend 
andeutet 

Hinter 2282 0 fügt Gau. 7 nach V*ßn 523, 15 eine Zeile: 
Trist Ten sun puign, Rolant tir'a la barbe' ein. Mü. 3 und 
Ottmann (p. 18) wollen darin einen unpassenden Zusatz er- 



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40 



kennen. Doch dürfte die Roland zugefügte Schmach hier 
gerade am Platze sein. Ygl. Fier. fr. 2882 pr. 2655. Das 
Abschneiden des Bartes galt sehr früh für den grOssten 
Schimpf, wie aas der in den Floovant übergegangenen Stelle 
der ( Ge8ta Dagoberte hervorgeht (et 'Darmstet ter, de Ftoovante' 
und 'Bangert's* Beiträge zur Floovantsage). Wenn Ottmann meint 
die Beschaffenheit der Rüstung schlösse aus, dass der Sarazene 
Rolant beim Bart greifen konnte, so ist zu beachten, dass die- 
ser zuvor 2280 Rolands Rüstung 'saisit' d. h. doch wohl, sie 
ihm abreisen wollte, wobei der Bart jedenfalls frei werden 
konnte, wenn er es nicht bereits vorher war, da Roland schwer- 
lich als vollkommen gerüstet daliegend gedacht werden darf. 
Ueberdies scheint mir ( £n cel tirer' 2288 0 geradezu auf 
unsere Zwischenzeile zu deuten, zumal die ganze Zeile 3282 
0 in: 'De pasmeisun Ii cuens Rollant repaire' nach V*n zu 
ändern ist 1 ) was Mü.*, Gau. 7 freilich unterlassen (cf. 2233* 
2270*.) 

Z. 2297* O ist nach V'ßn 528,?», hL 326 mit Gau/ zu 
bessern. Die Lesart 0, welche Mü. s aufrechterhält, scheint 
mir veranlasst zu sein durch Reminiscenz des Schreibers an 
1992. 2012, wo Olivier das Augenlicht verliert, damit der 
Schlag, den er dem Roland versetzt, motivirt erscheine. 

Z. 2822 muss statt 'Namon' O mit Mü.', Gau.? nach Pti 
524,2 dB 6831: 'Anjou' gelesen werden. 

Z. 2391 bieten Y*PLC 'desuz . . . ebne' für 'desur . . . 
chef OdB 6916. Man vgl. 139 0 'en tint sun chef enclin* 
und 3504 0 'en ad sun elme enclin (= 7 4 ), 3505 folgt dann 
0 allein: 4 et en apres sin enbrunket sun vis', was an die Les- 
art der Hs. C unserer Stelle anklingt. Danach dürfte zu- 
nächst 4 elme' hier wohl am Platze sein. Ebenso aber auch 
'desuz' statt 'desur* 0 ; denn Roland hat eben den Ann zum 
Himmel gehoben (cf. n), neigt dann sein vom Helm beschwer- 
tes Haupt und lässt den erstarrenden Arm auf dasselbe 
niedersinken. Aehnlich steht im prov. Fier. 1876: ( desotz' im fr. 
1792: 'desor'. Der Dichter schildert diese letzten Vorgänge 

1) ßeillafig »ei hier auf die Interessante, offenbar dem Bolaud nach- 
gebildete parallele Situation bei Begons Tod In der Chans, des Loherains 
aufmerksam gemacht, welche ihrerseits im Auberi nachgeahmt worden ist. 

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41 



nur ihrem Resultat nach, cf. Ottmann (p. 31) und Seholle 
(a. a. 0. p. 32), MO. 8 , Gau. 7 lesen wie O. 

Z. 2450' 0 muss statt 'arester* mit Mü.», Gau.' nach 
V*VVhL 402 'ester' gelesen werden, welches Z. 2459* in 
der Form 'estant' ganz in demselben Sinne belegt ist 

Z. 2462 wird 'enchalcent' 0 von P, kaum aber von 
'jaghen' HL 418 gestützt. V*VV lesen *enmeinent\ 'Enchal- 
cent' 0 ist offenbar eine Reminiscenz an 'chalcent' statt 'en- 
chalcent' 2460 (PP). Dieselbe Reminiscenz 2460 0 veran- 
lasste die 0 ähnliche aber nicht gleiche Lesart von P: 'De 
prez les vont, Ii Franzois enchaussant'. 'Franzois' P nftthigt 
nicht einmal zur Annahme, dass der Gorrector von 0 sein 
falsches 'Franc 1 aus der Vorlage von P entnahm, vielmehr 
nahm er es selbständig aus 2460; es wird daher mit Mü. 8 , 
Gau. 7 durch 'ferant' V*VVn 526,18 (feldu) zu ersetzen sein. 
Das ganze IL Heinistich wird also lauten müssen, 'lea em- 
meinent ferant 9 . 

Eine Vergleichung mit den Zeilen 416,7* 2696,7*. 2711,2*. 
2267,8*. 3490,1* spricht für Einführung einer von V'ßnhL 
gebotenen Zeile hinter der mit Hilfe derselben Hss. zu än- 
dernden Zeile 2468 O, was auch Mü. s , Gau. 7 anerkennen. 

Z. 2475 ist 'festes' 0 nach V*ßn 526,92 dB 7065,6 mit 
Mü.s, Gau. 7 in 'veistes' zu ändern. 

Z. 2485 1 0 muss mit Mü. 8 , Gau. 7 nach V'ßhL 445 'lur' 
gestrichen werden, wodurch das Hemistich berichtigt wird. 

Z. 2497 ist statt 'espiet' 0 nach V*ßn 526,29 : 'escuz' zu 
lesen. Mü. 8 , Gau. 7 lesen wie 0. 

Z. 2525* 0 ist um eine Silbe zu kurz, da die zweisilbige 
Form 'hnme' statt 'hum' n. s. für das Rolandslied entschieden 
abzuweisen ist, cf. Z. 2559*. C 'come home travailliez' ist 
wohl gleich 'come hom travailliez' mit Hiat Auf dieselbe 
Lesart weist L: 'com honz travailliez' und n 527,4 'sem 
lareyttr madr 9 ; doch dürfte weder C noch n als Stütze von 
0 anzusehen, vielmehr mit Mü. 8 , Gau. 7 die Lesart F 4 : 'cum hom 
qui est (=qui 'st) travailliez* zu adoptiren sein. WP bieten 
ebenfalls einen Relativsatz: 'qui mult fu travailliez, cf. 427 0 
(Lesart V 4 ). Die Schreiber von 0 CL und der Vorlage von n 
mochten an der archaischen Äphärese von 'est' (vgl. 2001) 



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42 



Aiietoss nehmen ; es lag ihnen daher nahe, selbständig 4 qw 
est' zu beseitigen. Doch könnte hier auch ein alter Fehler 
vorliegen and ursprünglich gestanden haben : 'eume travailliez 
hum', so dass dieser Vers ursprünglich die folgende Tirade 
auf W begann. Schon Dönges (Amnkg. 65) hat wahrschein- 
lich gemacht, dass der die Baligantepisode einleitende Traum 
als Einschub zu betrachten sei. Verschiedene Härten des 
Textes lassen wirklich den ersten Traum als Machwerk eines 
ungeschickten Interpolators erscheinen, so die falsche Assonanz 
2527 0: 'guarder' (cf. V*V guardez, P gaitiez). Derselbe 
Ueberarbeiter d. h. also der, welcher die Baligantepisode in 
den Roland einfügte, würde dann auch die folgende Tirade 
(188) wenigstens im Eingang entsprechend umgeändert haben 
und demnach der Fehler 2555 O ihm gleichfalte zur Last 
fallen. Die Ueberlieferung deutet hier ziemlich sicher auf 
einen alten Fehler. Mit Mü.» 'iceT 0 zu streichen, geht nicht 
wohl an, da 'iceste', C 'celle' bieten; ebensowenig lässt 
sich mit Gau.* W beseitigen, da es von V*VVPL gestützt 
wird. Es stand eben ursprünglich etwas ganz anderes an 
dieser Stelle, aber in der Vorlage von a und ß fand sich 
schon ein falscher Vers ähnlich dem in 0, etwa: 'Apres kelle 
H vint un altre avisiun'. 

Z. 2539 0 ist neben Z. 2537 ein ganz sinn- und zweck- 
loser Zusatz, was in gleicher Weise von Z. 3550 O gilt (cf. 
3546 ff.) Gau. 7 behält beide, Mü.» den ersten Vers bei. 

Z. 2554* 0 bekam durch Anwendung des passiven statt 
des reflexiven Verbs eine Silbe zu wenig, welches letztere 
von der Ueberlieferung F*K*F (n 527, 1 *) verlangt und von 
Mü.*, Gau. 7 eingesetzt wird. Eine Vergleichung hierherge- 
höriger Parallelzeilen zeigt, dass 'esveillier' im Aktiv stets 
reflexiv gebraucht wird (cf. Z. 724* 786*. 2846*). 

Z. 2616 steht in O allein und ist als gelehrte Anspielung 
schon von Stengel, Jen. Lit. Ztg. 1877 p. 158 verdächtigt 
worden. Mü. 8 deutet ihre Unechtheit durch Klammern an, 
Gau.* behält sie bei. 

Z. 2657 sieht Ottmann (p. 32) irrig eine Combinatioas- 
schwierigkeit, die sich einfach dadurch löst, dass die von OP 
{inv 'franche meisnie') gebotene Zeile, welche in P* fehlt, 

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43 



mit kleiner Aendernng im I. Hern beizubehalten, hinter der- 
selben aber eine neue von V i V 1 VdE7\9d überlieferte ein- 
zuschalten ist, was freilich weder Mü. 3 noch Gau. 7 thut. 

Z. 2822 ist 'Bramidonie' 0 nach V*ßdR 7380 mit Mü. 3 , 
Gau. 7 in 'Bramimunde' zu ändern, ef. Dönges p. 10. 

Z. 2829 wird 4 en seant' 0 von P gestützt, während 7*C 
( en estant' bieten. Es lag sehr nahe, entere Lesart in letz- 
tere zu ändern, und konnten die Schreiber von V* und C 
selbständig darauf verfallen. Mü.*, Gau. 7 bleiben daher mit 
Recht bei O. 

Z. 2850 darf man nicht wie Mü. s , Gau. T die Lesart von 
0 beibehalten, weil sie Widersprüche in der Darstellung in- 
volvirt, sondern es muss statt ( si se desarment' 0 nach 7* 
'adubent' = 'arment' C etwa: 'e si s'adubent' geändert werden. 
Die Franzosen werden ohne Rüstung geschlafen haben und 
mussten sich daher am nächsten Morgen von neuem waffhen. 
Karl hatte sich dagegen nach Z. 2498* vollständig gerüstet 
schlafen gelegt, er brauchte sich also jetzt nicht zu wappnen, 
sondern nur seinen Schild etc. zu ergreifen. Demnach wird 
2849 W A unter Anlehnung an 7*7 zu ändern sein: Tuis 
se redrece si ad prises ses armes'. 

Z. 2933—35 0 bieten drei männliche Assonanz Wörter in 
einer i . . e-Tir. 2934 O fehlt in sämmtlichen anderen Hss. 
und muss daher beseitigt werden, während Mü. 3 , Gau. 7 durch 
Umstellung eine richtige Assonanz herstellen. Man wird 
aber den Verlust dieser Zeile durchaus nicht empfinden, so- 
bald man nach Anleitung der Ueberlieferung Z. 2933 und 
2935 O emendirt hat, welche etwa lauteten: 'Ami Rollant 
si mare fu ta vie | Ei tei ad mort France dulce ad hunie. 

Z. 2978 ist 'est 4in que' 0, was nur an dieser Stelle im 
Rol. vorkommt, nach V*P mit Gau. 7 durch 'est dreiz que' 
zu ersetzen, cf. 228. 497. 1950*. 2349*. 2561*. 3974. 3932. 
Mü. 1 bleibt bei 0. 

3106 liegt eine Gombinationsschwierigkeit vor, indem 
4 fou' 07' 7 gegen 'fornas' 7*P = 'ovene' dB 7913 steht. 
Doch ist zu beachten, dass 'fou' leicht aus c forn' enstells sein 
kann, . wie denn auch Michel in seiner Ausgabe wirklich 
'fo[r]n statt 'fou 1 liest. 7? 7 4 feu* wird unabhängig von 0 



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44 



entstanden sein, zumal es in anderem Zusammenhang steht 
Die alte Lesart war hier offenbar ( de la fornaise ardent'. 
Mü. 8 , Gau. 7 bleiben bei 0. 

Hinter 3146 0 muss der Name von Baligan ts Sehwert, 
Treciuse', ergänzt werden, weil damit ein Gegensatz zu dem 
Schlachtruf der Franzosen' Joiuse' (statt 'Munjoie') hergestellt 
wird. Die Zeile wird durch V*ß dB 7991 bezeugt und von 
MQ.', Gau. 7 ergänzt. 

Z. 3164 muss statt 'barun' OC nach 7*P mit Mtt.', Gau/ 
'vassals' gelesen werden; die Grammatik verlangt in 0 'her' 1 ) 
als Nom. Sg., während in C 'barun' stehen durfte. 

Z. 3193 verlangen V*P(ViV) 'bundist* statt 'sonetf 0, 
welches Mü. 3 , Gau. 7 beibehalten. Ottmann (p. 12) will in 
dieser Lesart eiuen gemeinsamen Fehler von V 1 und P sehen, 
indem 'bundir' hier wegen des folgenden 'd'un graisle der', 
(welches übrigens nicht gesichert ist, aber sonst im Gegen- 
theil für den Gebrauch von 'bundir' in der vorhergehenden, con- 
trastirenden Zeile sprechen würde) keinen passenden Sinn gebe. 

Nach 3220 0 ist mit v*WVP eine Zeile: l Dunt Judas 
fut, qui Deu traist, Ii orz' (cf. Bartch. Chrest 5 47,5) einzu- 
fügen, was Gau. 7 thut, nur dass er statt 'Ii orz' F?F, 'pur 
or' setzt. P. Meyer (Rom. VII, 435) weist darauf hin, dass 
bei Albert von Aachen*) der Pass, welcher aus dem Thal von 
Buten trot nach Tarsus führt: 'Porta Judae' heisse. Danach 
liegt also kein Grund vor, den Vers mit Mü.' als der gemein- 
samen Vorlage der ganzen Roland - Ueberlieferung fremd zu 
betrachten. 

Z. 3258 0: 'malp'se' in 6 . . e-Tir. gegenüber 'malposse' 
F 4 = 'valpsie' (wohl statt 'valepsie) F 7 , 'valproissie' F* = 
'Malprdse dB 8099, wonach mit Bezug auf Z. 2641 ') die Les- 
art von Mtt.\ Gau. 7 : 'Malpruse' zu billigen ist 

1) Simon, Deklination der Substantive im Rolandeliede p. 17 führt irr- 
thümlich 'barun' eis S. 8g. auf. 

9) cf. Wattenbach, Deutschlands Geichichteqnellen im Mittelalter p. 303, 
wonach Alberts Werk bie 1121 reicht, während aber aelne Person nicht» 
bekannt ist. 

3) Dort müssen in 0 wegen der 6 . .e-Ass. 'marbrote' und 'marbrise' 
innerhalb der Zeile vertauscht werden; »Mftbrosa» V* t 'Marbroie VV (Bessen- 
conde O) — n,d,h fehlen. 

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45 



Z. 3257* 0 ist schon äusserlich in der Hs. verderbt und 
durch Ausfall einiger Wörter unrichtig geworden. Mü.\ 
Gau. 7 fügen aus V 4 ( Joi e de' ein. dB 8105 ( vone Imanzen' 
8107 'von den Malrftsen', VV 'de Marinonoisse (Mormoise) 
et d'Eiglent', V A 'de Joi e de Marinoise' lassen eher vermuthen, 
dass hier 'd'Iman (= Yemen?) e Marinoise' zu lesen sei. 

Z. 3394 0= 3561 V 4 : 'ajostee' in ie . . e-Tir. kann un- 
möglich richtig sein; denn Infinitiv und Particip Prät. von 
'ajoster' finden sich nur in ^-Assonanzen cf. Z. 1461* 3322*. 
919. 3562 etc. In der Ueberlieferung fehlt diese Zeile, welche 
ein beweisender, gemeinsamer Fehler von 0 und V A ist, da 
ausser der Assonanz auch die Silbenzahl in beiden Hss. falsch 
ist Sie ist ganz zu entfernen, da sie offenbar aus Z. 3382 
entstanden ist Mü.\ Gau. 7 conjiciren: 'fort e fiere'. 

Höchst verwirrt und widersprechend sind in 0 die Zeilen 
3546 — 51. Der Ueberlieferung zufolge müssen nämlich die 
drei Zeilen 3546 — 48 ganz gestrichen werden *). Man be- 
achte ausserdem die Fehlerhaftigkeit der Verse 3548 und 3549, 
sowie den Umstand, dass 3546 0 zum grossen Theil auf Ra- 
sur steht und offenbar aus 3544 0 ergänzt ist Zeile 3549 
schliesst sich in der nach V'ßdR 8403 reconstruirten Form: 
'Amboire d'Oiiferne jete mort devant sei 1 sehr gut an 3545 0 
an. Aus Z. 3297 (= Alboin doliferne V\ Ambroine P; Amhoh 
dB 8189,90) ergiebt sich nämlich, dass 'Amboire' der Name 
des sarazenischen Bannerträgers ist; dieser wird also von 
dem Bannerträger der Franzosen getödet — Z. 3550 0 fehlt 
in der Ueberlieferung und ist offenbar nur durch Missver- 
ständniss von 'Amboire' entstanden. Das in derselben gebo- 
tene 'enseigne' gehört nach V*V'V und Z. 3297* in Z. 3551, 
wo es 'gunfunun' zu ersetzen hat. Dieses letztere wird aller- 
dings auch von P (Michel bat fälschlich ( cumpagntin' gedruckt, 
wodurch Scholle's betreffende Annahme Zeitschr. IV, 10 fällt) 
geboten; doch hat es P jedenfalls selbständig eingeführt, um 

1) Scholle (Ztsrhr. IV, 10) behauptet zwar, dass 3548 und wahrschein- 
lich auch 3547 in dK (= Km) enthalten seien, fahrt aber die betreffenden 
Stellen nicht an. Wenn er dabei an 484,23 nnd 80 gedacht hat, so ist er 
offenbar im Irrthum; denn erstere Zeile entpricht 3545 0 nnd die letzter« 
Kann nichts beweisen. 



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46 



eine Wiederboluug des unmittelbar vorangehenden 'enseägne* 
zu vermeiden* Mü.*, Gau. 7 bleiben trotzdem im Ganzen bei 
0, indem sie nur 3548,9 metrisch berichtigen. Die Besse- 
rungsvorschläge Müllers halten sich nicht an die Ueberlie- 
ferung. Es ist unnöthig, dass 'Amboire' hier nochmals aus- 
drücklich als Baligants Bannerträger bezeichnet wird, wie 
auch Scholle (Zeitschr. IV, 10) annimmt, da er 3297* schon 
als solcher erwähnt wurde. Anders stand es um l Geffrei\ 
welcher nur im Beginn des RoL (106 0) als Bannerträger der 
Franzosen genannt war; abgesehen davon, dass die Baligant- 
episode ursprünglich ja ein selbständiges Gedicht gebildet 
haben könnte. 

Z. 3666 O zeigt mit V A 3829 denselben metrischen Fehler; 
doch ist zu beachten, dass 4 en* in 0 ein Interlineareintrag 
ist. In VV fehlt 'en' und wird daher von Mü. 1 , Gau. 7 ge- 
strichen; cf. 3980 0 wo die Ueberlieferung fehlt Nun lassen 
aber Mü. 3 , Gau. 7 1634 0 'Ne creit en deu' unbeanstandet 
P* fehlt zwar und VV lesen ( Ainc n'ama deu'; C dagegen 
stimmt dort vollständig zu 0. Aehnlich wird Z. 3599 0 unter 
Anlehnung an V*P zu bessern sein: Tuis crei en deu, pa- 
terne omnipotente'. — Es darf daher schwerlich Z. 3666 ( en > 
0 beseitigt werden. Eher wird durch Umstellung der Les- 
art V 7 V ein richtiges Hemistich zu erzielen sein : 'En deu 
creit Garles'. Einen alten Fehler anzunehmen, scheint hier 
trotz der gleichen Wortstellung von OPPV nicht nothwendig. 



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Schlussbemerkung. 



Aas dem angegebenen Thatbestand ersieht (man, dass 
einer isolirten Lesart von 0 gegenüberstehen: 

1) ' die simmtlichen Hss. V, ß,n,d,h in ca. 22 Fällen, 
nämlich Z. 546,6. 761—65. 825. 1195. 1203. 1272. 1286. 
1497. 2565. 889. 1009. 1386,7. 1411. 1447. 1830—41. 1848. 
2242. 2236. 2630. 3550. 2616. 2934. 

2) die Hss. V*, ß,n,d oder besser sämmtliche Hss. mit 
Ausnahme einer der ausländischen Bearbeitungen in ca. 43 
Fallen: 11. 30». 128». 183». 39». 136»-*. 190»». 37. 39». 
123. 180. 842» (cf. 359). 384. 432»". 433-*. 485». 487»» e . 505»». 
508-9. 517»». 1977». 1389. 526. 600. 602. 612. 662. 791 f. 
798*. 866'. 907». 913'. 990'. 1297. 1506. 1914. 1943. 1954. 
2297'. 2468. 2468». 2475. 

3) die Hss. V*, ß und je eine der ausländischen Bearbei- 
tungen in ca. 110 Fällen: 24,5. 45. 46*. 58. 168». 271». 282». 
197. 202. 230. 238. 240. 240». 243. 248. 259. 260. 284. 
266—7. 270». 274. 275. 276». 278. 279. 279». 285—7. 287». 
305». 810. 311. 349 — 66. 423. 444. 469. 495». 508'. 515-7. 
520. 521». 2175«. 2226». 528. 596 f. 603 f. 642»»°. 655». 664. 
698. 706». 722». 727 «*. 796». 824'. 837. 845. 870. 884'. 894. 
915. 930. 932*. 958,9. 979. 1005. 1017. 1024. 1049—81. 
1152. 1372. 1437 f. 1448 f. 1469. 1534. 1229. 1541. 1559». 
1615. 1628 f. 1705. 1741. 1756. 1765. 1924. 1980. 2001. 2047. 
2025. 2013. 2054. 2066'. 2096'. 2112. 2113. 2122. 2144. 2146. 
2211—13. 2282». 2450'. 2485'. 2497. 2657». 2822. 2933. 
2935. 3146». 3253. 3257'. 3546—51. 

4) mehrere Hss. ohne V* oder ohne ß in ca. 14 Fällen: 
35. 66. 171 f. 307». 198. 286. 414. 431. 431»*. 1215. 1261. 
1327. 2283. 2322. 

5) die Hss. V* ß, soweit sie behandelt sind, in ca. 28 Fäl- 
len: 51. 241. 420. 497. 511. 588». 723. 838,9. 1021. 1074. 
1080'. 1488. 1849. 1894. 1915. 334. 1349'. 1350. 2628. 2554'. 
2850. 2978. 3164. 3193. 3220. 1634. 3599. 



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48 



Endlich sind ca. 30 Combinationsschwierigkeiten anter 
den hierher gehörigen Fällen constatirt und besprochen 
worden: 35. 87. 115. 326. 413. 442. 1264. 1266. 1419. 1500. 
3239. 2411. 495. 610. 734. 865. 877.975. 1353.1556. 1752» 
2202. 2208. 2209\ 2260. 2391. 2462. 2525. 2829. 3106. 

Daraus muss nun meiner Ansicht nach folgendes Resul- 
tat gezogen werden : 

1) Jede Lesart von O ist einer Combination von FV? 3 y,d 
gegenüber als fehlerhaft zu betrachten und muss durch die 
von der Ueberlieferung gebotene ersetzt werden. Die Müller'- 
sehe Annahme, dass die gesammte Boland-Ueberlieferung auaer 
O einer und derselben Bedaction angehöre! ist also nicht zu 
erweisen, während der Auffassung von Stengel, Rambeau, 
Förster von wenigstens vier Redactionen nichts widerspricht ; 

2) auch jede von 0 und V* gebotene Lesart ist einer 
Combination von fty,d gegenüber für fehlerhaft zu halten, wie 
sich aus folgenden Fällen ergiebt: 258 (s. S. 22 Anm.); 278-9; 
359; 508; 602; 646» ff. (s.655); 1555; 2861; 3394. 



Verseiohniss der ausser der Reihe erwähnten, naoh der 
Ueberlieferung zu ändernden Beilen von O : 



97 


s.Z. 


193 


388 


s.Z. 


11 


1196 


s.Z. 


825 


2487 


I.Z. 


123 


89* 




30 


387 




123 


1208 




825 


2565 




895 


46« 




80 


407 




11 


1929 




1534 


9698 




9001 


116 




47 


413 




87 


1249 




826 


9685 




IIS 


128* 




30 


416 




123 


1264 




87 


2688 




193 


136»-« 




30 


498 




123 


1266 




87 


2754 




123 


188« 




30 


442 




87 


1849-50- 


2001 


9790 




128 


190** 




30 


456 




123 


1389 




621 


9831 




193 


196 




123 


496 




123 


1419 




87 


2861 




359 


MO 




123 


501 




11 


1497 




825 


2883 




171 


964 




230 


580 




596 ff. 


1500 




87 


3194 




1830 ff 


965 




123 


609 




11 


1774 




2001 


3239 




87 


971» 




180 


648» ff.— 


655 


1977» 




621 


3414 




193 


982« 




180 


646-6 




655 


1995 




1379 


8630 




193 


807 Ä b 




180 


676 




123 


2G13 




2025 


3599 




3666 


826 




87 


766 




123 


2047 




2001 


8709 




198 


829 




123 


774 




230 


2175» 




591 


3808 




198 


384 




2001 


776 




123 


2226 




591 


3818 




171 


397 




123 


863 




123 


2411 




87 


3824 




193 


*42» 




359 


876 




128 


2441 




123 


3841 




193 



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Die Chanson.de Gaydon, 

ihre Quellen 
und die angevinische Thierry-Gaydon-Sage. 



Von 

W. Reimann. 



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Vorwort. 



Torliegende Arbeit verdankt ihre Entstehung den von Herrn 
Prof. Stengel im Wintersemester 1877/78 zu Marburg gehaltenen 
Vorlesungen über »Geschichte des französischen Epos«, das für 
sie nothwendige Quellenrnaterial sammelte Verfasser während 
eines längeren Aufenthaltes zu Paris im Jahre 1878 auf der 
Nationalbibliothek daselbst, er betrachtet daher im Allgemeinen 
die folgende Untersuchung nur als Vorarbeit für eine demnächst 
zu veranstaltende kritische Ausgabe der Chanson de Gaydon. 
Um den Rahmen einer eigentlichen Dissertationsschrift nicht zu 
überschreiten, war es nöthig, sich an einzelnen Stellen kürzer 
als erwünscht zu fassen, hoffentlich hat darunter die Beweiskraft 
der beigebrachten Argumente nicht gelitten. Von wesentlichem 
Nutzen zur Ausführung der gestellten Aufgabe war G. Paris' 
Fundamentalwerk für das Studium der französischen Karlssage, 
die »Histoire po&ique de Charlemagne«. Für freundlichste 
Ueberlassung literarischen Materials sowie für manchen trefflichen 
Wink ist Verfasser schliesslich ganz besonders seinem verehrten 
Lehrer, Herrn Prof. Stengel, zu Danke verpflichtet. 



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I. 



lieber die Chanson de Gaydon im Allgemeinen. 

Der Ch. de Gaydon geschieht zuerst besonders durch Fauriel 
im Jahre 1832 kurze Erwähnung 1 ]. Anfangs- und Schlusstirade 
derselben druckt 1837 Fr. Michel in seiner Rolandsausgabe ab. 
Eine eingehendere Betrachtung findet die Ch. darauf durch 
P. Paris in Hist. litt, de la Frapce, XXII, 425—434. 1860 ist 
sie Gegenstand einer unter den Auspicien V. le Clerc's er- 
schienenen Dissertation, betitelt : »De Gaidone , carmine gallico 
vetustiore, disquisitio critica, auctore Simeon Luce.« Lutetiae 
Parisiorum 1860. (angez. von P. Meyer in »Jahrb. für rom. und 
engl. Literatur.« 1861, pag. 206), eine Schrift, die mit grossem 
Fleisse namentlich die Characteristik der in der Ch. de Gaydon 
auftretenden Personen behandelt, und Vorarbeit war zu der 
1862 als tome 7 der Sammlung »Anciens poetes de la France« 
erschienenen Textausgabe: »Gaydon, Chanson de geste publice 
pour la premtere fois d'apr&s les trois manuscrits de Paris« par 
MM. F. Guessard et S. Luce. Ganz den von Guessard selbst auf- 
gestellten Textprincipien (cf. Gautier, »fipop. fran$.« L a f 255) 
entgegen ist bei diesem Abdrucke nicht das palaeographisch 
älteste Ms., in Jongleurformat, sondern die jüngere Foliohs. der 
Ausgabe zu Grunde gelegt worden. Einige wenige Worte widmet 
G. Paris unserer Dichtung (G. Paris, »Hisf. poet.« 323) und 
eine kurze Analyse giebt Gautier in »fipop. fran?.« II. 1 460 ff. 
= HI.« 625 ff. 

Der von einem anonymen Verfasser überkommene Text 
der Ch. de Gaydon befindet sich in 3 Mss. auf der Paris» 



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53 

Nationalbibliothek. Das älteste Ms. ist Ms. Suppl. fran<;. 2510. 
Pergament ms. aus erster Hälfte des 13. Jahrh. Jongleurformat. 
Höhe 19,4 cm auf 11,7 cm Breite. 159 Blatt, zu 30 Zeilen 
die Seite, nur fol. la hat infolge des Initials 26 und ausnahms- 
weise foL 47a 29 Zeilen; fol. 104 unbeschrieben, zwischen fol. 
64 u. 65 (= vv. 3784-3843 d. Druckes fehlend) ein Blatt ab- 
handen gekommen, ferner aber 2 Heftlagen = 16 Blatt zwischen 
fol. 95 u. 96 (= vv. 5684—6638 d. Dr.) sowie der Schluss (die 
letzten 440 Zeilen des Dr.). Theilweise unleserlich ist fol. la» 
wie sich auch viele Rasuren, abgeblasste Partieen, vön fremder 
Hand interliniirte Verse u. a. Correcturen vorfinden. Der Ein- 
band hat Bl. 49 a— 51b die oberste Zeile ganz oder theilweise 
abgeschnitten. Initialen einfarbig roth. Der schwankende 
sprachliche Ausdruck, die grosse Unvollständigkeit und die 
schlechtere Conservirung des ms. bewogen nach eigener Aussage 
die Herausgeber, von einer Publication desselben abzusehen, 
obgleich sie so nur ihren Textprincipien entgegenhandelten. — 
Das zweite Ms. Fonds fr an?. 860, in Pergamentfolio, stammt 
aus der 2. Hälfte des 13. Jahrh. Höhe 29,5 cm auf 21,5 cm 
Breite. Findet sich als Nr. 2 (Blatt 37—92) jenes Sammelms., 
das als Nr. 1 von demselben Schreiber den Roman de Roncevaux 
enthält, ist daher ebenso handschriftlich ausgestattet wie jene 
Version P des Rolandsliedes. Jedes Blatt hat 4 Spalten zu je 
48 Zeilen, nur fol. la hat infolge des Initials 44, die Schluss- 
spalte auf 92 d 10 Zeilen. Zwischen Blatt 82 und 83 fehlt ein 
Blatt Reichverzierte Initialen wechseln ab in blauer und rother 
Farbe. Nur wenige Correcturen finden sich in der sauber 
ausgeführten Hs. Die Vershemistiche meist durch Puncte ge- 
trennt. Die gedruckte Ausgabe lässt 10 Zeilen aus 8 ]. — Fonds 
fran<j. 1475 istPapierms.aus dem 15. Jahrh., in Kleinfolio, 28,7 cm 
Höhe auf 20 cm Breite. Einband, in rothem Maroquin, zeigt 
das Wappen Frankreichs nebst Chiffre Karls IX. 160 Blatt, es 
fehlen 2 Blatt und der Schluss (= 350 Zeilen des Dr.), letzt- 
genannten Mangel hat ein Besitzer, wahrscheinlich um den 

4* 



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54 



Käufer zu tauschen, zu verdecken gesucht, indem er auf foL 160 
die letzten Zeilen zu Gunsten einiger auf fol. 161 zugefügten 
schlechten Knittelverse abänderte. Zeilenzahl variirt zwischen 
24 und 37 die Seite. Copie, ziemlich nachlässig, weisst schwere 
Fehler auf; Tiradenanfange oft ausgelassen oder nur sehr 
schwach angedeutet. 

Die Gh. de Gaydon vertheilt ihren Stoff in rund 10900 Zeilen 
auf circa 250 Tiraden, die kürzesten Tiraden (es variirt die 
Zeilenzahl der Tir. zwischen 8 und 200) finden sich in den 
ersten 2000 resp. 3000 Zeilen und am Schlüsse, ein Umstand, 
der von besonderer Wichtigkeit für die kritische Untersuchung 
unseres Epos sein wird. 

Berücksichtigt man nämlich eingehender die Versification 
der Ch. de Gaydon, so fallt eine höchst beachtenswerthe Er- 
scheinung auf. Die ersten 1840 Verse weisen noch ziemlich 
ausgeprägt die Assonanz auf, richtiger würde es heissen, die 
ersten 1500 Verse, denn die zwischen v. 1498 und v. 1840 
liegende Partie der Gh. zeigt schon das Uebergangsstadium zu dem 
mit v. 1840 anhebenden und von da ab unbedingt dominirenden 
Reime. Dass in diesem Factum eine wichtige Handhabe für 
die Scheidung etwaiger älterer oder jüngerer Theile unbedingt 
vorliegen müsse, wurde vom Verfasser auf Grund des hand- 
schriftlichen Materials bereits in der Beantwortung einer für 
das Studienjahr 1878 von der philosoph. Facultät zu Marburg 
ausgeschriebenen Preisfrage nachzuweisen versucht; die Heraus- 
geber des Gaydon hatten nämlich dieses metrischen Unterschiedes 
auch mit keiner Sylbe gedacht, und ganz irrig behauptete 
Gautier in der 1. Aufl. seiner »£pop£es franst II., 461: Le 
pofcme renferme 10887 vers qui sont des d&asyllabes rim&; 
letztere sind freilich in der jüngst erschienenen 2. Aufl. dess. 
Werkes DL, 625 schon zu »d&asyllabes assonanc6s« geworden. 
»Mais ces assonancesc, fügt Gautier hinzu, »sont gänäralement fort 
peu primitives, et offrent une tendance perp6tuelle ä la rime. Un 
certain nombre sont absolument rim&«. Der erste Gelehrte, der 



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55 



andeutungsweise auf die eigentümlichen metrischen Verhältnisse 
des Gaydon hingewiesen hat ünd die Möglichkeit eines Remaniement 
aussprach, war P. Meyer in seiner »Phonetique Frangaiset 1870, 
pag. 263 bei Gelegenheit einer Untersuchung über »an et en 
toniquesc. 

Nur ziemlich ausgeprägt, wurde hervorgehoben, tritt die 
Assonanz in den ersten 1840 Versen auf, sie ist keineswegs so 
streng durchgeführt, wie im ältesten Epos und weist in der 
That ein beständiges Streben zur Angleichung an den Reim 
auf, wie auch Gautier richtig bemerkt, trotzdem er den Leser 
zu glauben verleilet, der Procentsatz von assonirenden Versaus- 
gängen wäre erheblich höher, als er hier festgestellt worden, 
denn nicht die Assonanz, der Reim bildet die Regel in dem 
überwiegend grössten Theile der Chanson. Kleinere, auch 
grossere Reimpartieen, die sich mitten in der Assonanzenredaction 
vorfinden, lenken schon im Voraus die Aufmerksamkeit auf das, 
um bildlich zu reden, von v. 1498—1840 noch im Kampfe mit 
der Assonanz begriffene , alsdann aber einen bedingungsweisen 
Sieg erfechtende reimende Metrum. Eine kleine Tabelle, in 
der die vorkommenden Zahlen die Seiten des gedruckten Textes 
bezeichnen, in der die Tirade anhebt, mag das Gesagte ver- 
anschaulichen : 

Assonanzen: 

I. Reines a (von nasalem a vollständig geschieden): 44, 46. 
46 zeigt schon entschieden Reimcharacter, von 102 Zeilen 
(v. 1499—1601) 65 Reime auf a, 30 auf al. Die Angleichung 
an den Reim war stellenweise sehr leicht, so weist BC: »contreual 
en abatc in v. 1546 noch auf die ursprüngliche assonirende Weise 
hin, A bringt durch Umstellung von abat und contreval leicht 
die Reimangleichung zu Stande; v. 1551 AC: »Ii a prins de la 
charc gegen J9, welches dem Reim auf a zu Liebe prins durch 
anuoia ersetzt und in den Versausgang schiebt, derselbe Process 
a. a. 0. — IL a vor Nasalen; 10. — III. Geschlossenes e: 
1, 12, 19, 26, 29, 31, 36, 44, 54. (56?) Diese Ass. begreift die 



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längsten und zahlreichsten Tiraden in sich, weisst aber auch 
am ehesten die Tendenz zur Reimbildung auf. So die glatt- 
gereimten Zeilen der Eingangsversion, die von besonderer 
Wichtigkeit für die Kritik sind; einen durchgehenden Reim auf 
68 hat 26 in v. 888 — 914, ferner 36 in v. 1183 — 1214 und 
1219— 1231. In 56 dominirt der Reim. — IV. Geschlossenes 
e -e: 32. — V. i: 19, 24, 33, 41. (51?) - VI. Männliche 
te-Ass.: 6, 21, 34. (51?) — VE i— e: 53 (stark gereimt). — 
VIII. oi: 14, 23, 29, 55. — 55 hat trotz der weit vorgeschobenen 
Stellung unter den assonirenden Tiraden noch am treuesten ur- 
sprünglichen Character bewahrt, obgleich die unmittelbar voran- 
gehenden wie folgenden Tiraden schon stark die characteristische 
Form des Reimmetrums tragen. — IX. o vor Nasalen: 5, 9, 
13, 17, 28, 32. (49, 55?) 32 mischt jedoch o vor Nas. theüweise 
mit o vor anderen Consonanten. — X. ü: 17, 24, 52. — 
Zwischen diesen assonirenden Tiraden finden sich 3 selbstständige 
Reimtiraden: 1) auf ais: 5. — 2) a: 11. — 3) ier: 30. — 
Alle folgenden sind Reimtiraden, also beinahe fünf Sechstel des 
Umfanges unserer Dichtung, eine einfache Aufzahlung der ver- 
schiedenen Reimendungen möge genügen: 
Reime: 

I. a: (11) 71, 98, 120, 178, 233, 323. — II. ai; 242. - OL ai*e: 93. - 
IV. aigne: 164. - V. aille: 183. - VI. ainae: 59. - VII. aint: 217.- 
VIII. aire: 239. - IX. ais: (5), 133. — X. al: (46), 285, 306. - 
XL ance: 272. — XII. ant: 58, 77, 136, 159, 251, 278, 310, 314, 323. - 
XIII. art: 155. - XIV. ans: 261. - XV. ant: 173. 

XVI. e: 57, 83, 99, 110. 121, 142, 174, 180, 186, 200, 230, 259, 267, 
297, 300, 307, 316, 320, 322. - XVII. ee: 68, 90, 138, 208, 237, 244, 276, 
280. - XVIII. el: 118, 135, 150, 202, 240, 280, 283. — XIX. ele (eile): 
78, 269, 281. — XX. ent: 112, 132, 157, 175, 192, 201, 218, 229, 262, 
278, 314. - XXL ente: 267. — XXII. ers (res): 216. - XXIII. er: 96, 
118, 167, 215, 266, 319. - XXIV. ez: 59, 75, 82, 101, 128, 161, 194, 211, 
225, 252, 308. 

XXV. i: 50, 97, 104, 151, 177, 185, 198, 232. XXVI. ie: 66, 119, 
144, 149, 203, 212, 235, 247, 257, 274, 282, 313, 320, 326. - XXVII. ie 
51, 184, 204. -r XXVIII. ier: 81, 82, 91, 94,. 103, 107, 116, 125, H6 5 



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57 



164, 178, 180, 197, 222 , 249 , 264, 270, 282, 295, 302. — XXIX. iere: 
285, 294. - XXX. iez: 171. - XXXI. in: 109. - XXXII. ir: 74, 153, 
278. - XXXIII. is: 64, 80 , 95, 113, 130, 148, 155, 169, 191, 210 , 317, 
321. - XXXIV. it: 133. 

XXXV. oi: 158, 182, 260. - XXXVI. oir: 144. - XXXVII. ois: 62, 
256. — XXXVIII. ea: 49, 54 , 63, 70, 88, 93, 193, 124, 139, 160, 172, 
189, 207, 234, 242, 254, 262, 282, 284, 286, 291, 299, 301, 304, 311, 315. - 
XXXIX. omt: 134. - XL. or: 152. - XLI. oe (ors): 276. - XLU. oute 
(oute): 217. 

XLHL u: 86, 115, 147, 206, 236, 290, 318. - XLIV. ne: 73, 273, 
294. - XLV. iure: 79, 241. - XLVI. us: 189. 

Aber einen nur bedingungsweisen Sieg errang das Reim- 
metrum, in gar vielen Fällen schaut die alte assonirende Be- 
arbeitung unter der späteren Hülle noch hervor (vgl. Tiraden 
wie 155 (art), 135 (el), 167 (er), 144 (ie), 153 (ir), 64 (is) u.a.m.). 
Auf ein gewichtiges Moment hat besonders P. Meyer aufmerk- 
sam gemacht; er sagt in seiner obengenannten Abhandlung 
»Gaydon präsente un phänomene singulier. Du vers 1 au v. 
2585, et du v. 9242 jusqu'ä la fin du poeme, qui a 10887 vers, 
on rencontre six laisses assez longues oü les rimes an et en 
sont m6lang£es dans la proportion que comporte la langue, 
mais la partie interm&liaire offre des tirades souvent fort longues 
oü la finale ent domine presque exclusivement etc.c Mit Recht 
hat er aus diesem Grunde auf ein Remaniement schliessen zu 
müssen geglaubt; man könnte freilich leicht einwenden wollen, 
die anscheinende Assonanz der späteren Reimbearbeitung sei 
nur eine ungenaue Reimform, dass diese Annahme kaum stich- 
haltig sein würde, lehrt ein inhaltlicher Vergleich zwischen der 
Assonanzen- und Reimredaction der Chanson unter gleichzeitiger 
Beachtung der Anwendung der verschiedenen Metra. 

Es ist das Verdienst der Herausgeber der Ch. de Gaydon, 
dass sie, trotzdem sie deren metrische Seite in keiner Weise 
berücksichtigten, zuerst eingehender auf den Gontrast in Inhalt 
und Darstellung der Dichtung eingingen. Sie suchen und finden 
freilich eine etwas erzwungene Erklärung dieses Gegensatzes in 



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58 



der Annahme, dass der Autor der Gh., ein vermittelndes Talent, 
die Bestrebungen der altepisch-nationalen mit der neuepischen 
Kunstschule, die ihre Stoffe aus der bretonisch-keltischen Tradition 
herholte, habe vereinigen wollen, aber auf diese Weise nur 
einen unliebsamen Gontrast hervorgerufen habe, der zugleich 
die Unpopularität des Gh. de Gaydon veranlasste. Ein Gegen- 
satz zwischen episch -feudalem und episch -romantischem Ge- 
schmacke liegt allerdings in Inhalt und Darstellung unserer 
Dichtung vor, doch ist derselbe nicht mit bewusster Absicht 
geschaffen worden, sondern nur ein aus verschiedener Bear- 
beitung des Inhalts hervorgegangenes Product, die episch-roman- 
tischen Partieen sind nur anorganisch mit den episch -feudalen 
verbunden worden. Und was die Unpopularität der Chanson 
betreffen sollte, so beruht sie wohl darauf, dass unser Gedicht 
eine zu locale Färbung trägt, nicht allgemein nationalen Zwecken, 
sondern nur angevinischen Parteiintel essen huldigt. Lassen 
wir diese Fragen secundären Interesses jedoch aus dem Auge 
und citiren wir die Worte der Herausgeber, soweit sie eben 
den inhaltlichen Unterschied markiren. Mit Recht dürfen sie 
bezüglich des älteren assonirenden Theiles behaupten: »La 
premtere partie du räcit, jusqu'ä la mort de Thibaut d'Aspremont, 
renferme les Clements d f un drame complet, avec unit6 d'aetion, 
unitt de temps, unite de lieu. La mort de Thibaut en est le 
denouement moral. Si Pauteur de Gaydon avait pu s'arrtler 
lä, il nous eüt laisse un poeme trfes-simple, tres-court et trts- 
bien con?u, sauf la donn£e un peu faible et un peu naive 
des pommes empoisonnöes. Depuis ce tableau jusqu'ä la mort 
de Thibaut, notre poete, selon nous, a fait preuve de beau- 
coup d'art, et s'est montr6 tout au moins un habile dramaturge.« 
Wir fanden aber schon, dass der Reim in den letzten 350 
Versen dieses Abschnittes entschieden ein Uebergewicht über 
die Assonanz zu gewinnen begann , und vergleichen wir diesen 
Theil inhaltlich, so begreift es sich, wie grade dort ein Ueber- 
arbeiter, ein späterer Umformer des assonirenden Metrums ein- 



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setzen konnte und wollte, um eine Verbindung mit den nun 
folgenden mehr oder weniger frei im Reimmetrum abgefassten 
Abschnitten zu bewerkstelligen; denn was bot sich besser zur 
Angleichung an das Reimmetrum dar als ein umständlicher 
Bericht eines Zweikampfes, wo es so leicht war, stereotype 
Formeln, die aus Schalt -Hemistichen, Parallelismen und ähn- 
lichem Material bestehen, und stets sich für einen beliebigen 
Versausgang gereimter Natur verwenden lassen, zur Benutzung 
zu bringen. War dann die Brücke einmal geschlagen, so liess 
sich der folgende Stoff in pleno bearbeiten. Dass der Ueber- 
arbeiter sich schon an [passender Stelle in dem assonirenden 
Theile versuchte, zeigen die eingeschobenen Reimtiraden, 
besonders die unter Assonanz ID. mitgetheilten Stellen. Kein 
Wunder aber, dass dann später mit der metrischen Ver- 
flachung, mit der formalen Verschlimmerung, (dieselbe beginnt 
sofort mit der allgemeinern Einführung des Reims, vergl. vv. 
1498—1502 die lästige Wiederholung von »tort und »viennentc, 
die ausserordentliche Häufung gleichartiger und gleichwertiger 
Ausdrucke in derselben Tirade), dem Ueberhandnehmen der 
Reflection 8 ], verfehlter Anwendung der Nomenclatur (so 
bezeichnet Gautier d' Avalon, der in v.583 mit Recht ein Gane- 
lonide genannt ist, v. 8096 einen der entschiedensten Gegner 
derselben, Gautier le vavasor und v. 9715 auch einen Vasallen 
der Claresme, ein Fall, der in der afrz. epischen Nomenclatur 
ziemlich isolirt dasteht) die Abblassung des Inhaltes gleichen Schritt 
halten muss, und so ist es nur zu richtig geurtheilt, wenn die 
Herausgeber inbetreff des Schlusses unserer Gh. von dem ihrer- 
seits angenommenen Autor aussagen: II pröcipite les tfvene- 
ments, sans prendre la peine de les amener, brusque les situa- 
tions, et ne semble avoir souci que de s' acquitter au plus vite 
de la täche qu'il s'est donnäe.» Nicht zu häufig ist die spatere 
Darstellung von einem wirklich poetischen Lichtstrahle erhellt, 
nieist ist es nur eine frostige und einförmige Schilderung von un- 
aufhörlichen Kämpfen, Hinterhalten und Abenteuern. Und trotz . 



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dieses Contrastes oder sogar wegen dieser anscheinenden Un- 
verbundenheit liegt ein episch-feudaler Hauch über dem Ganzen, 
mag auch der Schluss der Dichtung sich durch eine unvermuthete, 
eigentümliche Verknüpfung der Umstände zu einer Art Liebes- 
roraan gestalten. Obgleich beide Redactionen sich in so 
bedeutsamster Weise formell, metrisch und inhaltlich von 
einander unterscheiden, wäre es daher wohl gewagt, die Reim- 
redaction als eine blosse Nachdichtung zu erklären und sie als 
innerlich abgeschlossene Handlung streng ton der älteren zu 
sondern. Grade die Handlung dieser älteren, assonirenden 
Redaction weist aus inhaltlichen und technischen Gründen 
auf eine unmittelbare Fortsetzung hin, aller epischen Tradition 
zuwider würde uns in dem Helden der Erzählung ein Schwächling 
vor Augen gefuhrt worden sein, sollte er nicht gegen die Tyrannei 
seines Oberherrn wirksame Reactiön ausüben dürfen, sollte er 
nicht den ihm vom Kaiser aufgezwungenen Zweikampf gegen 
Thibaut d'Aspremont den Krieg um Angers folgen lassen, der 
im letzten Grunde nur die logisch -epische Consequenz jenes 
dem Angevinerhelden zugefügten Unrechtes ist. Ausserdem 
weist aber auch der assonirende Text von unzweifelhaft alter 
Bearbeitung auf die nachfolgenden Ereignisse unmittelbar hin, 
abgesehen davon, dass dieselben verschiedentlich auf histo- 
rische Facta aus der älteren aagevinischen Geschichte Bezug 
nehmen. 

Und um ein Beispiel aus unmittelbarster Nähe anzuführen, 
so bietet der Roman de Roncevaux ein Analogen für die Gh. 
de Gaydon - aus unmittelbarster Nähe, da die von demselben 
Schreiber wie Text A des Gaydon (A der Text der Druck- 
ausgabe, B die andere Pergamenths., C die Papierhs.) geschriebene 
Version P des Rolandsliedes im Schlusstheile, der Vengeance 
Roland, nicht allein formell, sondern auch inhaltlich von den 
übrigen Theilen, namentlich im Vergleiche mit 0, dem assonirenden 
Texte der Gh. de Roland, abweicht. Das Pendant zur Gh. de 
Roland, die Gh. d' Aleschans, trägt ein noch glatteres Reim- 



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gewand als der R. de Roncfevaux und unsere Dichtung , und 
doch weist sowohl Inhalt wie Darstellung auf eine sehr alte 
Vorlage hin. Noch interessanter ist z. B. die Ch. des Saisnes 
für unseren Fall; Jehan Bodel fasste diese seine Dichtung gegen 
Ende des 12. Jahrhunderts ab. Vergleicht man nun seine Dar- 
stellung mit der unserer Ch., so fallt auf, dass in ersterer eine 
noch yiel ausgesprochenere Tendenz vorherrscht. Nicht allein 
sind die Figuren Karls und seiner Barone von Jean Bodel viel 
mehr verunehrt denn kl unserer Dichtung , sondern auch das 
Wirrsal von Kämpfen und Hinterhalten ist ein viel grösseres und 
verwickelteres. Sollte in dem Ueberarbeiter des Gaydon weniger 
ein Umdichter einer älteren Chanson als ein reiner Nachdichter zu 
suchen sein, so würde er sicherlich seinen Vorgänger J. Bodel noch 
zu fiberbieten gesucht haben, denn nach dem von den Heraus- 
gebern unserer Ch. auf Grund von v. 6466 festgesetzten Datum 
der event. Entstehungszeit derselben fallt dieselbe hinter das 
Jahr 1216, mithin eine ganze Generation nach Bodel's Abfassung 
der Gh. des Saisnes. Letztere ist ausserdem in zwölfeilbigen 
Versen abgefasst, gegen die Wende des 12. Jahrhunderts aber 
treten die dodecasyllabischen Epen in solch' grosser Zahl auf, 
dass eine Verdrängung der zehnsiibigen Ch. de geste nothwendig 
angenommen werden muss, wenigstens muss es als sicheres 
Factum gelten, dass das 13. Jahrhundert keine eigentlichen 
Originaldichtungen in zehnsilbigem Metrum mehr hevorbrachte. 
Ausser Gaydon gehört nur noch Ans&s de Carthage von zehn- 
siibigen Chansons des 13. Jahrh. zum Cyclus der geste du roi; 
Anseis aber weist durch seine assonirenden Tiraden inmitten 
der Reimversion entschieden auf eine ältere Vorlage des 12. Jahr- 
hunderts hin, somit bleiben nur noch die in zehnsilbigem 
Metrum abgefassten Chansons der geste de Guillaume d'Orenge 
übrig, für die eine gründliche Untersuchung sicher Analoges 
bestätigen wird. Das zehnsilbige Versmaass wurde also im 
13. Jahrh. wenigstens für den Karlssagencyclus nur noch für 
Ueberarbeitongen älterer Vorlagen gebraucht, mithin bezieh 



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sich die festgestellte Datirung des Gay. weniger auf das Original, 
als vielmehr auf eine Ueberarbeitung der älteren Fassung, ist 
also nur ein weiterer Beleg dafür, dass die überkommene 
Version als Umdichtung aufzufassen ist 

Es erübrigt nun beim Schlüsse dieses Abschnittes in einigen 
Worten des Handschriftenverhältnisses der Gh. de Gaydon zu 
gedenken. Schon oben wurde mitgetheilt, dass die Editoren, Luce 
und Guessard, sich durch die äusseren Vorzüge des Ms. Fonds 
fran$. 860 bewegen Hessen, dasselbe als Text A ihrer Ausgabe 
zu Grunde zu legen ; sie wurden zu dieser Annahme wohl auch 
durch P. Paris in »Hist litt. XXII. , 434« bestimmt, der mitge- 
theilt hatte, dass A ziemlich genau C folge und B schätzbare 
Varianten biete. So scheint auf den ersten Blick ihre Wahl 
eine passende, ja für eine kritische Ausgabe nothwendige zu 
sein. Doch P. Paris irrte, schätzbare Varianten zu AC bietet 
B nur in den ersten 157 Eingangszeilen (von la— 2b 17, corre- 
spondirend den ersten 130 Zeilen in AC), geht man über diese 
ersten Verse hinaus, so gestaltet sich der Thatbestand wesent- 
lich anders. Es folgt alsdann in gemeinsamen richtigen wie 
fehlerhaften Lesarten Version B ziemlich genau C. Es bedarf 
noch einer erweiterten Untersuchung, um die Gonfiguration 
des Handschriftenverhältnisses abschliessend darzulegen, doch 
kann ich, indem die nähere Ausführung und die Verantwortung 
einer erscheinenden kritischen Ausgabe der Gh. de Gaydon vor- 
behalten bleibt, schon jetzt mit Sicherheit feststellen, dass bei 
Anlage einer solchen wesentlich BC unter Zugrundelegung 
des Textes B zu Rathe gezogen werden müssen; weniger 
wird die der ersten Ausgabe unterliegende Version in das Ge- 
wicht fallen können. Da B der älteste Text ist, so wird auf 
diese Weise die ältere Ueberlieferung der Chanson de Gaydon 
wieder zu ihrem Rechte gelangen. 

Die erwähnten Eingangstiraden, namentlich aber die ersten 
Anfangszeilen derselben, verdienen eine ganz besondere Be- 
achtung. Version B stellt nämlich in ihnen die Person Karls 



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wesentlich in den Vordergrund der Handlung und geht erst, 
nachdem sie kurz auf fol. 1 a einen zusammenfassenden Abriss 
des Rolandsliedes gegeben, auf die neben Karl die Hauptrolle 
spielenden Personen über. Ausdrücklich heisst es fol. la 6 
Ainz est de Challe le roi de Saint Denise. 

AC hingegen wissen von einer »bonne chansonc : 

C* est de Gaydon qui tant fist a loer (monlt fut preux et bei) 
Don dno Naymon (Et de N.) qni tant (monlt) fist a amer 
Et don Danois qni fn nes ontremer 
Aprex de Charle, nostre emperere ber. 

Hier gilt Gaydon entschieden als Hauptperson, dann folgen 
Naymes und Ogier, erst zuletzt Charles. Es ist dies charac- 
teristisch für eine spätere Epoche, denn die ältesten Epen stellen 
stets die Person Karls resp. Guillaume's an die Spitze ihrer 
Einleitung. Dagegen enthalten AC v. 8 — 9 eine Anspielung 
auf die spät abgefasste Ch. de Gui de Bourgogne und v. 46 — 49 
bringen eine namhafte Abweichung von der Ueberlieferung des 
Rolandsliedes; alles also trägt, abgesehen noch von den formalen 
Verschlechterungen des Textes, dazu bei, der Eingangsversion AC 
das Gepräge jüngerer Abfassung zu geben. Und doch bietet 
ungeachtet 'der wesentlichen Unterschiede dieser Zeilen in AC 
von denen in B im Uebrigen BC eine ziemlich genau überein- 
stimmende Version. Wie ist dies zu erklären? Wohl durch 
den schon oben hervorgehobenen Gegensatz in Assonanz und 
Reim. Während nämlich B mit Ausnahme der ersten 3—4 Verse 
assonirendes Metrum zeigt, ist A C in den ersten 14 resp. 
19 Zeilen glattgereimt; der Ueberarbeiter, dem es darauf ankam, 
die Persönlichkeit Gaydon's in den Vordergrund der Handlung 
rücken zu lassen, hat dies auch äusserlich gleich in den einleitenden 
Zeilen versucht; da im Uebrigen auch AC assonirende Vers- 
ausgänge aufweist, so durfte man aus jener gereimten Stelle 
die auf die Gh. de Gui de Bourg. gemachte Andeutung auszu- 
scheiden und im Uebrigen den gereimten Text A C analog der 
Lesart B herzustellen haben. Eine derartige Herstellung dürfte 



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sich am so mehr empfehlen, als die spätere Situation, in welcher 
Thibaut d'Aspremont von AC vorgeführt ist, inhaltlich ganz 
besonders an das älteste Epos, an dieselbe Situation erinnert, 
wie sie zu Beginn der Ch. de Roland geschildert wird. Darf 
man daher aus den angeführten Gründen die Eingangsversion 
AC als starke Ueberarbeitung eines älteren Originals betrachten, 
so löst sich die oben erwähnte Schwierigkeit in einfachster und 
befriedigenster Weise, wenn man annimmt, dass B hier nicht 
die ursprünglichere Gestalt bewahrt, sondern vielmehr die 
Fassung seines Originals (welches zugleich das von AG) selbst- 
ständig oder unter Benutzung einer anderen Fassung abänderte. 



IL 

Die Quellen der Chanson de Gaydon. 

Die Chanson de Gaydon gehört derjenigen Klasse altfranz. 
Karlsepen an, welche die Kriege des Kaisers mit seinen Vasallen 
zum Gegenstande der Darstellung machen. Indem sie so 
wesentlich späte Traditionen in den Bereich derselben hineinzieht, 
vollzieht sich in ihr' und zwar bei dem obwaltenden inhaltlichen 
Contrast in um so fühlbarerer Weise die Tendenz, die Person 
des im ältesten Epos als Krieger und Friedensfürst gleich 
gewaltigen und erhabenen Frankenkaisers einem Vasallen gegen- 
über in ein ungünstiges Licht zu stellen, einem Vasallen gegenüber, 
der unschuldig verfolgt, aber endlich glänzend gerechtfertigt, 
gestützt auf seine Waffenerfolge dem kaiserlichen Dränger den 
Frieden und die damit verbundene Versöhnung abverlangen 
darf. Diesen Grundtypus verschiedener epischer Berichte über 
die Kriege Karls mit seinen Vasallen weist auch unsere 



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66 

Dichtung auf, ihr tendenziöser Bericht bezweckt nicht den Lehns- 
herrn, sondern den rebellirenden Lehnsträger lieben, ehren und 
bewundern zu lassen; vor Allem ist der jüngere reimende 
Ueberarbeiter ganz von dieser Anschauung durchdrungen. Der 
unschuldig verfolgte, siegreich gegen rohe Gewalt und heim- 
tückische List kampfende, endlich aber glänzend gerechtfertigte 
Held ist in unserer Gh., wie schon deren Titel besagt, Gaydon, 
der tapfere einflussreiohe Angevinerfurst ; um ihn gruppiren 
sich seine beiden Neffen, Ferrant und Amaufroi und in. weitem 
Kreise die Fürsten und Herren der angrenzenden Landstriche, 
alle im Vereine gegen den gewaltthätigen Oberlehnsherrn und 
dessen verderbliche Rathgeber aus dem Stamme Ganelon's. 

Nicht nur der Anlage nach , sondern auch mit Bezug auf 
ihr Queltenverhältniss schliesst sich die Gh. de Gaydon 
an jene Gruppe der Karlsepen an, welche die Kriege des 
Kaisers gegen seine Vasallen zum Gegenstände besonderer 
Darstellung machen; naturgemäss sind als ihre Vorbilder die 
ältesten Berichte besonders zu berücksichtigen, und wir werden 
sehen, wie sich der ursprüngliche Bearbeiter namentlich an diese 
anlehnte, «90 dass die Anhäufung des epischen Materials auf 
der Grundlage älterer historischer Facta in planmässigster Form 
erfolgte. Freilich sind manchmal die Anklänge vagerer Natur, 
aber eine vergleichende Untersuchung wird davor schützen, 
das Unbedeutende zu überschätzen, oder das Bedeutende nicht in 
gebührender Art zu berücksichtigen. Mit der Besprechung der 
epischen Handlung , die sich an die Person des Haupthelden 
anschliesst, sei zunächst unsere Untersuchung eingeleitet. 

Aus der Gl. de Roland ist die . Person Gaydon V] wohlbe- 
kannt; kein anderer und geringerer .als der jugendliche Held 
Thierry, der aus innerstem Drange Roland's Tod an Pinabel, 
Ganelons trotzigem Bürgen,, rächt und sich für diese That den 
höchsten Dank Karls und seiner Barone erwirbt (s. Gautier, La 
Ch. de Rol., öd. class. Tir. 314), ist in ihm zu suchen. An 
diesen glänzenden Waffenerfolg knüpft die Ch. de Gaydon an 



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66 



und baut auf der Darstellung des Zwistes, der nun zwischen 
dem jungen Krieger und den ihm zu Todfeinden gewordenen 
Ganeloniden ausbrechen musste, ihre Erzählung auf. Ein histori- 
sches Recht erfüllte 4 der Ehrenrächer Rolands, denn verschiedene 
Traditionen in der Rolandslegende weisen auf Anjou, das zugleich 
Gaydons Stammland ist 6 ], obgleich nicht die gesantmte Ueberliefe- 
rung Gaydon als Fürsten von Anjou bezeichnet (ich fasse hier 
die Identität Gaydon's mit Thierry als eine ausgemachte That- 
sache) 6 ]. Die ältere Ueberlieferung, Version 0 der Ch. de Rol, 
kennt ihn als Bruder des berühmten Gefrei d' Anjou (v. 2883 u. 
gegen Schluss), ebenso die Karlamagnüs Saga (ed. Unger, pg. 48 
in der nord. Uebertragung des »Charlemagnec), sie schliesst damit 
die Herkunft Thierry's aus Anjou eigentlich aus; die jüngere 
Ueberlieferung im Roman de Roncevauz und in unserer Gh. 
bezeichnet ihn als Sohn des Joiffroy l'Angevin und als seinen 
Nachfolger in der Fürstenwürde, stempelt ihn dadurch also zum 
Angehörigen Anjou's']. Turpin lässt diese Beziehung fidlen, er 
nennt ihn schlechthin Tedericus und mit ihm die Chroniken 
von Tournay, Philippe Mousket, von St. Denis nur Henry (ebenso 
der afr. Fierabras, v. 6212, mit Fi, dB und dS des Rolands- 
liedes, während La Prise de Pampelune in v. 178, 872 a. a. 0. 
der jüngeren Ueberlieferung folgt). Im Prosaromane »Charlemagne 
und Ansäs« (s. Leon Gautier, Ep. franf. IL 1 407 flf. = UI 9 . 
586 ff. Anm.) ist sogar eine Verwechselung mit Thierri d'Ardane 
eingetreten, zweifellos kannte aber auch die UrÜberlieferung nur 
einen Helden Thierry. dk nennt ihn abweichend einen Sohn Gerart's 
van Anschauwen (s. Bartsch, »Ueber Karlmeinet«, pg. 175 iE). 

Bestimmtere Nachrichten bringt jedoch die Tradition inbetreff 
seines Verhältnisses zu Roland« Einstimmig gilt er als der 
Knappe, der Schildträger (escuier) dieses Helden 8 ]. Im Auftrage 
desselben überbringt er nach unserem Gedichte (Gay. v. 476—477) 
dem Kaiser die Nachricht von der Niederlage bei RoncevaL Er 
hatte das grosse Unglück, das mit jener Schlacht hereinbrach, mit- 
erlebt und war bei den letzten Todesmomenten seines Herrn zugegen 



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gewesen. Nach der Angabe unserer Chanson (s. Anm. 9 ) hatte 
ihn Rioul du Mans — denn dieser war sein erster Erzieher 
(Gay. y. 831 ff.) - Rolands Hut übergeben, als dieser, selbst 
noch jung an Jahren, den Riesen Hyaumont in Aspremont 
besiegte. 7 Jahre (6. v. 456—458) hütet er dessen »conroi«. 
Wegen dieses engeren Verhältnisses zu Roland glauben dS 
(v. 11819—11821) und dB (Bartsch, pg. 333) ihn auch in nahe 
verwandtschaftliche Beziehungen zu demselben bringen zu müssen 
und kennt dK (Keller, pg. 806) eine merkwürdige Glosse zur 
Jugend Thierry's. Die spätere Tradition •] bietet wie natürlich 
die meisten Mittheilungen über die Jugendgeschichte unseres 
Helden. Ganz abweichend verhalten sich aber nur die Chroniken 
von Tournay und Philippe Mousket, die vielleicht aus Missver- 
ständniss Turpins, Thierry einen Schildträger Baudouins nennen. 

Jedenfalls ist Turpin für das Quellenverhältniss aller dieser 
Nachrichten höchst instructiv. Schon G. Paris hat darauf hin- 
gewiesen, dass der Verfasser der Ch. de Gaydon und der Chronik 
Turpins den Wunsch mit einander gemein hätten, die Authen- 
ticität ihrer Berichte gegen allen Zweifel sichergestellt zu sehen. 
In Turpin sind es Baldewinus und Tedericus, in der älteren 
Eingangsversion unserer Dichtung neben letzterem Gondrebuef 
(B lb5— 7), welche lebend dem Blutbade zu Roncevaux ent- 
rinnen (eine ähnliche Tradition bringt ja auch »Aleschans« und 
die Ch. d'Acquin) und dem Kaiser die Unglückspost überbringen. 
Eine frappante Uebereinstimmung herrscht also zwischen beiden 
Berichten. Baldewinus, der als eine Parallelfigur des Tedericus 
in Turpin eine Hauptrolle spielt, ist natürlich in der Ch. de 
Gaydon mit keiner Silbe erwähnt, war es doch zu anstössig, 
neben der Hauptperson noch einen andern Berichterstatter als 
Rivalen auftreten zu lassen. Gay., w. 459 — 478 fassen aber 
wesentlich alles zusammen, was Turpin (ed. Ciampi) in Cap. 12, 
22, 24 und 26 über Tedericus berichtet Es heisst dort an 
einer Stelle in C. 23: »MoxRolandus Dei virtute fretus intravit 
inter acies Saracenorum, illos ad dexteram et laevam praecipitando 

5 



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et consecutus est Marsirium fugientem et potenti 
Dei virtute illam inter alios peremit Tunc in eodera 
bello centum socii Rolandi quos secum duxerat interfecti sunt, 
et idem Rolandus quatuor lanceis vulneratus est ete«, 
übereinstimmend mit Gay., v. 465 ff M wo Rolands »escuierc, 
in Erinnerung an den denkwürdigen Augenblick des Todes- 
kampfes seines Herrn versunken, spricht: 

Li du8 Rollans m'embrasa contre soi 
Quant il sonna ton olyfant troit fois 
La maistre nainne dou ouer Ii dearompoit 
Parmi la bouche toos Ii sans Ii filoit 
Tel qaatre rai en uolerent sor moi 
De tout le menre, par la foi que voz doi 
Poisse emplir an bacin demanois 

Entsprechen diese »quatre rai« nicht den »quatuor lanceis« 
der Vorlage, und weiter v. 474 ff. 

II m'enuoia bot an delirier noroia 
C'est Clinevent, ja meillor ne verreis 
II m 1 enuoia bona rois desci a toi 
Por raconter le voir com il estoit, 

und von diesem Rosse wird v. 1205—6 behauptet: 

Deaor celai fa Marsilies tue* 
En Roncevauls si come ol auez 

Nur Turpin und die Gh. de Gaydon lassen Marsilie in Ron- 
ceval selbst sterben. Was aber interessanter ist, wir erhalten 
hier einen unmittelbaren Einblick in das Combinationstalent 
sei es des eigentlichen Dichters unseres Gaydon, sei es seines 
späteren Ueberarbeiters. Marsilies ist in der Schlacht gefallen, 
sein Pferd fiel also nach Gaydon Roland als Beute tu, auf 
diesem nun schickt er Thierry alias Gaydon aus, die Unglücks- 
botschaft von der grossen Niederlage an Karl zu überbringen — 
nicht auf Veillantif, Rolands eigenem Rosse, auf dem nachTurpins 
Darstellung schon Baldewinus (super equum Rolandi) in gleicher 
Absicht sich von der Wahlstatt entfernt hatte — unser Autor 



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«9 



lagst also die Mission des Baldewinus einfach Thierry auf des 
getödteten Marsilies Rosse ausrichten. >Si come 01 auez« mag 
hier geradezu als eine Art Berufung an die authentische lateini- 
sche Vorlage gelten. 

In gleicher Weise wie die Figur des Baldewinus, sollte Thierry- 
Gaydon eine wirklich imposante Rolle spielen, aus der epischen 
Handlung ausgemerzt werden rousste, ist es ftuch der Persön- 
lichkeit Geoffroi's d'Anjou ergangen. Zu den Baronen, die nach 
der Gh. de R, es sich besonders angelegen sein lassen, den jungen 
Besieger Pinabels in herzlichster Weise zu beglückwünschen, 
gehört neben Karl in erster Linie Geoffroi d'Anjou (L. Gautier, 
Gh. de Rol., tir. 314). Die Gh. de Gaydon dagegen rechnet ihn 
bereits zu den Todten, zu den bei Roncevaux gefallenen Streitern, 
(v. 459-464): 

En Roncevax ou nos fnmes destroit 

En la bataille ou ne fumez que troi 

Ce fu Rollans et rarceueague et moi 

La vi mon pere detranchier deuant moi 

Je ne Ii poi ne aidier ne ualoir 

Gar de trois plaies oi le euer moult destroit. 

Die genaue Darlegung der Beziehungen Gaydons zu Roland, 
die, wenn auch spate und für die kritische Beurtheilung der 
Berichte Turpins und der Ch. de Gaydon characteristische 
Motivirung des Zusammenhangs der Thierry-Gaydon- zur Rolands- 
legende lässt es aber erst begreifen, wie es möglich war, dass 
Thierry so energisch für die Ehre seines Herrn eintrat, als man 
im Heerlager Karls nahe daran war, die Sache des im Helden- 
kampf gefallenen Paladinen der des Hochverräthers Ganelon 
zu opfern; ganz unmotivirt lässt die älteste Ueberlieferung des 
Rolandsliedes den jungen Helden Thierry auftreten und auf 
energische und schnelle Bestrafung des Schuldigen drängen, ihr 
Bericht erweckt daher gerechte Zweifel und drängt unwillkürlich 
dazu, an dieser Stelle eine spätere, anorganisch mit den übrigen 
Sagenbestandtheilen der Rolandslegende verbundene Tradition 

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zu vermuthen. — Ein Neuling im Ritterhandwerke (nach seinem 
Entkommen aus dem Treffen bei Roncevaux wird Gaydon vom 
Kaiser zum Ritter geschlagen , B lb 5—9, s. Luce, prgf. Sl) 
erlegt er seinen trotzigen, körperlich überlegenen Gegner 1 *], 
den Ganeloniden Pinabel und entscheidet damit Ganelon's 
Schuld. Diesen herben Verlust konnten die Ganeloniden nicht 
verschmerzen; als naturliche Todfeinde Hessen sie nun nichts 
unversucht, ihrem Widersacher, der ihr moralisches Ansehen, 
ihre Stellung am Hofe Karls, ihre hochfliegenden Pläne zu 
nichte gemacht, zu schaden. Thibaut und Alori, nach Ganelon's 
Tode Häupter der zahlreichen Verwandtschaft des Hochver- 
räthers ersinnen ein Mittel, den verhassten Angeviner und 
seinen Schutzherrn aus dem Wege zu räumen. Im Einver- 
ständniss mit ihren Verwandten schicken sie einen Boten mit 
vergifteten Aepfeln im Auftrage Gaydon's an den Kaiser, doch 
nicht dieser, sondern einer der Hofleute fallt als Opfer des 
Verrathes. Dieses Motiv findet sich zwar verschiedentlich in 
französischen Epen wieder, scheint aber in unserer Ch. zuerst 
verwandt worden zu sein, wenigstens deuten deutlich auf Gaydon 
als Vorbild hin die Versionen in »Charles le Chauvec (Hist. litt 
26, 95), »Ciperis de Vignevaux« (Hist. litt. 26, 98) und in der 
aus dem Französischen übertragenen Harleian Version des mittel- 
englischen »Morte Arthur« (s. Ellis, Spec. of Early Engl. Mehr. 
Rom. voll., 339) und schliesslich die wörtlich herübergenommene 
in »Parise la Duchesse«, wie schon die Herausgeber dieses epi- 
schen Romans nachgewiesen haben 11 ]. (Vergl. auch für »Les 
Enfances Garin de Montglane« Gautier, Epop. fran^ni^Qö und 
für den »Charlemagne« des »Girart d' Amiens« G. Paris in Hist 
poet. 471 u. 477, sowie »Hugues Capet«.) Die Herausgeber des 
»Gaydon« sahen in diesem Motive »wie donn£e un peu ßubfe 
et un peu naive«, eine subjective Ansicht, gegen die die uralte 
Tradition eines unserer reizendsten Volksmährchen »Schnee- 
wittchen« entschieden spricht. 

Naturgemäss richtet sich des Kaisers ungezügelter Zorn 



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gegen den arglosen Angeviner, der kurz nach jenem Vorfalle die 
Rathsversammlung Karls und seiner Barone mit allen Anzeichen 
eines durchaus schuldlosen Gemüthes besucht. Laute Drohungen 
und Schmähungen des Kaisers, wilde Herausforderungen Thibauts, 
der nicht zufrieden damit, den Verrath eingefädelt zu haben, 
sein Opfer auch durch die Gewalt seiner körperlichen Ueber- 
legenheit zu Grunde richten will und durch eine erfundene 
Lügengeschichte den Kaiser für sich gewinnt, die Verlegenheit 
des unglücklichen Angeviners, der sich vergebens auf seine 
langjährigen treuen Dienste beruft, die furchtsame Zurückhaltung 
der Barone, die wohl den Verrath durchschauen, es aber nicht 
wagen, offen Gaydons Partei zu ergreifen aus begründeter 
Zaghaftigkeit vor der materiellen und physischen Macht der 
Verräther, alles dies bildet einen wirkungsvollen und höchst 
dramatischen Contrast. Nur ein wirklich begabtes Dichtertalent 
war im Stande, eine solche grossartige, ergreifende Scene, wie 
die reiche franz. Ritterepik deren nur wenige aufzuweisen hat, 
zu schaffen, ich halte sie darum für eine wirkliche Originalarbeit; 
wenn auch nicht zu verkennen ist, dass »Amis und Amile«, 
eine nach meinem Dafürhalten später abgefasste Dichtung, eine 
ähnliche Darstellung enthält und namentlich die Ch. de Roland 
resp. der R. de Roncevaux constituirende Elemente abgegeben 
haben könnte. Gegen diese mit feinem poetischem Tacte in den 
Mittelpunkt einer echt epischen Handlung verlegte Scene sticht 
die übrige Darstellung gegen Schluss des assonirenden Theiles 
bedeutend ab; der Schwur der beiden Kämpen, die Wechselfalle 
des Kampfes, der schliessliche harterkämpfte Sieg des Angeviners 
über den körperlich weit überlegenen Gegner verräth sich als 
eine mehr oder minder geschickte Nachahmung desselben Be- 
richtes aus dem R. de Roncevaux, als eine Wiederholung des 
dort erzählten Zweikampfes zwischen Thierry und Pinabel. 
Ausserdem ist noch »Garin le Loherainc (ed. P. Paris; IL, 31 ff.) 
benutzt; vielleicht mag auch der ältere Theil des »Huon de 
Bordeaux« (Zweikampf zwischen Huon und Amaury) nebenbei 



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eingewirkt haben, wie andrerseits >Aye d'Avignonc eine ziemlich 
übereinstimmende Erzählung bringt Isolirt stehen jedoch die 
Berichte in »Renaud de Montaubanc (ed. Michellant, 425 ff.) und 
»Macaire«, und ganz ausser Betracht kommen die zwischen 
Christen und Heiden geschilderten Zweikämpfe in »Fierabras«, 
»OtineU, sowie in dem Sagenkreise von Gufllaume d'Orenge; 
auch »Ogier Tardenois« (Ogier's Kampf mit Brunamont) und 
»Gui de Bourgogne«, so werthyoll sie im Uebrigen für das 
Quellenverhältniss der späteren Theile sein mögen, sind hier 
auszuschliessen, am meisten Uebereinstimmung weist eben immer 
noch der Rom. de Roncev. auf, der ohnedem bezüglich dieses 
älteren Theiles der Ch. de Gaydon in v. 7633 — 7637 eine 
deutliche Anspielung enthält. (Wie in P erschlägt Gaydon 
seinen Gegner mit Hauteclere; unser Text erzählt freilich in 
v. 1570 — 71 u. 7339—7341, Gaydon habe dasselbe auf der 
Wahlstatt zu Roncevaux aus Oliviers eigenen Händen empfangen, 
wovon P nichts weiss, F 4 , C, L, P 7 , P, dk lassen ihn Pinabel 
mit Curteine erlegen, nur dS weist ihm Roland's Schwert 
Durndarte zu.) 

Ist noch unmittelbar nach der Erlegung seines mächtigen 
Gegners Gaydons Auftreten ein eminent actives (er sendet den 
ihn vom Kaiser zum Verbände der Wunden zugeschickten Arzt 
zurück und verlässt nachher ohne Erlaubniss den kaiserlichen 
Hof), so wird es, nachdem er im Val de Glaye seine Leute vor 
der Gewalt der Ganeloniden mit Noth gerettet hat, ein ebenso 
eminent passives, sein Handeln und Wollen bildet nur die 
Grundlage der Handlungen anderer bevorzugterer Personen. 
Momentan erweckt er noch bei der durch ihn bewirkten Er- 
rettung Ferrant's aus dem Schlosse des Ganeloniden Hertaut 
das alte Interesse und bei dem Kriege um Angers, seiner liebes- 
affaire mit Claresme, seiner energischen Verfolgung der den 
Kaiser entführenden Ganeloniden erringt er auch theilweise die 
frühere Bedeutung wieder, allein das ganze ungetheilte Interesse 
der Handlung concentrirt sich nicht mehr in dem Maasse auf 



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seine Person, wie es bisher der Fall War; er ist im Allgemeinen 
nur eine den nöthigsten Bedürfnissen der Handlung angepasste 
Figur, nicht mehr er beherrscht die Situation, sondern diese ihn. 
Die Schmälerung und Verringerung der epischen Rolle des 
Angevinerhelden darf man wohl mit Recht dem späteren 
Umdichter der Ch. zuschreiben, der eine Nebenfigur zum Träger 
der Handlung machte, die ihm günstige Gelegenheit gab, in 
freiester Bearbeitung der Vorlage eine Reihe abenteuerlicher Züge 
dem Bedürfnisse der Zeit gemäss in die Darstellung einzuflechten. 

Denn nur ein vaterlandsloser, von local-particularen Inter- 
essen beseelter Abenteurer ist im Grunde genommen trotz aller 
seiner Tapferkeit jener Ferrant , der Neffe Gaydons und Vetter 
des Amaufroi's , obgleich er in der älteren Version , weil eben 
dort noch Nebenfigur im vollsten Sinne, dieses für ihn später 
eigentümliche Gepräge noch nicht trägt; nachdem Gaydon 
durch seinen ohne lehnsherrliche Erlaubniss vollzogenen Auf- 
bruch von Hofe den Zorn und die Kriegserklärung Karls ver- 
anlasst hat 18 ), unternimmt er als Fehdebote eine Reihe abenteuer- 
lichster Fahrten, in denen er die unbedingte Hauptrolle spielt, 
aber sich auch durch einen wenig ritterlichen Uebermuth in 
höchst ungünstiger Weise auszeichnet Die Schilderung dieser 
Abenteuerfahrt, welche einen übergrossen Theil der Darstellung 
einnimmt und für den gänzlich veränderten, romanhaften 
Charakter derselben gegenüber der episch -feudalen Handlung 
der assonirenden Version zeugt, ist aber darum interessant, weil 
sie ein werthvolles Vergleichungsmaterial für Analoga aus 
andern Chansons de geste abgiebt. Zunächt kommt hier die 
in mehrfacher Beziehung höchst interessante Ch. d'Aiol in 
Betracht; was an dieser Ch. nämlich ganz besonders anspricht, 
ist die Einheit der Darstellung und die feine Zeichnung der 
Charactere, die Ferrant -Episode macht ihr gegenüber den 
Eindruck eines weniger zusammenhängenden Berichtes, doch 
verräth sie unter ihrer romantisch -abenteuerlichen Hülle einen 
episch-feudalen Grundcharacler und unterscheidet sich dadurch 



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höchst gunstig von der Ch. d'Aiol, die losgerissen von den 
Traditionen der Chansons de geste, mehr an die bretonisch- 
keltische Sage erinnert, der sie auch wohl ihre eigentliche 
Entstehung verdankt, denn Aiol ist kein Held einer altnationalen 
Sage, sondern nur ein anderer PercevaL 

Das Gesagte zu veranschaulichen, stelle ich die bezüglich«! 
Stellen aus beiden Dichtungen einander gegenüber, bei einigen 
Episoden kann die behauptete Uebereinstimmung zwischen Aiol 
und Gaydon weniger einleuchten, bei anderen ergiebt sie sich 
als selbstverständlich. 1) G: v. 3281-3346 u. A : v. 1530—1614 "J 
2) G: v. 3360-3385 u.A: v. 1911—1975. Vgl. hier namentlich 
G: v. 3375-3383 u.A: v. 1493 ff.; 3) G: v. 3386-3477 u.A: 
v. 2779-2930. Ferrant's Abenteuer mit dem groben Thürhüter 
in Orleans und Aiors ähnliches Rencontre mit dem Wächter 
der porte Bern zu Orleans 14 ]. 4) G: v. 3743- 3824 u. A: v. 
2356— 2375, 3087 ff. 5) G: v. 3911— 4014 u.A: v. 1720—1816»]. 
6) G: v. 4015-4092 u. A: v. 555— 885 ,e ], 7) G: v. 4086—1089 
u. A: v. 3894. Besonders zu vergleichen ist. 8) G: v. 4155 — 4730 
u.A: v.7057 — 7989. Diese Scene zeigt zugleich am treffendsten die 
characteristischen Unterschiede im Berichte beider Dichtungen. 
FerrantkommtgegenBescblussseinerFehdebotschaftaufdasSchloss 
des Ganeloniden Hertaut, der mit einer Cousine unseres Helden 
(ein bemerkenswerthes Zeichen einer Ch. de geste) vermählt ist. 
Letzterer, ein arger Feind des Rechts, erfahrt bald den Namen 
seines Gastes und beschliesst, ihn zu verderben. Nachdem er 
Ferrants Waffen auf die Seite gebracht, rüstet er heimlich seine 
Vasallen; seiner Gemahlin befiehlt er, den arglosen Ritter 
mit Kurzweil zu unterhalten; auf ihre anfangliche, tadelnde 
Weigerung misshandelt er sie (vgl. hier G. Paris, Hist. poöt. de 
Charl. 371 für »Basin«). Doch die Dame und ihr Sohn Savari, 
ergreifen Partei für die Sache des Rechts, stellen Ferrant die 
Waffen zurück und helfen ihm nach heftigem Kampfe die über- 
mächtigen Verräther aus der Burg zu vertreiben. Diese aber 
rotten sämmtliche Hörige der Burg zum Widerstande zusammen 



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und die Lage der Insassen wäre kritisch geworden, hätte nicht 
Savari durch kühnen Ausfall aus der Burg die Hülfe Gaydon's 
rechtzeitig aufgeboten, der dann die Verräther auseinandertreibt 
und den Schuldigen bestraft. Ganz dieselbe Erzählung im All- 
gemeinen, allerdings mit characteristischen Abweichungen, bringt 
die Gh. d'Aiol. Der Schauplatz der Scene ist hier des Hunbaut 
Scbloss zu Roimorentin. Esmeraude und Antiaumes vertreten 
Ferrant's Verwandte und Savari, König Loeys den Hülfe sendenden 
Gaydon. Aber abgesehen davon, dass hier trotz grösster Ueber- 
einstimmung in der eigentlichen Erzählung die Einheit der Hand- 
lung durch einen localen Scenenwechsel gestört ist, ist Hunbaut 
der Gh. d'Aiol kein eigentlicher Ritter, sondern nur ein durch 
Wucher reichgewordener Emporkömmling, der seine bevorzugte 
Stellung (vgl. Beginn des »Hervis de Mes») nur der Vermählung 
mit einer' Frau adeliger Herkunft verdankt Mehr Aehnlichkeit 
bietet schon »Auberi le Bourg.« (vgl. Tobler, pg. 168—176; 
Ansäs, Mahaut und Gautier vertreten die entsprechenden Per- 
sonen des Gay.), obgleich wohl bei der späten Tradition, auf der 
Auberi beruht, Entlehnung aus Gaydon möglich wäre. Der 
fragliche Bericht ist im Auberi mit einer Imitation der Begon- 
Jagd- Scene aus der Ch. des Loherains verbunden. Wie Aiol 
sonst viele Züge mit Huon de Bord, gemein hat, so zeigt er 
auch hier ziemliche Uebereinstimmung mit Huon's Erlebniss in 
Tormont. Die älteste Vorlage indessen zu unserem Berichte 
bietet die auf alter Grundlage aufgebaute Ch. d'Ogier, und die 
mannichfacben Beziehungen, in denen »Gaydon« zu »Ogierc 
steht, lassen mich schliessen, dass Ogier wohl auch hier seine 
Vorlage war; so zeigt die Botenfahrt Bertrant's zu Desier eine 
Reihe mit Gaydon gemeinsamer Episoden. Zunächst erinnert 
Bertrant's Abenteuer in Djjon (Ogier, ed. Barrois, v. 3746—3995) 
an Ferrant's Erlebniss im Schlosse Hertaut's. Das kecke, unge- 
stüme Auftreten Bertrant's vor Desier in Pavia (Og., v. 4010 
—4600, ein allerdings stereotyper Zug, der aber im Gaydon und 
Ogier besondere Aehnlichkeit aufweist), die Ereiferung Ogier's, 



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der den kühnen Boten mit einem Messer zu tödten versucht (s. Bues 
d'Aigremont in »Renaud de Monte f Fromont in »Garin und 
Girbert«, Girart de Fraite in »AspremonU, Marsilies in der Ch. 
de Roland), die Verfolgung Bertrant's durch die Lombarden (Og. 
v. 4667 ff.), der Uebermuth des letztern, der dem Knappen des 
spanischen Königs das Desier zu übersendende Ross Pennevaire 
raubt, die Misshandlung des Knappen und sein Bericht an Desier 
über die ihm angethane Schmach (Og. v. 4610—64), alle diese 
Einzelzüge erinnern frappirend an die Ferrant-Episode. Die Gh. 
de Gaydon, so erledigt sich mithin dieser ganze Vergleich, 
enthielt entweder einen älteren Grundstock (s. Anm. 16), aus 
dessen Vorlage schon »Ogier« geschöpft hatte und lehnte ach 
nochmals unmittelbar an letztere Dichtung an, oder aber 
sie verdankt den ganzen Botenbericht über Ferrant »Ogier 
Tardenoisc; dieser Bericht erhielt dann durch einen späteren 
Ueberarbeiter, der aus anderen Gh., der Ch. d'Aiol vornehmlich, 
ergänzende Elemente entlieh, die jetzige Form. Das ist das 
einzige, was sich über Herkunft und Verbreitung dieses 
Motives bisher sagen lässt. Sicherere, bestimmtere Angaben 
lassen sich schon aus dem Grunde nicht wohl geben, weil weitere 
nothwendig vorauszusetzende Zwischenglieder, welche allein 
allein einen klaren Ueberblick gestatten würden, in der zwar 
reichen aber immerhin nur fragmentarisch überkommenen fran- 
zösischen Epik fehlen; der Gesammteindruck lässt jedoch ver- 
muthen, dass der ursprünglichste Botenbericht des ältesten 
Epos, der wie in der Ch. de Roland, alle Zwischenfälle als 
missliebig ausschliesst , von geringen Anfangen (Fierabras, 
Aleschans) sich immer breiter entfaltet (Gaydon, Ogier), bis er 
sich schliesslich durch Aufnahme einer Reihe detaillirt ausge- 
malter Episoden zu einem ganzen Botenromane (Huon, Aiol, zum 
Theil auch »Jehan deLanson«, der in der Beschreibung der Aben- 
teuerfahrt Basins sicher manches Vergleichungs-Material abgeben 
würde, wenn wir für ihn nicht lediglich auf die bisher gemachten 
spärlichen Mittheilungen bei Gautier und in der »HisL BtL«, 



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Bd. 22 angewiesen wären) entwickelt — Die Schlussepisode in 
Ferrant's Abenteuerfahrt ist von »Charles le Chauve« (Hist. 
litt 22, 96), welche Dichtung ja auch den Vergiftungsversuch 
Thiebaut's in etwas modificirter Form aus Gaydon entnommen, 
getreu nachgeahmt worden. Grade diese Schlussepisode ist im 
späteren altfranz. Epos typisch geworden: Immer gelingt es, dem 
rechtliebenden jungen Helden der Erzählung mit Hülfe von 
Verwandten oder Freunden, die zu dem arglistigen Verräther, 
der den Anschlag macht, im Verhältniss von Gemahlin und 
Sohn stehen, erstem aus Saal und Burg zu vertreiben und ihn 
für den Venrath mit seinen Genossen energisch zu strafen. 

Mit der Beendigung dieser bunten Abenteuerserie ist 
Ferrant's Glanzrolle eigentlich abgeschlossen, einen so hervor- 
ragenden Antheil er auch noch an den folgenden Ereignissen 
nimmt. Gemeinsam mit seinem Vetter Amaufroi, dessen 
Handlungen sich so ziemlich denen Ferrant's anpassen, zeichnet 
er sich vor Angers gegen die Heeresübermacht des Kaisers und 
der Ganeloniden aus, fällt aber in letzterer Hände und muss 
erst einen von Gui de Hautefeuille heraufbeschworenen Zwei- 
kampf übernehmen, bevor er gegen den von den Angevinern 
gefangen genommenen Ogier ausgeliefert wird. Dieser Zwei- 
kampf, im Wesentlichen eine Wiederholung desjenigen zwischen 
Gaydon und Thibaut 17 ) ist in seinen Details unzweifelhaft einer 
älteren Fassung des »Gui de NanteuiU entnommen, auch in 
den Loherains begegnet dasselbe Motiv, dass sich auserlesene 
Genossen der beiden Kämpfenden in den Hinterhalt legen, um 
im kritischen Momente den ursprünglichen Zweikampf in eine 
offene Feldschlacht zu verwandeln. Noch einmal spielt Ferrant 
bei dem Auftreten der Glaresme eine namhaftere Rolle, bis 
sich dann das Interesse der Handlung auf diese Figur überträgt. 

Unter den Genossen Ferrant's, unter denen als meistcitirte 
Namen nur Gui de Biaufort (v. 272 im älteren Theile noch 
Baron Karls, aber nach v. 648, 2588 etc. Vasall Gaydons), Rispeus 
de Nantes, Ii quens dou Perche, Ii cuens de Chartres, Amauris 



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de Toartois hervorgehoben werden sollen, ist mit besonderem 
Werthe die Gestalt des alten Riol du Maus 18 ] in den Vorder- 
grund der Handlung gerückt, er ist unter der Pairschaft des 
Angevinerfürsten dem alten Naymes an Klugheit und Energie 
zu vergleichen. Merkwürdigerweise ist sein Name der altfranz.- 
epischen Tradition wenig bekannt, nur im Fierabras (der wie 
in einzelnen epischen Zügen , so auch in seiner Nomenklatur 
werthvolle Anklänge an Gaydon bietet, vgl. nur Fierabr. v. 4701 
a. a. 0.) spielt er als Raoul de Mans (v. 4717), verderbt Raoul 
d'Amiens, eine hervorragendere Rolle. Hues du Mans ist der * 
epischen Ueberlieferung bekannter. 

Die entschieden interessanteste Figur auf Seiten der Angeviner 
ist jedoch die des verbauerten Ritters Gautier (unter diesem 
Namen wird er erst in v. 6342 ff. genannt, wo der Ueberarbeiter 
ihn so bezeichnet; vorher hat er nur den Beinamen le vavasor). 
Eine populäre Figur, zur Belustigung eines gewissen Theils der 
Hörer unserer Dichtung geschaffen, kennzeichnet er auf das 
Beste die Tendenz, die der zweite Theil der Gh. de Gaydon 
verfolgt; derbster, volkstümlichster Witz, unerschrockenster, 
oft starrsinniger Muth, aber auch goldene Treue der Gesinnung 
vereinen sich in ihm in glücklicher Harmonie. Er entscheidet 
die Treffen vor Angers und im Val de Glaye durch seine per- 
sönliche Tapferkeit, ihn und seine Söhne hassen die Ganeloniden 
am meisten und einmal wäre er sogar beinahe ihrer Arglist 
erlegen. Woher hat der Umdichter oder auch der ursprüngliche 
Bearbeiter (denn wenn G. auch erst spater in die Handlung 
eintritt, so ist damit doch nicht gesagt, dass er nicht schon im 
ursprünglichen Text figurirt haben könnte) diese in der Zeit 
des Niederganges der altnationalen epischen Poesie mit Vorliebe 
verwandte populäre Figur des gutmüthig derben Kriegers 
entnommen. Schon die alte Ch. des Loherains weist (Garin le 
Loher. II., 152 ff.) einen Hervis Ii vilain und dessen Sohn Rigaut, 
sowie andererseits einen Menuel Galopin (Garin II, 94 ff., auch 
im Elie de SL-Gilles auftretend) auf und Raynouard verrichtet 



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in »Aleschans« mit seinem »tinel« ähnliche Heldenthaten wie 
Gautier mit seiner »masue«. Am meisten Verwandtschaft mit 
Gautier hat die interessante Figur des Geriaumes in »Huon de 
Bordeaux« 19 ]; Gautier erscheint ganz als eine Nachbildung dessel- 
ben, er ist Ritter wie dieser, durch widriges Schicksal seinem ur- 
sprünglichen Berufe entfremdet, leistet er trotzdem nachmals 
seinem Lehnsherrn wichtigste und treueste Dienste. Und dass 
er Ritter ist, unterscheidet ihn auf das vorteilhafteste von den 
darum schon jüngeren, ganz niedersten Kreisen entsprossenen 
Gestalten eines Varocher (in »Macaire«), eines Simon le voyer 
(in »Berte aus grans pies«) eines Helie le charbonier (»Cyperis 
de Vignevaux«), namentlich aber eines Robastre, jenes Mittel wesens 
von Kobold und Mensch, wie ihn verschiedene spätere epische 
Erzeugnisse in Scene setzen. — Einen wirkungsvollen Contrast 
zwischen derber, volkstümlicher Geradheit, barocker Alltags- 
weisheit und verliebter Courtoisie hat die Ch. de Gaydon gegen 
Schluss durch gegenseitige Einwirkung der beiden Figuren 
Gautier's und der Claresme in die Handlung einzuführen gewusst, 
eine poetische Lichtwirkung, die, 1 wenn auch künstlich und 
jung, inmitten jener monotonen Schilderung des Schlachten- 
gewirrs nicht hoch genug anzuschlagen ist. 

Noch eine andere Gruppe von Bundesgenossen Gaydon's 
führen neben dessen Verwandten und Vasallen vor Angers 
Fehde gegen den gewaltthätigen Oberherrn, es sind dies die 
Söhne der mit Karl verbündeten Barone, die sich (Gay. v. 4840 ff. 
Berart de Mondidier, Estoult, Vivien, ceuls de Tremoigne, wohl 
die Söhne desAymondeDordone, Milon, Renier, Girard deNevers 
mit ihren Leuten, gefuhrt von den beiden Söhnen des Naymes, 
Bertrant und Richier) auf die Gefahr hin, gegen ihre eigenen 
Väter zu Felde ziehen zu müssen, nur aus Gerechtigkeitsliebe 
ihrem Vetter Gaydon gegen Karl und die Ganeloniden an- 
schliessen. Die Namen der Führer dieser jungen heroischen 
Schaar kommen für das Quellenverhältniss dieses Berichtes in 
besonderen Betracht, da ausser als in den hier unmittelbar zu 



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80 



besprechenden Epen nirgendwo sonst von einem Bertrand resp. 
Bichier als Sohn des Baieroherzogs die Rede ist Bertrand, 
den einsigen Sohn des Naymes nach »Ogier l'ardenois« (und nach 
Philippe Mousket, v. 8429 ff. auch in »Doon de Nantueil«) lernten 
wir schon oben als Boten Karls an Desier kennen, Bichier 
fungirt nicht als Sohn, aber ab ecuyer Naymes in der Ch. 
d' Aspremont 20 ), auf die unsere Dichtung in y. 831— 833a (s. AnmJ) 
einen entschiedenen Hinweis enthält und die ausserdem noch von 
besonderem Interesse ist, da in ihr das Motiv von einem Aas- 
zuge junger Helden, Söhnen von auf das Schlachtfeld zu Aspremont 
gezogenen Baronen Karls, ebenfalls berührt ist, welches Motiv 
hinwiederum in »Gui de Bourgognec, der wie »Ogier l'ardenois« 
Bertrand als Sohn Naymon's bezeichnet (Gui, v. 194, 206, 
377, 822, 2105, 4250) den Ausgangspunkt einer ganzen epischen 
Handlung bildet. Auf «Gui de Bourgogne« macht die jüngere 
Version der Eingangszeilen in v. 9—10 eine Anspielung, aBein 
diese rührt von dem Umdichter her, dem die Aehnlichkeit 
der beiderseitigen Berichte auffiel (die Aehnlichkeit wohl be- 
merkt, nicht die Gleichheit), keineswegs darf man annehmen, 
dass die ältere Fassung unserer Gh. den Bericht des Gui benutzte, 
da letztere Gh., im Wesentlichen ein klägliches plattes Machwerk 
des Niederganges, in eine Zeit fällt, wo der hier besprochene 
Theil der Gh. de Gaydon schon in den Grundzügen vollendet 
vorliegen musste, jedoch soll damit nicht geleugnet werden, dass 
die spätere Ueberarbeitung unserer Dichtung einzelne Details aus 
Gui de Bourg. aufgenommen und in freier Weise in die Darstellung 
eingeführt habe (vgl. nur Gay. v. 5487— 552i und Gui, v. 774 ff.) 
Freilich könnte man entgegenhalten, »Gui« weist doch auf eineältere 
Fassung der Sage hin, indem er nur einen Sohn des Naymes, 
Bertrand, kennt, während in »Gaydon« neben Bertrant auch der 
Richier der Chanson d' Aspremont zum Sohne Naymons gemacht 
worden ist. Darauf lässt sich nur erwidern, dass uns nichts 
berechtigt, den Ruckschluss zu machen, in der assonirenden Vor- 
lage des Gaydon könne nicht im Einverständnis» mit der ältesten 



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81 



Tradition von nur einem Sohne Naymons die Rede gewesen 
sein. Für unseren Zweck kommt an dieser Stelle eine andere 
Dichtung in unmittelbarerem Betracht; erst durch das Medium 
dieser ist »Gaydon« zu der Annahme von zwei Söhnen des 
Naymes gekommen. Man halte uns nicht vor, dass wir das 
Complicirte dem Einfacheren, Natürlicheren vorzögen; die Be- 
hauptung, dass Gaydon dieses ganze Motiv unbedingt aus Gui 
entnommen hätte, würde mit der von Anfang an verfochtenen 
Annahme, die erhaltene Gh. de Gay. sei als Ueberarbeitung 
einer älteren Fassung des Gaydon anzusehen, entschied in 
Widerspruch gerathen. Den Beweis für unsere bis jetzt will- 
kürlich aussehende Behauptung wird ein unmittelbarer Vergleich 
mit dem Wortlaute der nur auszugsweise überkommenen Gh. 
de Richer ergeben"). 

Die Ch. de Richer erinnert zu Beginn ihrer inhaltlichen 
Darstellung an »Jehan de Lanson« (Gautier, Ep. fran?, II. 1 , 
252 und »Ogier« v. 8157 - 8203). Im Uebrigen deutet die ganze 
Ent Wickelung der Handlung auf einen einheitlichen, zusammen- 
hängenden Plan; der von Gui und Alori an Richer begangene 
Hochverrath bildet den Kernpunkt der Darstellung. G. Paris 
hat »Hist. pott. de Gh.« 323, Anm. 5 bereits auf die inhaltlichen 
Anklänge in Gaydon und Richer aufmerksam gemacht : »Richer 
et Bertrand«, fils de Nahne, figurent aussi dans »Gaydon« avec 
lequel, en gönfral, notre po&ne semble avoir offert beaucoup 
d'analogies.« (Der Ueberfall in der Kapelle hat ein Analogon 
in »Gui de NanteuiU.) Bertrand und Richer, sowie Gui treten 
erst spät in »Gaydon« auf, ihre Einführung leitet gewissermaassen 
die zweite Hälfte der Ch. ein, für diese ist daher die Gh. de 
Richer nicht nur die Vorlage , sondern auch ein willkommenes 
Zwischenglied, indem durch sie erst der heroische Entschluss der 
beiden jungen Krieger, für die Sache Gaydon's gegen die 
Ganeloniden aufzutreten, verständlich gemacht wird. Auch be- 
greifen wir, warum Bertrand und Richier nicht zögern, gegen 
den eigenen Vater Fehde zu führen, denn dieser wollte sie starr- 



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sinnig nicht mehr als eigene Kinder anerkennen und dies verlangte 
Genugthuung. Welches ist nun aber das Original für den eigent- 
lichen Bericht, dem diese Einzelepisode von der Fehde der Söhne 
gegen ihre Väter 2 *], mit so vielem Geschicke eingefügt wurde, das 
Original für den Krieg Gaydons gegen Karl und die Ganeloniden um 
Angers. Ich glaube dasselbe mit Sicherheit in der von G. Paris 
mit Recht als uralt bezeichneten (Hist. po£L de Gh. 328) 
Tradition von den »barons Herupgs« zu erblicken (nebenbei 
mögen auch andere epische Berichte, wie »Girars de Viane«, 
Renaud de Montauban« eingewirkt haben), wenigstens nöthigen 
zu dieser Annahme die historisdlhen Verhältnisse, die die Grund- 
lage der Handlungen der Gh. de Gaydon bilden und bei der 
Besprechung der Gaydon -Thierry Sage spater kurz erörtert 
werden sollen. 

Den einflussreichsten und hervorragendsten Antheil an 
der Handlung in der durch diesen Umstand ein besonderes 
characteristisches Gepräge erhaltenden Ch. de Gaydon haben nicht, 
wie man doch vermuthen sollte, die Parteigenossen Gaydon's, 
die Angeviner, sondern ihre zahlreichen, an materiellen und 
physischen Hülfsmitteln fast überreich ausgestatteten Gegner, 
die Ganeloniden. Das wechselseitige Siegen und Unterliegen 
dieser beiden mächtigen Gegnerschaften erfällt das ganze inhalt- 
liche Interesse unserer Dichtung. Und in der That hat die 
Partei der Gerechten Mühe genug, sich der niedrigen Ver- 
läumdung (Thibaut's Anklage gegen Gaydon. »Garin le Loh.« 
IL, 21, wo die Bordelesen gegen die Loherains auftreten, und 
>Aye d'Avignon«, pag. 8, wo Garnier von Amauguin, der auch 
in »Parise la Duchesse« als niedriger Verläumder auftritt, an- 
geklagt wird, könnten das Vorbild abgegeben haben) und der 
offenen Gewalt der Ganeloniden zu erwehren 88 ]. Durch Vernichtung 
ihrer Gegner die unbedingte Herrschaft über das Reich zu er- 
langen, ist dieser einziges Streben. Dazu ist ihnen jedes Mittel 
recht, (vgl. hier »Huon«, pag. 27 und »Aye d'Avignonc) und 
niemand hindert sie, ihre Zwecke zu verfolgen, denn der 



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kurzsichtige, habgierige, willenlose Kaiser ist nur ein Spielball 
ihrer Wünsche. Göttliches und menschliches Recht 24 ] gilt in 
ihren Augen nichts, ja die Dichtung bedient sich ihrer, um 
einer ausgesprochen anticlericalen Tendenz freier huldigen 
zu können. Thibaut 25 ], Alori und Gui de Hautefeuille sind als 
Häupter der Ganeloniden auch die personificirten Vertreter 
ihrer besonders characteristischen Laster; Rachsucht, boshafte 
List und rohe Gewalt sind in ihnen mit Energie, Ausdauer und per- 
sönlicher Tapferkeit vereint und macht sie darum ihren Gegnern 
so gefürchtet und verhasst. Amauris, Beranger, Galerant, Gautier 
d'Avalon, Guichard, Guirrö, Haguenon, Hardrä, Humbaut(cf. >Ch. 
d'Aiol zu Gay^v. 6919— 22c), Macaire, Milon, Rahier, Rainfroi 
(cf. »Charlemagnec) füllen die Nebenrollen aus. Diese Sonder- 
stellung der Ganeloniden als einer für sich selbständig be- 
stehenden geste theilUGaydont 86 ] miUParise laDuchesse«,»Aye 
d'Avignon«, »Gui de NantueiU (s. G. Paris, Hist po£t. 77, 
Anm. 2),. sowie mit »Gui de Bourgogne«, »Fierabrasc und 
»Jehan de Lanson«. 

Eine klägliche Rolle zwischen diesen beiden streitenden 
Parteien spielt der Kaiser Karl 27 ], die Dichtung schildert seinen 
Gharacter in den ungünstigsten Farben, streitsüchtig, ungerecht 
habgierig 28 ], ist er zu kurzsichtig , die listigen Anschläge der 
Verräther zu durchschauen. Zwar leitet er persönlich (wie in 
»Renaud deMontauban« »Girars de Viane« und »Gui de NanteuiU) 
die Belagerung Angers' , erntet aber nur Spott und Hohn (vgl. 
hier Ren. de Mont. 241, 28—34 und Gaydon v. 9558 ff., Ver- 
spottung der geringen Hülfemittel Karls), wie denn sein Heer 
als aus dem Auswurfe aller mittelalterlichen Volkselemente 
zusammengesetzt geschildert ist (Gay, v. 4805 ff.). Ganz seiner 
Würde vergessen, besucht er in der Vermummung eines Bettlers 
mit Naymes Angers, um dort die Streitkräfte des Gegners aus- 
zuforschen , wird aber erkannt und nach einem schmählichen 
Handgemenge mit Bertrand, dem Sohne des Naymes, zum 
Frieden gezwungen. Kaum nun ist er mit Ehren dieser Situation 

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84 



entkommen, als ihn eine grössere Gefahr befallt Die Ganekmideo 
bereden ihn, ihrem Standlager einen Beglich abzustatten, und 
entführen den von Wein Trunkenen, doch schützt ihn die 
Vorsehimg und lässt ihn auf wunderbare Weise durch Gaydon 
erretten. »Girars de Vianec (Gautier, £p. fran?. III. 1 , 210), 
wo Girart und Renier vor dem besiegten und gefangenen Kaiser 
auf den Knieen liegend, ihr Land zu Lehen empfangen, vor 
Allem aber »Renaud de Monte (Michell. pag. 256), wo er mü 
dem gefangenen Richart, dem Bruder Renaut's ringt und später 
(pag. 282 — 288) selbst in die Gefangenschaft seiner Gegner 
ger&th, haben combinirt mit jener Scene, in der nach Turpin 
(G. IX) Karl als Spion auftritt, zur Schaffung dieses Zuges bei- 
getragen , der ähnlich auch in »Gui de Bourgogne«, v. 1284 ff. | 
sich wiederholt**]. »Jehan de Lanson« (Hist litt, 22, 580) 
lässt Karl wie in »Gaydonc in die Gewalt der Ganeloniden 
fallen, vgl. auch »Charlemagne« (Gautier, Ep. franQ. II 1 , 34). 

Unter den Baronen Karls 80 ] ragt neben dem traditionell 
als kluger, weiser Rathgeber des Kaisers geschilderten Buer- 
herzog Naymes in erster Linie Ogier hervor, namentlich in der 
zweiten Hälfte der Chanson; während des Kampfes um Angere, 
des Zweikampfes Ferrant's mit Gui ist ihm ein bedeutungsvoller 
Antheil an der Entwickelung der Handlung zugetheilt Es ist 
nicht schwer, auch hier die eminente Beeinflussung unserer 
Dichtung durch »Ogier l'ardenois« zu constatiren. Wie in 
»Ogier«, v. 438, so ist auch in »Gaydon«, v. 4899 und 4966 Auloris 
Hüter der Orfflamme; Ogier wird in erstgenannter Dichtung, 
v. 1538—2011 zum Gefangenen der Sarazenen, wie er in unserer 
den Angevinern in die Hände feilt; Bertrand, der Ogier in 
seiner Eigenschaft als Bote Karls so entschieden feindlich in 
Pavia entgegentritt, fährt auch hier v. 5454—5480, eben» 
v. 5537—5539) mit ihm einen erbitterten Kampf auf Leben und 
Tod. Der edle Characterzug, welchen der Dichter Ferren! bei- 
legt — er will nicht eher aus Karls Haft nach Angers zurück- 
kehren, als bis alle Verpflichtungen Gaydon's hinsichtlieh des 



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gefangenen Oper erfüllt sind 81 ] — erinnert ganz an den hoch- 
herzigen C&raheut des »Ogier l'ardenoisc, wie denn andererseits 
auch der zwischen Ogier und Garaheut geschilderte Zweikampf 
im Allgemeinen viele identische Züge mit dem Zweikampf 
Ferrant's und Gui's gemein hat. Und sollte nicht die ausgesucht 
feindliche Haltung, welche unter den Verräthern namentlich Aloris 
(Gaydon, v. 60 a. a. 0.) Ogier gegenüber einnimmt, auf die 
garechte Strafe zurückzuführen zu sein, welche ihm (Ogier, v. 
785 ff.) von letzterem für seine Feigheit zu Theil wird; Alori 
wird von Ogier (v. 593) seines Pferdes beraubt, ebenso (Gaydon, 
v. 5025) nimmt ihm Amaufroi das Streitross und überliefert es 
Ferrant. — Eine hervorragende Rolle spielt unter KarPs Baronen 
noch Renaut d'Aubespine, eine dem afrz. Ritterepos sonst 
unbekannte Gestalt. G. Paris, »flist. po6U 297. Anm. 1 sagt 
von ihm aus, dass er zu den von Turpin genannten Helden 
(Qampi, XII., 26) gehöre, die ihre Berühmtheit den Kämpfen 
mit Karl verdanken, und die feindliche Stellung, in die Renaut 
Karl gegenüber als Geisel Ferrant's gerath, scheint für diese 
Behauptung zu sprechen, im Uebrigen bleibt es unklar, auf 
welche Weise er in die Gaydon-Legende eingeführt worden ist. 

Kommen wir nun zu dem letzten Theile der Ch. de Gaydon, 
zu deijenigen Episode, durch welche die Dichtung so unver- 
muthet den Character eines offenbaren Liebesromans annimmt, 
wahrend vorher die Frauen (Ferrant's Abenteuer mit dem 
jungen Madchen auf seiner Fehdebotschaft; das Abenteuer im 
Schlosse Hertau^s) einen so geringen Antheil an der Handlung 
nahmen. Die Herausgeber des Gaydon (pref. xvg.) konnten 
für diese Episode bereits eine Uebereinstimmung desselben mit 
der Ch. de Gui de Nanteuil constatiren, auf alle Fälle ist 
dieselbe eine frappante. Glaresme, des Gaydon Geliebte und 
Eglantine, die Vertraute des Gui, stammen beide aus königlichem 
Geschlechte, sind beide Fürstinnen von Gascogne, jede ist schon 
lange in ihren Helden verliebt, bevor sie ihn personlich gesehen 
hat; wie Glaresme lässt auch Eglantine ihrem Geliebten durch 

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86 



einen Boten heimlich zu einer Liebeszusammenkunft einladen 
und erst nach langen Verwickelungen, die in »Gaydon« Gui de 
Hautefeuille, in »Gui de Nanteuil« Hervieu de Lyon verursacht 
(beide suchen Karl durch reiche Geschenke zu bestechen, um 
so auch die schöne Vasallin durch seine Vermittlung für sich 
zu gewinnen, und letztere geht nach anfanglicher Weigerung 
mit Frauenlist auf den Zwang des Kaisers ein) wird Qaresme 81 ] 
mit Gaydon, Eglentine mit Gui vermählt Nicht minder erinnert 
die übrige Handlung, die Belagerung NanteuiPs durch Karl an 
die analoge Episode in »Gaydon«. Aber wie sehr ist die Dar- 
stellung der letzteren Dichtung der des »Gui vorzuziehen. Trete 
aller äussern Uebereinstimmung ist viel mehr Aufwand bei der 
Inscenirung der Eglentine verwandt worden. Die Namen der beiden 
Begleiterinnen, Jeannette und Martine, klingen im Vergleich zu den 
Namen Bele Eschevie und Esmeree, mit denen die Begleiterinnen 
der Claresme bezeichnet werden, höchst modern. Auch giebt 
es wohl ausser der Chanson de Gui keine andere, in der Kail 
mit einer solchen Schadenfreude den Insulten seiner Gegner 
preisgegeben ist. Sarazenen unterstützen Gui de Nantueil und 
helfen ihm, den Kaiser leichten Kaufes zu überrumpeln, der 
moralisch gezwungen, Eglentine ausliefert und noch froh ist, 
dass er sich so kläglich auf der Affaire ziehen kann. Und welche 
anderen Verstösse bietet »Guit (cf. Gui de N., öd. P. Meyer, notes. 
pg. 99), abgesehen davon, dass er bei zwölfsilbigem Versmaasse 
eine unbedingt glatte Reimform aufweist! Es ist danach klar, 
dass »Gaydont die überkommene Version des »Gui de Nani« 
nicht als Vorlage benutzt haben kann; die Herausgeber Luce- 
Guessard, die schon inbetreff der Entlehnungen von »Parise b 
Duchesse« aus Gaydon (pröf. xvij.) in eine begreifliche Ver- 
legenheit geriethen, haben auch diese Schwierigkeit vorsichtig 
umgangen. Wenn nun, trotzdem vorliegende Version des >Gui< 
entschieden auf die zweite Hälfte des 13. Jahrh. als Entstehungs- 
zeit hinweist, der Trobador Rambaut de Vaqueiras, der um 
das Jahr 1207 starb, schon Gui de Nantueil kannte, so gebt 



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daraus hervor, dass ehemals eine ältere Version als die auf 
uns gekommene vorhanden war. Unbewusst hat der Heraus- 
geber des »Gui de Nantueil« P. Meyer auch schon in der 
präf. xvj seiner Ausgabe auf die ältere Fassung aufmerksam 
gemacht. Er citirt an genannter Stelle zur Widerlegung der 
Faurierschen Behauptung, dass »Gui« ursprünglich provenzalisch 
abgefasst gewesen, den »Roman de Guilleaume de Dölec und 
sagt, es seien hier die »amours de Gui et d'Eglantine mises en 
chansons proprement dite, et non plus en chansons de geste«. 
Eines Tages , heisst es nämlich in »Guilleaume de Dölec , habe 
der Neffe des Bischofs von Lüttich folgendes Lied gesungen: 

Or vienent Pasques les beles en avril 
Florissent boia, eil pre sont raverdi 
Oes douces eves revirent a lor fil 
Cil oisel chantent au wir et an matin 
Qui amors a nes doit metre en onbli 
Sovent i doit et aler et venir 
Ja s'entramoient Aigline et Ii quens Guis 
Guis aime Aigline, Aigline aime Guion 

Souz un chastel qu'en apele Biaucler 

En inoufc poi deure i ot granz bauz levez 

Cez damoiseles i vont por caroler 

Cil eseuier i vont por bohorder 

Cil Chevalier i vont por esgarder 

Vont i ces dames por lor coro deporter 

La bele Aigline si est fete mener 

Si ot vestu an bliaut de cendel 

Qui grant.ij .aunea tralnoit par les prez 

Guis aime Aigline, Aigline aime Guion. 

P. Meyer gesteht selbst ein, dass sich die Stelle nur durch 
den Refrain in seiner Versification von der der Ch. de geste 
unterscheide und weist auf den entsprechenden Text des »Gui 
de Nantc in pg. 77 seiner Ausgabe hin. Die beiden mitgetheilten 
Couplets sind aber in zehnsilbigen Zeilen mit assonirendem 
Versausgange abgefasst, ganz wie dies für eine ältere Fassung 



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88 



des »Gui« wohl vorausgesetzt werden muss. — Ohne auf P. Meyer 
zu verweisen , hat nachmals Bartsch in seinen » Altfranzosdscbe 
Romanzen und Pastourellen« die betreffende Stelle aus Guilleaume 
de D61e mitgetheilt und als Romanze aufgefassL Dem wider- 
streitet jedoch , dass sie inhaltlich unvollständig und strophisch 
unrichtig gebaut sein würde (Tirade 1 enthält nur 7, Tirade 2 
dagegen 9 Zeilen); auch ist der Refrain, abgesehen davon, dass in 
ihm eine Menge offenbarer Hiate enthalten sind, die ein höchst 
unmusicalisches Gefühl erregen , aus Tir. 1 Zeile 7 hergestellt 
Tir. 1 ist ein sogenanntes dich£ epique, wie sich deren in den 
Epen 88 ] zahlreiche vorfinden (et Gautier, Ep. fran$. I 8 , 395). 
Da der Roman de GuilL de Dole überdies ein allerdings gereimtes 
Fragment der Ch. des Loherains enthält, so dürfen die erwähnten 
Zeilen nur als Fragment einer älteren Fassung des »Gui de 
Nanteuil angesehen werden. Ihr kann Gaydon seinen Stoff 
entlehnt haben. Doch haben sich auch hier (vgl. Anmerk. 30) 
andere Einflüsse geltend gemacht und Modificationen hervorge- 
rufen. Die Annahme der Herausgeber bleibt somit bestehen, 
nur ist es nicht die überkommene Version, sondern eine ältere 
Fassung des Gui, die das Original für die betreffende Stelle 
des Gaydon abgab. 

Ueberschauen wir noch einmal das Gesagte, so sehen wir 
es vollkommen bestätigt, dass die Gh. de Gaydon ihr. Material 
wesentlich Dichtungen, die inhaltlich mit ihr eine besondere 
Gruppe ausmachen, und besonders den ältesten bez. Berichten 
entlehnt hat; eine weitere Untersuchung über die historischen 
Verhältnisse, die die eigentliche Grundlage des Gedichtes bilden, 
wird uns Gelegenheit geben, ein abschliessendes Urtheil sowohl 
über die Entstehungszeit der älteren Fassung unseres Gedichtes, 
als auch über die der uns überkommenen Version zu fidlen. 



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89 



III. 

Die angevinische TMerry-Gaydon-Sage. 

6. Paris nennt die Ch. de Gaydon eine' »poeme tout parti- 
culferement angevint, eine Bezeichnung, die Alles deckt, was 
den Inhalt derselben und die Herkunft ihrer Sagenbestandtheile 
anbetrifft, denn angevimsches Parteiinteresse erfüllt die Handlung 
dieses Epoe und die in unmittelbarer Nähe und auf dem Boden 
Anjou'g sich abwickelnden Begebenheiten geben demselben ein 
eminent angevinisches Gepräge. Der ältere Theil enthält freilich 
noch einige allgemein-nationale Züge, im späteren Theile überwiegt 
jedoch das heimathüche Interesse alle andern. Die mächtigen 
Ganeloniden erscheinen nicht so verächtlich wegen der Schmach, 
die ihrem Ahnherrn anhaftet, als vielmehr wegen ihrer ununter- 
brochenen Bestrebungen, die Interessen des Angevinerfürsten 
zu verletzen und zu schädigen. Ohne Zweifel verdiente auch 
Anjou der Boden epischer Tradition zu werden, denn wenn 
irgend eine Landschaft des weiten Galliens in der ersten Hälfte 
des Mittelalters politisch einflussreich dastand, so war es in 
erster Linie Anjou ; eine Reihe kräftiger, kluger Fürsten lenkten 
die Geschicke des Angevinergaues, welcher an der Scheide 
Nord- und Südfrankreichs gelegen, auf dieses nicht allein, 
sondern auf den ganzen damaligen eivilisirten Occident seinen 
Einfluss ausübte, sassen doch Angevinerfürsten auf den Thronen 
von England, Frankreich, Ungarn t Neapel und Polen. Die 
Interessen dieser Landschaft sind mithin auch wesentlich gemein- 
französische gewesen, und die Ch. de Gaydon lässt das trotz 
ihrer localen Färbung auch deutlich genug, schon durch die 
Verbindung mit der nationalen Karlssage, erkennen. 



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90 



Die historische Tradition Anjou's hat sich, wenn auch 
nur zum kleineren Theile auf die epische Fabel der Ch. de 
Gaydon übertragen; zwar läugnet Gautier jeden Zusammen- 
hang der Gaydon -Sage mit der historischen Ueberlieferung, 
allein ein kurzer Ueberblick über die ältere angevinische Ge- 
schichte beweist das Gegentheil. (Man findet das ganze Quellen- 
material übersichtlich zusammengestellt in den »Chroniques 
d'Anjou«, recueillies et publikes pour la soctete de Phistoire 
de France par M. Paul Marchegay et Andr6 Salmon, Paris t I., 
1856 u. t. II. 1871, avec une introduction par M. E. Mabille): — 
In graue Vorzeit verlieren sich die romantisch -legendenhaften 
Ueberlieferungen , die 'sich an die bescheidenen Anfange des 
weltbeherrschenden Geschlechtes der Angevinerfürsten knüpfen. 
Fulco Rufus und Fulco Bonus sind die ersten hervorragenden 
Erscheinungen. Der letztere war ausgezeichnet wegen seiner 
tiefen Frömmigkeit, aber auch mit einer ungewöhnlichen Energie 
begabt. Ihm folgt der gewaltige Geoffroi Grisegonelle, der von 
König Robert mit der Stellung eines säntfchal de France be- 
dacht wird, der hervorragenden Verdienste wegen, die er sich 
in dem Kriege gegen die Deutschen erworben hatte. Er ver- 
folgt einen der Streithaufen, welche Otto IL, der deutsche 
Kaiser, nach Francien führte und schlägt ihn ins zur Ver- 
nichtung, führt dann einen erfolgreichen Kampf gegen Herbert, 
Grafen von Troyes, wobei er sich durch gewaltige Waffen- 
thaten auszeichnet »Franci veroc, sagt die Chronik (Marchegay- 
Salmon, I, 77), »huius gentis inauditam admirantis audaciam, 
ubicumque locorum ipsos omni laude magnificabant. Videns 
autem tanti principis stranitatem et ipsum praevalere in regno, 
tarn armis quam consilio, et quae hie et alibi bene meruerat, 
sibi et successoribus suis, jure hereditario, majoratum regni et 
regiae domus dapiferatum, cunetis plaudentibus et laudantibus, 
exinde donavit« Er besiegt einen gewaltigen Dänen, Hethelwulfus 
Dan us, veluti alter Goliathe im Zweikampfe und empfingt 
Maine vom König Robert zu Lehen. Ihm folgt Fulco Nera, 



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91 



der Erbauer der Feste Mirabel (March.- Salm. L, 377) und der 
gewaltigste aller Angevinerfürsten Gottfried II., der mit dem ersten 
Gottfried von Anjou wesentlich zur Schaffung jener typischen Figur 
Geoffiroi's, des »gonfanonier le rei« der Ch. d. Roland, welche 
so lebhaft den kriegerischen Geist der Angeviner 85 ] repräsentirt, 
beigetragen hat. Das Leben dieses Gottfried II. Martellus ist 
ein ununterbrochener Kampf gegen die unruhigen Nachbarn, 
welche, mit Neid das Aufblühen des Angevinerstaates beobachten. 
Der kriegerischste unter denselben ist Thiebaut L, Graf von 
Bkris- Champagne; nach manchem harten Strausse wird er 
1043 im Braium Nemus gefangen genommen und 1044 von 
Gottfried so entscheidend auf das Haupt geschlagen, dass er 
durch Vertrag die schloss- und forstreiche Touraine an Anjou 
abtritt. Unter den späteren Fürsten ist noch Gottfried V. 
Plantagenista für uns von Interesse. Er erobert die Normandie 
im J. 1143, nimmt dann den Herzogstitel an und vermählt 
sich mit der Tochter Heinrichs I. des englischen Königs. Seine 
hierdurch erworbenen Ansprüche auf den englischen Thron 
vererbt er nach seinem Tode auf seinen Sohn Heinrich, der 
sie auch geltend macht, und als Heinrich II. 1154 König von 
England wird. Als solcher heirathet er die wegen ihres zügel- 
losen Lebens von Ludwig Vü. von Frankreich verstossene 
Eleonore von Gascogne und ruft dadurch einen langjährigen, mit 
leidenschaftlichem Partei- und Racenhass geführten Kampf des 
nördlichen gallogermanischen Frankreichs gegen den galloro- 
maniscben Westen und Süden hervor, ein Kampf, der erst nach 
zwanzigjähriger Dauer, nach vielen Vertragsbrüchen und Ver- 
tragsschlüssen durch das persönliche Erscheinen Heinrich's an 
Philipps Hof ein Ende erhält. Auch in diesen Streitigkeiten 
spielt ein Graf Thibault von Champagne eine höchst bedeutende 
Roll«. Der klugen Politik Philipp August's gelingt es dann im 
Jahre 1204 mit den übrigen Besitzungen der englischen Krone 
in Frankreich auch Anjou, das Stammland der Plantagenets, 
an sich zu reissen. Aber in den Wirren, die Thibault IV., 



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99 



König von Navarra, aus dem Hause Champagne-Bio» , über 
Frankreich bringt, tritt noch einmal Anjou in seiner alten 
Selbstständigkeit hervor. 

Sollen nun von diesen historischen Ereignissen keine 
Reminiscenzen in der Gh. de Gaydon enthalten sein? Lfon 
Gautier» der die grosse Bedeutung der Angeviner für die alt- 
nationale Sage Frankreichs wohl kennt (La Gh. de RoL, Ed. 
class. 15) und dessenthalben das älteste EpoB zu einem rein- 
angevinischen machen möchte, laugnet freilich jede Beziehung 
der Gaydon -Legende zur Geschichte. »Gaydon«, sagt er Ep. 
fran<j. DI a , 605c »ne repose sur aucun fondement historique et 
n'a möme pas de racines dans la tradition. iTout y est, non 
pas legendaire, mais fabuleuse«. Was ihn zu diesem apodiktischen 
Aasspruche veranlasst hat, weiss ich nicht, für mich ist es 
gradezu schwer, in der Gh. de Gaydon eine reine Phantasie- 
dichtung sehen zu sollen. Denn in dem Zweikampfe Gaydon's mit 
Thibaut d' Aspremont glaube ich eine Erinnerung an die Kämpfe 
der Angeviner fürsten mit den Fürsten von Champagne - Btois, 
an die Kämpfe des Gottfried IL Martel von Anjou mit Thibaut L 
erkennen zu müssen , in dem Ueberfall der Angeviner im Val 
de Glaye durch die Ganeloniden einen Anklang an den 
historischen Bericht von der Schlacht im Braium Nemus M ] 
(Braium Nemus und Val de Glaye sind verwandte loeale Bezeich- 
nungen, aus Braium konnte sich leicht ein Glaye bilden, oder 
vielmehr ist Braium Nemus die latinisirte Form für Val de Glaye). 
Der Kampf der Angeviner und Ganeloniden gibt zu denken an die 
Streitigkeiten der gallo -romanischen Neustrier und der galto- 
germanischen Austrasier aus dem Osten des Reiches**]. Die 
Angeviner sind nur die alten »Barons herupgs« der Chanson 
des Saisnes, die blonden, hochgewachsenen, kriegerischen Gane- 
loniden hingegen gleichen an Abkunft und Gesinnung denFfasten 
von Champagne, die im Besitze der Touraine die erbittertsten 
Gegner der Angeviner waren und in stetem Gontact mit den 
Oberrheinischen Germanen standen. Dieser Racengegensatx, 



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der dem ältesten Epos aus begreiflichen Gründen unbekannt, 
verkörpert sich höchst anschaulich grade in unserer Dichtung; 
schon P. Paris hat diesen Gegensatz in seiner geistvollen Be- 
sprechung der Gh. de Gaydan erkannt und die characteristischen 
Merkmale, die sieh im »Gaydon« für ihn finden, angegeben. 

Es ist zweifelhaft, ob man in Gui de Hautefeuille den 
verschmitzten Rathgeber Philipps I., Gui de Montl'heri, aus 
dem Hause der Montmorency 88 ] wiedererkennen soll, gewagt 
wäre es auch, in Ferrant und Renaut d'Aubespine an Ferrant 
von Flandern und Renaut de Boulogne, die grossen Ge- 
fangenen von Bouvines, zu denken, allein das scheint mir 
ebenfalls gewiss, dass in der Vermählung Heinrichs II. von Anjou 
Plantagenet mit Eleonore von Gascogne ach in unserer Gh. das 
Aequivalent in der Vermählung Gaydon's, des Fürsten von Anjou, 
mit Claresme von Gascogne darbietet. Dann erklärt sich auch, 
welche Grundtendenz sich in der Gh. de Gaydon ausgesprochen 
findet; es ist der Geist des Widerspruches gegen die Angriffe 
Ludwigs VII. auf das Stammland Anjou und die von demselben 
abhängigen übrigen englischen Besitzungen auf dem Festlande. 

Dieser Tendenz verfängt es nicht, sich in das Gewand einer 
Chanson de geste zu kleiden, ebenso wie nach wohlbekannter 
Art die epische Ueberlieferung der Ch. de geste de Gaydon bunt 
durcheinander ältere und jüngei-e Sagenelemente, und historische 
Ueberlieferungen mengt, sie neuen Verhältnissen anpasst und 
ihnen unterordnet. In die Zeit der Reaction der Angeviner 
gegen die Uebergriffe der capetingischen Herrscher, die in der 
Unterjochung der französischen Nationalitäten mit so vielem 
Geschick und Nachdruck vorgingen, in die Zeit des Kampfes 
Heinrich's II. mit Ludwig VII. möchte ich daher die Entstehung 
der assonirenden Fassung der Ch. de Gaydon versetzen, sie 
wäre mithin in ihren wesentlichen Grundzügen in der zweiten 
Hälfte des 12. Jahrhunderts abgefasst worden, vielleicht auf 
Grund älterer Lieder, welche Heldenthaten der Gottfriede von 
Anjou feierten; die politischen Verhältnisse zu Beginn des 



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94 



13. Jahrb., mehr aber noch das allgemeine Bedürfniss nach 
längeren Berichten, nach breiter ausgeführten Erzählungen 
haben dann in der ersten Hälfte des 13. Jahrb., (wie die 
Herausgeber auf Grund der Z. 6466 des Gaydon : »Et Jacobms et 
Cordeliers batez« freilich nur für die uns erhaltene Version, die sie 
allerdings für die originelle ansahen, nachwiesen) einen Ueber- 
arbeiter bewogen, die ältere Fassung in assonirender Form einer 
erweiterten gereimten Bearbeitung zu unterwerfen. Wesentlich 
durch Letztern, der sich an jüngere Dichtungen romanhafter Natur 
anlehnte, sind jene Züge in die Erzählung hineingetragen worden, 
die der Ch. de Gaydon ein so eigenthümliches Gepräge verleihen, 
die episch-fendalen und episch-romantischen Geschmack neben 
einander aufweisen. Der Wandel in formaler und metrischer Be- 
ziehung erklärt sich auf diese Weise von selbst. Anfang und Schluss 
markiren die ältere Bearbeitung am besten. Dafür dass in der 
zwischenliegenden Partie der Ueberarbeiter am kräftigsten ein- 
gegriffen, am meisten eigenes hinzugefügt hat, spricht . schon 
der Umstand, dass diese Partie sich ganz im gewöhnlichen 
Geleise romanhafter Darstellung hält, keinerlei Anklänge an 
historische Facta bietet. Dieses Resultat, gezogen aus formalen, 
literarhistorischen und geschichtlichen Schlüssen, deckt sich 
ganz mit der Ansicht, welche P. Meyer aus metrischen Er- 
wägungen aussprach (s. oben S. 55). Ob Alteric des Trois- 
Fontaines, der im Jahre 1234 (s. G. Paris, Hist. po6t. de Charlem. 
pag. 323, Anm. 4) eine anachronistische Notiz über den Helden 
unserer Dichtung, über Gaydon machte, noch die assonirende 
oder schon die gereimte Fassung der Chanson de Gaydon 
kannte, lässt sich natürlich nicht bestimmen, ist aber auch 
für unsere Zwecke ganz gleichgiltig. 



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Anmerkungen. 



t) Fauriel, »De l'origine de l'epopäe chevaleresque du 
moyen äge.« Artikel in der Revue des Deux Mondes, Leqon II. 
Auch in dem Separatwerke: »Histoire de la po6sie proven^alec, 
tome IL, pg. 309—310. Paris 1846. Fauriel als Gewährsmann 
folgt offenbar Emile de Laveleye in seiner Brüssel 1846 
erschienenen Dissertation: »Phistoire de la langue et de la 
littfratare proven^ales« , pg. 151, wenn er, ohne einen Text zu 
citiren, von den verloren gegangenen provenzalisch abgefasst ge- 
wesenen Romanen : Gaidon er Angers und Elie de Toulouse spricht. 

2) Folgende Verse finden sich in der Druckausgabe nicht : 

1) 261a: Qui se puet mais garder de traison. 

2) 833a: Quant il ocist Hyaumont le deffae. 

3) 833b: Par cel apostre c'om quiert en Noiron pre. 

4) 833c: Se ne fussiez Chevaliers adoubez. 

5) 1428a: Ou je perdi tant nobile vassal. 

6} 1688a: l'amore i entre bien prez de demi pie. 

7) 3228a: Devers senestre Pespee descendi. 

8) 3228b: Le pan Ii cope dou hauberc qu'ot vesti. 

9) 3228c: La chauce cope l'esperon Ii rompi. 

10) 8993a: Un mauvais gars qui gardoit un somier. 

3) Vgl. v. 1885 , 3063 — 64 , 3070 - 73 , 4223 , 5306 - 7, 
5854-58, 6091-93 , 7469 , 7761, 8117 , 8278-79 , 8300-01, 
8312, 8331-32, 8490—92, 8588, 8824-25, 9883-84. 

4) Der Name Gaydon (in der Mehrzahl der Fälle Gaidon 
geschrieben, ich wähle die Form Gaydon, weil sie im ältesten 
Texte numerisch überwiegt und consequent in A gebraucht ist, 



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G schreibt Gaides resp. Gaidon) als Kriegername findet sich in 
Bovon de Commarchis (ed. Scheler) v. 370, Mort Garin le 
Loherain (ed. du Möril), v. 2959. »Girbers de Mesc (Rom. Stud. 
1. 544, 28) wo die Mss. CO MS die Form Gaidon, Q: Gaisdon, 
S: Jaidon bieten, (denn mundartlich variirte diese Namensform); 
der altengl. Prosaroman »Merline (Early Engl. Text Soc.) bringt 
Part 11. (vol. 21) pg. 220 den Namen eines Sachsenführers als 
Gaidon, 222 heisst er jedoch Jaisdon und 344 Gaisdon, ebenso 
Gaisdon in »Foulque de Candiec , pg. 56 (Tarbö). Offenbare 
Entstellung liegt vor in den Formen Gosson L 111c 35, Gosses 
L llld 5 und 9, Gesdes L 111c 9 des Ansäis de Mes, wofür 
L 111c 13 ff. Gaides L 111c 20 ff. Gaidon, in Variante Jaidon 
bietet, (ich verdanke die Mittheilung dieser Varianten Herrn 
Harff, der mit einer Arbeit über Ansels beschäftigt ist). Die 
Diminutivform Gaidonnes begegnet in »Elie de St- Gilles c 
(Förster) v. 350 und »Girbers de Mes (Rom. Stud. L, 484,21), »La 
Prise de Panpelune« bietet v.4926 (ed. Mussafia) Gaidenel. Geddon 
af Brettolia in der Karlamdgnüs Saga, Unger, pg. 8. Schliesslich 
und damit sind alle Formen erschöpft, scheint derselbe Name 
in Wedon (Raoul de Cambrai) vorzuliegen. — Gaidon und 
Gaidonnet, der erste Lothringer der andere Bordelese, spielen eine 
hervorragende Rolle in »Girbers de Mes« (das handschr. Material 
lieh mir freundlichst Herr Prof. Stengel), welches Epos in 
einzelnen Details unstreitig von hervorragendem Einflüsse auf 
die Gh. de Gaydon war, ich theile hier das Nähere mit: Gaides, 
ein Lothringer, Sohn des Tieri (wir finden Gaydon hier also als 
Sohn des Tieri. Sollte vielleicht der ursprüngliche Bearbeiter 
des Gaydon durch diesen Umstand veranlasst worden sein, 
Gaydon mit Thierry zu identificiren? Zu dieser Annahme nöthigt 
geradezu die t Chevalerie Ogier\ die wohl den meisten Einfluss 
auf Gaydon ausübte. Es werden daselbst nach v. 7131 als Mannen 
Ogiers genannt : »Jaides et Ponches et lor peres Tieris«.) Bruder 
des Ponces, befindet sich (Ä 160 d. 1) mit Gerin und Girbert 
in Gironville, welches von den Bordelesen belagert wird (die 
Einleitung zur Belagerung von Gironville ist genau so geschildert 
wie in der Chevalerie Ogier die Belagerung von Ghastelfort, ja 
es lässt sich sogar wörtliche Uebereinstimmung constatiren; 
cf. Ogier 6650 ff. Rom. Stud. I., 551 ff.) macht mit Hernaut 183a 
einen Ausfall aus dieser Feste, bekämpft Huon le fll Gaifers 
(derselbe wie Huon de Bordeaux) und hilft den Belagerern 
Lebensmittel nehmen (183b), führt mit seinem Bruder Ponces 
die Tochter Fromohd's Ludie aus der Gewalt der Bordelesen 
nach Geronville (186a), kommt mit seinem Vater Tierris (A 907a 
als Tieri d'Escane bezeichnet, der bekanntlich eine der Haupt- 



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personen des »Gärart de Rossilho*) dem bedrängten Hernaut 
nach dessen Flucht aus Bördele gegen Fromondin zu Hülfe 
(206c), geht mit Ponoes (206b) Bote des Hernaut nach Bördele 
zu Fromondin, fordert ihn auf, Mamroisin, dem Sohn des in 
Bordelle heimtückisch getödeten Doon Ii venere Genugthuung 
zu gewahren, bringt aber nur ungünstige Nachricht zurück, 
begleitet dann (308b) Mauvoisin zu Pepin. — Gaidonnet, ein 
Bordelese (165b 7 auch Gaides genannt) ftllt bei der Ueber- 
rumpelung der Lothringer durch die Bordelesen auf der Rück« 
kehr der letzteren von Pepin. — * Ich glaubte diese Einzelheiten 
wegen der mannigfachen Beziehungen zwischen der Gh. de 
Gaydon und Girbers de Mes mittheiien zu müssen, da in allen 
anderen genannten Epen des Namens Gaidon nur vorübergehende 
Erwähnung geschieht. Endlich wird auch der Lehrer der 
Blanceflor (Floire et BL, ed. du Mfril, v. 199 u. 323) Gaidon genannt. 

5) Ein Miles d'Angiers (auch d'Aiglant, d'Anglant ge- 
nannt) gilt als Vater Rolands in der Legende (so Ren. de Mont 
Michel pg. 119, wo er neben Gefrofe d'Angiers angeführt ist, 
pg. 142; 265,9—12 ist auch von des letzteren Vater, von dem sonst 
Kein epischer Bericht spricht, die Rede); nach dem »Charlemagne» 
des Girart d' Amiens (G. Paris, »Hist. po6t« 472) flieht Miles 
mit dem jungen Karl nach Anjou; Roland heisst nach Pseudo- 
lurpin »comes cenomannieus ac blaviensis« ; v. 2322 der Ch. 
de Roland nennt Roland Anjou als erstes der von ihm er* 
oberten Lander. (Die Gh. d'Acquin bezeichnet als Vater Rolands 
einen gewissen Tiori.) 

6) Gaydon ist ohne Zweifel der Held einer angevinischen 
Localsage , dessen Name durch eine guterfundene Anecdote 
(nach v. 425 flog beim Kampfe mit Pinabel ein jay. v. 7344 
gay auf den Helm Thienes, nach v. 7339—7349 geschieht dies 
vor dem Zweikampfe während der Wappnung) auf den Thierry 
der Ch. de Roland übertragen worden ist. Die einzige epische 
Version, welche auf die Gh. de Gaydon eine directe Anspielung 
macht, die Hs. P des Rom. de Rone, bekanntlich von dem- 
selben Schreiber wie unser A abgefasst, motivirt den Namen- 
wechsel nicht (v. 7633—7637, €d. Michel). Schon G. Paris hat 
auf die analoge antike Sage über Valerius Corvus hingewiesen. 
Der Name Gaydon selbst weist auf germanisches Etymon zurück, 
wie dies bei einer Reihe Personennamen, die von Thiernamen 
abgeleitet sind, der Fall ist. gay ist der Häher (s. Raoul de 
Cambrai, pg- 234), ein dem Falken, diesem Lieblingsthiere der 
Ritterwelt, nahe verwandter Vogel und daher wie dieser der 
kriegliebenden Welt des Mittelalters wohlbekannt (s. Hist. litt. 
19, 774, Analyse von »Le Jugement d'Amour«, wo der Haher t 



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nm seine Meinung befragt, sich für den Ritterstand entscheidet). 
Man weiss, welche bedeutende Rolle dem Raben in der ger- 
manischen und keltischen (s. Dunlop-Liebrecht, Gesch. der Prosad. 
93, 2) Tradition zugedacht ist, in der keltischen betone ich hier, 
weil in der breton. Sage den Helden mit Vorliebe stehende 
Attribute beigelegt werden und daher »le Chevalier au geay« 
auch auf keltischen Einfluss schliessen lassen könnte. 

7) Ein Geofrey of Mundegio — Geflroy de Monjoie oder 
Mongeu ist der franz. Ritterepik unbekannt, daher ist der an der 
betr. Stelle des nordischen »Charlemagne« genannte Teorfa Bruder 
des Geofrey of Andegio, wie er an voraufgehenden Stellen 
genannt ist. — Man kann in den spateren Rolandsversionen 
deutlich eine Scheidung in jüngere und ältere Ueberlieferung 
beobachten. Thierry ist im Rolandsliede nur in v. 2883 O, wo 
er mit seinem Bruder Gottfried die Wahlstatt von Roncevaux 
besucht, und gegen Schluss bei seinem Auftreten gegen Pinabel 
genannt An erster Stelle gilt er allgemein als Bruder Gottfrieds: 
2883, 0: Gefreiz d'Anjou e sis frere Tierris 

Fi: £ufroi danfou e so frer tieri. 
C: Gieffroy danjou et son frere tierris. 
F: Joifiroi d'Anjou et son frere tierri. 
F, Vi L bieten jenen Vers nicht. Spater bezeichnen ihn L, 
G\P und Fr, gegen 0 v.3819: Frere Gefreid a un duc angevin, 
nachdrücklich als Sohn Gottfrieds, besonders C in tir. 104: 
Le bon Gieffroy daniou vint du moustier saint clair 
Qui ne peut la bataille de son fils regarder. 
Ein wichtiger Beleg für Herrn Prof. Stengel's Ansicht der in der 
Vengeance Roland des Roman de Roncevaux eine jüngere, 
wesentlich abgeänderte Fassung eines früheren der Fassung 0 
bedeutend näher stehenden Schlusstheiles des Roman de Rone, 
sieht (s. Jenaer Literaturzeitung, Artikel über Kölbing's Ausgabe 
v. V 4 ). 

8) Gaydon, v. 7343 0 spricht nicht ausdrücklich von diesem 
ritterlichen Verhältnisse Thierry's zu Roland, allein man dürfte 
dies wohl folgerichtig schliessen dürfen, Fi: v. 5673 — 5674, 
ebenso X, C, Vi, F; dK (Do bedroeffte en vel sere Rolant syn 
here) und »La Prise de Pampelune«. v. 5300—5314 und 5992 ff. 

9) Spagna rimata (Ausgabe Venetia 1783) s. Canto IV, 
22; C XIII, 18, 28, a. a. 0.: Teriei als seudieri seines Herrn 
Orlando bezeichnet. Poetisch ausgeschmückt sind G. XX, 13—23. 
wo T. seinen verlorengeglaubten Herrn gelegentlich einer Falken* 
jagd wiederfindet, G. XXXV., 29—48, wo T. bei den letzten 
Lebensmomenten des Orlando zugegen ist und schliesslich C 
XXXIX., 26 ff., wo T. Orlando an Pinabello rächt 



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10) ESn getreues Bild unseres Helden in physischer Be- 
ziehung bietet der älteste Text der Ch. de Rol., es heisst dort 
v. 3819-3821 : 

Heingre out le cors e graisle e eschewit 
Neirs les chevels e alques brun le vis 
N'est gueres granz ne trop nen est petiz. 

Eine höchst werthvolle Angabe, da sie ganz auf den Typus 
eines Galloromanen passt, als solchen haben wir ihn uns auch 
in Gaydon vorzustellen, wo nur seine Tapferkeit, Hochherzigkeit, 
keineswegs besondere körperliche Vorzüge hervorgehoben werden. 
Schon P. Paris sagt : »Comme dans le Roncevaux , c'est chez 
ceux de la race felonne qu'on Signale les avantages du corps et 
la superioritö de Tesprit, il sufftt aux autres d'etre bons et 
braves«. Der von 0 in v. 3819 gehäufte Gebrauch synonymer 
Ausdrücke findet ein Analogon in v. 3839 und 3885, wo Pinabel's 
physische Qualitäten gerühmt werden; auch Thibaut d'Aspremont 
(Gaydon, v. 597—613 u. 1100—1107) zeichnet sich durch ausser- 
gewöhnliche Schönheit, Kraft und Schnelligkeit aus, in körperlicher 
Gewandtheit ist er Meister (v. 1367 ff.), im Tode noch überragt 
er mit abgeschlagenem Haupte seinen Gegner (v. 1840—1844, 
der Gott dankt, einen solch 1 gewaltigen Gegner erschlagen 
zu haben.) Den wilden Trotz seines Characters theilt er mit 
allen seinen Genossen. — Uebereinstimmend mit 0 zeichnet 
den Angevinerhelden die übrige Ueberlieferung. Höchst drastisch 
drückt sich der deutsche »Stricker« aus: (ed. Bartsch, v. 
11907— 11914) «Pinabel sin Kampfgenöz — der was starc 
unde gröz — und was darzuo sö manlich — daz si alle 
sprachen: Dietrich — der ist zu kleine und ze kranc — 
sin wer diu wirt unlanc — im welle got vaste bi stän — er 
muoz den stge verlorn han« und ebenso sagt Dietrich v. 11828 ff. 
von sich selbst zu Binabel: »du verläst dich uf dine kraft — 
Dävit was ouch ein kleine man — got geschuof jedoch, daz 
er gewan — an Goliä die obern hant« etc. Vgl. dazu dB, 
pg. 334 (Bartsch). 

Mit Recht ist Gaydon von der Ueberlieferung des Rol. als kühn 
und unerschrocken gepriesen, so namentlich L: Mais fier euer 
ot et de mult .grant bonte«, ebenso dS: v. 11953 — 11960. 
P weicht allerdings infolge eines offenbaren Lesefehlers ab 
(s. Michel, tir. 225) : »Et Karlemaines a Thierri esgarde — Jone 
le voit et de petit ae — Mais grant cors ot et proesce et 
bonte — »cors« aus »euer« verlesen, (vgl. dS: er het aber 
grözen gedanc, L, Vi bieten hier »fier cuel «, mithin wird auch 
P »fier euer« zu lesen sein. 

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11) vgl. »Parise«, v. 60 — 68 mit »Gaydon« 145 ff. Die 
einleitenden Tiraden in »Parise« theilen Details aus den beiden 
Redactionen der Eingangstiraden des Gaydon mit. Berengiers, 
auf den sämmtliche Zuge Thibaut's übertragen sind, sagt v. 
42— -46, dass er zu San Pol de Ravane seine Giftmischerkunst 
erlernt habe, wörtlich nach B 2b 17 — 19, während AG als 
Erziehungsort Thibaut's Saint Denis angeben; v. 56 nimmt 
Berengiers 30 Aepfel, im Gaydon Thibaut 2 nach C, 20 nach B, 
30 nach A. Berengiers besteigt eine Anhöhe (v. 21), wo der 
Herzog Raymond von Vauvenisse Hof hält, ähnlich in AC. 
Unter den 12 Verräthern, (G. nennnt deren nur 7) befinden 
sich v. 17 auch Aloriz und Tiebauz d'Apremunt Berengiers, 
der wie Thibaut in Gaydon nach der Krone Frankreichs, seiner- 
seits nach der reichen Grafschaft St. Gilles strebt, hat es 
vornehmlich auf die Gemahlin Raymonde abgesehen. Der 
Schwager der Parise, Bueves, fällt hier als Opfer. Die Be- 
lohnung des Burschen, der die Aepfel überbringt, ist dieselbe 
wie an späterer Stelle in Gaydon , als Gui de Hautefeuille den 
Elenden, welcher Gaydon und Claresme verräth, durch Sturz 
in den Brunnen bestraft. Die Stelle des öffentlichen Anklägers 
vertritt Amauguin; das Gebahren Raymonde der mit einem 
Messer im Zorne den vermeintlichen Giftmischer strafen will, 
ist ähnlich wie das Karls Gaydon gegenüber. Rioul du Maus 

ist durch Clarembaus vertreten, der mit seinen 14 Söhnen wieder | 
an Gautier le vavasor erinnert. Antoine und Hugues gleichen . 
Bertrand und Richer. Dies sind die allgemeinsten Ueberein- 1 
Stimmungen. Im Uebrigen lehnt sich Parise an Machario und Berte | 
aus grans pies an, der Name Parise de Constantinople taucht i 
als solcher in »Le Comte de Poitiers« (Hist. litt., 2z, 782 ff.) . 
wieder auf. Genannte Berichte dürften auf ein gemeinsames I 
griechisches Original zurückgehen. | 

12) vgl. in Betreff eines ähnlichen Zuges Garin le Loh. L, , 
180 und Renaud de Montauban 3, 28 ff* , aus welchen beiden ' 
Dichtungen Entlehnung leicht annehmbar ist I 

13) Reinier le fil Gerart de Gascogne ruht unter einem I 
olivier, weil er Jerusalem fahrer ist 

14) Ein grober Pforter an der Thorwacht des kaiserliche» 
Palastes zu Orleans, Ganelonide, läset sich trotz aller Bitten 
und Versprechungen Ferrant's nicht dazu herbei, ihn in dep 
kaiserlichen Palast einzulassen und überhäuft ihn beredt mit 
Schmähungen , dieser aber weiss beim Herausgehen des Abtes 
von Gluigni geschickt in den Palast hineinzuschlüpfen and er- 
schlägt den Vermessenen. Ebenso geschieht es im Aiol, der Pförtner 
erleidet hier aber die Strafe durch Marchegay, das Streftios 



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M 

des jungen Helden. — Das Aufarten grober Pförtner (U>ce 
hat in seiner Dissertation pg. 49, eine nicht uninteressante 
Erklärung dahin gegeben, das? die Vprtrager resp. Vorleser 
epispher Berichte auf diese Weise an den Thürhütern der 
ScMfcger, von denen sie oft an die dufl gesetzt wurden« sich 
hätten rächen wollen) und ihre Bestrafung ist überhaupt ein 
beliebtes Thema nicht allein in den franz. Chans, de geste, 
sondern auch in den spateren po&mes d'^tventu^e. Ich stelle 
biejr sämmtliche Stellen aus meiner Lectfjre zusammen. Eben- 
falls iq Orleans, erschlägt Guijlaume d'Oren^e einen Thorhüter, 
der ihn (wie Gaydon und Aiol) wegen seines unscheinbaren 
äussern verspottet, (Chans, d' Aliscans). Vgl. ferner »Girars 
de Viane« (Gaut. £p. fr. JJI. 1 , 169); »Garin de Montglanec 
(ebenda HL 1 , 134); »Doop de Äfcueneec (pg. 227 und 3*3 der 
Ed.); Moniages Guillaume«; y. 720 ff,; »Fierabrasc, pg. 64; 
»die de St. Gilles« (ed. Förster, v. gOQ ff.); »Ogier Pardenoisc, 
v. 6036 ff. ; »Aspremont« ; »Gui de Bourgogqe« ; aber auch in 
den poemes d'aventures: »Blancandin« (Hist. litt, 22, 769); 
»Ysftie le Triste« (Dunlop-Liebrecfrt, Ge$$h, der Prqs^dicht. 87, 2) 
mi Sir Bevis of Hampton« (Ellis, Early Engl Rom., 2, 99). 

Ifj) Nach langer Irrfahrt und einem eben bestandenen 
Abenteuer mit einem Toulousaner Kitter, den Ferrant seines 
schonen Streitrosses und eines Sperbers beraubt, gelangt derselbe 
zu einem Landsitze, wo ein junges Mädchen ihn empfangt und 
zum Uebernachten nöthigt. Sie ergiesst sich in Klagen über 
die Bedrückungen, die ihrem Vater durch Alori und dessen 
Sippe auferlegt werden, ebenso Is^beau, Aiol's Tante zu Orleans. 
Aus Qourtoisie schenkt Ferrant ihr den erbeuteten Sperber. 
(Vgl. für diesen letzteren Punkt noch Elie de St. Gilles, v. 2323 ff., 
fernes, 1., 216 und Girbers de Mes A 169c 26, wo freilich 
dieses Motiv in gerade entgegengesetzter Weise verwandt ist). — 
So detpillirt grade diese Scene im Texte ausgemalt ist , enthält 
sie doch keineswegs etwas Anstössiges, ist vielmehr ein reizendes 
Genrebild, wje die altfranz. Epik deren nur wenige aufzuweisen 
hat > immerhin weisst die Darstellung an dieser Stelle dem 
Leser, der durch die Erzählung der voraufjjehepden Abenteuer 
^npiädet sein mochte, ein Reizmittel auf, das, obgleich au- 
sreißend gefährlicher Natur, doch zu keinem Conflicte führt. 
IMe überaus reizende Scene zwischen Poon de Mayence und 
Nipojetp in den »Enfances Doon« (ed. Pey pg. 110 ff.) findet hier 
ein Pedant. Im Speciellen errinnert diese Episode schon ganz 
an den Geist der Keltisch -bretonischen Sage (vgl. Holland, 
»Chevalier au lyon«, v. 188 ff.). Eine Verwandtschaft dieser 
kleinen Episode mit Aiql's Abenteuer mit der Jungfrau bei 

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seinem Zusammentreffen mit dem forestier Tierri Hesse sich | 
auch hier wohl annehmen. — Für Ferrants Abenteuer mit dem | 
Ritter von Toulouse könnten »Garin le Loher« I., 41 und 173, 
II, 153 mit Girbers de Mes« A 172b die Vorlage abgegeben j 
haben, »Girbert de Mes um* so mehr, als dieser epische Bericht 
für eine Reihe von Details mit Gaydon Uebereinstimmung 
bietet. Vgl. auch Auberi le Bourguignon (Tobler, pag. 287) 
»Bueves de Commarchis « , v. 2653 ff. und besonders »Les ! 
Enfances Guillaume« (Hist. litt. 22, 474), wo die Darstellung 
sich noch mit einem andern Zuge berührt, den die Ch. de Gaydon 
später nach Beendigung der Abenteuerfahrt Ferrants berührt 
Ferrant schenkt das Pferd des Toulousaner Ritters seinem es 
bewundernden Bruder Amaufroi unter der Bedingung, dass 
jener ihm für dasselbe ein noch von Alori zu erbeutendes Streit- 
ross überliefere. Unter den angeführten Stellen ist die Ueber- 
einstimmung, die zwischen »Auberi« und »Girbert« herrscht, 
eine bemerkenswerthe. 

16) Ferrant überrumpelt die Boten des Ganelonidrn IsorS 
de Mayence, der um Gaydon's Ansehen bei Hofe zu schaden, 
auf Lastthieren reiche Geschenke zu Karl entsandte. Er er- 
schlägt drei der Verräther, der vierte entflieht. Dieser Bericht 
ist ganz analog dem Abenteuer, welches Aiol nach seinem 
Auszuge von der Eltern Haus gegen die vier Saracenen des 
Königs Mibrien von Pampelune besteht. Die kindlich unschul- 
dige Gesinnung, die Aiol bei diesem Vorfalle bekundet, gemahnen 
hier nicht allein, sondern auch in anderen Episoden an Perceval 
(Die Fleischerfrau zu Orleans der Dame »Hässlich« zu vgl. 



Troies«. Eine litter. Untersuch, pg. 201—205) wiederum ganz 
an Aiol's und Ferrant's Abenteuer anklingen. Diese Ueber- 
einstimmung der drei Berichte erscheint kaum merkwürdig, 
wenn man annimmt, dass ein einheitlicher' Bericht zu Grunde 
gelegen habe. Anjou ist in der Ch. de Gaydon der Schau- 
platz der Handlung* die genannten Abenteuer im Aiol finden 
zum grössten Theil in der unmittelbaren Nähe Anjou's statt, 
in naher Verbindung zu Anjou steht endlich die Percevalsage ; sieber 
boten auch die abenteuerlustigen, angevinischen Fürsten der 
episch -romantischen Tradition Material in Fülle, sollte es 
da nicht als wahrscheinlich gelten, dass ein gemeinsamer an- 
gevinischer Bericht zu Grunde liegt. Eine genaue Einzelunter- 
suchung würde ein wohl namentlich auch für die Percevalsage 
nicht unwichtiges Resultat ergeben, freilich wären dann auch 
andere Berichte späterer Abfassung, wie »Blancandin« und die 



u. a. m.), dessen Abenteuer 




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103 



»Enfances Doon de Mayence« in den Kreis der Betrachtung mit 
hineinzuziehen. Woher freilich »Ogier Tardenois« und auch 
»Doon de Nantueilt nach Philippe Mousket (v. 8429 ff.) den Aben- 
teuerbericht über Bertrand entnommen haben soll, bleibt frag- 
lich (der gemeinsamen angevinischen Quelle?!). So lange man 
eben über die Entstehungszeit aller dieser epischen Dichtungen 
im Unklaren ist, wird sich das Einzelverhältniss schwer fest- 
stellen lassen, will man nicht durch eine äusserst genaue Unter- 
suchung motivirt durch Gründe innerster Natur die Beziehungen 
klar zu legen suchen. Aber eine solche zeitraubende Arbeit 
lag mir fern, giebt mein knapper Abriss die Anregung zu einer 
solchen, so wäre viel erreicht. Ogier Pardenois ist übrigens die 
einzige epische Dichtung, welche jenen Zug bringt, der für 
Aiol in v. 911 ff. characterislisch ist, dasselbe Abenteuer be- 
gegnet nämlich irn Ogier Bertrand bei seinem Einzüge in Dijon. 
Endlich findet sich der höchst seltene Name Ferrant der Ch. 
de Gaydon in Aiol v. 4617 etc. 

Nur Gaydon's thätige Hülfeleistung bewahrt Ferrant vor 
der schimpflichsten aller Todesarten, dem am Galgen ein Motiv, 
das spater bei der Gefangennahme Gautier's durch die Gane- 
loniden wiederkehrt. Im kritischen Momente wird Ferrant 
vor dem Tode am Galgen gerettet (vgl. »Huon de Bordeaux«, 
pg. 248 ff., »Renaud de Mont.« pg. 277. S. auch »Blancandin« 
y. 5181 — 5300). — Savari muss wie Seguin, der Bote Ferrant's 
im Val de Glaye mitten durch die Feinde seinen Weg zu bahnen 
suchen, um die ersehnte Hülfeleistung Gaydon's erflehen zu können 
(vgl. »Garin le Loherain I., 189 u. 222, »Fierabras«, »Bueves de 
Commarchis«, »Jehan de Lanson«, »Covenans Vivien«, *Doon 
de Maiencec, »La Prise de Pampelune«, »La Prise d'Orenge«, 
»Henris de Mes*, »Elie de St. Gilles«, »Gaufrey«). 

17) Luce, »De Gaidone«, 22 ff. zahlt die epischen Wieder- 
holungen der Ch. de Gaydon auf: »Ter vis adnibita, sexcenties 
ingesta probra, morum feritatem denuntiant. Credulitatem 
rudium hominum ostendunt duo somnia cum angelorum visis. 
Quo enim pertinuit ad quindecim justa praelia, totis viribus aut 
parte copiarum commissa, effinxisse, sex campos, quinque in- 
sidias, quatuor liberationes, quinque fraudes et vel interficiendi vel 
veneno tollendi tentamenta, decem nuntios et magnam unam 
legationem, decem auxiliorum adventus? Duo certamina autem 
imprimis, unum Gaidonis et Theobaldi de Aspero Monte, alterum 
Ferraldi et Guidonis de Alto Folio, poema habet absolute ab 
initio perscripta, postulatas scilicet pugnas et acceptas, datos 
obsides, missas celebratas, uota, vestes utriusque, equos etiam 



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101 

et equestria arm&, omges dehiqtie äd ünum ritus quicumque ante 
pugnam celebrari solebant etc. 

18) Durch Rioul du Mans, den ersten Erzieher, väterlichen 
Freund und ftathgeber Gaydon's werden wir mit der Anspielung 
auf eine verlorengegangene epische Legende bekannt Als 
Gaydon nämlich, entrüstet über die ihm von Karl angethane 
Schmach sich gegen ihn verschwört, erwidert ihm Riol: »Gaydon* 
v. 802-5: 

Weuls tu sambler un Girbert qui ja fu 

Qui gu&roia cöntre le roi Jhesu 

Et nostres Siröß par la soie vertu 

Le fist mücier dedens le crues d'un fusL 

P. Paris (Hist. litt. 22, 433) bferieht diese Anspielung auf 
Gerbert, den berühmten Bischof von Rhefons, den die Zeitge- 
nossen wegen steint ihnen imbonirönden Kenntnisse in den 
exacten Wissenschaften in die Hölle fahren lassfen. Piö Rayna 
weist jedoch aus den »Reali di Francia« (e. die Kritik G. Paris 
zu P. Rayna's. »I reali di Fr.« in Komania IL, 335) nach, unter 
diesem Girbert sei ein mächtiger frankischer König zu verstehen 
Girbert au fier vieage, der ubermüthig sich gegen (Sott erhob, 
zur Strafe mit Aussatz bedeckt, in die Wilder entfloh, wo er 
zum Thier geworden, von Gras und Kräutern sein Leben 
fristete, bis er endlich innerlich umgewandelt, Reue über seine 
Lästerung empfand und wieder in Gnaden aufgenommen 
wurde. Es wäre dies die Reproduction der alten biblischen 
Legende vom Könige Nebucaanezar, aber es müsste alsdann 
eine Variante der von Pio Rayna aufgefundenen Passage anzu- 
setzen sein, denn nach unserem Text erleidet der Vermessene 
auch die Strafe für sein Thun, Jesus blendet ihn (Gaydon, 
v. 828—830). — Von Girart du Fraite wird berichtet, er habe 
das Crucifix mit Füssen getreten; vgl. auch eine bezeichnende 
Stelle in »Goronemens Loeys«, v. 496—543. 

Uhland, der in seiner Ballade »König Karls Meerfabrt, 
abgefasst 31. Januar 1812 (Uhl. Ged. 49. Aufl. Stuttg. 1866, 

Sj. 346) Riol unter die 12 Pairs rechnet, schildert ihn so, wie 
n Fierabras und Gaydon darstellt: »Da sprach dfer graue Herr 
Riol, »Ich bin ein alter Degen Und möchte meinen Leichnam ! 
wohl Dereinst ins Trockne legen.« — »Gajdon« »enthält auch in 
v. 46 — 49 der jüngeren Eingangsversion eine olfenbare Variante I 
der Rolandslegende vgl. G. Paris, Hist. po6t. d. Ch. 276 Anm. 1), 
denn für diese Annahme sprechen bez. Stellen der remaniements 
der Ch. de Roland, vgl. P: w. 5890—91, 7414 und namentlich 
V. 8032-8039. 



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105 

19) Wegen Todschlags eines freien Bürgers G. v. 2373 ff.) 
Würde Gautier vom Vater Gaydon's verbannt (cf. »Huon de 
Bord. ,^ pg. 79), er hat dann das Kriegshandwerk aufgegeben 
und dem Landbau mit seinen 7 Söhnen im Val de Glaye 
obgelegen* Die Insulten der Verräther bringen ihn auf Ferrant's 
Seite. In der Hitze des Kampfes (Gaydon, v. 2822 ff.) gerathen 
Fcrrant und Gautier zusammen; beide erkennen sich nicht, 
und Ferrant wäre ohne Zweifel unterlegen, hätte nicht Gaydon, 
der die Kämpfenden erkannte, beide getrennt. Ein äusserst 
wirksames poet. Motiv, welches mit Erfolg noch in einer Reibe 
anderer Epen verwandt worden. Entweder ist es der Vasall, 
der wie in *Huon* Geriaumes (was mich besonders bestimmt, 
Gautier als Imitation dieser Figur aufzufassen, »Huon« v. 8044 ff.) 
und in den »Saisnes« IL, 33 Baudouin gegen seinen Lehns- 
herrn kämpft, oder wie schon im JHildebrandslied , streiten 
Vater und Sohn unwissentlich, so im »FloovanU, v. 2463 ff. 
Clovis und Floovant; »Percheval« (Holland, »Ueber Chr. de 
Troyes«, 203)Gauvain und Sohn; »Raoul deCambrai,« pg.302, 
Julien und Bernier; oder es sind nahe Verwandte: »Aleschans« 
v. 2419 ff., Guillaume d'Orenge und sein Bruder Hemaut; 
»Foulque de Candie,« pg. 71 ff. Kampf der beiden Neffen 
Foulques und LePovre Veu; oder endlich sind es Kampfgenossen, 
wie im Gaydon,« im »Roland:« Rolant und Olivier, in dem 
der älteste Bericht vorliegt. »Saisnes,« L, 245 Berart und 
III. 1 404 ff.) in »L'Entrge en Espagne« (GauL Ep. fran$. 
Baudouin und Hugues de Floriville und Anseis mit Rolant. 
Im kritischen Momente erkennen die Helden den geschehenen 
Missgriff und stürmische Freude lässt das Geschehene vergessen. 

20) s. Bekker, »Agolant« v. 152—155. Karl will einen 
seiner Edeln zu Agolant schicken und zwar einen solchen, der bei 
jener gefahrlichen Mission möglichst wenig zu verlieren hat: »Lors 
se dreca Le bons vassal Richier, Cil estoit fiz au conte 
Berengier Cosins estoit au bon roi Desier Mais il n'ot mie 
d'efcposee mollier« und v. 165 — 166: »Ot le duc Naymes 
prent soi a airier Qui Tout norri, si Tot fet Chevalier.« 
Eine spatere Tradition wie in Gaydon hat dann diesen Knappen 
zum Sohne des Naymes gemacht, wie ebenfalls die deutschen 
Bearbeitungen Thierry wegen seiner nahen Beziehungen zu 
Roland zum Verwandten desselben umwandelten. 

20) Auch dieser Zug, der Kampf der Sohne gegen ihre 
\ Väter, ist höchst episch, ich brauche hier nur auf Gormons et 
Isembars, v.560ff., auf Renaud de Montauban hinzuweisen, 
wo der Kampf der 4Aymonskinder gegen ihren Vater Aymon eines 
der ergreifendsten Gemälde der afrz. Epik abgiebt. Wesentlich 



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106 



aus Gaydon entlehnt, stellt Parise la Duchesse den Kampf des 
Ugues gegen seinen von den Ganeloniden verblendeten Vater 
Raymond dar. Auch die Ausfalle des Raoul de Cambrai 
gegen seine Mutter gehören hierher (R. de C, ed. le Glay, 
pg. 54). La Prise de Pampelune (Mussafia, v. 1111 ff.) 
Kampf des Isortes gegen Mao^eris. Der aus dem Französ. 
übertragene mittelengl. Prosaroman Merlin (Early Engl. Text 
Soc. 10, 21, 36) lässt die jungen Söhne der gegen Artus 
rebellirenden Britenkönige einen langen heftigen Kampf gegen 
ihre Väter führen. 

21) In dem aus dem 15. Jahrhundert stammenden ms. 5003 
(Chronique de France) der Par. Nationalbibliothek heisst es 
Fol 122, Zeile 9: 

,En ce temps estoit le royaume de France et l'empire des Romains 
moult paisiblement. Sy ot graut detiocion le bon duc d'aler ung voiage 
3 oultre mer auant sa mort. Car le roy Yuon de Jherusalem et le roy 
Aymon d' Kngremond qui fut filz Regnault de Montalban et cousins de 
Naymon, auoient moult de guerres aux ennemie de la chreatiente. Sy 
6 ala le bon duc Naymon ou aaiut voyage ou Service de Nostre Seignevr 
et aourer le saint sepulcre a moult grant ost de nobles gens d'annes. 
Deux fiU ot le duc de Ciarisse, sa femme, seur de Sanses de Monroyal, 
9 vng duc des parties de Bourgongne; Painsne filz ot non Richar et l'antre 
Rertran. Richer demoura auec Pempereur, a qui Pempereur monstroit 
grant signe d'amour pour l'amour du bon duc Naymon et que Richer estoit 

12 moult bei jouuencel et preux aux armes. A la requeste de Parceuetque 
Turpin, de Oger et de pluseurs prince de la court Pempereur fut (sie!) 
rendu aux enfans de Guennes leurs terres et a ses freres Guion et Alory 

15 et a pluseurs a qui Pempereur auoit saisy leurs terres, pour ce qu'ilz 
auoient porte et soustenu le fait de Guennes. Sy leur rendi Pempereur 
a la requeste de ses princes, qui estoient leurs parans. Car Guennes 

18 estoit de leur lignage, mais il fut moult enuieux et traictre, par quoy le 
plus le hayoient; les freres Guennes furent rappeles a court et pluseurs 
aultres; sy y recommansa Penvie plus grant que ileuant. Et orent enuie 

21 sur Richer, le filz Naymon, que Pempereur amoit moult. Et estoit tout 
maistre chambellan de la chambre Pempereur. Sy firent Guion et Alory, 
freres Guennes, par leur jenglerie et par faulx tesmoings qu'ilz fireat 

24 entendaut a Pempereur que Richer le voulloit trahir et occire, dont 
Richer s'en volt deffendre par son corps, mais Pempereur fut sy yris 
contre luy qu'il ne le vouloit oyr. Sy dist Pestoire que quant Guion et 

27 Alorj furent rapeles a la court, ilz voldrent en traison murdrir Pempereur, 
pour venger la mort Guennes, leur frere, en sa chambre ou il gisoit Ei 
Richer dormoit en une couche pres de Pempereur. Mais quant üx 

30 approcherent de Pempereur et ilz regarderent sa face qui estoit moult 
grant et fiere et espouentable , ilz orent tel paour qu'ilz ne luy osereot 
adeser. Et les cousteaulx dont ilz le vouloient occire, bouterent ou 

33 feurre de la couche ou gisoit Richer, et s'en allerent Et la fürest 
trouues les cousteaulx, et fut tesmoigne a Pempereur par faulx tesmoings 
que Richer Pen voulloit murtrir: Pempereur fist prendre Richer et le 

36 bailla en gar de au roy Phelipe de Hongrie, qui estoit lors a la court 
et estoit ce roy parent Pempereur, lequel pria moult Pempereur que Richer 



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107 



fast receu en ses deffences et qu'il luy fist droit selon Pesgart de sa 
court. Mais Pempereur qui estoit moult chault vouloit adioustefr] loy 
3 du tout aux tesmorags, dont grant murmure en fut a la court. Car Oger 
qui estoit parent Richer et Sanson de Mont Royal, qui estoit son oncle, 
aasemblerent grant gent du parante de Richer de Bauiere, qui estoient 
6 la venus a Aix veoir la court Pempereur, par quoi Pempereur le receut 
et prist le gage Richer, et Guion de Haultefeueille )e receut non pas de 
bon cueur, mais pour ce qu'il auoit se esmeu, dont il se repefnltoit; 
9 la bataille fut ordonnee des deux cheualiers Richer de Bauiere et Guion 
de Haultefeueille a lendemain. 

Aincoy que la bataille des deux cheualiers ot este prise a lendemain, 

12 Guion et Alory, les freres Guennes et leurs amis orent conseil d'aller 
occire Richer, qui veilloit la nuit en une es^lif«Je f et firent grant assem- 
blee. Mais ilz faillient a leur esnte! Car Richer auoit bonnes gar des, et 

15 occirent moult des parens Guennes. Et y fut mort Segart, vng nepueu 
de Guion. Hertault de Monpencier, vng parent de Guennes, Pala dire a 
Pempereur, comme bien quatre vint cheualiers ont este occis de Richer 

18 et ses gens, lesquelz sont en Pabbaye de saint Priue. 8y jura Pempereur 
que jamais n'auroit joye tant qu'il les auroit tous fait pendre; Pabbaye 
estoit forte; Pempereur la fist asseger; la ot grant guerre. Car tous les 

21 Alleman8 de Bauiere s'esmurent contre Pempereur et oultre d'aultres 
gens; et de ceste guerre fut tout le pays de Bauiere essillie et gaste, et 
auxy maint Francois et Alemant en perdirent la vie par celle maulvaise 

24 guerre. Mais en la fin avint que Pempereur sot de vray que les freres 
Guennes le voldrent murtrir. Sy se repentj d'auoir fait guerre a Richer 
et a Bertran, son frere. Et alla asseger Guion et Alory et leurs alies en 

27 vng chastel qui fut aGuennon, appele Montaspre vers la riuiere du Rin. 
Et y estoit le siege, quant Naymon vint d'oultre mer. Du temps que le 
siege estoit deuant Montaspre arriua ou pays le duc Naymes de Bauiere, 

30 qui venoit d'oultre mer. Sy ala tout droit au siege de Pempereur. L'empereur 
luy fist moult grant joye et luy dist: ,Qa Naymes, biau doulz amis, j'ay 
moult malfait contre vous, ay moult mal guerredonne les grans biens et 

33 seruices que vous m'aues fais ou temps passe. Car j'ay essillee et 
destrnicte vostre terre et guerroie vos enfans et vos homes par mauluais 
conseil. 14 >Sire,' ce dist Nayme, le bon duc, »ce laisses estcr. Car par 

36 la foy que je doy a dieu ne a vous qui estes mon souuerain seignetir. 
Jamais anec ma femme ne gerray, ne Richer et Bertran n'auront part en 
la terre de Bauiere, qui m'apartient, jusques ad ce qu'ilz se scront par 

Ü9 armes de leurs corps deffendus de la traison qu'on leur a mise sus. Car 
ilz sont proues traictres; ilz ne sont pas mes filz, et seront pendus et 
leur mere arsseV Moult fut grant joye faicte au bon duc Naymon de 

42 tous les bons preudommes de Post, car moult estoit vaillant et loyal prince. 
Naymon manaa sa femme et ses deux filz au siege. Et fut traicte \sic\ a 
ceulx du chastel quo Richer et Bertran, les fils Naymes, se denffendroient 

45 la traison qui fut mise sus a Richer contre Guion et Alory. 

La bataille fut deuant Montaspre des quatre cheualiers de deux 
freres contre deux aultres freres, Richer contre Guion, et Bertran contre 

48 Alory. Et tant se combatirent que merveilles seroit de raconter le fait; 
les freres Guennes furent occis par les deux fils Naymon et la recongneurent 
auant leur mort que eulx meismes auoient faicte la traison. Et recon- 

51 gneurent moult d'aultres traisons et qu'ilz auoient este consentans de la 
traison qui fut en Roncevaulx, pendus furent en vnes fourches; Pempereur 
se departj du siege et donna a Richer a mariage vne belle pucelle, fille 



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Ahstys, röy de Coulfllfctte, <Jui tfctdit tte*0»8*fc & tout grartt rtignötifte« 
römperewr retourn* A Ab; NayxttOtt ala eö Batiifre 6t He vesqni gaires; 
3 jtais Richer ö'en ala a Cduloigiie. 

22) Jede passende Gelegenheit wird von den Gaheloniden 



dfes Loherains bietet ähnliche Situationen, »Garin le Loh.« 
L, 131 u. IL, \8. Für »Gaydon* sehr bezeichnend ist »Girbers 
de Mes«, A 178d ff., ebenso »Raöul dö Gambrai«, pg-212 ä. a.O. 
»Fierabras«, pg. 135 ff. Die von den Ganeloniden arglistig 
heraufbeschworenen Zweikampfe mit ihren Gregnern laufen 
wenn möglich in allgemeine Handgemenge aus; die Vorlage 
Gaydons ist in der älteren Fassung des Gui de Nanteuil zu 
sucHöh, vgl. äüch *Gärin 1* Lohe IL, 167 ff. 

83) fein Bischof aus der Verwandtschaft der Ganeloniden, 
Guirrt de Mayence, celebrirt die Messe, als Gui sich zum 
Zweikampfe mit Ferraht anschickt utid räth letzterem (s. Gay. 
v. 6439 ff.) alle mögliche Schandthaten zu verüben, und Gui 
antwortet i »OH, encore pis ässez.« (vgl. ähnl. Passage in »Ataris, 
und Amile«, v. 1625-1638, auch Huon v. 2461—68). Gui's 
Weisungen handeln schnurstracks allen Regeln wahrer Ritter- 
schaft entgegen, wie sie so beredt »Coronemens Looysc (Jonck- 
btoet, v. 175- 187) und »Döon de Mayenöe« (pg. 74 — 77) 
verkünden. Bezeichnend ist auch, toie in Gay. Und Parise die 
Helfershelfer der Verräther nach gethanem Dienst aus dem 
Wege geräumt werden (vgl. hierfür noch »La Prise de Pamp. 
v. 2872 ff.).« — Der ältere Theil unserer Dichtung weist diese 
änticlericale Tendenz nicht auf, obwohl schon die älteren Epen 
dieselbe durchblicken lässen, so »Renaud de Mont« pg. 93,12 
und 222, »Coronemens Looys» (Gautier, £p. fran?. IU. 1 , 335) 
sowie Huon« pg. 278. Der Abbä vonCluigni, der in »Huon«, »Garin 
le Loh.« I., 7) und in Gui de Nanteuil (v. 324 — 333) eine so 
würdige Person darstellt, ist in Gaydon die Zeitscheibe beissenden 
Spottes (»Gay.« v. 3439 ff.) Siehe auch hier pg. 151. 

24) Tiebaut d'Aspremont war ursprünglich keine unehren- 
hafte Erscheinung, in Gui de Nanteuil steht er entschieden auf 
dem Boden dös guten Rechts Und tritt sogar in bewusstem Gegen- 
satz zur geste der Ganeloniden (vgl. »Gui de N.,« v. 1331—32, 
1349 — 52 u. 1364 — 65), ebenso in »Aye d'Avignbn.« (Die 
Karlaraagnüs Saga, ed. Ünger, pg. 33 nennt ihn Thedbaidr 
son Segrins af Aspremunt). Er ist ohne Zweifel derselbe wie 
Tedbald de Reims v. 153 , 2433 u. 9058 der Gh. de Roland, 
vgl. hiermit ntir Note 36. Nach der jüngeren Version der ESn- 
ganeszeilen v. 81 wird er in Espolisce von Ganelon zum Ritter 
geschlagen. (Espolisce ist das alte Spoletium, heute Spoleto, 




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Auberi, 133, 7, äicht »Wöstphafiet tiädh *Hisl litt 4 22, 292). - 
In Garte le Lob.c ist er Verwandter feegons (Garin, L, 247) 
und Gefotesmänrt dör Lothringer (Garih, M, 163). »Girbert de 
Mes* mächt ihn aber zum Bordelesen, als solchen gi-üsst ihn 
Guillaume de Monclin, Fromond's Bote; er fällt von der Hand 
des Loherafn GeHn, eine Variante zur Gh. de Gaydon. 
GTrbeks de Mfcs A 198a. 27: Et Gerirl broche le cheual ou il siet 
28: Et Bert Tiebaut d'Aöpremont le flori 
29: Plaine äa lance i'abati niort souin. 
Erst Gaydon tand PArtee machen ihn zum Ganeloniden, ebenso 
die späten Chaiüsohs: >Gaufrey* (ptf. 121), »Döon de Mayetice* 
(pg. 233 — 234, eihe Steife, die offenbar äh die Gh. de Gay. 
anklingt) sowie »Güi de Boürgoghe« (v. 3609). — Ich nehme 
hier zugleich Veranlassung, auf die interessante Stellung hinzu- 
weisen, die Huon de Bordia* und Gerart im Gitters de Mes 
einnehmen. Wie Iii diesem Epös als Gaydöh's Vater ein Thierry 
genannt ist (s. Anm. 4), So ist abweichend Vom Berichte des 
»Huon de Bordeaux« Getart äh Sohn des letztern angeführt 
»Fix fu Huon de Bordiax lä dte« A 249 a 25, 26, ebenso 
A 25Öa 29. Dieser Gerart zeichnet sich durch grosse Tapferkeit 
stegän die Lothringer aus und thut sich als der mächtigste 
Parteigänger Fromöndins hervor. Hernaut le poitevin verwundet 
ihn ( A 252 G) tödtlich zum grossen Leidwesen Fromondins, 
der ihn laüt bejammert und aus Rache (A 252 d) die beiden 
Söhne Hernaut's von der Ludie tödtet. — Der gute Genius 
Frbhiondins ist Huon de Bordiax {A 206 a), er ist der ehren- 
hafteste der Bordelesen, mit Vorliebe »Ii preus de Bördele« 
genannt; räth (A 207 b) zu versöhnlicher Stimmung gegen 
Hernaut, schüttt ihh bei der durch Fromottdin erregten Feuers- 
bruiist im moustier St. Martin zü Belin; als Fromondin ihm 
wegen vermeintlicher Feigheit spottend Vorwürfe macht, tritt 
Huon mannhaft gegen ihn auf und ersterer demäthigt sich vor ihm, 
seinem cousin. Huon fällt vor Goloigne (A 224a) von der Hand 
Gerin's im Handgemenge, er wird selbst von seinen Gegnern 
seiner Tüchtigkeit und Rechtlichkeit wegen laut beklagt — 
Ein Ferrant ist äls Lothringer (Ferrant l'engigneor), Thorhüter 
Von Geronville {A 186c 1 und A 189a 15 a. a. 0.) genannt. 

25) Verschiedene der in der Gh. de Gaydon ihrer Herkunft 
nach aufgeführten epischen Personen stehen theils auf Seite 
Gaydon's, theils auf der der Ganeloniden, theils auf der Kari's, 
m ist Von DHon ein Ansei v. 7987 als Ganelonide, ein Gautier 
V. 3488 als Baron Karls genannt; Gautier de Montagu, Vassal 
Gaydon's nach V. 2878, Joibert de lt. v. 6857 Ganelonide; Guis de 
Monbendel (Monb. An »Röhaüd de Mont.« erinnernd), Genosse 



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110 

Ferrants, v. 9425, Hermant de M. Ganelonide, v. 7986; Bernard 
und Henri de Pierretee Ganeloniden, v. 8145 resp. 6915, Garin 
de P. Vasall Gaydon's, v. 2972. Ein Beleg für die Spaltungen 
unter den hohen Geschlechtern bezuglich ihrer politischen Partei- 
stelhingen. 

26) Nach Gaydon, v. 10252 — 10255 ist es 200 Jahre her, 
dass Karl in den Ritterstand trat; er ist also noch älter als es 
die »Ch. de Roland« v. 524 angiebt; »Jehan de Lanson« (Hist 
litt 22,572) lässt ihn 100 Jahre Ritter sein. In »Ansäs de 
Gartage« ist er über 200 Jahre alt, 100 Jahre alt erzeugt er 
nach »Huon de Bordeaux« Charlot, vgl. auch »Gui de Bourgpgne«, 
v. 36 ff. und den Eingang des »Macaire« (ed. Guessard). 

27) Der Zug der Habgier im Character Karls ist sicher 
aus den Loherains entnommen, wo Pepin von den Bordelesen 
oft genug durch reiche Geschenke gewonnen wird (»Girbers de 
Mes«, A 162 d a. a. O.). Vgl. auch Auberi (Tarb<§, pr6f. XIV.). 

28) Vgl. über dieses Motiv bez. der Person Karls G. Paris 
»Hist. po£t«, 364, wo alle Berichte zusammengestellt sind. Ver- 
mummt als Kundschafter das Lager des Feindes zu erforschen oder 
in Begleitung von Genossen zu überrumpeln, scheint ein beliebtes 
Mittel mittelalterlicher Strategie gewesen zu sein, s. Garin le 
Loh.« I., 269 a. a. 0., »Agolant« (Bekker) pg. 45; »Raoul de 
Cambrai«, pg. 279; »Renaud deMontauban«, pg.250; »FloovanU, 
pg. 38, »Jehan de Lanson«; »Auberi le Bourguignon«, pg. 57, 
in welch 1 letzterer Dichtung sich noch andere Züge einmischen; 
»les Saisnes«. Aus dem Cvclus des Guillaume d'Orenge vgl. 
»La Prise d'Orenge«, v. 3/5 ff., vor Allem »Le Charroi de 
Nismes«, »Foulque de Candie«, pg. 54 (ed. Tarbe). Auch 
»L'Enträe en Espagne« (Gautier, ßpop. franf., HI., 2 439). 

29) Unter den von Karl aufgebotenen Vassallen (Gayfer, 
Othon de Pavie, Hoedon de Lengres, Huon de Valence, Thierri 
d'Ardenne, Richart de Normendic, Guillemer d'Escoce, Buevon 
sans barbe) befindet sich auch ein König Lotb d'Aingleterre 
(v. 4791), eine sonst der afrz. Epik unbekannte Persönlichkeit; 
für eine Abkürzung (jedoch ein Looth Ii Fris in Saisnes I., 155) 
von Lothaire möchte ich Loth nicht gern halten. Sollte er 
nicht vielmehr mit Loth, Vater des berühmten Gauvain, in der 
anglo-bretonischen Sage identisch sein? Anspielungen auf keltische 
Traditionen liefen in v. 1173 a. a. 0. unserer Dichtung vor 
und Artus ist den spätereu Chansons de geste wohlbekannt 

30) Vgl. über dieses Motiv, die gegenseitige Austauschung 
von gefangenen Kriegern »Hervis de Mes« (Hub, »Ueber 
H. d. M.«, pg. 35). Die »Loherains« bieten überhaupt ver- 
schiedentlich diese Episode, z. B.: »Garin le Loh.« IL, 203 ff.). — 



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ni 

Gefangen wird Ogier auch nach der Chanson d'Otinel , welche 
sich inhaltlich streng an »Ogiert anlehnt. 

31) Wenn man auf den Namen der gascognischen Fürstin 
Claresme (auch Ciarisse) zurückgeht, so bietet sich als Vorlage 
(eine unmittelbare Vorlage liegt in »Girbert de Mes« vor, welches 
Epos, wie wir schon a. a. O. bemerkten, eine Reihe Einzel- 
momente an die Ch. de Gaydon abgab; es vermählt sich Girbert 
de Mes mit einer gascognischen Königstochter, deren Name 
freilich nicht genannt ist) Renaud de Montauban; Renaud wird 
Lehnsmann Yon's von Gascogne und vermählt mit dessen 
Tochter Ciarisse. »Clairette et Florent«, eine der späteren 
Fortsetzungen des »Huon de Bordeaux«, nennt ebenfalls eine 
junge Princessin zu Bordeaux Ciarisse. Vgl. auch »Gaufrey«, 
pg. 141 , ein Roman, der mehrfach Gaydon als Vorlage benutzte, . 
welch' letztere Dichtung selbst jene Liebesepisode unter Zugrunde- 
legung des Berichtes in Gui de Nanteuii Girbert de Mes und 
einer älteren Fassung des Renaud de Montauban entlehnt 
haben wird. In den Details bieten verhältnissmässig wenige 
Epen der franz. Rittersage, in deren späteren Phase die Liebe 
des Helden zur Auserwählten seines Herzens den Kernpunkt 
der Darstellung abgeben muss, mit der Ch. de Gaydon überein- 
stimmende Züee. Girbert de Mes ( A 174a — 175 a), wo die 
Gemahlin des Königs Ansäs durch Bernart le Braiben^on dem 
Lothringer Gerbert ihre Gunst entbieten lässt, bringt die ersten 
Anklänge, die in der »Ch. des Saisnes« in den Liebesabenteuern 
des Baudouin und der Sebile eine nahezu der Ch. de Gaydon 
analoge Ausschmückung erlangen. Auberi le Bourguignon, der 
sich an Girbers de Mes anlehnt, verzerrt im Uebrigen die 
Situation. (Die Liebesabenteuer zwischen Christen und Heidinnen 
in Fierabras, Floovant, Elie de St.-Gilles, Gaufrey etc. kommen 
hier weniger in Betracht. Ueberraschend erinnert an Gaydon 
»Foulque de Candie«, »Le Stege de Barbastre« und »Ansös de 
Cartage«. — Die Chansons de geste lassen deutlich erkennen, 
in welcher Weise nordfranzösisebe Grosse in den Besitz süd- 
französischer Lehn gelangten, durch Heirath (Gaydon, Renaud 
de Montauban) durch einfache Lehnsübernahme (»Les Loherainsc. 
Die Lothringer übernehmen das Land um Bordeaux von Pepin, 
Begues de Belin), durch Adoption (Raoul de Cambrai, pg. 317, 
wo der kinderlose cuens de St- Gilles den Sohn des Bernier 
adoptirt). 

32) Vgl. nur »Girars de Viane« (ed. Bekker) v. 3292 ff. 
und v. 3916 ff., »Doon de Mayence«, v. 7333 ff., »Les Enfances 
Ogier«, v. 6904 ff., »La Prise d'Orengec, v. 39 (Jonckbloet) 
Beginn der venetianischen Fassung des Gui de Nantueil (s. P.Meyer, 



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prtf. XXV.) wo die Version eine ütereinstimmende, Trotzen dm» 
yon Gautier sogen, dichte tyiqnes einen lyrischen Grundtan Wr 
schlagen , «nd sie doch der eigentlichen Lyrik sozusagen imbe- 
kannt. Der mUtelenglische gereimte Roman ?Merlin« beginnt 
in fast jedem Gesänge mit einem solchen entsprechenden 

1), Bezeichq- Stelle 
-. 18 der Bartsch'sqhen 
Sammlung; mir scheinen einige der unmittelbar folgenden 
Uederfragmente auch weniger Romanen als wirkljohe Stellen au* 
Chansons zu sein , deren Inhalt dem Verfasser des Gui Daun* 
de Döle gefiel und die er in seine eigene Dichtung herübernahm, 
denn um eine wirkliche Romanze gu bilden, sind dieselben 
doch etwas zu aphoristisch gehalten. — Aye d'A?i?pon, das 
Vorgedicht zu Gm de Nanteuü enthalt in w. 181 — 18fc u, 
$756 — 9761 ebenfalls solche QicMs äpiques, und dieser 
an und für sich weniger wichtige Umstand veranlasst mich, 
auf einen andern von bedeutenderem GewiQWe aufoertam 
zu machen. Aye d'Avignon, qonstatirt p. Meyer durch unwjder* 
legbare Argumente fpröf, % seiner Ausgabe) besiebt aus 
% verschiedenen Theilen, von denen der eine bis v. #8? 
reichend, die Person Garnier'g de Nantwei), der anders die des 
Sarazenenkönigs der Des Maiprqnes, Ganor, in den Vordergrund 
der Handlung ruckt, ein deshalb «cfoon interessantes» Factum, 
als wir hier ein Analogon zur Ch. da Gaydpn haben- Per 
erstere Theil ist |n Assonanzen abgefasst? 4er zweite Theil nur 
zur Hälfte (yjjl. pg. 111. der Au££,)3 die SefriusshalRa desselben 
zeigt die gereimte Form, wie sie im »Guy de JNantueiW durchweg 
vorliegt- Gui ist aber eine unmittelbare Fortsetzung de? >Aye 
d'Avignont, denn scbliessen wir die drei letzten Verse derselben 
v. 4134—36: »Huhnes commencera estoire etc.* , die augensphein- 
lieh von einem spateren Bearbeiter angefügt oder aber auch als 
Uebergang zu Gui betrachtet werden können, aus, so können wir 
unmittelbar an die beiden eigentlichen Spblussyersq des Textes; 
f Ppis a dit a Guyqnc etc. den Text Yon Gui ; «Guion, che dfet Ganois* 
etc. in v. 36 l£ anfügen. Also der Text, und mehr noch die 
Versificaüon sprechen dafür, das? Aye (f Ayjmop qnd Gui de 
Nantueil ursprunglich nnr ein Gedicht in ^ehnsilbiger assonirendflT 
Form gebildet haben, die dann durch spätere Ueherarbetter 
resp. Schreiber in zwei besondere Chansons auseinandergerissen 
worden sind, ein Verfahren, das man Iwht auch hei der Ch. 
de Gaydon hätte durchführen können. Zq beachten ist das 
Zeugpiss des Philippe Mousfces welcher beide Thejle zusammen 
anfuhrt, als wenn sie seJtöt verständlich w einem Qediebt rer- 



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118 

einigt wären. Auf diese Weise werden die Uebereinstimmungen, 
die sowohl Aye d Avignon und Gui de Nantueil mit der Ch. 
de Gaydon bietet, leichter verständlich. (Der Kampf Garniere 
mit seinem Gegner bietet überraschende Anklänge an Gaydon, 
der Ueberfall im bois de Lorion ist analog dem im Val de 
Glaye). 

33) Dass die Ch. de Gaydon einen eminent localen 
Character trägt, bezeugt besonders eine Formel: v, 3929: »Plus 
bele dame n'ot iusqu'a Mira bei und v. 7976 N'a si bon jmire, 
desci a Mirabei. Mirabel o. Mirebeau war eine Grenzfeste von 
Poitou, von Geoffroi Martel nach dem Roman de Ron Guillaume 
de Poitou entrissen (s. R. d R. ed. Andresen, pg. 202: A 
Guill. le Peiteuin, Qui fint Peitou e Limozin Toh par force 
Mirabel«, s, auch die Karte von Frankreich von Lpngnop 
zur Ausgabe von de Wailly's, »Jean Sire de Joinville«). — Das 
Feldgeschrei der Angevins ist » Valye« v. 3939 *. a. 0. , ein 
kleiner Laadstrich in der Nähe von Angers mit der Hauptstadt 
Beaufort (Gui de Biaufort, einer der mächtigsten Parteigänger 
Gaydon's). Valie ebenfalls Feldge6chrei der Angevins in anderen 
Ch» de gaste. Vgl. »Roman de Rou«, v. 3986 # »Les Enfances 
Ogierc (ed. Scheler, v. 1228, Angiers et Valäe). *Chronique des 
ducs de Norm.« v. 21692; >Gir. de Rosßillon,* pg, 63, Valea; Gui* 
de la Vatee in v. 4701 des «Fierabras' ist derselbe wie Guis de 
Biaufort «der »Gh. de Gaydon.« 

34?) Folgendes ist der Wortlaut Ober die Schlacht im Braibum 
Nemus in der »Chronica de gestis Gonsulum Andegavorum« 
verfasst von Jean, Mönch von Marmoutier, um 1109 oder 1170, 
also in einer Zeit, in der wir die Abfassug der älteren »ssonirenden 
Fassung ansetzen müssen. Jean hat einen sehr blühendep Stil, flicht 
gerne Anecdoten in seinen Bericht ein, zuweilen erinnert seine Dar- 
stellung an die der Gh. de geste. Sollte er solche, insbesondere 
die Gh. de Gaydon gekannt haben? Er allein ßpricht von 
der Schlacht im Braium Nemus (Marchegay-Salmon, »Les 
Chrpniques d'Anjou, I., 190); »Nec more, ante burgupi Sancti 
Martini Belli ad pugnam conveniunt, in loco qui publice Noit 
yocatur. Roboant tubis et simul eia clamant; immergunt se 
latissimis confertiesimisque bostium turmis; obvioe quosqut 
stemmt, nec imbecilles mveniunt hostes, immo vero totis viribus 
tibi ohsistentes; nam duas acies quae praecßsserant multiiudine 
nimm pene funditus ponsupiunt Corruunt multj, yulnerantur 
plures. Andegavi impetus sustinent improbormn* yicissimque 
eoe ijmpetentes viriliter retro cedere compelüint. Martellus, qui 
in po6trema parte cum acie sua substiterat, uhi depsipies vidit 
bostium worum acenros apeumt, totumque de pomite transfcrens 



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114 



se in militem, alios lancea deturbat de caballis, alios ense dimküat 
in sellis, convocat suos, instantes confortat et eis animatis in 
adversarios excurrit. Lisoius domino suo auxilium praebiturus, 
cum suis militibus et peditibus centum vexilla gerentibus, ab 
Ambaziaco advolat citissimus; qui viso praelio, in dextro corna 
habenas laxant et calcaribus cornipedes urgent et scutis pectoribus 
oppositis turbas coraitis depjellunt et oppositos dissitiunt et unus- 
quisque suum sternit humi. 

Andegavi siquidem denuo eos invaserunt; quorum virtutem 
Tbeobauldini satellites diutius non sustinentes, pavore subito 
sibi immisso, in fugam versi, scapulas dederunt. Plures cuspidibus 
insequentiuin confossi sunt. Insecuti sunt eos et retinuerunt equites 



Qui cum Martello erant omnes in ferrum ruunt, ipso prae 
omnibus fortissime et fugante fugientes et prosternente. Insequentes 
Ambazienses fugientibus insistunt et quos consequi praevalent 
omnes prosternunt; et in nemore 9, u °d Braium dicitur, 
juxta aulam Hastuini, comitem Theobaldum consequentur 
et capiunt cum quingentis et octoginta militibus, non enim in 
Braio equi currere potuerunt; consulem ab Braio abstractum, 
sie nempe nemus vocatur, Martello reddunt. Hostibus, Deo 
favente, ita repulsis et repressis et diversis partibus turpiter 
fugatis, cum laetitia maxima redierunt et a turbinibus bellorum 
immunes eo anno quieverunt.« — Nicht besonders günstig spricht 
sich, wie leicht begreiflich ist, der Roman du Rou (Andresen, 
I., 200 über Giffrei Martels aus: v. 4243 -4250: «Giffrei Marteis, 
uns quens d'Aniou Gels de Toroigne et de Poitou E ses veisins 
de plusors parz Par ses engienz e par ses arz Out mult damagez 
e destreiz Homes raenz, chastels toleiz AI conte Tiebaut toli 
Tors E viles e chastels plusors. Aber gerade wegen dieser 
Waffenthaten rechnet ihn »Simon de Pouille« (Gautier, fipop. 
fran(. II. 1 , 174) unter die 12 pairs. 

35) Das von Jean de Marmoutier in vorhergehender Note 
Gesagte zu bekräftigen, weise ich auf Marchegay-Salmon, I. 78 
hin, sowie für die ebenfalls von Jean um 1280 abgefesste 
»Historia Gaufredi Comitis Andegavorum«, auf Marchegay-Salmon, 
I. 235 (Gaydon, v. 1169 ff.) u. 239 ff., wo die Tödtung eines 
Riesen oder eines gewaltigen Kriegers wie Thibaut d'Aspremont 
in der Manier der Gh. des gestes erzahlt wird. Jean will freilich 
nur rein historische Quellen nach seiner Angabe benutzt haben. 
Dass auch in der historischen Tradition eine Belagerung von 
Anjou durch Karl den Kahlen erwähnt ist, beweist das »über 
de compositione castri Ambaziae« (enthalten nach Mabille, 
»Introduction aux Ghroniques des Gomtes d' Anjou« t II., XX VL 



et pedites et equos multos vi 




rcendo paucos oocidunt. 



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116 

in fls. *üs der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts, tns. lat. 6006 
der Nationalbibliothek au Paris) bfei Marchegay-Salmon I., 28: 
»Post haec, Persae alilque Sarätehi multi Constantinopolim 
obsederunt, Graeciarti Vastaverunt, ad cujus succursum Karolus 
Calvus cum magno exercitu pergens Persas devicit, Satecenos 
fligavit, urbem regiam cum regno Graeciae deliberavit Eo 
tempore, Dani SueVi, quos Theotici lingua sua Normant, id est 
Aquilonarcs homines, Yofcant, emerserunt; nunc in ripas Ligeris 
fiulia Sequanae urbes vastantes invehebantur. Karolus a 
Cöttstantinopolicum multisrelicjuiis redien s, quasdiversis 
ecclesiis sui fegni posuit, Norrtiannos apud Andegavim 
obsedlt, Salomohe Britonum rege cum exercitu sibi adjuvante. 
Sed pecünia sibi a Normannis data cgressum praebuit eis, tali 
siquidem pacto, ut non attiplius Gallias infestarent: quod 
neqüaquam tenuerunt. Rex pi-udens Karolus timens infestationes 
Normannorum, frequentes munitiones in Cenomanensi pago 
fecit etc.* Ate Comes Andegavis bezeichnet die Sage auch den 
berühmten Kai, den Helden Arturs. Als Arturus nach dem 
»Liber de Gompositione Gastri Ambaziae *Fullonem Romanum 
ducem« im Zweikampfe besiegt hat: »Oldino signifero suo 
Flandriam dedit, Beauero pincernae Neustriam, Cheudoni 
dapifero Andegaviam et Turoniam, Golfario ensifero 
Pictaviam et Bituricam provinciam concessit. Gheudon, comes 
Andegavis oppidum quod ex suo nomine Gheudonem dixit, 
in Türonia construxit , quod nomen diu post lingua Francorum 
praevaricaium Kainon nunc dicitur etc.« (s. Marchegay-Salmon, 
Les Chroniques d' Anjou, I., 14, wo der Text der Chronik im 
Anschluss daran auch einen kurzen Abriss des Lebens Arturs 
nach der »Historia Brittonuin Galfredi« bietet). — Verschiedene 
Personennamen und Ortsnamen der Ch. de Gaydon finden sich 
auch in den historischen angevlnischen Berichten, so Aimeri, 
vlcomte de Thouars (Amauris de Toartois, Gh. de Gay., v. 2591); 
Amauri de Monfort (Anauetin de Monfort, v. 9181); Riol du 
Mans (David, comte du Mans, wird von Gottfried Grisagonella 
besiegt), Galerant, comte de Meulant (Galerant, Gatielonide, Gay. 
V. 5073 , 6917 , 7074); Gautier de Mayenne, Bundesgenosse 
Fulco's von Anjou (Ch. de Gaydon, Gautier le Vavassor); Hugue, 
äbbg de Gluni; Odon de Cluni, mit Fulco Bonus von Anjou 
ertögen (l'äbes de Cluigni, v. 3439 des Gay.); Nevelon (Gay., 
v. 2320 ü. 93G0); Raoul de Thouars, unterstützt Geoffroi Martel 
gegen Guillaume de Poitiers (Raoul de Mans?!); Robert de 
Rochecorbön, Sohn des Thibaut, Gegner Geoffroi MartePs (Robert 
de Valbeton, wo der Ortsname zugleich eine Erinnerung an 

8 



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»Girard de Rossillon« bringt; Robert de SL-Florent, beide 
Ganeloniden nach Gh. de Gay. v. 8061 und 7281), Rogon de 
Couö, empört sich gegen Geoffroi V. le Bei von Anjou (5 
Ganeloniden dieses Namens in »Gay.c: Roger, v. 7285; Rogier 
v. 2689, Rogier de Cymais, v. 4436, Rogiers dou Gaut, v. 4399 
und Rogon, v. 2685, 2901 ob derselbe wie Roger?). Für Brai, 
den Wald, in dem Thibaut, Graf von Champagne -Blo's 
gefangen genommen wird, existirt ein Brayes, heute Reignac, 
Schloss und Stadt in Touraine, wo wohl der Schlachtort des 
Braium Nemus (val de Glaye) zu suchen sein wird. Vgl. über 
diese Notizen das Register zu den »Chroniques des Comtes 
d'Anjou« von Mabille. IL, 395 flf. — Wie die Fulco unter den 
Fürsten Anjou's, obwohl äusserst thatkräflig (Fulco Bonus von 
Anjou erwiderte dem ihn wegen seines Wissensdranges und 
seiner Frömmigkeit verspottenden Eönig Robert von Frankreich: 
»Regi Francorum comes Andegavorum. Noveritis domine, quia 
illiteratus rex est asinus coronatus«), in der Geschichte vor 
den Gottfrieden zurücktreten, so auch in der Sage: Ich fand 
nur einen Folcon d'Angeus ausdrücklich genannt in »Girard de 
Rossillon« (ed. Michel , pg. 310). — Dass die Angevinerfürsten 
unter Godefredus Grisagonelle das majoratum regni (s. hierseihst 
pg. 90) erhielten, weil sie Frankreich vor räuberischen Barbaren 
retteten, findet noch eine Reminiscenz in Gay. v. 10822—23, 
wo Charles, als ihn Gaydon aus der Gewalt der Ganeloniden 
befreit, letzterem sagt: »Et je voz doins, par fine drueri^, De 
douce France la grant seneschaucie.« — (Für die freundliche 
Ueberlassung eines Exemplars der hier oft citirten »Chroniques 
d' Anjou« fühle ich mich der Verwaltung der Königl. Universitäts- 
Bibliothek zu Göttingen zu besonderem Danke verpflichtet.) 

36) DenRacenunterschied, der sich unter den kriegführenden 
Parteien der Ch. de Gaydon so prägnant offenbart, hat schon 
P. Paris hervorgehoben. Er sagt mit Recht: »Autour du brave 
Gaydon, dont le cr6dule historien de 1' Anjou, Jean de Bourdigne, 
n'a pas m£me connu le nom, se groupent les barons du Maine, 
du Perche, de l'Orläanais, de la Touraine, de la Bretagne et 
du Berri.« Es beweisen dies Namen wie Guis de Bi au fort 
en Valie, v. 648, 2588 etc.; Rioul de Mans, 3 Herren von 
Nantes: Guis, v. 4836; Poinsart de Nantes, v. 2329, Rispeus 
de Nantes, v. 647 , 2589 etc., Ii cuens dou Perche, Huon de 
Toart, v. 2329, Guillaume de Valye, v. 2197, Ii cuens de 
Chartres v. 2590 u. a. m. Diese Barone vertreten die alten 
H6rup6s der Ch. des Saisnes, die sich gegen die Uebergriffe des 
germanischen Herrschers auflehnen, wesshalb diesem Bericht 
vom Kriege Karls gegen Anjou sicher eine ältere Fassung der 



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Episode von den barons Herupes untergelegt werden muss, 
erinnert doch auch die verwandte Erzählung in »Gui deBourgogne« 
in dem Begrüssungsempfange, den der Kaiser und seine Barone 
den jungen Kriegern aus Francien zutheilwerden lassen, an die 
Begrüssung, oder vielmehr Demüthigung, zu der sich Karl den 
barons H6rup6s gegenüber in der Ch. de Saisnes versteht, indem 
er bei ihrer Ankunft mit seinem ganzem Heere in jiemüthigster 
Haltung entgegengeht. — In der Gh. des Saisnes ist le Mans 
der Vorort dieser Barone (Saisnes I., 67, »Qar la corz fu 
tenue a la eile do Mans, Icil de Maine i furent, Angevin 
et Normans, Et Mansois et Bretons et Torois, baron frans«), 
Joifrois d'Angiers ist Führer eines grossen Schlachthaufens der 
Herupfe nach Saisnes 1, 186 (vgl. I, 45) und auch ein Ammaufroi, so 
selten sonst dieser Name erwähnt ist, tritt unter diesen Baronen 
auf: Saisnes, I., 189. Eine Variante zu dem von Michel heraus- 
gegebenen Texte zu ?., 45 lässt unter den Herupes die Barone 
Gaydons wiedererkennen. Diese Helden, die Elite der französischen 
Ritterschaft, entscheiden nicht allein die Schlachten gegen die 
Sachsen, sondern auch die gegen die Sarazenen (»Stege de Narbone« , 
dgl. Gautier, Ep. franc. III. 1 , 303) und die Feinde im Innern 
ves Reiches (vgl. P. Meyer zu Girart de Roussillon, Jahrbuch 
für rom. und engl. Litt. XL, 125)- Die Bildung der Legende 
von den barons H6rup& hängt eben mit dem politischen Ueber- 
gewichte der Angevinerfürsten zur Zeit des letzten Karolinger 
und der ersten Capetinger eng zusammen. Die Kämpfe der 
Angeviner mit den gallogermanischen Fürsten von Champagne- 
Blois bewirkten dann unter dem Einflüsse anderer politischer 
Ereignisse, dass sich allmählich ein Gegensatz der romanischen 
zu den germanischen Bestandteilen der französischen Nation 
und zu den Germanen überhaupt ausbildete. Im ältesten Epos 
findet sich bekanntlich dieser Gegensatz nicht ausgeprägt, der 
Schluss der Ch. de Roland, wo Tierry so bewusst als Gallo- 
romane (s. Anm. 10) dem germanischen Gegner gegenüber- 
gestellt wird, verräth sich schon darum, abgesehen von andern 
wichtigen Punkten, als spätere Zuthat. Schon »Ogier« v. 1481—85 
und 1498—1500 lässt diesen Gegensatz fühlen; ausgesprochener 
findet er sich in »Girard de Rossillon« und besonders in »Saisnes« 
L, 31, IL, 36, 38. »La Prise dePampelune v.219ff.«, »HuesChapeU 
(pg. 35 a. a. 0.), Aimery de Narbonne« (Gautier, Ep. frang. III. \ 343) ; 
vjjl auch die harmlosere Bemerkung in Aubry, pg. 23 (6d. 
Tobler). Derselbe Gegensatz tritt schon in den Loherains ziemlich 
deutlich hervor, obgleich grade in »Garin le Loherain« I., 188 
die eigentlichen barons Hörupgs Freunde der Lothringer sind. 

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118 

Im Allgemeinen gilt aber, was P. Paris (Hist litt., 22, 448 
und 640) hervorhebt, und unbedingt, was er über die Herkunft 
der Ganeloniden für den Roman du Roncevaux und unsere 
Chanson angiebt: »Mais dans la chanson de Gaydon et meme 
dans Roncevaux, Gane, Thibaut, Griffon, Hardrö, Pinabel ne 
viennent pas de l'lle-de-France, mais des provinces de Bourgogne, 
Champagne, Basse-Lorraine ou Alsace; ils stegent ä Mayence 
(et sur ce point les poetes italiens ont conserve les meilleures 
traditions) k Aspremont, ä Troyes, ou dans le diocese de Sens. 
Hautefcuille est une terre voisine de Joigni et de ce chäteau venait 
le cri de guerre de toute la race de Ganelon.« (Vgl. hierzu 
Gaufrey v. 5030 ff.) Das zeigt auf das evidenteste die Herkunft 
der Ganeloniden nach den Angaben unserer Chanson: Gautier 
d'Avalon, Grifon d'Autefeuille, 923, 1057 elc. Guis d'A. 938 
und Hardoyn d'A. 7009, Thiebaut d'Aspremont (nach »Garin 
le Loher.«, L 247 ein Aspremont in Lothringen nahe Dun in 
den Argonnen, Thiebaut d'Aspremont ist in Doon de Mayence 
pg. 222 Thiebaut de Prouvins, in »Roman van Karel den 
Grooten,« ed. Jonckbloet, IL, 2934 Tybaut van Baren genannt; 
ohne Zweifel ist er identisch mit Tedbald de Reims der Gh. de 
Roland; vgl. auch »Mort Garin le Loherain«, 194) Gautier de 
Besenson, 2912, Ansei de Dijon, 7987, Bernart de Hui und 
Aurri de Lambor 7355, Guirre de Mayence, 6434, Ysorö de 
Mayence, 4020, Hermenfroi de Mes, 7013, Huon de Troies, 
7987, Robert de Valbeton, 8061 u. a. m. Ein Vergleich dieser 
Namen mit denen der Lothringer in Garin wo allerdings die 
Herupes (I, 188) Anhänger Garin's sind, bestätigt das Gesagte« 
Spater gingen die Namen der gehassten Austrasier auf die 
Reichsfeinde (Lombarden in »Jehan de Lanson«, Alori ist 
Lombarde nach »Ogier«, v. 300 —303 , 678—681; Provenzale, 
historischer Adaloricus, nach »Mort Garin le Loh.« 244) über- 
haupt über, ja oft sind ihnen auch Namen gegeben, durch die 
sonst mit Vorliebe Heiden bezeichnet werden, so Butor, v,4297 
des Gaydon (»Garin le Loh.« I., 40, Ogier, 3060 etc.), Ganor, 
v. 5612 (an Ganor aus Gui de Nantueil anklingend), Flohart, 
v. 4055, Salaris, v. 4298; umgekeht ist dies mit dem Namen 
Thibaut geschehen, der wie schon P. Paris, Hist. litt 22, 429 
zeigt, von dem Namen des berüchtigten historischen Thibaut de 
Chartres (wie die Thibauts von Champagne-Blois und nachmals 
noch Thibaut IV. de Navarre le tricneur genannt) ausgehend, 
stets von Ungläubigen oder Verrathern getragen wird, so 
Thibaut du Plessis in den Loherains', Dante's Divina Com media, 
Inferno, C. 32, 122 Tibaldello, und Thibaut d'Arabe im Sagen- 
cyclus des Guillaume au court nez (vgl. hierüber auch in Tarbg's 
Einleitung pg. 56 ff. zu »Foulque de Candie«). Wie in Gaydon das 



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Romanenthum über das Germanenthum den Sieg erringt, so 
besiegt auch in »Huon de Bordeaux« der Bordelese Huon seinen 
gewaltigen Gegner, den Germanen (?) Amaury. Die spatere 
ital. Tradition , die Spagna ging noch weiter und unterschied 
zwischen einer maison de Mayence und einer maison de Glermont, 
wodurch die Ganeloniden zu überrheinischen Germanen wurden, 
wie dies auch unsere Dichtung in v. 22 der jüngeren Version 
der Eingangszeilen mit Thibaut versucht. 

37) Das Stammschloss Thibaut d'Aspremont's und Gui's ist 
Hautefoille in der Champagne. Hildegarde, die Tochter Thibaults, 
des Grafen von Blois, heirathet Bouchard, den Stammherrn 
des in der franz. Geschichte bekannten hochfahrenden Geschlechtes 
der Montmorency; Letztere hatten nach P. Paris Angabe in 
der Rue de Hautefueiile zu Paris ein Stammhaus, es liegt mithin 
nahe, mit P. Paris zu vermuthen, dass auf Thibaut d'Aspremont 
Zuge der stoben Montmorency ubertragen seien und dass 
der Name Hautefeuille mit den Montmorency in Verbindung 
zu bringen sei. In naher Beziehung zu den Montmorency stand 
seinerseits das Gesohlecht der Montl'H&y« 

38) Ich war überrascht, dieselbe Ansicht schon früher 
durch Luce, »De Gaidone« pg. 81 ausgesprochen zu sehen: 
»QuumGaidonem, duodeeimo saeculo ad finera vergente, scriptum 
fuisse verisimile sit, fabulamque ad Gallos cjuidem, sed ad 
occidentem habitantes, ad Andecavos imprimis, fictam fuisse 
constet, probabilibus, ni fallor, de causis induetus fui ut, his 
conglutinatis inter quemdam Andecavorum Ducem Godefridi 
filium, Vasconumque reginam nuptiis, aliquid subodorarer in 
notissimum illud matrimonium cadere, quo sese hinc Henricus, 
Plantagenet cognomine, Andecavorum Dux, Eleonoraque illinc, 
Aquitanorum vel Vasconum Ducissa, sponte obstrinxere. Non 

3uod disparia multa attentius consideranti non deprehendantur, 
ummodo magnis rebus parva liceat componere; nihil sane 
habet similitudo quod definitum sit aut certum; at cognatione 
tarnen, nescio qua, mens acriter percellltur. Quum Ogerius 
Danas, in libertatem a Gaidone, Andecavorum Duce, vindicatus, 
Caroli Magni eastra rursus ingreditur, confestim interrogatur quid 
militum et opum habeant hostes (Gh. de Gaydon, v. 8523—27): 
»O^ier, dist Karies, tont ce ne vault un poia, 
Mais or ine dites, foi que yot me devoia, 
Quez ffens veistez ou palais Anginoia 
Avec U duc tont Angtois ou Irois? 
Bonne gent tont, moult a en euls defoit?€ 
Nonne commemorati ibidem Angli atque Hiberniae incolae 
documento sunt conjectura nos supra assumpta non omnino 
aberravisse?« 



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190 

Luce hat diese seine wohlbegründete Ansicht in der Text- 
ausgabe der Ch. de Gaydon keineswegs verwerthet, offenbar 
weil er dieses historische Factum nicht recht mit der von ihm 
auf Grund von Gray. v. 6456 festgesetzten Datirung, wonach die uns 
überkommene Ueberarbeitung des Gaydon in die erste Hälfte 
des 13. Jahrhunderts fällt, zu verbinden wusste. Auch ihm 
musste es wohl erscheinen, dass die Gaydonlegende älter sei 
als der überkommenen Fassung gemäss anzunehmen wäre. So 
sagt er pg. 10 seiner Dissert. : »Atgue eadem illa diversitas ad 
id, quoque valere videtur, ut Gaido noster, quanquam et ipse 
insKivus adventiciusque t antiqutor esse appareat quam manu- 
scriptus ille codex, tertio decimo saeculo confectus, quo quidem 
optima scriptura ejus continetur. — Aeusserlich mechanisch 
zerlegt er die Ch. de Gaydon in 7 Theile (pg. 12): 

I. Pars. De Theobaldi proditione et poena (v. 1 — 1968). 
II. P. De insidiis quibusdam et pugna in valle dicta Glaie 
(v. 1969 -2999). III. P. De Ferraldo Aurelianum ad Carolum 
legato (v. 3000—4712). IV. P. De Ferraldo capto et in libertatem 
vindicato (v. 4713—6919). V. P. De Valterio caplo et liberato 
(v. 6920—8327). VI. P. De Gaidonis amoribus et Clarissimae, 
Vasconiae reginae (v. 8328 — 9645). VII. P. De Carolo et 
Naimone Andecavam ingrcssis; de Gaidonis et Clarissimae 
nuptiis (v. 9646—10840). 

Nachtrag. 

Anm. zu pg. 85. Renaut d'Aubepine, der in den holländischen 
Redactionen der Lothringer (»Roman van Jtarel den Grooten 
en zyne XII. pairs, uitgegeven door Dr. I. A. Jonckbloet, fragm. 
II., 292, 923, IIL, 67 u. IV., 39, 100, wo Reinaud van den witten 
dorne Bote Karel's an Robbrecht van Meilaen ist; als Bote Karls 
tritt er auch in Gaydon, v. 3139 ff. auf) und nach Micbeilants 
Behauptung (s. Einleitung zum »Renaud de Montauban, pg. 
508«) auch in den italienischen Bearbeitungen eine namhaften* 
Rolle spielt, verdankt hier wie dort (cf. fragm. II., w. 576 ff., 
970 ff. mit bez. Stellen bei Turpin) und auch in Gaydon seine 
Einführung in die epische Handlung wahrscheinlich dem Bn- 
flusse der Chronik Turpins. 



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Die Beziehungen 

zwischen den Chansons de geste 

Hervis de Mes und Garin le Loherain. 

Von 

August Rhode. 



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Die Geste des Loberains, ein grosser Gedicht-Cyclus von 
über 50,000 Versen, setzt sich mindestens aus vier, in ver- 
schiedenen Zeitabschnitten verfassten Gedichten zusammen, die 
nach ihrem jedesmaligen Haupthelden benannt sind. Danach 
zerfällt dieselbe in : 1) Chanson de Hervis de Mes. 2) Chanson 
de Garin le Loherain« 3) Chanson de Girbert de Mes. 
4) Chanson d'Anseis de Mes. Die gesamte Geste, welche uns 
in circa 36, teils vollständigen, teils unvollständigen Hand- 
schriften und Überarbeitungen überliefert ist, liegt bisher noch 
nicht vollständig gedruckt vor. Schon Du Gange hat aber in 
seinem »Glossarium mediae et infimae lat/ Stellen der Hand- 
schrift C mitgeteilt. Längere Auszüge gab später Dom Calmet 
aus dem Vorgedicht auf Hervis de Mes nach Hs. E. Den ersten 
Teil des eigentlichen Gedichtes veröffentlichte zum ersten Male 
P. Paris und zwar im wesentlichen, wenigstens für den Anfang 
nach der Hs. F (Li Romans de Garin le Loherain. 2 Bde. 
Paris 1833—35)*). Die sich daran zunächst anschliessenden 
Teile gaben danach Dumeril (La mort de Garin le Loherain) 
unter Zugrundlegung von D und Stengel (Anfang von Girbert 
de Mes, romanische Studien von Böhmer, Heft IV) nach E 
heraus. Ausserdem liegt eine ausführliche Analyse des Hervis 
von Hub (Hervis de Mes, Inhaltsangabe und Classification der 



*) Von einem Bruchstflck t Begons Tod' hat N. Delius in Gerlingers 
Alemannia Bd. I. eine wohlgelungene deutsche Ueberseiznng in fUnffüssigen 
Jamben veröffentlicht 

9 



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124 



Handschriften , Marburg 1879) und eine solche des Garin und 
Girbert nach Q vor, welche Mone in seinen Untersuchungen 
zur Geschichte der deutschen Heldensage herausgab, sowie eine 
neufranzösische Bearbeitung des Garin le Loherain von P. Paris 
unter dem Titel: , Garin le Loherain, Chanson de geste com- 
pos6e au Xü. sifccle par Jean de Flagy, mise en nouveau 
langage*. Dazu kommen noch Publikationen einer Anzahl 
Fragmente und Proben aus neu aufgefundenen Hss., von denen 
ich nur die letzten, von Vietor (Die Handschriften der Geste des 
Loherains, Halle 1876) noch nicht erwähnten hier anführe. So die 
Sammlung holländischer Fragmente, welche Matthe«, zur Er- 
gänzung der ältern von Jonckbloet veröffentlichten, veranstaltet« 
(vgl. St enge Ts Anzeige, Zeitschrift für romanische Philologie 
I, 137 ff,) und ein weiteres holländisches Fragment, welches 
Fischer veröffentlichte (vgl. ebendaselbst HI, 143), ferner ein 
französisches Fragment in Alexandrinern von P. Meyer in der 
Romania VI, 481 herausgegeben (vgl. Zeitschrift II, 347 iE) 
und endlich die in Godefroy's Dictionnaire de la langue franpuae 
(Heft I) ausgehobenen Stellen einer bisher unbekannten vati- 
kanischen Hs. Urb. 375, die aber nach Herrn Prof. Stengel's 
Angabe nur Anseis de Mes, also den letzten Teil unserer 
Geste, Ober welchen Herr Gand. Harff in Harburg eine 
Untersuchung vorbereitet, enthält*). 

An diese Veröffentlichungen schlössen sich die Unter* 
suchungen von Prost (Etudes sur l'histoire de Metz, Metz et 
Paris 1865), Stengel(s.o.), Bonnardot (Essai de classement 
des manuscrits des Loherams. Romania m, 196—262), Vietor 
(s. o.), Fleck (Der betonte Vokalismus einiger altostfranzSsiseher 
Sprachdenkmäler und die Assonanzen der Chanson des Loherains, 
Marburg 1877) und Hub (s. o.) an. Gautier (Les Epop^es 
fran^aises, 2. Ausg. I, 246 ff.) kommt mehrfach auf die Loth- 



*) Ein weiteres Bruchstück ton 3 Blättern , weiche dem Anfang des 
Garin le Loh. und dem Schlüte des Girbert angehören , wird demaAcJtft 
Ton Prof. Bartsch in der Zeitschrift f. rom. Phil, veröffentlicht werte. 



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m 

ringe? m sprechen, nimmt aber dabei von Vietors Arbeit 
durchaus keine Notiz und lehnt sich nur an die durch Victor 
wesentlich berichtigten Untersuchungen Prosts und Bon« 
nardota an» Nachstehende Untersuchung bezweckt, die Art 
und Weise, wie die Chanson de Henris de Mes mit der Chanson 
de Garin le Loherain verknüpft ist, darzutbun. 

Das dazu erforderliche Material wurde mir, abgesehen von 
des Handschrift N des Garin und Girbert, die ich während 
meines Aufenthalts in Paria von Herbst 1877—78 selbst copiert 
habe, von Herrn Prof. Stengel gutigst zur Verfügung gestellt 
Hierfür, sowie für die mannigfachen Winke und Ratschläge, 
die er mir bei Ausarbeitung meiner Untersuchung jederzeit 
bereitwilligst hat zu Teil werden lassen, spreche ich ihm hier- 
mit meinen herzlichsten Dank aus. Die Mitbenutzung der 
H andschrift JS wurde mir noch in letzter Stunde durch die 
Freundlichkeit des Herrn Dr. A. Rambeau ermöglicht, der 
während eines Aufenthalts in Paris den Eingang von Herrn 
Ptat Stengers Copie von M mit £ kollationierte, wofür ich 
ihm ebenfalls zu Danke verpflichtet bin. 



Während die grosse Mehrzahl der Handschriften überHervis, 
den Vater der Lothringer Garin und Begon nur kurz im En- 
gang der Chanson von Garin le Loherain berichten , schicken 
E NT und v*) noch eine ausführliche Erzählung über seine 
Jugendgeschichte, die eigentliche Chanson de Henris, voraus. 
E v trennen dieselbe aber deutlich von Garin le Loherain, während 
N T beide Gedichte gänzlich verschmelzen. 



*) Da mir aus v zur Zeit nur wenige Auszüge vorliegen, kann ich 
es im folgenden nur wenig berücksichtigen, doch wird das der Unter- 
suchung nicht wesentlich schaden, da v eine späte Prosabearbeitung ist 
und sich eng an E anlehnt. 

9» 



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is* 

Wir untersuchen zuerst das Verhältnis der eigentlchen 
Chanson de Henris, nach Hub's Analyse zum Eingang des 
Garin , wie ihn die meisten und besten Handschriften bieten, 
speziell ABCE FMO Q S ab v. Derselbe wird, nach dem 
von Vietor aufgestellten Handschriften-Stammbaum zu schliessen, 
auch den der andern, mir unzugänglichen Handschriften, welche 
diesen Teil der Chanson bieten (d:h. GJPBY) entsprechen*). 

Die Vergleichung dieser Stücke zeigt, dass die Zahl der 
gemeinsamen Zöge eine verschwindend kleine* ist. Schon der 
Gesamteindruck des Henris mit seinen vielfachen Schilderungen 
von Messen, Handelsgeschäften**), Räubereien und Turnieren 
ist ein ganz anderer, als der des Garin, welcher uns eine Reihe 
von gewaltigen heroischen Kämpfen Karl Harteis und seines 
hervorragendsten Vasallen Henris gegen die Heiden schildert. 
Noch greller aber tritt die Verschiedenheit bei Vergleichung 
von Einzelheiten hervor. Gemeinsam sind eigentlich nur die 
sechs Personen: Thierry, Henris, Aelis, Garm, Begon undAnsek 
Doch sind die Situationen, in welchen sie beide Gedichte auf- 
treten lassen, so total verschieden, dass man nur nötig hätte, 
andere Namen zu setzen, um fast jeden Berührungspunkt des 
Hervis mit dem Garin verschwinden zu machen. So ist Thierry 
nach Chanson de Hervis Profos von Mes und bürgerlicher 
Abkunft. In Anbetracht seiner Reichtümer macht ihn Herzog 



*) Unter dem Eingange ist der Teil zu begreifen , welchen Paris in 
seiner Ausgabe ,1a premiere chanson' nennt Derselbe reicht bis zu 
Hervis Tode und dessen unmittelbaren Folgen. Der übrige Teil der 
Chanson de Garin hat für vorstehende UnterBuchung keine Bedeutung, wes- 
halb der Kürze halber, wenn von dem Eingange des Gedichts die Bede 
ist, nur Chanson de Garin oder nur tiarin gesagt wird. 

**) In ähnlicher Weise wie Hervis wachst Vivien, der Held der 
Enfances Vivien (vgl. Gautiers Analyse, Ep. fr. III 1 .) im Hause 
eines Kaufmanns auf und bekundet schon in früher Jugend Hang so 
ritterlichem Treiben. Reichlich mit Geld versehen auf den Markt ge- 
schickt, um Handelsgeschäfte abzuschließen , verschleudert auch er das- 
selbe durch unverhaltnismassig hohen Ankauf von Gegenständen, die 
zum ritterlichen Sport gehören. 



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127 



Pieres von Meß zum Gemahl seiner einzigen Tochter, die ihm 
den Hervia schenkt. Nach Chanson de Garin ist Thierry König 
von Moriane und tritt erst nach Hervis Tode auf. Von vier 
heidnischen Königen angegriffen, bittet er Pipin um Hülfe und 
erhält dieselbe auf Fürsprache Garins. Zum Dank dafür 
verlobt er diesem auf seinem Sterbebette seine einzige Tochter 
Blanchefleur und übergiebt ihm seine gesamten Besitzungen. 
Was sodann die Hauptfigur, welche der Chanson de Hervis 
ihren Namen gegeben hat, anlangt, so weiss uns Chanson de Garin 
von Hervis Herkunft wenig zu berichten. Wir sehen ihn bei 
seinem ersten Auftreten bereits auf dem Concil zu Lion als 
mächtigen Vasallen an der Seite Karl Märtels, dem Roland 
Karls des Grossen vergleichbar, wo es nur seinem energischen 
Eingreifen zu danken ist, dass Karl die von den Geistlichen 
zur Bekämpfung der Heiden erforderliche Unterstützung erhält. 
Seine Eltern werden gar nicht erwähnt, ebensowenig wird über 
seine Jugendgeschichte etwas berichtet, noch werden die 
Namen seiner Ritter und Vasallen namhaft gemacht. Wenn 
von ihm die Rede ist, heisst er in der Regel ,li dux Hervis', 
zuweilen ,le loherenc Hervis 4 *). Einmal S. 25 heisst es: ,Hervis 
chevauche, Ii gentis et Ii ber* ABCEFM. Selten dagegen 
sind die Stellen, wo ihn die Überlieferung ,vilaiii* nennt, d. h. 
ihm bürgerliche Herkunft zuschreibt. So lesen wir bei Paris 

I. p. 190 U 121 : Que ici vient Ii Loherans Garins 

Li dux de Mes, fils an villain Hern. 

Schon Prost p. 380 weist jedoch darauf hin, dass dies nur 
Lesart von EM P sei, während ADFGN lesen: ,Li fils au 
duc Hervi 4 , und C: filz le vasal Hervi 4 . 
Die Lesart von EMP, von Paris merkwürdigerweise adoptiert, 
dürfte demnach auf eine Verwechslung zurückzuführen sein* 41 ). 



*) Vgl. P. Paris, Li romans de Oarin le Loh. I, 6, 9, 13, 14, 24 etc. 

**) Bei dieser Gelegenheit sei gleich angeführt, was die Ueber- 
lieferung in dem von mir untersuchten Teil der Chanson über die 
Persönlichkeit des ,Vilain Hervis', eine neben dem Herzog auftretende 
Figur, bietet. 



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128 

Ausser Hervis Frau und Kindern erwähnt die Ueberlfeferung 
des Garin le Loherain von seinen Verwandten nur einen 

Paris tagt in der Table de noms, de lieux, et de personnes im An- 
hang seiner neufraiisoeischen Bearbeitung des Gedichts: »Herrn) (le 
rilain) frere oonsangnin d'fiems de Mets (p. 12)> Garde de F e— e i g n e 
le preux, le batard Henris (p. 40). Aach p, 13 wird Je TÜain Herris* 
erwähnt, doch haben die angeführten Stellen keine i echte Beweiskraft» 
denn 

1) Die Stelle auf p. 12. basiert allerdings auf 
A Bl. 4c: A .L dansei fist sensaigne porter 

Herniz ot non sert (si ert) pceous bacheler 
Vilain lapellent que de hast estoit ne 
Mais tant preous nns ni sot que blasmer 
Li dos Herrn le pot meruelle amer 
De son linaie estoit estraii et ne. 
BCEFMO und die Aasgabe haben aber nichts Entsprechendes. 

2) die p. 18 entsprechende Stelle lautet nach Paris, Ausg. L p. 32: 

Si la bailla Gnillaome Jocelin. 
Nach ABCEFM: Si le bailla Guilliaume et Joscelin (Gouoelin). 
Auch b hat, nach Angabe von Herrn Dr. Fleck, Guillaume Gosselin. 

3) Die p. 40 entsprechende Stelle lautet nach dem Druck I. p. 109 : 

Si les commandent Doon le Poiterin. 
Nach AC: Si les commandent et Doon et Herris. 
B: Si les bailla et Droon et Henri. 
EM: Si les commandent Droon le poitevin. 
Sonst wird ein , vilain Herris' noch sporadisch erwähnt: 

4) Paris, Garin le Loherain 1. p. 41, r. 21 n. 22 lauten überein- 
stimmend mit BCEFMx 

Dejoste lui (d. h. Hersog Herris) fu ses filleus Herris 
Ce fu Ii peres Hervi del Plesseis. 
A dagegen liest: Ce fu ü peres al rassal Rigaudin. 

5) Nach den Worten Paris, Garin le Loherain I. p. 99: 

Le reneor et son frere lhieri 
folgen in AB: Et auvec aus Ii bons rilains Herris 
Qui en estor a roort maint Sarrasin. 
C liest dafür: Et mon ohier oncle del Mont d'Aucai TnwL 
EMO fehlen. 

6) Nach den Worten Paris, Garin le Loh. I. p. 100: 

Je, endroit moi en ociroie mü. 



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199 



Bruder, nach QB Henri, ittfch b Auquentiit genannt, der 
Bischof von Ghakms ist Auch dies spricht für Hervis hohe 
Abstammung, da bedeutende geistliche Würden damals in der 
Regel nur an hochstehende Familien verliehen wurden. Im 
N&men der Gattin des Hervis stimmt fast die gesamte Ueber- 
lieferung des Garin le Loheräia überein, nur nach QS ist Aelis 
Tochter des Königs Henry von Terascone, nach den übrigen 
Handschriften Schwester Gaudins von Cöln. Während indes 
die Mehrzahl der Handschriften den Abt von Gordes um Aelis 
für Hervis freien lassen, thutdiesin b Auquentin, der Bruder des 
Henris. Der Zeitpunkt von Hervis Vermahlung fällt nach dem 
Kriege mit den heidnischen Wandres, auf den Rückmarsch 
von Paris, wo er die Krönung des jungen Pipin geleitet hat, 
nach Mes*). Hier angekommen, verlebt er eine Reihe von fried- 
liest A 15 b: Ii vilains loit sen a iete .1. ris 

Puis Ii a dit den« te puist maleir. 
Für die erste Zeile fehlen BÖJSM 9 dagegen lautet die zweite nach 

Bi Et dist Henris dex, vos puist beneir 

Gi Ce dit Heruiz deus de puist sostenir. 

7) Paris, Garin le Loherain I. p. 101 bietet übereinstimmend mit: 

ABCEMÖ: 8e nel creea demandez le Hervi 
und mit BCEAtO: Le veneor et mon oncle ThierL 
A liest tot den «weiten Vors: Le bon vilain et Doon et Tierri, 

worauf folgt: Dist Ii vilains ne tesmaier Garin» 
ebenso 0; BEMO fehlen. 

8) Mit Paris, Garin le Loherain L p.106 lesen BCEMO: 

Hervi commande lensangne Saint-Denis 
A : Je yos commant lensaigne Saint Denis, 
wobei mit tos ,K borgoins Aubris' gemeint ist. Vgl. noch oben S. 78, 
und Gar. le Loh. I. 190, 290: 1) und 4) sind die einzigen Stellen, welche 
fflr einen alteren »vilain Hervis' sprechen. 

*) Philippe de Vign. (v Blatt 67 a) ändert hier aus Bücksicht auf 
die abweichende Darstellung im Hervis de Mes die Erzählung. Nach 
Pipins Krönung besucht bei ihm Hervis auf der Rückreise nach Mete in 
Chaillon den Bischof Hanry, seinen Onkel, schlaft dann die nächste 
Nacht in Verdun bei dem Bischof »lequel estoit bien son asay', logiert 
danach in Gouase bei dem ,abbe qui estoit son parrans. Et heurent 
plussienrs deuise ensamble quo je laisse pour abregier et apres plussieurs 
langaige cest le duc partis de Gouse bien acompaigniez et oen est venua 



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ISO 



liehen Jahren, lediglich mit dem Wohl seines Landes und seiner 
zahlreichen , aus 2 Söhnen und 7 Töchtern bestehenden Familie 
beschäftigt. Am Schluas dieses Zeitraumes greifen ihn heidnische 
Stämme, Hongres genannt, mit grosser Uebermachi in lies 
an, er sieht sich bald in grosse Bedrängnis versetzt und geht 
Hülfe suchend an den Hof König Pipins*), der ihm die- 
selbe, durch falsche Ratgeber irre geleitet, trotz seiner frühem 
Verdienste schnöde verweigert und nun bleibt ihm nichts 
anderes übrig, als sein Heil bei König Anseis von Gologne zn 
versuchen. Derselbe willigt auch ein, ihn zu unterstützen, 
jedoch erst nachdem der Herzog sich bereit erklärt hat, als 
Gegenleistung für die zu gewährende Hülfe Mes von ihm als 
Lehen zu nehmen. In dem darauf folgenden Kampfe fittt 
Hervis von Sarazenenhand und Anseis beeilt sich, Mes für sich 
in Besitz zu nehmen. 

Stellen wir dieser kurzen Skizze von Hervis Lebenslauf 
nach Garin le Loherain die Mitteilungen gegenüber, die die 
Chanson de Hervis über ihn macht, so begegnen wir überall 
den schroffsten Widersprüchen. Die ausführliche Jugend- 
geschichte, die wir hier antreffen, fehlt in Chanson de Garin 
gänzlich. Ausdrücklich finden wir betont, dass Hervis väter- 
licherseits bürgerlicher Abkunft gewesen sei. Sträubt sich doch 
sein Vater Thieris anfangs gegen die hohe Ehre, Gemahl der 
einzigen Tochter des Herzogs Pieres, Ayelis genannt, zu 



en sa noble cite de Mets auquel lieu fat haultement resaus de toattes I» 
seigneurie et des bouriois dioelle et lui fat feictes rag biaulx recneüle 
et fat demenes grant joie pur la cite pour la reuenue du noble duc 
mais par sus tous ceulx et celles qui demenoie grant feste et joie oe fat 
Beaaltris la janül dame et Guerinet et Begönnet ces deux biaulx filz*. 
Kurz darauf werden auch Hervis 7 Töchter und deren Nachkommen 
aufgezahlt. 

*) Nach Q S ist der Hergang insofern anders, als Hervis nicht in 
Person an den Hof geht, sondern durch eine Botschaft zweimal am Hälfe 
bitten läset und ohne Pipins Einwilligung sein Land von Anseis zum 
Lehen nimmt. 



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131 



werden. Erst nachdem Henris sich mehrfach ausgezeichnet, 
wird er am Schluss des ersten Teiles der Chanson Ritter und 
bei Beginn des zweiten Teiles Herzog Ton Lothringen (cf. Hubs 
Analyse p. 23—28). Während hier seine Mutter den Namen 
Ayelis führt , heisst seine Frau Biautrix*). Dieselbe hat er 



•) Ganz ähnlich, bemerkt hierzu Herr Prof. Stengel, heisst in 
Chanson de Garin Blanchefleur die Frau Pipins, wahrend sie in Berthe 
at grans pies zur Mutter der unglücklichen Berthe wird. Zwischen 
diesem letzten Gedicht in der Fassung Adenet*s und den Lothringern, 
namentlich der Chanson de Hervis und der Chanson d*Anseis existieren 
mancherlei Berührungspunkte. Wahrscheinlich bildete sogar Adenet*s 
Vorlage, deren Versform er wie in seinen andern Gedichten beibehalten 
haben wird — welche also 12 Silbler aufgewiesen haben muss — in 
der 12 Silblerrersion der Lothringer (cf. Romania VI, 481) die Fortsetzung 
des Anseis. Wenigstens bezieht sich Adenet auf die Lothringer und der 
10 Silbler- Anseis erwähnt am Schluss kurz Pipins Heirat mit Berte. Das 
yon der 12 Silblerrersion der Lothringer erhaltene Fragment (t) stimmt 
auch gerade mit der Handsohriftengruppe, welche Anseis aufweist (cf. 
Zeitschrift f. r. Ph. II, 347) und auch N fo. 50 b (gegen T) hat hier 
zum Teil aus gleicher Quelle wie t Q 8a geschöpft Die betreffende 
Stelle in N = S fo. 4a lautet : 

Premiers parla Hardrez au poil flori 

8ire dist il entendez envers mi 
3 Ici menvoie Ii riches rois Pepin 

Qui a graut tort a son fie envai 

Fetes Ii droit si len lessiez joir 
6 Jen parlerai sire dist Anseys 

Vous feres bien sire Hardrez a dit 

Car sachies bien eil pooit estre ainsi 
9 Maus en poroit mult tres granz auenir 

Anseys fit sa gent a Ii venir 

Concilliez moi signor baron dist il 
12 Bien sai ie taing a tort le fiez Pepin 

Kt sei porai contre lui detenir 

Que loes vous franc chevalier gentil 
15 Bendez Ii sire pour amor dieu font il 

Si iert an pais la terre et Ii pais 

A ces paroles ont fet Garin venir 
18 Si Ii rendi et Ii quita iqui 

Quant orent fet si se sont departi. 



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188; 

durch Kauf aus Rfinberhänden befreit und sieh tnit ihr ohne 
Wissen und Willeü seiner Eltern in jugendlichem Alter ver- 
mählt. Seine Heirat stellt sich als» als unbesonnener Jugend- 
streich dar, und nicht wie in Chanson de Garin als wohlüber- 
legter Schritt eines gereiften Mannte. Sodann kennt Chanson 
de Henris nur eine Tochter, die Hervis im dritten Jahre seiner 
Ehe geboren wird (cf. Hub p.17)*), während Chanson de Garin 
deren sieben nennt Als natürliche Schwester von Hervis wird 
die Frau Baudris namhaft gemacht (Hub p. 16), wahrend ein 
Bruder nicht erwähnt wird. Auch die Gegenüberstellung des 
mutmasslichen Alters unseres Helden in beiden Gedichten er- 
giebt grosse Verschiedenheit. Berücksichtigen wir die mannich- 
fachen Abenteuer und Kriege, die Hervis nach seiner Vermählung 
mit Biautrix zu bestehen hat und rechnen dazu die sich daran 
anschliessende 15jährige friedliche Regierungsperiöde, so werden 
wir annehmen dürfen, dass er am »Ende der Chanson de Hervis 
das 5(X Lebensjahr erreicht habe« Dieser Hervia aber kann 
unmöglich identisch mit dem jugendlich ungestümen Paladin 
Karl Martels sein, der in einer langen Reihe von Kämpefh die 
Heiden niederwirft, König Karl bis zum Tode treu dient, so- 
dann dessen Sohn krönen lässt und nun in lies eine lange 
Reihe von Jahren in Frieden und in glücklicher Ehe verlebt, 
bis ihn am Schluss derselben das abermalige Eindringen der 
Heiden wieder aufs Schlachtfeld ruft Gänzlich verschieden ist 
schliesslich die Stellung, welche Hervis zum Könige Anseis von 
Cologne einnimmt. In der Chanson de Hervis stehen sich die 
beiden Fürsten feindlich gegenüber, da Aftsefc als Gemahl einer 
Nichte Pieres, die ihm von diesem selbst zur Ehe gegeben ist, 
Hervis die Erbschaft des Herzogs von Brabant, eines Bruders 
seines Grossvaters, streitig macht Erst nach erbittertem 
Kampfe wird Anseis unterworfen und geht ein Bündniss mit 



*) Nach der Prosaerz&hlnng des Hugues de Toul hatte Herne 
2 TOchter, deren eine Walter, ttraferi von flainaut , die andere de— 
Bruder Hugues, Grafen von Cambrai heiratete. Öfc Profit p. 394. 



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183 

seinem Gegner ein. Wüstend wir also oben Andels als Sieger 
sahen, ist er hier der unterliegende Teil. 

lhdirect ergiebt sieh auch aus der Betrachtung des Lebens- 
ganges von Garin und Begon, der Söhne des Hefvis, dasB ein 
Zusammenhang zwischen Garin le Loherain und Henris ursprüglich 
nicht bestanden haben kann. Sehen wir doch am Schluss der 
Einleitung des Öarin diese beiden, noch in sehr jugendlichem Alter 
stehend, uftter Obhut ihres Erziehers Berengiers zu ihrem 
Oheim, dem Bischof von Chalons fluchten. Im Henris aber, 
dessen Ereignisse chronologisch vor den Garin gehören , treten 
sie bereits tapfer kämpf ehd auf. Sie müssten somit Helden* 
thaten vollfthrt haben,- noch ehe sie der Chanson de Garin 
zufolge das Licht der Welt erblickt haben können. Nach 
7Vi jährigem Aufenthalt im Hause ihres Oheims gelangen sie 
dann Chanson de Garin zufolge an den Hof König Pipins, wissen 
sich dessen Zuneigung zu erwerben und werden von ihm durch 
mancherlei Ehrenstetten ausgezeichnet und mit Gütern belehnt. 
Begon wird Graf von Gfcsoogne, Garin Graf von Moriane, und 
nun erst schicket) sie sich an, Anseis zur Herausgabe ihres ge- 
raubten Eirbes zu nötigen. Da die Burger von Mes in Garin 
einstimmig ihren rechtmässigen Herrn erkennen, kehrt Anseis 
nach Cöln zurück und die Besitzergreifung der Stadt geht ohne 
Schwertstreich vor sich. Ganz im Dunkeln lässt uns seltsamer- 
weise die Chanson über das Schicksal der später als Garin und 
Begon gebotenen Töchter des Henris, die sioh doch in noch 
weit hülfloserem Zustande befunden haben müssen. 

Zu den wenigen Punkten , die auf einen Zusammenhang 
beider Gedichte deuten, gehört z. B. eine von Hub p. 17 er- 
wähnte Stelle, wo der Dichter, spätem Ereignissen voraus- 
greifend, erzählt, Garin sei Vater von Gibert lou palesin ge- 
wordeh, Biautrix habe ihrem Gemahl im nächsten Jahre den 
Begues de Belin und im dritten eine Tochter geboren , die Dos 
Ii veneires zur Gemahlin nahm, welcher Ehe Ii valles Malvoisins 
entspross, vgl. Paris, Garin le Loheram L S. 391 Z. 2. Ebenso wird 



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Fromonts und seines Sohnes FromoncBn* sowie ihrer Kriege 
mit Garin und Begon an verschiedenen Stetten gedacht 

Weitere Berührungspunkte fehlen aber gänzlich und Prost 
hat daher Unrecht, wenn er im 6. Gapitel seiner Histoire 
de Mes (s. o. p. 2) behauptet, Chanson de Henris sei 
eine jüngere Umarbeitung und Erweiterung der in Chanson 
de Garin enthaltenen Oberlieferung des Henris, die ihrer- 
seits bruchstückweise aus einer noch altern Quelle auf 
uns gekommen sei*). Gautier (les Epop&s franfaises 1. c) 
acceptiert diese verfehlte Ausfährung Prosts auf Treu und Glauben 
hin**), und auch Bonnardot schliesst sich in seinem Versuch 
einer Classification der Lothringerhandschriften Prosts An- 
sicht an***). 

Bei dieser rein äusseriichen Verknüpfung beider Gedichte 
und den vielen zwischen denselben bestehenden Widersprächen 
begreift es sich, dass ein Überarbeiter auf den Gedanken 
verfiel, die Widerspräche zu beseitigen und die Gedichte enger 
zu verschmelzen. Ein derartiger Versuch liegt in den Hand* 
Schriften NT vor. Ihr Verfasser beruft sich einmal sogar 
ausdrücklich auf ein Buch , aus dem er geschöpft habe. 

II se deffent com Chevalier hardis 

V. en a raort a son espiel fourbi 

AI retourner et al aouvent gencir 

Si com Ii liures le noe tesmongne et dist. 

T Blatt 183 a 17-20. 
Handschrift N erwähnt schon im Eingang des Hervis Fromonts 



*) Die p. 347 von Prost gegebene Zählung der Venzahl der ge- 
samten Lothringergeste, sowie ihrer Unterabteilungen ist ziemlich aus 
der Luft gegriffen. Nach ihr soll z. B. der Hervis 15000 Verse umfassen^ 
wahrend er deren nur 10580 (E) resp. 13144 (N) und 12928 (T) hat 
(cf. Hub p. 9). Ganz unverstandlich, wohl auch in Folge falscher 
Zählung, ist eine p. 374 gegebene Anmerkung. 

**) Beiläufig gesagt, läuft ihm an dieser Stelle ein Flüchtigkeita- 
fehler unter, indem es statt ,deux cents' ,douze cents' heizsen musz, wie 
auch p. 251 Anm. richtig gesagt ist 

••*) Cf. Eomania IH, 234. 



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135 



und der Tfttung Begues' im Walde nnd erweitert damit, wie 
Hub p. 11 ganz richtig bemerkt, die Einleitung zum Henris zu 
einer solchen zur Lothringergeste überhaupt 

Zur Verknüpfung beider Gedichte schieben dann aber 
NT am Schluss des Henris einen gemeinschaftlichen Zusatz 
von 21 Tiraden mit 1451 (jP), resp. 1497 ( 2V) Versen ein*). 
Die Abweichung dieser Handschriften von E und v beginnt 
bereits gegen Schluss der 82. Tirade, nach Hubs Zahlung. Der 
letzte sich deckende Vers findet sich E fo. 88 b 9, N fo. 39 
b 14, T fo. 169 a 37 und lautet: 

He (Frans) rois Eustaice (Wistasse) dist il or (Ii rois) mentendes. 

Der Schluss lautet dann nach E Blatt 88 6 10: 

Mon nevout faites en mon tref raraener 10 
Puiß man irai ariere en mon regne 
Mais B. la bele o le Tis cler 
Mult uolentiers vorroie regarder 18 
La pais fu faite %nsi lont oraente 
Et Ii dui rois a ehenal sont monte* 
Tresque a Mes ne se sont arrestes 16 
Et le preuost ont auec eus mene 
Et Begönnet sor .1. ehenal monte 
Treske a Mes ne se sont arrestes 19 
Quant B. ait son fil esgarde 
Ne fast si liee por lor de jcr. eites 
Ancontre vient Garines Ii menbres 22 
Lon preuost vait et son freire acoler 
Et B. a gent cors honore 
Li rois ces peires la corrut acoller 25 
Et ele lni per grant hnmUite 
Son frere baise per mult grant amiste 
Lora ont la pais et dit et oreante 28 
Et B. fist son cors asener 
0 Ii menait tot son riche barne 
88 c B. monte sor .L mul effautre 1 
De Mes issit et il et ces barnes 
Ii rois dEspaigne Ii rint a lanoontre 



*) Prost hat laut einer Notis p. 866 Anm. nur die Handschriften NT 
benutzt, kennt also den Hervis nach E nicht. Für ihn gehört deshalb 
der Zusatz selbstverständlich mit sum Hervis. 



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m 

DeR, ait ts* ]» tiani» 4 

Et ces JI. fis qui taut fönt a loer 
A haute uois commencent a crier 
Dame fait il Tostre grande biante 7 
Et tos ▼alor xnait durement coste 
Or man im andere en mon regne 
Mais tant tous di en bone laialte 10 
Kauerai ferne iamais ior espouae 
Moümes serai car tez est mes panser 
A oes paroles alt congie demaiide IS 
Lora se deoeurent si sont achaajao 
Et son nevout auec lui ait mene 
Et Flores rest entreis en la citet 16 
Hui maifi deuommes don duc H. parier 
Qui cheuaehoit et oes rieh« barnes 
ün inesaigier Ii ait dit et oonte 19 
Li roia dEspaigne sau va en son regne 
H. lantant graut ioie en ait mene 
Thieri apele hiau amis sai yeues 22 
Ales a Mes le roi me salues * 
Lui et son fil roi Flore le menbre 
Et E et trestot mon bame 25 
Dist Thieri aire si oon tos oomandes 
Lou cheual broehe a Mes en est ales 
Vint a palais si montait les degres 28 
A haute uois oommensait a erier 
B. dame par noi tos ait 
Li dus H. canoontz» lui 
Et vostre peire salns et anuste 
Et a yos freire, roi Flore le menbre 
B. lot graut ioie ait demene 
Issi de Mes la mirable cito 
Et Ii dui rois et Ii riohe bame 
A lassambler grant ioie ont dement 
Lun baise lautre per muH grant 
A ioie entrerent dedans Mes la oite 
A la grant glise Tont la messe escouter 10 
Apres seruise ou palais sont montex 
Mettent les tables sasieent a disner 
Mais de lor mes ne tos wel aoonter 13 
Grans JV. iors ilueques sont seiornes 
Lors se departent U prinoe et Ii ehape 
An Honguerie an est Flores ales IG 



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137 



Departis sont Ii prinoe et Ii per 

Geste chanson vos l&irommes ester 

Haimais des Wandres vos vorommes parier 19 

Comment destrnsent sainte crestiente 

Et de proesce H. le duc men[bre] [J Rasur 

Con ü vangait a braue dacier letre 22 

Voir .S. Nicaise B. Remey autretel 

Et .8. Quentin que firent decoller 

Ii fellons Wandres ou tant ait cruate 25 ' 

Dex gart de mal seus qui mont esconte 

Et qui leseriat dex le puisse sauer. 

In knapper und doch klarer Darstellung schliesst somit die 
Handschrift E das Gedicht durch Schilderung der sich jetzt 
rasch aufeinander drängenden Ereignisse, des Abmarsches des 
Königs von Spanien , der Botschaft an Henris, dessen Ruckkehr 
nach Mes und die darauf folgenden Festlichkeiten, sowie des 
Abzuges der verbündeten Fürsten in ihre Lander und erzielt 
damit im ganzen einen gefälligen Abschluss*). 



*) In * lautet der Schluss des Henris, soweit derselbe mir vorliegt, 
folgendermaßen: 

(BL 59a) sont issus de la scite et au deuant du duc Heruy eu sont alleis (vgl 
obeu E 88 d 7:) Et de cj loing quils se sont veus et cognus si corrurent 

3 les bras tendut et ouuerts et se yiendrent embrasser et tendrement 
baisier et de la graut joie quils eurent leur en sont venues les larmes 
aux yeulx. Ceste joie tut ey grande a lasemblee quile nest a dire Et 

6 apres plussit*» parolles quils eurent ensemble que pour abregier je 
laisse (9:) sont en la eite venu« (10:) et en la grande eglise alleis La ou 
la messe tut dietes sollennellement et en grant triusiphe (11 :) puis apres 

9 le semiee diuin mit et aeomplis au pallais sen sont venus (12:) la ou le 
dianer fut prest* et aprelliex comme a Boy appartenoit (13:) de leurs 
mes vine et viandes ne vous veulx conte tenir maix de la joie qui estoit 

12 kans seroit long a raeonter des Instrumens cumballes et tambors 
■empnaine trompeties et violettes tous le pallais en estoit piain et tout 
en rotendissoit, (14:) Quatre jours durant [refistj la feste. Apres lesquelles 

15 le roy Eustaiche ait congie demandeis et en Thier est retournes. (16:) Et 
le Boy Flour en Hongrie. Au despartir out Beautris et ses enffans 
tendrement baiaez et aoolleis E apres plusieures parolles les ait le duc 

18 Heruy cofiuoies et de hiy ont congie prins Puis en Mets est retomeis la 



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138 



Der aus nur 16 Versen bestehende Schluss der 81 Tirade 
nach NT lautet: 

Puisquengi est, que je neu puis faire el (que faire nen puis el) 

Pour uostre fiUe sui iou ensi penes 

Si Bunt mi homme mort et desbarete 

Pour sa biaute ou ai mon euer donne 

Me sui .xx. ans tenus (tenus .xx. ans) de marier 

Et si me fis baptisier et leuer 



ou ü fut par plusieurs jours menant grant feste et joie auec sa femme 
et ses enfians jusques s vng jour comme cy apres vons serait dit. 

21 Icy denent est finee la rie et Istoire du ducPier deLouraine et de 
Aelis sa fille paireülement de la belle ßeautris fiUe a Eustaiche le roy 
de Thir et euer a roy Fleur de Honguerie Et du noble duc Heruey de 

24 Mets son bon mary laquelle Istoire je Phelippe de Vignuelle le marchampa 
demeurant au dit Mets derrier Saint Salueur sus la rue des Bons- Animos 
ait escript et translateis de chanson de gestes etc. 

Auf Bl. 60a beginnt dann Garin le Loh. folgendermassen: 

27 Et premierement est a nocter que du tampts Chairles Mairtiaulx roy 
de France vinrent vne nacion de gens tant en France come en plusiem- 
aultres pais destruisant crestiente Et ce nommöie Celle gent Wandre et 

30 Hongre lesquelles pour ycelluy meisme tampe mirent a mort st Kicaise 
de Barns et sainet Manmiits et plussieur aultre sainet et aneo enlx fürest 
tuesetmartirisesplusde VII M cheualters qui pour soubuenirla foy delhesu 

33 Crist souffrirent mort douloureuse de quoy le dit roy Chairle Mairtiaulx 
fut forment apowris et ne le powoit plus souffrir. Or en ycelluy temps 
florissoit lorde des noir moine de seigneur Benoy Et les preudon qui 

36 pour ce tampt adoncqties ce gissoient an lit malaide En fiusant leor 
testament sen regairder a frere ny a Buer a femme ne enfians donnoient 
a yceulx moine de lorde seigneur Benoy four et moulin pres ligM et 

39 champts cens et rente et hmtaiges de quoy leur powre anffans Tenaiit 
aprez eulx en estoient granment apowris et adomaigies et ne powoient 
la plus part souffrir le fais diceUe guere car il nauoie cheuanlx ny arme 

42 qui tout ne fut vandus et engaigies Et au contraire yceulx moine et 
abbe en estoient grais et enriohis et nen estoient les crestiens de rien 
aydies Or en ycelluy tampts yceulx Wandre et Hongre mirent le siege 

45 deuant Paris Rains Troye et Soixon et en plussiears aultres lisn en 
destruisant yille et ohaistaulx Et firent moult de maulx par le leanfanc 
et en plusieur pais que pour abregier je laisse Et pour ce vng jour le 

4g dit roy Chairle Mairtiaulx mandait tout le feit de oelle piteose gnere 
a nosfre seigneur pere le pape luy priant ou non de Dien et en pitaet 
que vng jour prins ce trowait a Lion sus le fiosne« 



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139 



Et tous me8 honmes et mes riches barnes (mon riche barne) 

öentiB rois rire par toutea amistes 

Proies uo fille Beatris au uis cler 

Que mon neueu ine ueille deliurer 

Et que la belle nie ueille regarder 

Plus nen uoroie uiure ne jour passer 

Et si uous jur desour ma loiaute 

Jaiuais pour moi guerre ne mal (nul ior par moi guerre) nares 
Se mestiers est que me uoeillies mander 
Aiderai uous en boine loiaute. 

Hieran reiht sich der gemeinschaftliche Zusatz, den Hub 
bei seiner Untersuchung, insbesondere auch bei der Analyse 
des Gedichts, unberücksichtigt gelassen hat. Derselbe zerfallt 
inhaltlich in zwei scharf gesonderte Teile. In dem ersten wird 
der Schluss des Gedichts noch durch eine Reihe von Tiraden 
weiter ausgesponnen , in dem zweiten dagegen wird eine neue 
Begebenheit eingeflochten, die den Kampf Karl Martels mit 
einem aufständischen Vasallen Namens Girart von Rossillon 
zum Gegenstande hat. Der Inhalt dieses Zusatzes ist in aller 
Kürze etwa folgender: 

I. Teil. (Tirade 83- 87). 
Schluss des Krieges mit dem Könige von Spanien. 

a) Abzug des Königs von Spanien (Tirade 83) (i^fo^b, 
T fo. 169b ff.). Auf Anordnung des Königs von Spanien 
begeben sich Wistasse und Flores in Begleitung der Gefangenen 
Thieri und Begon nach Mes, um gegen Freilassung derselben 
die Herausgabe des Neffen des Königs zu erwirken (Tir. 84). 
Nach einem rührenden Empfange teilt Wistasse den Bürgern, 
seiner Tochter Biautrix, sowie Garin und Begon die mit dem 
Feinde vereinbarten Friedensbedingungen mit. Der Neffe des 
Königs soll freigegeben, und ihm selbst der einmalige Anblick 
jener Biautrix, um deren Schönheit willen er so viele Opfer 
gebracht hat, zugestanden werden. Hierauf hat er sich, wenn 

10 



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140 



ihm sein Leben lieb ist, sofort mit den Seinigen in sein Laad 
zurückzuziehen. Wistasse verspricht seinen Verwandten* ihnen 
von jetzt an mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln bei- 
zustehen undHervis, den er hier zum ersten Male seinen Sohn 
nennt, für die angerichteten Zerstörungen Schadenersatz zu 
leisten. Hierauf findet die verabredete Begegnung zwischen 
dem Könige von Spanien und Biautra statt, zu der letztere 
prächtige Schmucksachen angelegt hat, so dass sie in unver- 
gleichlicher Schönheit strahlt. Der König erzahlt ihr, dass er 
nunmehr seit 20 Jahren um ihretwillen Krieg führe, jetzt ab», 
vollständig erschöpft, auf eine Fortfuhrung desselben verzichte 
und entschlossen sei, gar keine Frau zu nehmen. Er bittet, 
gleichviel unter welchen Bedingungen wegen seines frühem 
Verhaltens um Verzeihung, ja, erklärt sich sogar bereit, im 
Fall eines Krieges Biautrix Beistand zu leisten. GrossmüÜg 
gewährt sie die nachgesuchte Verzeihung, ebenso wie die weitere 
Gunst einer einmaligen Umarmung, obgleich nur mit Wider- 
streben, worauf der Zug in Begleitung des Königs von Spanien 
den Rückweg in den Palast antritt Das endliche Zustande- 
kommen des Friedens ruft allgemeinen Jubel unter den Bürgern 
hervor, insbesondere, als sie aus des Königs eigenem Munde 
hören, dass er ihnen im Falle eines Krieges ein treuer Bundes- 
genosse sein werde. Sodann tritt derselbe, von Wistasse eine 
geraume Strecke Weges begleitet, den Rückweg in sein Reich 
an. Der Dichter fügt hinzu, dass er dort nach seiner Ankunft 
nur noch 8 Tage gelebt habe und am 9. begraben sei. 

b) Hervis Rückkehr. (JVfo.39e, T fo. 170a ff.). Während 
dieser Vorgänge weilte Hervis mit seinem Heere fern von Mes. 
Er war nach Brabant gezogen, wo König Anseis von Cologne 
in Begleitung der Könige von Escoche, Frise und G alles und 
seiner Truppen zu ihm gestossen war. Der anfangliche Schrecken 
der Bürger Brabants beim Anblick solcher Heeresmassen wird 
von Hervis bald beschwichtigt, indem er sie von der Belagerung 
von Mes in Kenntnis setzt und zum Entsatz der Stadt beim- 



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141 



tragen auffordert Darauf hin versammeln sich alsbald 
60000 kampffähige Leute, die sich dem Heere anschliessen, 
worauf der Herzog sich eines Tages zum Aufbruch von Brabant 
nach Mes anschickt, nicht ohne zuvor seinen Soldaten unter 
Androhung der schwersten Strafen die strengste Mannszucht 
eingeschärft zu haben. Ober Landres, wo gerastet wird, geht 
der Marsch ohne Aufenthalt bis nach Buillon. Hier, wo aber- 
mals Ruhetag ist, uberbringt ein Bote die freudige Nachricht 
von den jüngst m Mes stattgefundenen Ereignissen. Auf Anraten 
Anseis' beschliesst Hervis sofort einen Boten nach Mes zu 
senden um seine bevorstehende Ankunft zu melden. Anseis 
selbst aber tritt mit den 3 übrigen Königen den Rückmarsch 
in die Heimat an, nachdem vorher alle das gegenseitige 
Schutz» und Trutzbündnis auch für künftige FftHe beschworen 
haben. 

c) Her?is in Mes. (N fo. 40 a, T fo. 170 c ff.). Mit der 
Botschaft nach Mes wird der bereits mehrfach erprobte Thieri, 
derselbe, der später Hervis* Schwiegersohn wird*) betraut 
Sobald Biautrix seine Meldung vernommen, lässt sie die 
Glocken läuten und die Bürgerschaft zusammenkommen. 
Nachdem man eiligst die Stadt aufs prächtigste geschmückt hat, 
zieht alles in langem Zuge dem geliebten Herzog entgegen: 
Die schon eine halbe Meile vor der Stadt erfolgende Begegnung 
ist eine überaus herzliche. Zum ersten Male umarmt und 
küsst Wisiasse seinen bisher stets befehdeten Schwiegersohn. 
Alsdann erfolgt auf Hervis' Wunsch eine Erneuerung seiner 
Vermählung mit Biautrix in Gegenwart ihrer Verwandten, die 
bei der ersten Hochzeitsfeier abwesend waren. Ein grosses 
Mahl v verbunden mit einem allgemeinen .Vofksfest bildet den 
SchkEs dieser Versöhnungsfeierlichkeiten. 

Nach Schluss derselben thut der alte Herzog Pieres, der 
bereits im 140. Lebensjahr steht, den Entschluss kund, sich 

•) Qni estoit leres dedens le boa rame. 

T 170, 3. Vergl. p. 144. Anm. 2. 

10* 



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142 



von der Welt zurückzuziehen und den Rest seiner Tage ab Mönch 
im Kloster zu verbringen. Derselbe ist bekanntlich Schwieger- 
vater des Profosen Thieris, dem er seine Tochter Ayelis, nach- 
malige Mutter des Hervis, zur Frau gegeben hat; kurz nach 
Beendigung der Hochzeitsfeierlichkeiten und nach Belehnung 
seines Eidams mit der Herzogswürde hatte Pieres in Begleitung 
von 300 Baronen einen längst gelobten Zug zum heiligen Grabe 
unternommen, von dem er dann glücklich zurückgekommen ist, 
weshalb das Gedicht, um ihn näher zu bezeichnen, von 
ihm sagt: 

Che est (Che fu T) Ii dus qui reuient douiremer. 

Weitere Angaben über ihn und seine Rückkehr fehlen. Zum 
Erben seiner Güter setzt er Hervis ein und übergiebt ihm so- 
gleich dieselben, insbesondere auch das Herzogtum BrabanL 
Ausserdem händigt er ihm 2 Kleinodien von unschätzbarem 
Werte ein, nämlich einen wunderbaren Helm, den er auf seinem 
Zuge ins heilige Land dem Sarazenenkönig Satatre abgenommen 
hat und ein Schwert mit dem Longis Jesu Seite bei der 
Kreuzigung geöffnet haben soll*). Hierauf lässt er sich durch 
Mönche aus der von ihm gestifteten Abtei St. Hernoul feierlichst 
ordinieren und ins Kloster führen, wo er jedoch nur noch 
5 Tage lebt und am 9. begraben wird. 

d) Wistasses Abschied. (N fo. 40f , T fo. 171 d ff.). 
Inzwischen' schickt Wistasse in Mes sich zum Abschied an. Er 
hat sich nunmehr überzeugt, dass Biautrix auf rechtmässige 
Weise in Hervis' Besitz gekommen ist, indem dieser sie zu 
Lagni von Räubern kaufte und zu seiner Gemahlin erhob. 
Auch ist ihm die Treue und Ergebenheit nicht verschwiegen 
geblieben, die er ihr stets entgegengebracht hat. Zur Sühne 
für sein früheres Unreeht setzt er deshalb Hervis zum Erben 
seines ganzen Königreichs ein (Tir. 85). Der folgende Tag wird 
für die Abreise festgesetzt. Hervis' Bemühungen, seine Gäste 



•) Cf. Roland. 2508 ff. und G. Paris Rom. IX, 8. 



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143 



zu längerm Bleiben zu nötigen, werden von Wistasse unter 
Hinweis auf seine Gemahlin, von der er bereits seit 2 1 /* Jahren 
entfernt sei und deren Kummer um den Verlust ihrer Tochter 
noch fortdauere, abgelehnt Dagegen bittet Wistasse Hervis, 
ihn nach Ordnung der innern Angelegenheiten seines Landes 
an seinem Hofe zu besuchen. Alsdann will er die Regierung 
zu Gunsten seines Schwiegersohnes niederlegen und sich in die 
Klostereinsamkeit zurückziehen. Nachdem Hervis versprochen, 
diesen Wunsch Wistasses', wenn es Gott gefalle, zu erfüllen, 
lässt man sich zu einem zur Feier des Abschieds hergerichteten 
Male nieder (Tir. 86). NachSchluss desselben lassen Wistasse 
und Flores auch die übrigen Barone, z. B. Thieri den Profosen, 
Sanson von Monroial und den Grafen von Bar kommen, um 
ihnen Lebewohl zu sagen und verlassen alsdann , von Hervis 
und seinem Gefolge 4 Meilen weit begleitet , die Stadt. 

6) Hervis' friedliche Regierung. {N fo. 41 b, T fo. 172 e ff.). 
Während der nun folgenden Jahre schweigen Waffenlärm und 
Kriegsgetümmel. Hervis widmet sich einzig den innern An- 
gelegenheiten seines zerrütteten Landes, die er aufs beste zu 
ordnen versteht, so dass bald Friede und Wohlstand in das- 
selbe zurückkehren. Marken, Städte und Schlösser werden 
geschützt, die Armut der Bürger durch reiche Spenden ge- 
mildert, kurz nichts unterbleibt, was zur Milderung des durch 
den langen Krieg hervorgerufenen Elendes beitragen kann. 

In diesem 15 Jahre andauernden Zeitraum werden Hervis 
noch 7 Töchter geboren, die er an die mächtigsten Barone 
seines Landes verheiratet. Hieraus ergiebt sich unter Hinzu- 
nahme der früher erwähnten Familiennachrichtcn der folgende 
Stammbaum: 



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144 



Pier es y. Me& 
Ayelis, Gemahlin des 'Aiieris, Profosen v. Mes. 
Hervis, Gemahl der Biautrix. Frau Baudris natürl. Tochter, 

Garin. Bogues. 7 Töchter t nämlich: 

I ( I 

Girbert. Gerin. Hemant 

1. Biautrix, Gemahl Dos 1! veneres, Sohn : Ii varles Mauuoisins. 

2. Gemahlin von Basins quens de Guenes, Sohn: Auberis 

Ii Borguins. 

3. Heluis, Mutter von a) Hemaiz d^rleans. b) Oedes, 

esvesques d'Orleans. 

4. Mutter von a) Alemans Ouris. b) Gerins d'Anjou. 

c) Hues de Gambresis. d) Gautier d'Hainaut. e)Joffrois 
Ii Angeuins. 

5. Fehlt in der Aufzahlung. 

6. Gemahlin des Vilain Helms*), Söhne: a) Rigaus du 

Placheis. b) Morans. c) Rouselins. 

7. Gemahlin des Vilain Thieris**), Söhne: a) Flores. 

b) Anseis***). 



•) Sohn des Profosen Thieris, mithin Oheim seiner Fma. 
*+) Cis que Heruis tronua el bos faellis 
Qui estoit leres et ge*s auoit mourdris 
Mais tant fu puis eheualiers de grant pris. 
***) Der Stammbaum des Hervis, wie ihn die Überlieferung des 
Garin bietet, ist im allgemeinen folgender: 
N Hervis. Ayelis. 

Garin. Begon. 7 Töchter, nämlich: 

1. Helois, Söhne: a) Hernois. b) Huedes, eveque d'Orleans. 

2. Gemahlin Basins de Gene ve , Sohn : Auberis Ii Borgoins. 

3. Mutter von Alemans Ouri. 

4. Mutter von Girars de Liege. 

5. Mutter von a) Huedes de Cambresis. b) Guutier de Hainaut. 

6. Mutter von Jofrois Ii Angeuins, quens d'Anjou. 

7. Mutter von a) Hues delMans. b) Garniere de Dreues (BrainesfJT.) 



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145 



Der erste Teil scbliesst mit den Warten: 

Signour baron pour dien qui ne raenti 
Dedeni eel terme que je vous ai chi <üt 
Fu en grant pais Ii Loherains Harris 
Dusqua un jour (terme) que vous mores jehir. 



Hierzu stimmt v Bl. 67b, wo der Stammbaum lautet: Apres eust 
le noble duc Heruy de celle noble duchesse VII fille lesquelle furent 
tontte mariee a grant prince et ueigmur de diaer ce contree et pais et 
desquelles sorürent plusieur Tai) laut hemme eorame cy aprea aerait dit. 
La premiere olt a non Heluis laquelle olt en mariaige vng vaillant 
prince de France nomme dOrlenois Herneis duquelle eile olt deux biaulx 
film le premier eust a nom Hairaais qui puis fut duc dOrleans et tut 
bomme vaiHons ans airme Gar ee fut celluy qui tuait Herdr le perre le 
conte Fromon come cy apres cerait dit lautre eust a nom Eudes le 
quelle fut bome waillant et bt>n lestre et fut euesque dOrlians. La 
seconde fille fut mariee en Bourgongne de la quelle sortist Aubris 
le Bourguignon qui fut honte tresvaillant aus airme et eust encor vng 
filz Gui. Et la tierce ille fut mariee en Allemaigne et dicelle sortist 
vng vaillant home nomin es Orris lAUcraans le quell« fut tue en une 
bataille deuent Verdun comme cy apres oyrea. La quairte fille fut 
mariee en liege et eust vng filz nomraes Gerard qui depuis fut seigneut 
de Liege. La quinte fut mariee deuers Cambray et eust deuz filz dont 
le premier eust a non Hues de Carabresis qui fut parreil lernen t moult 
yaülant homme et int tue* denen Cambray en trayson de Bemaird de 
Naisil aprez ce quil ce fut randus et son frere eust a non Gauthier 
lorfellin le quelle fut seigneuv de Henault Et serait beaueopt parles 
de ces deux ycy aprez La VI* fille fut mariee a Anioys et eust vng filz 
nommet Joffroy ly Engeuins le quelle en son tampts fut conte d'Atrio 
Et la VIP et dernier fille du duc Heruy fut mariee en France et dicelle 
saillirewf deux filz le premier fut apelles Hue du Maus et fut conte du 
Maine Et laultre fut nowmes Guemier seipmenr de Droies. 

So ziemlich stimmt auch b, wo folgende Angaben über die Töchter 
gemacht werden: 1. Gemahlin des Hernais, dessen Bruder Eudes. — 
2* Gemahlin Thierrys le Bourgoing, Sohn Aubris. Neffe Gasselin. — 
3. Mutter Olrys. — 4. Mutter von: a) Gerard de Commercy. b)Gauttaer 
de Hainau t, Namur et Liege. — &. kinderlos. (De la chmquiesme fille 
ne yssy point de lignie. — 6. Mutter Geufroi d'Angiers. — 7. Mutter 
von : a) Huon du Man*, b) Guarnier de Dreuez. 

Q8 unterdrücken Oedes Bischof von Orleans und geben die andern 
Enkel des Hervis in bedeutend abweichender Reihenfolge, ohne sich 
jedoch dadurch den Abweichungen von AT zu nähern. 8 bietet: 



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146 



IL Teil. (Tirade 87-103). 
Kampf Karl Mörtels mit CHrart van MonstUotu 

Der Inhalt des zweiten noch breiter ausgesponnenen Teiles 
ist kurz folgender: 

a) Kirchenversammlung zu Lion. (NtoAlb, Tfo.l73aff.). 
König Karl Martel, in einen unglücklichen Krieg mit einem 
widerspenstigen Vasallen Namens Girart de Rossilion verwickelt, 
gerät in die grösste Bedrängnis. Daher richtet er an den Pabst 
die Bitte, die Geistlichkeit zur Beschaffung von Mitteln für die 
Fortsetzung des Krieges anzuhalten. Zu diesem Zweck wird 
eine Kirchenversammlung nach Lion an der Rosne berufen, an 
der etwa 4000 Geistliche und 20,000 Ritter Teil nehmen, welchen 
letzteren es zumeist an Ausrüstungsgegenständen gebricht. Hier 
vor versammeltem Volke schildert Karl dem Pabste mit beredten 
Worten sein Unglück und seine Mittellosigkeit , als deren 
Ursache er die Schenkungen bezeichnet, welche er einst, tot- 
krank darniederliegend, den schwarzen Mönchen vom Orden 
des heiligen Benedict gemacht habe. Hierdurch seien viele 
seiner Untergebenen in Armut geraten und ausser Stande sich 
Rüstungen und Waffen anzuschaffen. Er verlangt darum, dass 



De oele dame dont vous aues 07 i Issiren t puis.VII. pucielles de prie | De 
Helui laisne issi Aubris | De la seconde Ii Alemans Auris | Et de la 
tierche Gerars ki Liege tint | Et de la quarte Hues de Canibresb | 
Gautiers ses freres de Hayn. Ii roarcie | De la .V. Hernaas ki Orliens tint | 
De la .VI. Hues de Rains issi | II et Garniere ychis ki Branie tint | De 
la .VII. Joffrois Ii Angeuins. Wegen Q vgl. Mone 8. 199 f. 

Es fehlen also von Enkeln des Henris , welche Chanson de Her vis 
(NT) kennt, in Chanson de Garin: Mauuoisin, der Sohn von Dos Ii 
▼eueres, Gerin von Anjou, Rigaut, Moräne, Rouselins, Floresund Anseii, 
d. h. abgesehen von Gerin von Anjou , welcher wohl nur aus Girart de 
Liege oder aus Garnier de Droe entstellt ist, lauter ,vilain' mannlicber- 
seits. Der drei letzten geschieht übrigens meines Wissens nirgends im 
Garin Erwähnung. Von Enkeln des Hervis, welche Chanson de Garia 
erwähnt, fehlen dagegen in Chanson de Hervis: Girars de Liege, Hues 
del Mans, Garniers de Droe. 



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147 



der Pabst Anordnungen zu seiner Hülfe treffe, widrigenfalls er 
droht, zu entfliehen und das Land seinem Schicksal preiszu- 
geben. (Tir. 88). Der Pabst, welcher Karls Forderungen für 
gerecht erachtet, fordert die anwesenden Geistlichen auf, von 
ihrem Vermögen soviel, als zur Ausrüstung genügender Streit- 
kräfte erforderlich, zu opfern. Diesem Verlangen wird jedoch 
seitens des anwesenden Erzbischofs aufs entschiedenste wider- 
sprochen; er fürchtet, es könne zur Gewohnheit werden, bei 
allen derartigen Anlässen die Geistlichen in dieser Weise her- 
anzuziehen. (Tir. 89). Schon droht Zwiespalt unter der Ver- 
sammlung auszubrechen, als der Abt von Cluigni das Wort 
ergreift. Er macht dem Erzbischof bittere Vorwürfe , dass er 
ihnen die Gelegenheit zu einer guten That abzuschneiden im 
Begriff sei, und erklärt es schliesslich für besser, wenig zu 
opfern, als durch Hartnäckigkeit alles aufs Spiel zu setzen. So 
kommt trotz der Einsprache des Erzbischofs eine Einigung zu 
Stande. Karl erhält nicht nur Rosse, Rüstungen und Gold, 
sondern auch auf 7 1 /* Jahre die Zehnten und Zölle, gegen das 
Versprechen, dieselben nach Ablauf dieser Zeit zurückzugeben. 
So war es möglich binnen kurzem 9000 kampffähige Ritter 
auszurüsten. 

b) Fortschritte Girart'ß von Eossillon. (N fo.41f, Tfo. 
173c ff.). Unterdessen hat Girart den schönsten Teil Frank- 
reichs bis Bar sur Aube eingenommen und dort sein Stand- 
quartier aufgeschlagen. In Soissons, das gleichfalls erobert 
ist, hat er eine Besatzung von circa 30,000 Mann zurück- 
gelassen. Sodann kündigt er Karl durch einen Brief an, er 
werde demnächst mit seinem Heere vor Paris erscheinen und 
die Stadt erobern*). Bestürzt über diese Nachricht, beruft Karl 



*) Wir kennen seit kurzem auch eine lateinische Legende von Girart 
de Rosrillon, welche durch P. Meyer in der Bomania VII, 161 ff. ver- 
öffentlicht ist. In derselben wird p. 189. erwähnt, dass Girart den König 
bis nach Paris hineingetrieben habe, worauf dieser sich durch die Er- 
scheinung eines Engels zur Abschliessung eines Friedens mit Girart 



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148 



rasch einen Kriegsrat, welchem ausser 9eimn 19 Pers auch 
seine Ratgeber Hardres, Vater des in der Folge so geflüchteten 
Fromont , Aloris d'Aspremont, dessen Bruder Thierry, Amangis 
und viele andere beiwohnen. (Tir. 90t) Karl teilt der Veiwnrnrinng 
die Drohungen Girarts mit, unter Hinweis darauf, dass den 
ihm zu Gebote stehenden Streitkräften gegenüber seihst die 
9000 Mann des letzten Aufgebots kaum genügten« Dennoch 
erklärt er sich bereit, den Kampf aufzunehmen, wenn man 
ihm einmütig mit Rat und That Beistand leisten wolle. Unter 
diesen Verhältnissen schlägt Hardres vor, den in vielen Kriegen 
rühmlichst erprobten Henris von Mes um Hülfe anzugehen. 
Nach umständlicher Erzählung der Geschichte seiner Herkunft, 
wobei nicht unerwähnt bleibt, dass Henris? Vater von gemeiner 
Abkunft*) gewesen sei, rühmt er Henris* Kriegsthaten, sowie 
seine segensreiche friedliche Regierung und schliesst mit der 
Versicherung, dass im Falle seines Beistandes Girart bald 
niedergeworfen und ganz Frankreich beruhigt werden wurde. 
Karl, dem besonders die nicht adelige Herkunft Hervisf an- 
stössig ist, zögert anfimgs, auf Hardres' Vorsehlag einzugeben. 
,Wohl habe ich Ursache, traurig zu sein', ruft er aus, ,da ich 
um eines einzigen Mannes willen in solcher Verlegenheit bin*. 
Erst nach abermaliger weitläufiger Auseinandersetzung der 
verwandtschaftlichen Verhältnisse des Henris stimmt Karl zu. 
(Tir. 91.) Darauf befiehlt er, dass zu den Bischöfen von St Denis, 
Orliens und St. Germain , die man auf Hardres 9 Vorschlag mit 
der Botschaft an Hervis beauftragen will, geschickt werde. 

c) Botschaft an Hervis. (Tir. 92) (JVfo.42b, Tfo.l74a ff.). 
Die drei Prälaten erscheinen alsbald mit grossem Gefolge am 



verstanden habe. Etwas ahnliches ist der uns erhaltenen provensaltschen 
Chanson von G. de B. nicht bekannt. 

*) Nes est de Ifies, Hetuis avoit a nos 
Rices dauoir sa dam» a foison * 
De par sa mece Aetts a chief bleut 
Mes Ii sieas peres fa vikuns ce dist on. 

T. 173, 4. 



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149 



Hofe und treten vor den König, der sie in feierlicher Audienz 
empfangt (Tir. 93.) Kaum haben die Verhandlungen begonnen, 
als abermals ein Bote von Girart eintrifft, um mitzuteilen, 
sein Herr werde in aller Kürze vor Paris erseheinen und die 
Stadt erobern. Zugleich fordert er Karl in drohendem Tone 
zu einer Schlacht heraus« die im Thale von Sousloon geschlagen 
werden soll. Die Botschaft stimmt den König nachdenklich, 
weshalb er sich zu ihrer Beantwortung eine kurze Bedenkzeit 
vorbehält. Auf Ersuchen Karls, ihre Meinung zu äussern, 
ergreift nach Abtreten des Boten Mites — seither noch keinmal 
erwähnt — das Wort. In Anbetracht der Aussicht auf Hervis 1 
Unterstätzung geht sein Rat kurz dahin, die Herausforderung 
Girarts anzunehmen und am festgesetzten Tage auf dem Kampf- 
platze zu erscheinen. (Tir. 94.) In diesem Sinne bescheidet 
dann auch Karl den inzwischen wieder hereingeführten Boten, 
indem er ihn beauftragt, seinem Herrn mitzuteilen, dass er 
zwar die Schlacht annehme, ihm jedoch, wenn ihm sein Leben 
lieb sei, rate, statt dessen lieber nach Paris zu kommen und 
ihn fussfällig um Gnade zu bitten. Im Abgehen meint der 
Bote sein Herr werde lieber die grössten Qualen erdulden, als 
sich zu einer solchen Demütigung verstehen. Es wird nunmehr 
von Hardres auf schleunige Absendung der Botschaft nach Mes 
gedrungen. (Tir. 96). Der Bischof von Orleans ist sehr erfreut, 
als er hört, dass es Hervis ist, zu dem er sich begeben soll. 
Derselbe gehört nämlich zu seiner Verwandtschaft, da Herzog 
Pieres von Mes ein Sohn seines Oheims ist. Auch rühmt der 
Bischof bei dieser Gelegenheit Hervis' Tapferkeit durch Erzählung 
einer uns bekannten Episode aus des Herzogs Jugendzeit. Es 
handelt sich nämlich um die bei Hub p. 32 erzählte kühne 
Befreiung der in Räuberhände gefallenen Geistlichen, deren 
einer der Bischof selbst gewesen ist. (Tir. 96.) Nachdem Karl 
sie mit dem Zweck ihrer Sendung bekannt gemacht und rasch 
die zur Reise erforderlichen Vorkehrungen getroffen sind, er- 
halten die Gesandten Abschied von ihm und begeben sich auf 
den Weg. (Tir. 97). Ihre durch keine weiteren Abenteuer unter* 



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150 



brochene Reise führt sie auch über Verdun, wo sie an einem 
Samstag ankommen und anhalten, um dort den ihnen bekannten 
Erzbischof Lancelins zu besuchen. Eingehend von ihm über 
den Zweck ihrer Sendung befragt, tragen sie kein Bedenken, 
ihm die ganze Wahrheit unverholen mitzuteilen. Am andern 
Morgen, als sie sich zur Weiterreise anschicken wollen, werden 
sie von Lancelins mit Rücksicht auf den Sonntag, an dem zu 
reisen ihnen nicht gezieme, bewogen, ihren Aufenthalt um 
einen Tag zu verlängern. Den so gewonnenen Zeitraum be- 
nutzt der Erzbischof zur geheimen Absendung eines Boten nach 
Mes, welcher Hervis von der bevorstehenden Ankunft der 
Prälaten, sowie dem Zweck ihrer Reise in Kenntnis setzt Bei 
den Mitteilungen desselben bricht der Herzog in ein lautes 
Gelächter aus , trifft aber doch Vorkehrungen zum würdigen 
Empfang der Gesandtschaft. Auf die inzwischen eingetroffene 
Kunde von ihrem Anzüge eilt er ihr entgegen und führt sie, 
nachdem auch für das Unterkommen des Gefolges gesorgt ist, 
in seinen Palast. Hier harrt der Bischöfe freundlicher Empfang 
und gastliche Bewirtung von Biautrix, ebenso bemüht sich 
die Bärgerschaft, ihnen ehrfurchtsvolle Huldigungen entgegen- 
zubringen. 

Nach Besuch der Messe geleitet Hervis am folgenden 
Morgen die Gesandten in den Palast zurück, wo er sie abseits 
führt und nach dem Zweck ihrer Sendung befragt Nachdem 
sich ihm der Bischof von Orleans zuvor als seinen Verwandten 
und ehemaligen Schützling zu erkennen gegeben, offenbart er 
ihm Karl Martels kritische Lage und bittet vereint mit seinen 
Genossen um Hülfe. (Tir. 98.) Hervis jedoch, wenn auch längst 
entschlossen, eine so günstige Gelegenheit, sich Ehre und 
mächtige Freunde zu erwerben, nicht unbenutzt vorübergehen 
zu lassen, gefallt sich längere Zeit darin, die behäbigen Prälaten 
durch ausweichende Antworten auf die Folter zu spannen. 
(Tir. 99.) Insbesondere setzt er sie durch die Frage in Verlegen- 
heit, weshalb sie nicht längst schon selbst zum Schwerte ge- 
griffen und das ihrige dazu beigetragen hätten , den Feind 



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151 



niederzuwerfen und verspottet sie wegen ihres müssigen Lebens- 
wandels. Zugleich deutet er an, dass er auf Abstellung dieses 
Übelstandes dringen würde, wenn sie seine Unterthanen wären. 
Endlich aber trägt er ihnen doch auf, Karl Martel seine Bereit- 
willigkeit zur Hilfe, zu melden. Bei dem nun folgenden 
Mahle, fügt der Dichter ironisch hinzu, hätten Bischof und 
Äbte wenig gesprochen und noch weniger genossen in Anbe- 
tracht dessen« was Henris über sie geäussert hat. Auch auf 
dem nun folgenden Rückwege denken sie, da einer noch feiger 
ist, als der andere, an nichts anderes, als an die Möglichkeit, mit 
in den Kampf ziehen zu müssen und kommen schliesslich 
überein, lieber aus dem Lande zu flüchten, als in eine der- 
artige Zumutung zu willigen. 

d) Hervis' Kriegarfistuagen. (N fo.43c, T 176a ff.). Auf 
Hervis' Aufgebot sammeln sich rasch zahlreiche Krieger unter 
erprobten Führern, wie dem Grafen von Bar, dem Herzog 
Sanson von Monmiral (Monroial N), dem Grafen von Montbliaut 
(Montbeliart N) u. a. in Mes. Nachdem dieselben rasch ge- 
ordnet und verproviantiert worden sind, setzt Hervis den Tag 
für den Abmarsch fest. Seinem Schwiegervater, dem Profosen 
Thieris überträgt er zuvor während seiner Abwesenheit die 
Führung der Regierungsgeschäfte und weist ihm für den Fall 
eines Krieges Gelder zum Anwerben von Söldnern an. 

In der Frühe des darauf folgenden Morgens findet der 
Abmarsch statt. Hervis ordnet seine gesamte Streitmacht in 
4 Abteilungen, deren eine der Graf von Bar, die andere der 
Herzog Sanson von Monmiral , die dritte der Graf von Montbliaut 
und die vierte der Graf von Aspremont anführt. Sein 
gonfanon trägt Thieris, sein zukünftiger Schwiegersohn. 
(Tir. 100.) Unterwegs befragt der Graf von Bar den Herzog n 
dem Zweck der Unternehmung, den ihm derselbe jedoch vor- 
läufig verheimlicht Dagegen ermahnt er alle, wenn es zur 
Schlacht komme, tüchtig mit dem Schwerte dreinzuschlagen. 



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162 

e) Tod Girarts m Rossilloa. (Tin 101.) N fo. 43d, 
T 176 c ff.). Inzwischen sind die Gesandten von lies nach einer 
möglichst beschleunigten Reise in Paris eingetroffen und werden 
von Hardres und Aloris vor den König geführt. Kaum haben 
sie dort den gunstigen Erfolg ihrer Sendung geoffenbart, als 
ein unvorhergesehenes Ereignis die Lage der Dinge mit einem 
Schlage total verwandelt Dasselbe besteht in dem plötzliehen 
Dahinsclieiden Girarts. Die unerwartete, vom König anfangs 
angezweifelte Kunde bekräftigt ihr Überbringer mit den Worten: 
,So wahr ich auf Gottes Schutz rechne, Girart ist tot, es ist 
reine Wahrheit*, und fugt, um sich eine gute Belohnung zu 
sichern, hinzu: ,Um Euch die Botschaft zu hinterbringen, habe 
ich 2 Pferde abgetrieben und getötet, denn ich wollte nicht, 
dass Ihr länger in Besorgnis wäret 1 . (Tir. 102.) Bezuglich der 
Einzelheiten von Girarts Tode erfahren wir noch, dass derselbe 
auf seinem Sterbebette gebeten habe, jemanden an Karl zu 
senden, um von ihm Verzeihung und Gnade zu erflehen, mit* 
hin im Tode sein schweres Unrecht gesühnt habe. Drei Tage 
nach seinem Ende sei er sodann in Bar sur Aube, wo er eine 
Abtei gegründet hatte, begraben. Nachdem dem Boten für 
seine Meldung t prächtige Rosse nebst 600 Mark Goldes auf 
Befehl des Königs behändigt worden sind, verlässt derselbe 
hocherfreut den Hof. 

f) Harris' Ankunft bei Hofe. (N fo. 43f, T fo. 177 äff.) 
Zur selbigen Zeit stellt sich ein Bote von Henris ein, mit der 
Meldung, dass der Herzog mit seinem Heere in Lagni stehe. 
Deshalb schickt ihm Karl am andern Morgen einen Boten 
entgegen, der Henris bereits vor den Thoren der Stadt Paris 
stehend antrifft. (Tir. 103.) Sehl trefflich ausgerüstetes und woW 
digeipliniertes Heer erregt bei seinem Einzüge allgemeines Auf- 
sehen. Selbst Karl ruft bei seinem Anblicke aus: ,Wehe mir, 
wenn solch ein Fürst gekommen wäre, mich zu bekriegen*. 
Darauf geht er dem Herzog entgegen, umarmt ihn und führt 
ihn in den Palast, wo er sich auch die obersten Heerführer 



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168 



des Hervis vorstellen lässt Nachdem der KAnig noch einmal 
ausführlich das Ende Girarts erzählt, vereinigt ein festliches 
Mahl sämtliche Anwesende. 

Die nun noch folgenden Schlussworte der Handschrift greifen 
eigentlich schon in die ChansoD de Garin le Loherain über, 
insofern sie uns bevorstehende Ereignisse in derselben kn voraus 
andeuten. Dieselben lauten folgender massen: 

Kartei Martinas * graat joie ineae 

II cuide bien auotr tont eonqnestet 

Mes en poi deure aura son euer iret 

Naura repos sert (ci ert) en terre boutes 

Paiea ei Wandos qae Diex pulst mal donaer (vergonder) 

Roys Bucifana, Buiemons et Tangret 

St lamnatan* de Corde la cite 

Et .XV. roi saracin et esolcr 

Orent dettruite sainte crestiente 

Tonte la terre ou Jehsus fu poses 

Et le sepoere ou fu enuolepes (ses eort fn poses) 

Et sät lor Diez mult dnremeni jares 

Que il venront en France le regne* 

Ne (Si) ni lairont ne mouatier ne autel 

Li rois sera fors de Paris getes 

Ne Ii lairont castel ne fremete 

Et sil est pris i! ne pnet esenaper 

Que ü (il fMt N) ne aoit ocis et (ou) aiölee. 

Die Absicht des Überarbeiters bei Einschietrang des vorstehend 
analysierten Zusatzes ging, wie bereits oben angedeutet, darauf 
hinaus, die Widerspräche zu beseitigen, welche sich einer Ver- 
einigung der Chanson de Hervis de Mes und der Chanson de 
Garin le Loherain entgegen stellten, und zu deren Beseitigung 
Andeningen in letzterer sich nicht anbringen Hessen« Hierbei 
handelte es sich hauptsächlich um zwei Punkte, denen je ein 
Teil des Zusatzes gewidmet ist , nämlich erstens um Vervoll- 
ständigung der Nachrichten Aber Hervis' Nachkommenschaft 
und zweitens um das Hereinziehen des fränkischen Königshofes 
in den Rahmen des Gedichts. Wegen des ersten Punktes hält 
der Obefrarbeiter am Schlüsse des ersten Teiles des Zusatzes 
an, um zu erzählen, dass in diesem 18 Jahre andauernden 



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154 



Zeiträume dem Henris noch 7 Töchter geboren 9eien, die er in 
der oben (p. 26) angegebenen Weise verheiratet habe. Abge- 
sehen davon, dass es an sich schon auffallig, wenn auch nicht 
unmöglich sein würde, dass dem Hervis nach so langer Unter- 
brechung — Garin und ßegon sind ja bereits erwachsen — , 
noch 7 Töchter der Reihe nach geboren werden, widerspricht 
diese Angabe auch sonst der Oberlieferung. Denn unter Hinzu- 
rechnung der bereits früher erwähnten Tochter des Hervis 
(Hub p. 17), die ihm schon im 3. Jahre seiner Ehe geboren 
wurde, würde sich die Zahl seiner Töchter auf 8 belaufen. 
Das aber kümmert den oberflächlichen Überarbeiter wenig. 
Nachdem er gesagt hat: 

Deelens cel terrae aigneur (baron) que je von« di 

Ot il .VII. fillee de sa ferne genial, 

rechnet er bei Aufzählung der Töchter derBiautrix, die früher 
geborene mit zu den 7 in diesem Zeiträume geborenen und 
gleicht die dadurch ^erwachsende Schwierigkeit durch still- 
schweigende Auslassung der 5. Tochter aus. Nach Aufzählung 
der 4 ersten fährt er nämlich fort: 

Et la sisime ot Ii vilains Heriiis (Heluia) 

Qui fillieua fa le bon prouuos Thieri. 

In diesen Zeilen liegt wiederum ein Widerspruch zu Garin 
le Loherain vor, denn zufolge der Überlieferung vonÄBCEFM 
ist der , Vilains Heruis* filluse des Herzogs Hervis. Im 
übrigen sind die Nachrichten über Hervis' Nachkommenschaft 
im einzelnen noch mehrfach verschieden von der ursprünglichen 
Überlieferung, wie aus einer Vergleichung der p. 26 aufge- 
stellten beiderseitigen Stammbäume, leicht ersichtlich ist Ich 
bemerke dazu nur noch, dass sich die dort vorhandenen 
Varianten an keine der mir zugänglichen Handschriften an- 
lehnen und demnach der eigenen Erfindung des Überarbeiters 
zuzuschreiben sein dürften*). 

*) Dasa übrigens der erste Theil des Zusatzes einige Zage d» 
ursprünglichen Hervis bewahrt, welche die am Schluss gewaltsam ge- 
kürzte Hs. E unterdrückt hat, zeigt v. 



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165 



Um den zweiten Widersprach zu beseitigen und den 
fränkischen Kdnigshof mit in den Rahmen des Gedichts hin- 
einzuziehen, schien dem Oberarbeiter die mehrfache Erwähnung 
Girarts von Rossillon im Eingang des Garin le Loherain geeignet. 
Dieser hatte mit Karl Martel langwierige Fehden geführt *). In 



*) Die Stellen, wo die Überlieferung der Gar. le Loh. Gifart von 
ftossillan erwähnt , sind folgende: 

1. Bereits im Eingänge des Gedichtes berichten 0 Q (letzteres nach 
Mone, Unters, zur Gesch. d. teutschen Heldensage) S (nach einer Notiz von 
Herrn Naumann) 5 (nach einer Notiz von Herrn Dr. Fleck), dass Karl 
Martel durch den langen Krieg gegen öirart von Rossillon in die grfieste 
Ohnmacht versetzt worden sei. ABCEFN erwähnen ihn anfangs 
nicht , ebensowenig Paris' Druck. Wehl aber dessen neufs. Bearbeitung 
des Gedichts. (Dieselbe scheint, soweit es sich aus dem Eingange be- 
urteilen lässt, zum gröbsten Teil auf Q S zu beruhen. Jedoch finden sich 
auch Stellen, wo sie mit der Gesamtüberlieferung gegen Q S geht, z. B. 
gelegentlich des Angriffs von Mes durch die Sarazenen, wo Herrin an den 
Hof Pipins geht, und dort vergeblich um Hülfe fleht. Nach Q S wurde 
diese Mission durch eine Botschaft ohne Hervia ausgeführt. 

2. A fo. 3a = BCEFQN hat 

Apres la mort Girart du Boussillon 

Vindrent en France (Vindrent ensamble E) paien et esclauon. 
Paris hat die Stelle weder in seinen Druck, noch in seine neufranzösische 
Bearbeitung aufgenommen. 

5. Die entsprechende Stelle zum Druck p. 53, 19 ,Tant a Gerars 
qui le Rossillon tint' lautet: 

A: Ce fist Gerars qui tot mist a essil 
BCEFM: Ca (Sai2S SiJIf) fet Gerars qui uostre regne (terreE) tint 

(qui le regne maintint F) 

4. Die zum Druck p. 76, 17: ,Envers le duc Gerart guerroia il': 
AB OEM 0: Ehuers le duc Gerart guerroia il (guerre acoilli ,4) 

De Rossillon qui tant f« poeteis (qui graut painnesoufri4) 
der zweite Vers fehlt EM 

6. Entsprechend dem Druck p. 81, 5 ,Par Dant-Gerard qu'est de 
Roacillon neV lesen: 

AM: Ce fist (Sa fa) Gerars de BonsiTlon fu nez 

BC: Ca, fait (Ce fet) Gerars qui (quest) de Roeellon ert (nez) 

MO: Se fa (Qua fei) Giravs de Reaeilkm h beira 

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156 



der, p. 147. Anm., erwähnten lateinischen Legende ist zwar 
nicht Karl Martel sondern Karl der Kahle Girarts Gegner. 
Indessen klingt die Erwähnung der Verfolgung Karls bis nach 
Paris hinein (p. 189), sowie die Stiftung des Klosters Verzelai 
durch Girart, Züge, die der uns erhaltenen provenzalischen 
Chanson unbekannt sind, zu sehr an unsern Zusatz p. 147 und 
p. 152 an , um nicht annehmen zu dürfen, dass dem Verfasser 
unseres Zusatzes eine auf einer älteren Fassung der provenz. 
Chanson beruhende Version des Girart vorgelegen habe, wodurch 
P. Meyers a. a. O. S. 177 ausgesprochene Vefmuthung: JHais 
il est possible, cela est meme probable, que dans la redaction 
plus ancienne se soit trouvä le recit que l'auteur de la Vie 
latine a räsumö 4 nur an Wahrscheinlichkeit gewinnt Was 
nun die Hereinziehung der Episode ,Girart ( in das Gedicht 
selbst betrifft, so erweist sie sich auf den ersten Blick als eine 
gewaltsame und ungeschickte. Unwahrscheinlich klingt es an 
sich schon, dass Karl, nachdem er auf dem Goncil zu Lion 
reichliche Unterstützung von seiten der Geistlichkeit, wenn auch 
widerstrebend, gefunden hat, sich durch eine blosse Drohung 
Girarts so einschüchtern lässt, dass er sich abermals nach 
weiterer Hülfe ängstlich umsieht. Dann aber, nachdem er sich 
zu diesem, in gewisser Hinsicht demütigenden Schritte ver- 
standen, erweist sich derselbe durch Girarts Tod vollständig 
überflüssig und Hervis Zug nach Paris bleibt eigentlich unmo- 
tiviert. Gewaltsam aber verfuhr der Überarbeiter auch insofern, 
als er dem alten Eingang des Garin eine Anzahl Stellen fast wörtlich 
entlehnte, um sie in gänzlich verschiedenem Zusammenhange 
anzubringen. Der Wortlaut dieser Stellen steht unter den 
mir zu Gebote stehenden Handschriften im ganzen dem der 
Handschrift E am nächsten (d. h. also der Handschrift , in 
welcher zwar der Hervis dem Garin le Loherain voraufgeschickt 
ist, aber ohne dass darum beide Gedichte innerlich verknüpft 
wären, ja ohne dass der Theil der Handschrift, welcher den 
Hervis enthält, eigentlich mit dem Haupttheil enger verknüpft 
wäre, als durch äusseres Zusammenbinden. Schriftzüge und 



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157 



Dialekt beider Theile sind aber identisch). Der Oberarbeiter 
von NT hat aber, wie mancherlei Übereinstimmungen mit 
andern Hss. zeigen, die Hs. E selbst offenbar nicht benutzt , wohl 
wird ihm jedoch eine E sehr nahe stehende Redaction bei Abfassung 
seines Werkes vorgelegen haben. Ich teile dieselben im folgenden 
unter Gegenüberstellung des Textes von J5, dem ich die 
Varianten von ABCFMOQ> anfangs auch von JS, zuletzt 
von Cr, beigebe, mit, da sie uns den sichersten Beweis liefern, 
dass die den Hervis und Garin verbindende Girart-Episode keinen 
Anspruch auf Selbstständigkeit und Ursprünglichkeit hat 

Nach den Eingangsworten liest E fo. 89 a, 21: 

21 Et il auoit graut paor de morir 

Ne regardoit son peire ne son fil 

Ne Bon parent ne son germain cousin 
24 As moines noirs que sains Beneois fit 

Donnoit sa terre et rantes et moulins 

Nen auoit terre la fille ne Ii fiz 
27 Et partant fu Ii raondes apouris. 



que sans Bernars assist F qui erent 
(furent) a cel di ist umgestellt mit 
25 QS 

2b=F Et de C Donna M la 
et trestot son pais B Anscois donoit 
son for et son molin QS 

26 = J M Nen auoit rien ABFO 
Ne lauroit rien C fehlt QS 

21 = CFJMO Et par ce fu Ii 
mons sia.il Et por itant fu Ii 
mons a. B Li oir (Si home) en 
furent dolent et apourit QS 



Varianten : 21 = A B F J Ou il C 
Et il sentoit ne il deuoit morir 0 
Quant estouoit le preudome morir 0 
fehlt 8 

22 regarda J le gardoit C son 
frere ne son fil ABCJMOQ ne 
son p. ne son f. S Nel regarda ses 
freres ne ses filz F 

2Z=BCJMOQS Farne nenfenz 
ne oir de lui isist A Ne ses parenz 
ne ses germains cousins F 

2A = BMO Trestout laissoit pour 
amour Ihesucrist A Par les pooirs C 

Fast die gleichen Zeilen finden sich T 173 a 40; #41 a 45 ff. • 
40 Que je (bien) cuidai tout a estrous morir 

Ne regardai mon frere ne mon fil 

Ne mon parent ne mon germain cousin 
43 Ab moines noirs que S. Beneois fist 

Donnai (Laissai) ma terre et rentes (rente et terres) et moulins 

Que nenot terre Ii grans ne Ii petis 
bl Ne Ii cousins la fille ne Ii fis 

Et partant sui duremeot apouris. (Die Forteeteung 8. S. 162). 



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138 



Der Unterschied tet nur der, dafes wir sie hier in ditecter 
Rede aus Karls eigenem Munde hören, während im Chanson 
de Garifa der Dichter orientierefad über die vorangegangenen 
Ereignis welche Karte UnglGok herbeigeführt haben, referiert« 
Im ersten Falle ist daß Concil zu Lion berufen, um Mittel zur 
Abwehr der Wändres zu beschaffen, im zweiten Falle aber, 
üm Hilfe gegen Gifart von Rossillon zu erlangen. 

Dte nächsten Zeilen in E 89b: 
1 Ei Ii olergie farent si enrichi 

Quelle en dut estfd toraeie a debclin 
Se danieder concel nen i meist 
Varianten: \=BVJMO Que 
Ii clergiez si en fu e. F clergiez 
en fu si e. A E Ii clerc (Li cferc 



dut wtre a eeail wl ttyrt.*jrö4tr: Lea 

abeyes tornerent a declin ÖS 

3 = JWf ni eust e. mis B c ni 
eust mis ACFJO In QS durch 
14 abweichende Zeilen ersetzt. 



sunt) riche et Ii moine autreti QS 
2 Gaule CFG MO Tornee ea dut 
estre France a d. B K. Martiax en 

fehlen in -NT, die dattn in E 89b folgenden: 
4 K. Martiaus fu fortnttnt apoaris 

A lapostoile en auoit .1. ior prins 

Droit a Lions qui sor le Rosne eist 
7 Vint lapostoile contre Cbarlon son fil 

La veissies de clers bien .1111. mil 

Tant en i a ia consaus nen iert prins 
10 Et lautre peule qui assambla enqui 

De cbeualier» i ot plus de .XX. mil 

Mais il nauoient palefroi ne roncin 
13 Ne arateure fois les bran acerins 

Des anciens horomes i auoit moult petit 

Et les paroles eomtueaoent a uenir 
16 Sire apostoiles, K. Martiat» a dit 

Por cel signor qui en la crois fu mis 

Aies pitie et Ae möi et de ti 
19 En tel maniere qttfe ne soiens honni etc. 

G = ABCFOQ$ fehlt M 
l^zABCFMÖ fShtt QS 
% plus de .1IL mil ABCFMO 
La soat ensamble Ii grast et Ii 
petit (La s. Francois et rem« et 
gärni) Et un etautrequi diudoinent 
sernir (orent serui) yS 
9 ot ABO ja txmtes «es B i a 



Varianten: 4 = BCJMO fehlt 
A entrepris F Charles Mattetet* 
en fu moult effreis (forment pensis) ] 
II a mande lapostoile Thierri | Quil 
(Que) le secore por dieu e por 
merci QS 

5 BCMO A lapostoille .1. par- 
lement en prist A E mpostoües en 
a parlement pris Q S fehlt F 



c. n. iert por pris C. Tant i ot 



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159 



meines F neu sei faire deuas um- 
gestellt mit 10 O fehlt QS 

10 Edaatre (vgl, 9)0 iqui GFltfÜ, 
fehlt AB Chart Mart i ot de «es 
amis die folgenden Zeilen fehlen 
oder wekhen ganzlieh tib 08 

\\=BFMO Et dautre Murt 
bien cheualiert M. mil A . Vit 
mil C 

\2 = ABCM Mesnena. 0 Mes 
nanoient ne destriers ne rottcitm 
Ne palefroiz ne mals arrab» Esen 
ne heaume ne bon haubero tatslii F 



Ne arme utile ABO 
fors le brant acerin A 

UäM Des h. uiex ABCFO 
Des viellars k i ot il aiolt petit 
ABCFO 

Ibz^ABCFMO 

16=*ABCFM0 

V7=CFM0 Por icel de A Por 
amor den ki onques ne menti B 

18 = FAT Aies merci AB CO 
et de vou8 et de mi C et de toi 
H de mi 0 

19 = 4*CFAf0 



10 



13 



16 



finden sich in T 173a 10; JV41d 10ff., also an ßrfiherer Stelle*), 
wieder: 

KL Mart fa forment (A grant meruelle fu Kl.) apouris**). 
A lapostolle en auoit .1. jour prie 
Droit a Lions qui sous (6or) le Rosne eist 
Vint lapoetole contre Karion son fil 
La ueissies de den bien .Uli. mil 
fit moult grant peak qui asambla ichi 
Taut en i a (vint) ia consaus nen ert (nen iert eonsax) pris 
De cheualiers i ot bien (plus de) .xx. mil 
Mais fl nauoient pallefroi ne ronchi 
19 Ne armeure (arme nulle) fors les braus acerias 
Des anchiens houmee i auoit moult petit 
Et les paroles eommenosnt a uenir 
22 Quant a lions sont asamble ensi 
f Sire apostolles', Kl. Mart. a dit 
Por le aignour qui en la crois fu miß 
25 Aies pite et de moi et de ti 

Et tel maniere que me sokms aomni. 



•) Voraufgehen in N T folgende Zeilen: Icil Ger. baron dont ie 
voug di | Fu si de guerre dootrinez et apris | Quem grant pouerte Kl- 
(roi Kl.) Mart mißt | De tonte hounour ne Ii laissa tenir | Fors que Paris 
et Orliens ce mest vis. 

••) In N folgen hier noch: Et aen porqvant Kl. en eaaoa il | XVI anz 
itant le fist languir | Et pus rout il sa terra os mest uis I ÖL rafrema la 
guerre et Ii estris | Dont il morareat maint okeualier gentiL Man vgl, 
hierzu QS Z. 7 ff. : Li dus Gerars ot gaste le pais | Por roi(dant) Martel 
dont vos aues oft \ Pkis de XV ans se guerressrent si | Que maint preu- 
dome en conuint a morir. Auch hier scheint aieo wie an anderen Stellen 
N einer weiten, QS nahestehenden Vorlage gefolgt eu est*; xgl & 131. 



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160 



Es folgen nun einige Zeilen , die mehr von einander ab- 
weichen« in denen Karl über seine Feinde spricht, die nach E 
die Wand res, nach NT Girart von Rossillon sind. Auch sie 
zeigen aber, wie sehr der Überarbeiter bestrebt ist, dem Text 
seiner Vorlage möglichst treu zu bleiben. E 89 b fahrt fort: 

20 Ne sai quel gent sont vers moi enuai 

An ont ma terre et destruit mon pais 

Par deuant moi fönt mes chastiaus croimr 
23 Que ie nel pais endurer ne souffrir 

Et ains mostiere font les cheuaus gesir 

Ou diex de gloire deust estre seruis 
26 Et les prouoires escorchent il tos vis 

S ont archeuesqae8 et eaesques ocis 

De cheaaliers autresi tel .xx. mil 
29 Nauoient armes palefrois ne roncins. 

Varianten: 20 sont ca uenu sor 
mi AB CO si sunt venu sor mi F 
sunt sor moi enuai M 

21 Arse ABCFMO 

22 = AT Et d. ABCF ont mes 
chastiax croissis AB sunt mi 
chastel croissi F Tres deuant moi vi 0 



2b = BCFMO Ou dame dex A 
26= ABCMO trestox vis F 
21—BCFMO fehUA 
28 Des MO aiicbi(ie ci il) tels 
ABO a il ci tex F Encor a ci che- 
ualiers .xxx. mil Q 

29= Af Nont palefroi ne chensl 
ne roncin AC Nont palefrois w 
chevaus (destriers F) ne BFO Qw 
nont cheual palefroi ne ronci folgt* 
Ne armeure por lor oors garaptar 
Por aus detfendre por autrui asalir ^ 



23 = Af Que ie nes (ne les 0) 
tenser ne garantir AB CO 

Jue ie ne puis amender ce mest 
vis F 

24 Ens es m. ABCMO Car es 
m. F font lor ch. BF 

Dtfür bieten T 173a 27; N 41 d 32 ff.: 
27 Durement sui en ma terre amatis (apouris) 

Pour .1. seul horame qui destruit mon pais 

Mais il est si (sire il est) de guerre tant (si) apris 
80 Par deuant moi fait mes chastiaus croisir 

Et es moustiers fait ses cheuaus gesir 

V diex de gloire deust estre seruis 
33 Dont est chis hons lapostoles a dit 

Qui en tel guerre a si uo terre mis 

(Qui si destruit vo terre et vo pais) 

De Rouselon sire si com ma (KL a) dit 
36 8a neu Gerart cheualier est hardis 

Di us (Dieux) est de guerre cheualier est de pris (diable lont si spri») 

Veschi mes houmes qni mouit sont apouri 
39 la fu .1. jouro maladie me prisl 



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161 



Hierauf folgen in NT die S. 157 abgedruckten Zeilen, 
in E 89b obiger Stelle folgenden Zeilen: 

30 Prenes conseil bon et leaul et fin 
cl Par eoi se puissent saueir et garantir 

Ou se se non je tob raus le pais 

Si men ira com uns autres chetis 
4 Cil saut dolant cont la parolle oi 

Ni a oelui qui ne fait esbahis 

Ou ne plora8t des biaux iei de son uis 
7 Li apostoiles seil est exi pies leaeis 

Tenrement plore sa sa gent apellei 

Signor clergie quel conseil me donnes 
10 11 est bien drois que del vostre i tnetes 

Et faites taut que il soient arme 

Des biaux cheuaus corans et alarmeis 
13 Vos estes riebe bien soffrir le poes 

Li archeuesques de Haina cen est leues 

Sire apostoiles quest ce que dit auea 
16 Se ne denries por mil mars dor penseir 

Qui meissiens .11. deniers menoeis 

Car a toujors seroit acostemes 
19 Toit se descordent dou consel sont tornei 



Den 



Varianten : 30 = ABCFMO 
le sachies se consaus nen est 
pri8 Crestientes en ira a declin 
die folgende Tir. und die 15 ersten 
Zeilen der nächsten fehlen Q 

c 1 = CM Fehlt A Par quil se 
puissent saluer et garantir FO 
folgt: De cele gent qui nos ont 
enuaiz O 

2 = ABCFMO folgt: Car je 
nel puis tenser ne garantir M 

3 Si men fuirai ABCFO Ains 
men irai M 

4= ABFMO Dolent sont tuit 
quant ice ont oi C 

b=zBCFM NiotO nen soit A 

ß = ACMO Et nen BF 

l = ACFMO Adont sen est 
lapoatoles leues B 

8= CMO ses clers a apellez^l 
sa ses genz apellez B F 

9=.M Seenot dist il BC donrez 
AFO 

\0 = ABCFMO 



AB ke 
Et feisone 



11 Gar faisonB tant 
cascuns soit armes B 
tant CFMO 

12 De (SorO b. CFM De bons 
destriers 0 Etcneuaz aient^l corans 
et abriuez ACFMO De beles armes 
de cbeuaus abrieuez B 

13 = 421 CFMO 
Hz=zBCMO Lareeueques de 

Rainz A sen est en piez leuez A F 
folgt: En hant parla com ia oir 
porrrei A Quant il parole si fu 
bien escotez 0 

\h = ABCFMO 

16 Ce com ne doit M II ne 
seroit A Ne convenroit BCFO 
peses ABCFO 

\l = ABCO Que meissies M 
.III. d. F 

18 —F Qa A toz iorsmais^B 
seront A MO 

19 = AB D se F Tuit sen M 
Tuit se drecerent C d. sen uoloient 
torner 0 



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16t 



Quant lapoetoiks les a tos apefes 
K. martiaus biaus filz auant venea 

22 Se mait dex ie ni puia riens trouer 
Qe il i metent .1. denier menoie 
Que ne serai donques per den de maiste 

25 Don« est perdue sainte crestientes. 



20 = CFMO Et lapostoilles en 
fu forment irez A Li apostoiles a 
)e roi apele B 

21 = CFMO biaz sire A diit 
il a. u. B 



23 = CFM Ni uoellent meto AO 
.IL deniers monaez 2? 

24 = M Qea sera doot ABCF 
Sj maist dex ee dit K. Ii ber 0 

25= Af Dont ACMO DoncF 
= -4 FM 0 je nen C p. fin t.B iert perdue est destruite 0 Siert 

dont perdue B 

entsprechend lesen T 173 b 5 ; N 41 e 5*): 
5 Prendes conaeil bon et Ioial et fin 
Que il (comment) se puissent sauuer (tenser) et garantir 
V se ce non je uos rent uo pais 
8 Si raen fuirai conme .1. antres cnetis 
Chil sont dolant con le parole oi 
Ni a chelui qui nen fast esbahis 
11 V ne plorast des bianx jex do son uis 
Li apostoles en est em pies leues 
Tenrement pleure sa sa gent apelle (sa gent a apele) 
14 Signour clergie (dist il) quel conseil me donres 
(folgt: Qui lof grans rentes et lor teures tenez) 
II est bien drois que du uesire i metez 
Et faites tant que il soient arme 
17 De biaux (bons) cheuaus courans et abriues 
Vos estes rices bien sofrir le poea 
Li archeuesques sen est tautest (de Rains an est) leues 
20 Sire apostoles dist il trop mal parle« 

Ce ne (Ne le) feries (feriens) pour mil mars dor pese 
Qui mesisiena .II. d. monnaes (vaillant .II, aus pelez) 
23 Oar a toua jours seroit acoustume 

Tout se descordent den oonseil sont tourne 
Quant lapostolles les (r)a tout (r)apelles 
2d KL biaus fis dist (Vos filz dist il) auant neues 
Si mait diex je ni puis riens trouuer 
Que il i mstent .1. d. monnae 
29 Quen sera donc pour dien de maieste 
Dont iert perdue sainte crestientes. 

*) Diese Stelle wird von der S.157 mitgetheüten nur dmrch foljeadt 
Zeilen getrennt: Nont armeure dont se puissent garir Mi bom& 

sont deschaus et mal uesti N) | Ne sainte eglise deffendre ce med vn. 



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163 



In der nun folgenden Tirade tritt in E Hervis auf. Die Über- 
einstimmung mit TN wird dadurch selbstredend unterbrochen, 
da nach ihrer Darstellung Hervis dem Concil zu Lion gar nicht 
beiwohnt. Der Überarbeiter hilft sich hier auf einfache Weise, 
indem er die nächsten 15 Verse kurzerhand auslässt*). 

Die Übereinstimmung setzt sich dann aber wieder fort: 
£89d 11: 

11 Adons parla Ii abes de Clini 

Droit en aues archeuesques Hanris 
Que le« bien fais voles oster de ci 
14 Nos somraes riebe la damedeu merci 
De bonnes terres que lor ancestres tint 
Moult est or miete si con moi est auis 
17 Cbascuns mete dou sien .1. sol petit 
Que nos perdons se dont sommes saisi 
Et larebeuesques par ire respondi 
20 Miels se laroit traineir aroncins 
Que ia i niete vaillant .1. angeuin 



Varianten : 1 1 Apres Q Glugni 
ABFMOQ Cligni C 
,12 = M Tort eri a. ÄBCFO 
Sire arceuesques uos naues pas bien 
dit Q 

13 = B CFM Qui le bien fait Ä 
Qui bien a faire uolez destorner 
ci O f fehlt Q 

14 =ABCFMOQ 

15 = CO Des b. AF bonne 
terre M Des riches terres B 
fehlt Q 

16 = ABC MO si com il m'est 
auis F, fehlt Q 

17 C. i mete ABCFMOQ du 
sien aueun p. AB CO cequilporra 
soufrir Q, folgt: Tan t que Ii regnes 



soit salues et garis Q 

18 = CM Que perdissom F 
Que perdons ce dont noz s. s. AB 
Se nos perdons ce quauomes conquis 
Q folgt: Dont puet on dire que 
nos somes chaitif Q fehlt 0 

19 =ACFMO Li a. B Dist 
larceuesques par le cors s. Denis Q 

20 = F Ainz AC Miex me 
laroie trainer a ronci B graiilier 
etrostir^l trainer et (ou O) rostir 
CMO fehlt Q 

21 =CO Que jo i BM v. .11. 
angeuins F .1. paresi B du sien 
grant ne petit A Ja ni metrai 
vaillant .1. parisis Q folgt: Et 
lapostoiles durement se gramist (ses 



*) Dieselben lauten E 89 d 26 ff. : Adont parla Ii Loherens Heruix 27 Sire 
apoetoiles que est ce quaueis dit 28 Si ai .XX. mil de cheualiers gentis 29 
Dont Ii clerc ont les fors et les molins 30 Si est bien drois autres consaus 
soit prins (dl) Ou sese non bien puet a pis venir 2 Dist larceuesques 
ie uos ai bien oi 3 Nos souimes clerc si deuons deu seruir 4 Proierons deu 
por trestos uos amins 5 Quil les deffande de honte et de peril 6 Che- 
ualiers estes notres sire vos fit 7 Toutes droitures commanda a tenir 
8 Et sainte eglise sauuer et retenir 9 Quel seleroie foi que doi saint 
Martin 10 Je ni metroie vaillant un angeuin. 

11* 



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164 



29 



fo 90a 1 



mari 0 



sen 



Par maul taillant a lapoustoiles dit 
Par le sepulcre il nira mi ensi 
Venes auant E. martiaus biax fis 
Je uos otroi et le uair et le gris 
Lor et largent dont clergie est saisis 
Lea palefrois les murs et les roncins 
Et les destriers corans et arabis 
Tos les prenes jel vos otroi et quit 
Dont vos puissies les sodoiers tenir 
Que vos desfendent et le uostre pais 
Et si vos pres les dimes sire fis 
Tresqua .VII. ans lait il et .1. demi 
Quant vos ares vaineu les Sarrasins 
Bendes les dimes ne les deues tenir 
K. martiaus a dit voetre merci 
Or est asses je lotroi bien ensi 
La veissies tant panre var et gris 



mari CF) ACFO 
Li apostoiles forment sen engrami B 
nach 7 weiteren Zeilen: Et la- 
postoilles molt forment sesmari Q 

22 P. m. a son clergie a d. 
AB MO fehlt CQ 

23 Par cel s. M Par S. Sepucre 
ABCFO folgt: En autre point 
couient lafere lssir F mie ensi Af 

U=ABCFM K. M. fet il 0 
Charlon apele ca uenes sire fis Q 
folgen: De par Jesu qui onqes ne 
menti | Et de seint Pere en qui 
leu ge suis mis | Ai ge la force de 
faire mon plaisir | Et de Dar deu 
preing hui ce fais sor mi 0 

25 = ABCFMO Jo te com- 
mant et de bouche le di Q 

26 = M dunt Ii clerc sont saisi 
ABCFO statt 26—28 bietet Q: 
Sor les autex va loffrande coilfir 
Prenes les dimes et les bles autresi 
Et sor les peroes et le uair et le gris 
Et ens es creutes autex et crucefix 

27 = ABCFMO 

28 =M fehlen ABCFO 

29 = M Si 1. p. A Sen prendes 
tant B C Si prenez tot F Si aiez 
tot 0 Et vendes tot je uos com- 
mant amis Q folgt :Ne lor lessiez 
fors tant ge uos en pri 0 

30 = CF Tant que puissiez A 



Dont nos puissions M p. tos s. B 
Et dones tot as cheualiers gentis Q 
Dont il sc puissent et uiure et 
sostenir 0 

1 = M Qui defendront AB uoz et 
u. p. ACF et vos et vo p. B Bien en 
porroiz uoz soldier tenir 0 fehlt Q 

2 = FMO E tos otroi B Et 
sil uoz plest C fehlt AQ 

3 = CM Jusqua VII ans 
ABFG Dusqua VII a. 0 le 
uoz doing et otri A biaus fils tos 
acomplis G fehlt Q 

4 = ABCFGMO Quant nos 
aures aquite le pais Et les tirans 
detrenchies et ocis Q 

5 = ABCGM nes poes pas 
tenir F Bendes arier ce que uos 
aues pri8 Q 

6=6? Ii dist CFO dist il Jlf 
respont B Li rois respont sire cum. A 
EtdistMart. le uostre grant merci Q 

7 =M Co est aBsez B ce dist 
Ii dus Hernis AB CO sire oe dist 
Heruis G Ii dux Heruins a dit F 
Jel ferai bien se diu piaist et ie 
uif Q folgen: Adont sescrie com 
cheualiers de pris A Or as eglises 
as cheuau8 (hernois B) as roncins 
ABCFGMO 

8 Ja prenez tot G La p. JP 
Dono v. la p. 0 tos p. B etpuC 



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165 



Or et argent et ces coupes dor fin 
10 Et armeures dont Ii olerc sont saisi 
La ueissies Chevaliers reuestir 
En pou de tertue ai com la chansons dit 
13 En ueissies plus de .LX. mil. 



et u. et g. CFG MO le uair 
prendre et le gris A fehlt Q 

9 =AfLor etlargentetlesBFÖOO 
vait maintenant saisir Q fehlen AC 

10 = BFMO Les a G um- 
gestellt mit 9 M Muls et somiers 
palefrois et roncis | Or as cras 
prestres ce dist Ii dus Hernins Ö 
fehlt AC? 



11 z=BFMO Lors G Tex fu 
montes qui en piet en reuint Q 
fehlt AC 

12 —ABCMO com (si com) 
lestoire dit FG fehlt Q 

13 =ABG XLCFMO De che- 
ualiers yeissies XXX mil O Bien 
conrees la dame diu inerci Q 



T173b 31; N 41e 32 (= Tir. 89): 

31 Apres parla Ii abbes de Cluigni 

Droit (Tort) en auea archeuesques dist il gentilz 

Que les bienfais uoles oster de chi 
34 Nous soumes riche le dameldieu merchi 

Des bonnes terres que nos (lor) ancestres tint 

Moult uenroit (vauroit) miex certes ce (si comme il) niest auis 
37 Chascuns de nous i mesist .L petit 

Que nous perdons cou de coi sons (dont somes) saisi 

Et larcheuesques per ire respondi 
40 Quil ni metroit uaillant .1. paresis 

Dist lapostolles il ni(r)a mie ensi 

Venes auant Kl. mart. biaus fis 
43 Je vous otroi et le uair et le gris 

Et les cheuaus palefrois et ronchis 

Lor et largent dout clergies est (Ii clerc sont) saisi 
c, a 1 Et les destriers courans et arabis 

(Et les cheuaus et les destriers de pris) 

Toua les prendes je vos otroi et quit 

Dont uou8 puissies les soudoyers tenir 
4 Qui uous deffendent vous et uostre pais 

Et si uous doins (prest) les dimes biaus dous fis (sires filz) 

Dusqua .VII. ans dist il et J. demi 
7 Quant uous ares uaincus^ uos anemis 

Rendea les dimes ne les deues tenir 

(Dont les rendes plus nee deuez tenir) 

Sire dist il (El.) de die .V 6 . mercis 



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166 



10 II est asees eüsi le Höfel tenir (ei joo ainsi loiri) 
La (Dont) ueiasiea tan prendre uair et gris 
{folgt: Et murs et mules palefrois et roncios) 
Or et argen t et ooüpes et ör (copes hennas dor) fin 

13 Tante armeure dont clergie (Ii clerc) sont saifii 
Ohes cheualiers ueissies reuestir 
En peu de terme si com la chancons dist 

16 En ueissies plus de .LX. mil. 

Die Übereinstimmung hört hiermit auf, da das noch folgende 
sich auf die Kriege mit den Wandres bezieht und deshalb mit 
den durch den Zusatz geschilderten Ereignissen , Giqirt von 
Rossillon betreffend , nicht mehr in Einklang zu bringen war. 



Es erübrigt nofch, einen kurzen Blick auf das Verhältnis 
der Chanson de Garin nach NT zur Chanson de Hervis und 
der allgemeinen Überlieferung zu werfen. Natürlich mussten 
bei ihrer Abfassung die der Chanson de Garin entnommenen 
und bereits früher geschilderten Züge in Wegfall kommen. 
Dahin gehört in erster Linie das Concil zu Lyon (Paris, nfz. Bbtg. 
Chap. 1). Wir sehen daher in NT zu Anfang der Chans. Garin 
Hervis in Paris, in Begriff stehend sich von Karl Martel zu ver- 
abschieden, als die Kunde von dem Einfall der Wandres und der 
Bedrängnis der Ortschaften Rains, Söisons und Sens eintrifft 
Die Belagerung von Paris, sowie Karls Zug von Lion aüs zur Be- 
freiung seiner Hauptstadt bleiben naturgemäss auch unerwähnt 
(Paris, nfz. Bbtg. Chap. II). Von Paris begiebt sich Karl, 
nachdem er auf Hervis' Rat das Heer in zwei Theile geteilt hat, 
mit der einen Hälfte nach Soisons und befreit die Stadt, 
während Hervis mit der andern nach Sens eilt. Ebenso wird 
noch der Reihe nach die Belagerung der Städte Rains und 
Troyes aufgehoben. Wie gewöhnlich bei Überarbeitungen, 
werden auch hier diese Ereignisse mit grösserer Breite und 
Umständlichkeit wiedergegeben. Beispielsweise wird von einem 
zweimaligen Kampfe vor Soisons gesprochen (cf. NT, Tir. 5, 6, 7 



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16? 



und 11, 12, IS), desgl. vor Rains (iL Tit. 8, 9 und Tir. 13, 14). 
Ferner wird der endliche Sieg Karls über die Sarazenen bereits 
im voraus durch eine Traumerscheinung*) verkündigt. Während 
der Kämpfe um Troyes tritt nämlich in. einer Nacht ein Engel 
an des Königs Lager und fordert ihn auf, nicht zu verzagen, 
sondern im Vertrauen auf seine gute Sache, den Kampf von 
neuem aufzunehmen. Noch in demselben Jahre, weissagt er, 
soll Karl sein gesamtes Erbe wiedererlangen , dabei aber wird 
ihm zugleich kundgethan , dass es ihm alsdann nicht vergönnt 
sein werde, weiter zu leben, indem das letzte seiner Lebens- 
jahre herangekommen sei. Deshalb soll er auch nicht ver- 
säumen, die Zehnten zurückzugeben, die ihm früher zeit- 
weise abgetreten waren. Zum Schluss prophezeiht ihm der 
Engel die baldige Geburt eines Thronerben, der, wenn er 
vollständig ausgewachsen sei, zwar nicht mehr als 3 Fuss 
messen, trotzdem aber sein grosses Erbe mit mächtiger Hand 
zu beherrschen wissen werde. 

Die Verwundung des Königs, sein Tod, sowie die Krönung 
Pipins stimmen im wesentlichen mit der ursprünglichen Ober- 
lieferung überein, wohingegen selbstverständlich Hervis' Ver- 
mählung auf der Rückreise von Paris, einschliesslich der 
Nachrichten über seine Nachkommenschaft, ausfallen. Statt 
dessen wird nur erzählt, dass Hervis in Verdun vom Bischof 
Lanselins und in Gorse (Gore N) von dem Abte aufs freund- 
schaftlichste empfangen sei und von letzterm Orte aus Thieri 



*) Ein beliebter technischer Kunstgriff der altfr. Epiker, der keines- 
wegs für hohes Alter der betreffenden Gedichte sprechen kann, wie 
Koschwitz, Rom. Stud. 11,42 und mit ihm G.Paris meint, söimRol., in 
Karls Reise, im Türpin, im Fierabr. fr. 6137 Gaydon S. 321 ff. etc. und auch 
sonst ist er zur Geltendmachung clerikaler Wünsche angewandt. Doch recht- 
fertigt dies noch nicht, die Annahme DuMerila Mort Garin LXXII: 
,I/auteur (sc. de N) est e'videmnient un ecclesiastique qui saisit toutes 
les occasions de montrer sa robe et de faire de la propagande 1 . Dagegen 
spricht namentlich die despectirliche Behandlung, welche der Verfasser 
im ersten Theil seines Zusatzes, den hohen Würdenträgern der Kirche 
seitens des Hervis widerfahren lässt (vgl. S. 150). 



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168 



nach Mds gesandt habe , um den Seinigen seine bevorstehende 
Rückkehr zu melden. Die Erzählung wendet sich dann, nach 
Schilderung seines Einzuges, sofort zu der Belagerung von Mes 
durch die Sarazenen, . ein Übergang, den T 182c auch 
durch eine besondere Überschrift hervorhebt. Dieselbe lautet: 
,Ensi qui Ii •ITH. roy reuinrent aseir Mes et comment Hervis 
issi contre yaus a bataille 4 . 

Der Zeitraum zwischen Hervis' Rückkehr und dem Angriff 
der Heiden wird auf 9 Monate angegeben T 182 c N 47 b: 
Bon tans i a et de pain et de uin 
IX mois tous plains demoura bien ensi 
Que nule guerre noient (ne riens) ne Ii nuiei, 

womit die nun folgende Nachricht in seltsamem Widerspruch 
steht, dass Pipin, als Hervis ihn in Montloon, wo sich der 
Hof gerade aufhält, um Hülfe angeht, seine Ratgeber um sich 
versammelt, um mit ihnen Hervis' Anliegen zu erwägen. Er 
müsste dies dann, wie sich aus dem Vorhergehenden ergiebt, 
im Alter von etwa einem Jahre gethan haben. Richtiger giebt 
die ursprüngliche Überlieferung das Alter Pipins, als Hervis 
ihn um Hülfe bittet, auf 12 V« Jahr an, was für den zwischen 
dem ersten und zweiten Einfall der Wandres liegenden Zeit- 
raum die Summe von nahezu 13 Jahren ergiebt. 

Der nun folgende Teil, die abschlägige Antwort Pipins, 
die darauf erfolgende Reise des Herzogs zum Könige Anseis 
von Cologne und dessen Beistand lehnt sich im wesentlichen 
an die ursprüngliche Überlieferung an. Dann aber weichen die 
Berichte von NT sowohl untereinander (vgl. p. 13), als auch 
von der ursprünglichen Überlieferung bedeutend ab, indem 
Hervis in den Kämpfen von Mes nicht seinen Tod findet, sondern 
nur schwer verwundet wird und nach seiner Genesung noch 
einen Zug gegen die Sarazenen in das heilige Land unternimmt 

Eine eingehende Darlegung desselben, sowie der Stellung 
von N und T unter einander und zu der übrigen Überlieferung 
gehört nicht in den Bereich der vorliegenden Arbeit und behalte 
ch mir dieselbe für eine -spätere Untersuchung vor. 



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169 



Schlussbemerkung. 

Das Resultat vorstehender Darlegung lässt sich dahin 
zusammenfassen , dass der Zusatz , welchen die Hss. NT zur 
Chanson de Hervis , wie sie die Hs. E und Philippe de Vigneules 
bieten und die Aenderungen derselben Hss. im Eingang des 
Garin , lediglich bezwecken diese ursprünglich getrennten oder 
wenigstens nur rein äusserlich in Beziehung gebrachten 
Gedichte innerlich zu verknüpfen und ihre zu augenfälligen 
Widersprücke zu verwischen. Wie wenig das dem Verfasser 
der Redaction NT gelungen , in wie viele neue Widersprüche 
er sich verwickelt, wie armselich seine Erfindungsgabe war, 
ist dabei nur zu deutlich zu Tage getreten. 

Dass wir es wirklich mit einem Zusatz zu thun haben, 
geht auch noch daraus hervor, dass die 21 Plus-Tiraden 
von TN mit 1451 resp. 1499 Zeilen den Wechsel von männ- 
licher e und männlicher i Assonanz , auf welche Künstelei der 
Verfasser des Hervis grossen Werth gelegt hat (vgl. Hub 1. c. 
S. 9. Anm. 3. und Stengel in Zeitschr. IV, 101), an 2 Stellen 
durch je eine männliche a-Assonanz (von 16 und 18 Zeilen), an 
einer dritten durch eine männliche nasale o- Assonanz (von 
65 Zeilen) und an einer vierten durch 2 männl. nasale o Ass. 
(von 30 u. 36 resp. 37 Zeilen) und eine männliche ie Assonanz 
(von 22 Zeilen), im ganzen also durch 187 resp. 188 Zeilen 
durchbrechen, während ihn der eigentliche Hervis, d. h. die 
ersten 82 Tir. der Hs. E mit 10530 Zeilen nur an 5 Stellen 
(und zwar sämmtlich nach T. 45) durch 9 andere Assonanzen 



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170 



(2 raännl. und 2 weibl. a, 2 weibl. e, 1 mann]. 1 weibl. u 
und 1 männl. ie) mit im ganzen 73 Zeilen unterbricht 

Eine auch nur theilweise Beeinflussung des Verfassers der 
Redaction TN seitens der lebendigen Tradition anzunehmen, 
sind wir durch nichts berechtigt und das lässt denn auch die 
Ansicht DuMeril's (1. c LXXVI): ,La comparaison des deux 
textes (d. h. die Red. N und die, welche unter Jehan de Flagis 
Namen geht) fournit un moyen de remonter aux traditions 
primitives et de les debarasser des additions qui les ont cor- 
rompues 4 keineswegs als begründet erscheinen. 



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Index. 

Die in Klammern stehenden Zahlen besseichnen die Anmerkungen. 
Ch. = Chanson, R. = Roman, Chr. = Chronik. 



Acojun, Ch. 67, 97 (5). 
Aeks 129, 131. 

Aimery de Narbonne, Ch. 117. 

^Ifc^^Wü 1 * ' Gftyd ° n 74 ' : n™**» 102 < 16 >- 
Aleechans Ch. 60 67, 76, 79, 101 (14), 105 (19). 
castn Anibaoae, Liber de Comp. 114 (35), 115. 
Amis et Amile, Ch. 71, 108 (23). 
Andegavorum, Chronica de gestis Cons. 118 (34) 

«" Boljndssage. 97 (5) ; Geschichte 90, 91 ; Chron. d\ 90, 91. 
Anrede, an Forsten: 7; mit tu: 22 
Anseis de Carthage, Ch. 61. 
Ansew de Mes, Ch. 96(4), 124, 131. 
Ansäs, roi de Cologne 108, 1; 180, 132 etc. 

^^^f^ 108 (23), 147, 150, 167. vgl. noch Doon de Mayence 

A ß premo^t(Ag^ Ch. 76, 80, 101(14), 105(20), 1 10 (28). - s. Thibaut, 

Assonanzkünste'lei 169. Tgl. zu dem Zeitschr. IV, 101 besprochenen Fall 
einer tfinnenassonanz noch Floovant. zu v 1214 121^ 191« n 199« 
Auberi Ch. 13, 40, 75, 102 (15), 109 (24) HO (27) l'll 81) 117 (36) 
Aye d'Ayignon : Gui de Nantneil 112 (32). - 72, 82, 83, 108(24), 112, 113(32). 

Bachelor: Chevalier 13. 
Baldewin (Baudouin) 67, 68. 
Baligantepisode 42, 46, s. Dönges. 

EaX^eid^ Södfr " Uh * n - 111 (31) * - ***** der8elbeD 103 (16 >' 
Basin, Sage 74/ 

Berte as gr. pies. 79, 100 (11), 131. 

Bertrant, Sohn des Naimes 75, 79, 81, 84. — Fehdebote. 75—76. 
sir Bevis of Hampton, R. 101 (14). 
Blanoandin, R. 101 (14), 102 (16). 103 (16). 
Blanchefleur, 127, 131. 
Bordelesen 82. 96 (4). 

Boten -berichte 76. — B. - rencontres 102 (15). 
Boron de Commarchis, R. 96(4), 102 (15), 103 (16). 

12 



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172 

Braium Nemus, Schlacht 92, 116 (35). — Wortlaut des Berichtes 113(34). 
Butentrot 44. 

Charlemagne et Anseu, Prosar. 66. 

Charlemagne, B. 70, 83, 84, 97 (5). — nord. üebertr. 98. 

Charles le Chauve, R. 70, 77. 

Charroi de Nimes 110 (28). 

Chevalier : Bacheler. 13. 

Chevalier an lyon, R. 101 (15). 

Ciperis de Vignevaux, B. 70, 79. 

Clairette et Florent, B. 111 (31). 

Clich&i epiques 88, 112. 

Cluigni, Abt von 108 (23), 147, 

Comte de Poitiers, R. 100 (11). 

Coronemens Loeys 104 (18), 108 (23). 

Covenans Vivien, Ch. 103 (16). 

Curteine 72. 

Dante, Divina Commedia 118. 
St. Denis, Chr. de 66. 

Dooh de Maience, R. 101 (15), 103 (16), 108 (23), 109 (24), 111 (32). 

Doon de Nantueil, Ch. 80, 103 (16). 

Dönges, die Baligantepisode. Algatif und Baligant 17. 

Durndarte 72. 

Elie de St. Gilles, Ch. 78» 96, 101 (14), 103 (16), 111 (31). 
finfanoes Garin de Monglane, Ch. 70. — E. GuiUaume, Ch. 108 (151 - 
E.Ogier Ch. 111(32), 113(33). - E. Vivien, Ch.: Henris de Mee 1Ä 
l'Entree en Espagne, Ch. 105 (19), 110 (28). 
Espoiisce 108 (24). 

Fierabras, Ch. 40, 66, 72, 76, 78 , 83, 101 (14), 103 (16), 104 (18), 108 

(22), 111 (31), 113 (33), 167. : Ogier s. Vorwort 
Floire et Blanoeflor, R. 97 (4). 
Floovant, Ch. 40, 105 (19), 110 (28), Iii (31). 
Foulque de Candie, Ch. 96, 105 (19), 110 (28), 111 (31), 118. 
Frauen, in Gaydon 85. 
Fulco von Anjou 90, 116 (35). 

©alfredi, Historia Brittonum 115 (35). 

Ganeloniden 12 , 66 , 79 , 82, 83 , 89, 92, 108. - Ihre Führer 70, 83. - 

Partei-Spaltungen 109-110 (25). 
Garin le Loherain, Ch. 71, 75 , 76, 78 , 82, 100 (12), 102 (15), 103 (16), 

108 (22 u. 28), 109 0H), 110 (28), 117, 118. - La Moxt O. Ck ,96, 

118, 167. 
Garin de Monglane, R. 101 (14). 
Gaufrey, R. 103 (16), 109 (24), 111 (81), 118. 
Gaufredi Comitis Historia 114 (35). 
Gefangene, Austauschung von 110 (30). 
Geoffrei d'Anjou, 66, 69, 91, 98. (7). 
Gerart, Sohn, nicht Bruder des Huon 109 (24). 
Geschenke 5. 

Girard du Fraite 104 (18). 

Girart de Rossilho 155. — latein. Legend« von: 147. — Ch. 97 (4). 
113 (33), 116 (35), 117. 



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173 



Ginn da Viane, Oh. 82, 88» 84, 101 (14), III (32). 

Girbers, Legende von 104 (18). — G. de Mes, Ch. 76, 96, 97. 101 (15), 

102 (15), 108 (22), 109 (24), 110 (27), 111 (31). 
Godefroi n. Martel 91, 92, 113, 114 (34). 
Gormund et Isembard, Ob. 105 (20). 

Gni de Bourgogne, Ch.: Gaydon 72, 80, 83, 84. — 101 (14), 109 (24), 
110 (26), 117. 

Gm' de Nantueil: Ave d'Avignon 112 (32). — G. d. N.: Gaydon 77, 83, 

85-88. - 108?22— 4), 111 (31), 112, 118 (32), 118. 
Guilleaurae de Döle, R. 87, 88. 
GuilL d'Orenge, Sagenkr. v. 72, 118(36). 

■auteclere 72. 

Hervia de Mes, Gh. 75, 103 (16), 110 (30), 169. - Stammbaum des 
Geschlechtes v. H. 144-146.— Textproben aus Phil, de Vign. 137, 
Stellung von v zu E 154 Collation von D* XX. 

Herupee, Tradition v. d. baronen: 82, 92, 116—117. 

Hertaut, GaneL 72, 74. - H. de Monpencier 107. 16. 

Hildebrandslied 105 (9). 

Hugues Chapet, R. 70, 117 (36). 

Huon de Bordeaux nach Girbers de Mes. 109 (24). — H. Ch. 71, 75, 76, 
79, 82, 103 (16), 105 (19), 108 (23), 109 (24), 110 (26). 

11 neutrales Pronomen im Roland XV. 

Jean de Marmoutier, Chronist 113 (34), 114 (35). 

Jehan de Lanson, Ch. 76, 81, 83, 84, 103 (16), 110 (26 u. 28), 118. 

le Jugement d'Amour, R. 97. 

Kai, Fürst von Anjou 115. 

Karel den Grooten, Roman van 118, 120. 

Karl d. Grosse 83, 84. Alter 110 (26). - Seine Habgier 110 (27). 

Karla Magnus Saga. 66, 96, 108 (24). 

Kaiser Karls Meerfahrt, Unlands Ballade. 104 (18). 

Kriegslist 110 (28). 

liehen, Südfr.: nordfranz. Barone 111 (31). 
Liebesabenteuer IM (31). - L. galante 101 (15). 

Loherains, Ch. des 15, 40, 77, 88. — Werth von JV 170, Stellung zu QS 

181, 159 — Textproben aus v XIX. 129, 138, 145. 
Loth, roi d'Aingleterre 110 (29). 

Macaire, Ch. 72, 79. 

Merlin, engL Prosar. 96, 106 (20). - gereimt, engl. R. 112 (32). 

Moniages Guillaume, R. 101 (14). 

Montaspre (s. Aspremont zu Thibaut) 107, 27. 

Moral, mittelalterliche nach Rol., Ch. 13-14. 

Morte Arthur, Harleian Version 70. 

Ph. Mousket, Chr. de 66, 67, 80, 103 (16), 112. 

Mormandie, Chr. des ducs de N. 113 (33). 

•gier rardenois (Cheval. Ogier): Gaydon 75, 76, 84, 85. - 72, 80, 81, 

96, 101 (14), 103 (16), 111 (30), 117, 118. : Fierabras.XVU. 
Otbel, Ch. 72, 111 (30). 



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174 

Parise la Duch. Ch. Gaydon: 70, 100(11), 106 (20), 108(23), 109 (24). - 

82, 88. 
Pelze 18. 

Perceval 105 (19). — -sage 102 (16). 
Pförtner, grobe 100-101 (14). 

Prise d'Orenge, Ch. 103 (16), 110 (28), 111 (32). - P. de Pampelune, Gh. 
66, 96, 98 (8), 103 (16), 106 (20), 108 (23), 117 (36). 

Kacenunterschiede 92, 116(36). 

Raoul de Gambrai, Gh. 96, 97 (6), 105 (19), 106 (20), 106 (22), 110 (28) 

Iii (31). 
Beali di Francia 104 (18). 

Renant d'Aubespine 85, 93, 120. - K de Montauban, Gh. 72, 76, 82, 

83, 84, 97 (5), 100 (12), 103 (16), 105 (20), 108 (23), 109 (25), 110 
(28). III (31). 

Richer, Gh.: Gaydon 81. — Text des Prosaauszuges 106—108. 
Rioul dn Maas 78, 97 (5), 104 (18). 

Roland, Ch.: Gaydon 71. - 66, 67. 69, 72, 98 (7), 99, 104(18), 105(191 

108 (24), 110 (26), 117, 118, 142, 167. - Vengeance R. 98 (7). 
Roncevaux, R. 60, 66, 71, 72, 97 (6), 98(7). 
Roi, Geste du 61. 
Ron, R. du 113 (33), 114 (34). 

ftaisnes, Gh. 101 (15), 105 (19), 110 (28), III (31), 117. 
Sanson de Monroial 106, 8; 107, 4; 143; 151. 
Schlachtruf 44. 
Schneewittchen, March, v. 70. 
Schulbildung 15. 

Siege de Barbastre, Gh. III (31). — S. de Narbone, Gh. 117. 
Simon de Pouille, Ch. 114 (34). 

Söhne: Väter. 79, 105(20). Tgl. noch Aye d'Avignon, pg. 82 ff. 
Spagna, ital. R. 98 (9), 119 (&). 
SpnchwOrter in Gaydon 95 (3). 
Staffage: Ohve 5, 100 (13); Pm 5. 
Stricker 99. 

Thibaut d'Aspreinont 64, 71. 83, 108-109, 118, 119 (36, 37). 

Thierry-Gaydon: Geoffiroi d'Anjou 98 (7). 

Tournay, Chr. 66, 67. 

Traume 24, 42, 167. vgl. auch 147 Anm. 

Turpin, Chr.: Gaydon 67-69, 85. — 97 (5), 120, 167. 

Väter: Söhne 79, 105 (20). 

Vergiftungsversuche 70. 

Vilains 79, 127-129, 154. 

Voyage de Charlemagne, Gh. 115, 167. 

Ysafe le Triste, R. 101 (14). 

Zweikämpfe 71—72. — Z. Nahestehender 105 (19). 



■•rbnrf. l'«ivtr»itiU Bochdr«ekrr«i. (R. Friedrich). 



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Verbesserungen und Nachträge. 

S. 3. Z. 21. I 'gegenübersteht' st 'gegenüber zurücksteht 1 . - S. 5 
m 0 11 letzte Zeile füge hinter 383 noch 407 ein und vgl. wegen <pin' 
und 'olive': Graevel Charakteristik etc. 3. 21; ferner Renaut de Mont. 
8. 388, 26 (aber auch 98, 19)1 Reise Karl's 780 ff. {aber auch 1); Floov. 
366 und 2418; Auberi ed. Tobler 195, 31 und 250, 23; Fierabr. pr. 1756, 
fr. 1683; rw <en an yergier suz Tumbre'; Maller, in Zeitschr. III 445; 
Reise KarPs 795; Aiol 5267. 6348: Rom. de Rone. Ha. P Z. 1438 (= V 1 
26a F1674); Paris la Duchesse 142 (vgl Anm. Martonne's S. 16 und 
Gautier Epop. fr. III 1 13 h); Brun de Montaigne 1236; Tristan B. Chr. 
fr. 106, "6; Venns la Deesse Str. 5: 'En un bei prej entra desous un pint 
flori Dessous (en) l'ombre est assis'; Guillem Anelier, Guerre de Navarre 
4462: *Az us shrrent qu'estaya dejus ro[l]m en l'onbrer'; Alba in B. Chr. 
pr. 4 101,6; Pam. Ooc. 8. 45; Pierabraccia 11,27, 2 * B. Chr. pr. 4 Gloss. 
unter 'ombra', 'pis'; Petrarca: Gloriosa Colonna (Carducci Saggio 8. 6. 
Anm.). - z. Z. 24. 25 O vgl Vorfrort 8. IX. - z. Z. 128 l in Z. 6 : 3808 st 
3908 — 280 l Ähnlich st «sowie auch' — 288 1. 'les doujons' «f. 'Ii 
donjon'. — 8. 9 Z. 2 1. 241 st 251 — 278 1 in Z. 3 laissies st laisses -349 ff. 
vgl Pierabr. fr. 5451 ff. pr. 4503 ff. — 495 vgl Vorwort S. XII. - 8. 16 Z. 13 
l Jurfaleus st Jurfalens — 511 vgl zu entrois F v V entreiz Höh. Lied 20. — 
S. 22 Arm. UtzU Z. I : 'OF 4 F' st 'OFV — 866 vgl Reimann's Anm. 10 
auf 8. 99 — 834 1 l 884* — 1024 l Concordans st Rection und in Z. 5 
v. u. 'F'FPZ' st F 4 VPL, in Z. 4 'ad il' st *il a* - 1372 l trenche' 
st 'trenchet' — 8. 35 Z. 5 o. ist hinter sein: sinnstörend ausgefallen: 
'Dist Oliviers' und nach 1752 der Text etwa fortfahren — 1894 l escun« 
disun st escundi8cun — 2282 a vgl noch 1843 und Pierabr. fr. 5677 

S. 74 Z. 5 v. u. I 317 st 371. — S. 76 Z. 5 v. o. fuge hinzu: 
'Huon de Bordeaux 1 pg. 40. — S. 76 Z. 13 v. o. I nachmals st 
nochmals. — ib. Z. 13 v. u. tilge: allein. — 8. 77 Z. 5 v. u. 
füge nach 'ist 4 ein 'also*. — S. 79 Z. 7 bis 14 v. o. vgl auch: 
'Darmesteter, De Floovante* pg. 86. — S. 84 Z. 16 v. o. füge hinzu: 
'Guy de Warwyke' (Hist litt. 22, 842). - S. 85 Z. 9 v. o. I 587 st 
785. - S. 88 Z. 16 v. o. I 31 st 80. — S. 90 Z. 7 v. u. I tanti st 
tati. — 8. 92 Z. 13 v. o. I fabuleux st fabuleuse. — 8. 98 Z. 14 v. u. 
füge hinzu: Jahrg. 1877, Art. 175. — S. 98 Z. 12 v. n. setze einen Punkt 
nach v. 7343. — S. 101 Z. 14 v. o. füge hinzu: 'Doon de Mayence', pag. 
81—84. Bestrafung eines groben Fährmanns. — S. 102 Z. 7 v. o. I pg. 
287 unter Art. Blanchart. — 8. 104 Z. 13 v. u. schalU ein nach 'getreten': 



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176 



(Gantier, Ep. franc. II 1 , 152). — S. 105 Z. 24 und 25 o. sind die Worte 
▼erstellt Aendere: 'Baudouin, in l'Entree en Espagne' fingnes de Flori- 
ville und Anaeis mit Roland (Gant.. Ep. franc,. III - , 447). — & 110, 
Z. 16 o. füge Hwmu: 'Aye d'Avignon' pg. 23. — & 111 Z. 13 ▼. o. 
füge hinzu za Foulqoe de Gsmdie; Tarbe, 2e und 5e chans. — 8. III 
Z. 18 ▼. u. schalte ein nach 'erlangen 1 : 'Vgl. auch noch besonders Haoul 
de Cambrai', pg. 241-7 ff.' — 8. 113 Z. 17 o« l Landstrich st laad- 
strich. — ib. Z. 24 o. I Braium et. Braibum. — & 117 Z. 5 y. n. 
I 248 st 343. 

8. 127, Anm. 1 n. I. bietet: <- 8. 126, Ans«. 9 ▼> e. I. sert penres 
b. — 11 v. o.I. prent [fht] — 9 n. füge hinter 'liest' ein : in Z. 2 - 
6 ▼. n. I anoec — 4v. u. 1 für die 3 Zeilen: 'Le ▼eneor e son frerc Herni' 
et dafür und tTierri st Tieri. — 8. 129 Anm. & 2 o. I Pns .... prist 
sostenir — 4 ▼. o. BEM: — 5 ▼. o. dem ros p. beneir — 11 ©. L BCEMO 
st ebenso C; BEMO — 8» 181 Anm. vgl. 8. 1S9 Anm. einen weiteren 
Fall dafür, dass N auch ans der Torlage von geschöpft hat. — 
N 50b Z. 14 l Quen st Qne. - 8. 135 17 88b 14 t f nt — 29 «seiner 

— o 14 1. detreuent st deceurent — 22 J. bin — 26 und d 22 com — 
d 12 Hs. I nach Oopie: sasisetent — 26 sotia - 27 Die Bs. «est: St qni 
macrist dex la p. s. — 8. 188: N hat nach Z. 2 folgende Phtsneüe: 
'Ma loi gnerpie si sui crestianne**. — 8. 144 & 4 ▼* e. t Begnes st Bogues. 

— 8. 168 Z. 1 t. U. I ich st ch. — 8. 169 Z. 9 I Widersprüche — 
Z. 11 o. t armselig - Z. 15 v. c l 1497 st 1499. - 8. 170 & 2 
h. t debarrasser st debarasser. 



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Inhalt. 



Btftt 

Vorwort von E. Stengel 

H. Perschmann, Die Stellung von O in der Ueberlieferung 

de« altfr. Rolandsliedee 1-48 

W. Reimann, Die Chanson de Garden, ihre Quellen und die 

angevinische Thierry-Gaydon-Sage 49—120 

A. Rhode, Die Beaiehungen zwischen den Chansons de geste 

Hervia de Met und Garin le Loherain .... 121—170 

Index 171—174 

Nachtrage und Verbesserungen 175-176 



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